86. „Ich war noch nie so froh dich zu sehen."

J U S T I N

„Justin, verdammt! Mach die Augen auf", hörte ich erneut. Ich wusste, dass ich diese Stimme kannte, aber ich konnte sie nicht zuordnen.

Mit viel Konzentration schaffte ich es, meine Augen zu öffnen und sie sogar offen zu halten.

„Gut gemacht!", flüsterte jemand. Verwirrt und mit wahnsinnigen Kopfschmerzen blickte ich zur Seite und weitete die Augen.

„Ich war noch nie so froh dich zu sehen", sagte Jason leicht lächelnd. Mit großen Augen starrte ich ihn an und brachte kein Wort heraus. Jason war wie ich an einen Stuhl gefesselt, doch er sah furchtbar entstellt aus. Sein Gesicht war mit Blut und Platzwunden übersät. Außerdem war sein rechtes Auge komplett zugeschwollen, seine Nase schien gebrochen zu sein und seine Lippen waren vollkommen aufgeplatzt.

Ich war immer noch nicht in der Lage etwas zu sagen und starrte ihn eine Weile nur an.

„Bitte sag mir, dass du hier nicht alleine bist", flüsterte Jason, woraufhin ich sofort den Kopf schüttelte. Erleichtert atmete er aus.

„Sie wissen, dass ich im Keller bin", fand ich meine Stimme wieder. Ich schielte zur Tür und bemerkte, dass insgesamt fünf Leute mit Waffen auf die Tür zeigten.

„Wir müssen sie irgendwie warnen", flüsterte ich und versuchte meine Hände zu befreien, doch dann bemerkte ich, dass ich mit Handschellen am Stuhl fest gemacht war.

„Das funktioniert nicht. Hab ich auch schon versucht", ließ mich Jason wissen. Ich schluckte und sah ihn mitleidig an.

„Wie lange bist du schon hier?", wollte ich wissen.

„Seit ich abgehauen bin. Jack hat mich noch am gleichen Tag gefunden", erklärte er, was mich schlucken ließ. Er war die letzten Tage durch die Hölle gegangen und wir hatten nicht mal nach ihm gesucht. Es war mir scheiß egal gewesen, wo er war. Ich hatte ihn gehasst, für das, was er alles angestellt hatte und ich hatte mich gehasst dafür, was ich ihm angetan hatte. Jason kugelte seine Schultern und sah mich schließlich an. „James ist-"

„Ganu hier", kam es vom anderen Ende des leeren, hölzernen Raum. Von dort aus sah James mit einem Grinsen auf den Lippen zu uns und setzte langsam einen Fuß vor den anderen. Neben mir hörte ich Jason genervt seufzen und sah James mit hochgezogenen Augenbrauen an.

„Raynolds", knurrte ich.

„Bieber. McCardy." Er nickte uns zu, als wären wir alte Bekannte.

„Wir kennen uns jetzt schon so lange. Wie wäre es, wenn wir uns mit Vornamen nennen?", schlug er vor.

„Ja, und als nächstes ziehen wir unsere Hosen aus und machen einen Schwanzvergleich", zischte Jason und lachte humorlos. Gehässig sah James zu Jason, ließ sich jedoch nicht aus der Bahn bringen.

Grinsend trat er ein paar Schritte zurück und blickte zur Tür, die zum Kellergang führte.

„Wo bleiben denn eure Freunde? Die verspäten sich, das bringt meinen ganzen Zeitplan durcheinander", sprach er und sah uns mit erhobenen Augenbrauen an.

„Hol sie doch her, Justin", grinste er.

„Einen Scheiß werd ich tun!", bellte ich und beugte mich vor. Voller Hass sah ich James an und würde mich so gerne für alles, was er mir je angetan hat, rächen.

„Wenn du sie nicht holst, werden wir hier drin sterben, Justin!", kam es plötzlich von Jason.

„Wenn ich sie jetzt hole, werden sie sterben!", rief ich wütend und blickte wieder zu James.

„Dann werde ich es eben tun", grinste er und kam mir näher. Ich fixierte ihn mit meinem starren Blick und bewegte mich keinen Zentimeter, als er mit seinem Mund direkt vor mir war. Plötzlich drückte er mir eine Hand auf den Mund und legte den Zeigefinger seiner anderen Hand an seine Lippen.

„Shhh", machte er und drückte schließlich auf den Knopf in meinem Ohr.

„Hallo, kennt ihr mich noch?", grinste er. „Das letzte Mal hab ich euch gesehen, als ihr versucht habt, mich zu töten." Mit den Worten nahm er mir das Mikrofon ab und gab es einem seiner Männer. Hier war niemand, den ich kannte, also mussten alle anderen beim Zusammenbruch der Highschool gestorben sein. Außer James. Der Typ, der nun das Mikrofon hatte, redete anscheinend mit den Jungs.

„Jason, wenn sie hier her kommen, werden sie von den Arschlöchern da drüben, erschossen!", rief ich und versuchte mich erneut von den Fesseln zu befreien, doch nichts brachte etwas. Belustigt sah mir James zu und verschränkte die Arme vor der Brust.

„Hüte deine Zunge, Bieber!", rief jemand, den ich schon an der Stimme erkannte. Jack kam aus der gleichen Tür, wie James zuvor.

„Wo ist Jamie, du dreckiges Stück Scheiße?", brüllte ich und bäumte meinen Oberkörper auf. Sowohl Jack, als auch James grinsten. Ich würde ihnen so gerne dieses dreckige Grinsen aus dem Gesicht prügeln, aber ich kam hier nicht weg. Doch wenn ich Jamie nicht retten konnte, wollte ich selbst auch nicht mehr leben.

Plötzlich kam Jack im hohen Tempo auf mich zu und klebte mir Panzerband auf den Mund.

„Jetzt hast du nicht mehr ein so großes Mundwerk", sagte er triumphierend, während ich ihn verhasst ansah.

„Jetzt schmoll doch nicht so", sagte Jack und setzte sich gegenüber von Jason und mir auf einen Stuhl. Meine Brust hob und setzte sich, unfähig meiner Wut freien Lauf zu lassen.

Plötzlich war ein schriller weiblicher Schrei zu hören. Ich riss meine Augen auf und war mir sicher, dass es Jamie gewesen war. Ich brüllte ins Panzerband und versuchte mich los zu machen. Die Handschellen schnitten in mein Handgelenk und ich spürte das Blut an meinen Fingerkuppen, doch das war mir vollkommen egal. Ich musste zu Jamie. Jetzt.

Ich bewegte mich ununterbrochen, alles verschwand vor meinem Blickfeld, doch es war unmöglich mich loszureißen. Dennoch ließ ich nicht locker, bis ich plötzlich jemanden auf mich zukommen sah und ein unerträglicher Schmerz durch meinen Körper zuckte. Ich spürte die Elektrizität durch jede einzige Vene meines Körpers zischen und verkrampfte mich. Dumpf hörte ich Jason rufen, bis das Arschloch von mir abließ. Ich atmete heftig und spuckte auf den Boden.

„Ich glaube, wir müssen ein paar Regeln festlegen", sagte James und grinste auf mich runter. „Solche Sachen unterlässt du ab sofort, wenn du nicht möchtest, dass Micheal noch mal mit dem Elektroschocker kommt."

Wütend blickte ich hoch und lehnte mich leicht nach hinten. Doch bevor James weiter reden konnte, klopfte es plötzlich an der Tür, vor der fünf bewaffnete Männer standen. Aber es war kein normales Klopfen, es war quasi ein Klopfzeichen. Die Männer blickten zu James, welcher nickte. Die Tür wurde geöffnet und herein trat Jake. Meine Wut stieg ins unermessliche, doch ich wusste, dass ich keine Chance hatte, mich loszumachen.

„Jake", grinste Jack und stand auf. Er gab ihm die Hand und lächelte ihm zu. Kurz sah Jake zu mir und dann zu Jason, und auch dieser schien vollkommen geschockt.

Ich wusste, dass man Jake nicht trauen konnte. Er hatte uns quasi ausspioniert und das war wahrscheinlich auch der Grund, wieso er bei uns wohnen wollte. Und Jamie hatte ihm vertraut. Jamie.

„Jake?", fragte Jason geschockt. Jake blickte ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an.

„Ja, bitte?", sagte er und lächelte böse. Jason schien, als könnte er das nicht glauben und blieb ruhig. Jake schien wie ausgewechselt. Von seiner Persönlichkeit, die ich kannte, war nichts mehr zu sehen. Hatte er uns alles nur vorgemacht? Und wieso hatte er uns in der Highschool dann geholfen?

„Und, Jake? Sind die anderen Nightmares auf dem Weg hier her?", fragte James höflich und trat näher zu ihm, doch Jake schüttelte den Kopf.

„Sie haben mit mir das Haus durchsucht und nachdem wir nichts gefunden hatten, sind sie zur alten Highschool gefahren und suchen dort", erklärte Jake frustriert. Ich weitete meine Augen, doch dann bemerkte ich, dass das, was er gesagt hatte, ziemlich großer Schwachsinn war. Die Jungs wussten, dass ich ihm Keller war, also würden sie mich auch hier suchen. Das heißt, dass sie jede einzelne Tür kontrollieren würden. Also konnten sie nicht weggefahren sein. Verwirrt runzelte ich die Stirn.

„Sie sind weg gefahren?", fragte Jack ungläubig nach und stand von seinem Stuhl auf.

„Ja, sie sind weg gefahren."

James zog wütend die Augenbrauen zusammen.

„Du solltest sie hier her locken! Du solltest genau das verhindern, was gerade passiert ist!", zischte er wütend und kam auf Jake zu. Was war hier los?

„Ey, was machst du da?", brüllte Jake plötzlich und blickte zur Tür. Erschrocken blickte ich ebenfalls zur Tür, doch dort war nichts. Ich guckte zurück zu Jake und sah, wie er auf den Knopf in seinem Ohr drückte und „Jetzt!" brüllte. Er gab James ein Kinnharken und rannte davon, als Jack ihn schlagen wollte.

Geschockt blickte ich zu Jason, doch dieser schien genauso verwirrt wie ich zu sein. Die Männer, die zuvor die Tür bewacht hatten, schossen auf Jake, doch dieser schlug Harken und wurde die ganze Zeit verfehlt. Ein paar Mal wurde ich auch fast getroffen, doch zum Glück nur fast.

Auf einmal wurde die Tür zum Kellergang aufgerissen und meine Jungs stürmten voll bewaffnet hinein. Sie schossen um sich und trafen jeden einzelnen von James Leuten. Außer ihn selber und Jack, denn die beiden waren auf einmal verschwunden.

Erleichtert sah ich die Jungs an und wartete darauf, dass sie mich los machten. Außer Atem kamen sie auf mich zu und auch Jake stand nun vor mir. Wenn ich kein Panzertape auf dem Mund gehabt hätte, wäre ich trotzdem sprachlos gewesen. Ich hatte Jake nie vertraut, doch er war auf unserer Seite gewesen. Er hatte das alles mit den Jungs geplant, nachdem ich gefesselt wurde. Er hatte sein Leben für uns auf's Spiel gesetzt.

Die Jungs zogen ihre Masken ab und erleichtert bemerkte ich, dass alle da waren. Keiner hatte etwas abbekommen.

„Jason!", kam es geschockt von Tryson. Jason grinste, was durch seine Verletzungen aber kaum zu erkennen war und rüttelte leicht an seinen Fesseln.

„Könnt ihr mich abmachen?", fragte er kraftlos. Sofort ging Jake zu ihm und öffnete die Handschellen mit einem Schlüssel, den er in seiner Hosentasche hatte. Nachdem alle vier Handschellen geöffnet wurden, stand Jason auf, musste jedoch von den anderen gestützt werden.

„Wieso zur Hölle bist du hier?", fragte Sean verwirrt, während er ihm half auf den Beinen zu bleiben.

„Frag ich mich auch", erwiderte Jason nur und sah mich mit einem undefinierbaren Blick an.

Die Jungs redeten wild durcheinander, doch ich hörte ihnen nicht wirklich zu. Plötzlich spürte ich etwas an meinen Beinen und zuckte zusammen. Jake machte meine Fußfesseln ab und stand wieder auf. Er nickte mir knapp zu und ging dann hinter mich. Ich war immer noch geschockt darüber, dass ich mich so sehr in ihm geirrt hatte. Ich verzog das Gesicht, als mir auch meine Handfesseln abgenommen wurden und versuchte den brennenden Schmerz zu ignorieren.

Benommen sah ich mir meine Handgelenke an und schluckte. Die Handschellen hatten tief in meine Haut geschnitten. Jake stellte sich vor mich und zog mir mit einem Ruck das Panzertape vom Mund. Keuchend spuckte ich auf den Boden und stand wackelig auf. Ich spürte meine Beine nicht ganz und mir war verdammt schwindelig, aber es war auszuhalten.

„Jake", fing ich an, auch wenn ich keine Ahnung hatte, was ich sagen sollte. Doch Jake unterbrach mich sowieso.

„Alles vergessen, Mann", lächelte er und hielt mir seine Hand hin. Lächelnd schlug ich bei ihm ein und umarmte ihn, doch im nächsten Moment war mein Lächeln verschwunden.

„Raynolds und Bounds sind durch diese Tür gegangen und von da aus hab ich auch jemanden schreien hören", sagte ich ernst und lief schon auf die Tür zu, doch ich wurde von Caden aufgehalten.

„Du kannst da jetzt nicht einfach rein gehen. Wenn Raynolds und Bounds da drin sind, werden sie auf uns warten", erklärte er.

„Aber Jamie könnte da drin sein!", rief ich und wollte erneut zur Tür, doch diesmal hielt Ryan mich auf. Er deutete Caden zu den anderen zu gehen und blieb mit mir in der Nähe der Tür stehen.

„Justin, da rein zu gehen, wäre Selbstmord", sagte er und sah mich ernst an.

„Ryan, du verstehst das nicht", wisperte ich. „Ich kann nicht ohne sie leben."

Verzweifelt schloss Ryan kurz die Augen, ehe er mich wieder ansah. Sein Blick war vollkommen mitfühlend, doch ich wusste, dass er mich nicht durch diese Tür lassen würde.

„Wir werden sie finden, Justin! Hörst du? Wir finden sie! Aber du darfst jetzt nicht anfangen unbedacht zu handeln, doch wird das unser aller Tod sein. Dann wird auch sie sterben." Ryan sah mich ernst an und ich nickte als Zeichen, dass er recht hatte.

Verzweifelt fuhr ich mir durch die Haare und setzte mich da, wo ich stand, auf den Boden. Irritiert blickte Ryan zu mir runter, setzte sich aber schließlich neben mich.

Nach nicht mal einer Minute saßen alle Jungs bei uns und sahen mich an.

„Haben die irgendwas zu dir gesagt? Irgendetwas, das uns weiterbringt?", Tryson und blickte mich eindringlich an.

„Sie haben nur irgendetwas über einen Zeitplan gesagt. Das war's", murmelte ich und sah mich im großen hölzernen Raum um. Als ich eine der Leichen betrachtete, bemerkte ich, dass sie sich noch bewegte und, dass es dieser Micheal war.

Wütend stand ich auf und lief zu ihm rüber. Ich spuckte ihm ins Gesicht und nahm mir den Teaser, der neben ihm lag. Grinsend drückte ich ihn ihm in die Seite und sah zu wie er leidend das Gesicht verzog und seinen Körper verkrampfte. Seine Lippen bewegten sich und leise hörte ich ihn etwas sagen.

„Es... tut... mir... leid", krächzte er und schloss die Augen. Sein lebloser Körper zuckte noch eine Weile, nachdem ich mit dem Teaser von ihm abließ, doch er tat mir ein Stück leid.

Stumm ging ich zurück zu den Jungs, die mich fragend ansahen.

„Ich hatte noch eine Rechnung mit ihm offen", erklärte ich und sah, wie mich Jason angrinste.

„Was machen denn wir jetzt?", fragte ich verzweifelt und stand wieder auf. Ich lief hin und her, doch ich hatte keine Ahnung.

„Wir müssen da rein!", brüllte ich und deutete auf die Tür.

„Er hat Recht", gab Tryson nach und rieb sich über die Augen.

„Wieso schießen wir nicht einfach ein paar Mal in die Tür, bis sie sich von alleine öffnet?", fragte Dan, doch ich schüttelte den Kopf.

„Wir könnten Jamie treffen."

Dan seufzte und lehnte sich nach hinten.

„Wir öffnen die Tür einfach und verstecken uns hinter der Wand, damit wir nicht getroffen werden. Dann schießen wir", schlug Jake vor und sah ausschließlich mich dabei an.

„Das ist sehr riskant", erwiderte Tryson und starrte nachdenklich auf den Boden.

„Wir müssen jetzt etwas tun, Tryson", sagte Ryan eindringlich und blickte mich kurz an. Tryson seufzte und nickte.

„Okay, dann los."

Wir liefen zur Tür und alle außer mir versteckten sich hinter der Wand. Kurz atmete ich noch einmal durch, ehe ich die Tür mit einem Ruck öffnete und mich selbst hinter die Wand warf. Wir lauschten und warteten auf die kommenden Schüsse, doch das einzige, was zuhören war, war laute Musik.

Verwirrt stand ich auf und spähte aus der Tür und war nur noch verwirrter. Hier war der Garten des Hauses. Hier feierten immer noch die Partygäste und schienen von nichts etwas mitbekommen zu haben. Aber bei der lauten Musik, war es auch kein Wunder, dass sie die Schüsse nicht gehört hatten. Aber wir hatten auch keine Musik gehört. Nur den Schrei hatte ich gehört. Das war doch unmöglich. Langsam kamen die Jungs zu mir und stellten sich hinter mich.

„Sicher, dass der Schrei, den du gehört hast, von hier kam?", fragte Tryson skeptisch. Stumm nickte ich und verstand es einfach nicht. Wie konnte ich von hier jemanden schreien hören, wenn ich nicht mal die Musik gehört hatte?

„Ich hab den Schrei auch gehört", kam es von Jason. Kurz sah ich ihn an und schluckte. Er sah so verdammt schlimm aus und ich wusste nicht, wie viel davon ich angerichtet hatte.

„Sie müssen hier aber noch irgendwo sein. Los, wir müssen sie suchen!", rief ich und lief in die Menge.

„Justin!", hörte ich die Jungs rufen und blieb stehen.

„Was?", fragte ich und sah sie aufgebracht an. Tryson schien nicht zu wissen, was er sagen soll und sah mich nur sprachlos an.

„Dann suchen wir sie jetzt", zischte ich. Tryson nickte und lief an mir vorbei. Ich ließ alle an mir vorbei, weil ich mit Jason reden wollte, doch da erblickte ich jemanden in der Menge. Ich wusste, dass er auch auf Jamies Schule ging, doch ich wusste nicht, wer es war. Hieß er vielleicht Sam?

Bevor ich weiter drüber nachdenken konnte, wurde ich an meinem Short herum gerissen und blickte einen wütenden schwarzhaarigen Jungen an. Doch bei ihm fiel mir sofort ein, wer es war. Es war Taylor, Jamies Freund.

„Du", zischte er und sah mich voller Hass an. Er hatte mich zu sich gezogen und machte mich jetzt blöd an? Bei jedem anderen wäre ich jetzt vollkommen ausgerastet, doch Taylor war Jamies Freund, da durfte ich nicht der jähzornige feste Freund sein.

„Du", erwiderte ich ruhig.

„Wo zur Hölle ist Jamie? Was hast du mit ihr gemacht?", brüllte er mich an und pikste mich mit seinem Zeigefinger in die Brust. Ich atmete tief durch, um nicht auszurasten und sah Taylor dann wütend an.

„Ich hab gar nichts mit ihr gemacht", knurrte ich und hielt meinen Blick starr auf Taylor.

„Ich wusste von Anfang an, dass du kein guter Umgang bist! Sie war seit Wochen nicht in der Schule und ihre Mutter weiß auch nicht mehr weiter, du zerstörst ihr Leben!", brüllte er weiter und machte mir nur noch wütender, doch ich blieb ruhig.

„Du hast keine Ahnung, wovon du redest, Taylor", murmelte ich und atmete tief durch. Kurz schloss ich die Augen, doch als ich sie wieder öffnete, kam eine Faust auf mich zu. Hart traf sie mich im Gesicht, sodass sich mein Kopf zur Seite drehte. Ich war kurz davor zu explodieren, als ich im Augenwinkel einen Polizisten entdeckte. Ich blickte zu ihm und bemerkte ein Foto in seiner Hand. Ein Foto von mir.

Okay, scheiß auf Taylors Worte, ich brauchte ihn.

„Taylor, hast du jemanden aus dieser Tür gehen sehen?", fragte ich hektisch und zeigte auf die Tür, aus der wir gekommen waren. Irritiert blickte er dort hin und runzelte die Stirn.

„Ich wusste nicht mal, dass dort eine Tür ist", erwiderte er verwirrt. Enttäuscht seufzte ich und wollte mir meine Maske aufsetzen, doch jeder kannte diese Masken. Also zog ich mir meine Kapuze tief ins Gesicht und wollte schon gehen, als Taylor mich zurück hielt.

„Ein Wohnmobile. Vor der Tür stand ein Wohnmobile", ließ er mich mit ernstem Gesichtsausdruck wissen. Dankend nickte ich und rannte davon, als der Polizist in unsere Richtung kam.

Ich suchte die anderen Jungs, doch sie waren nicht auffindbar. Scheiße! Ich hätte mir mein Mikrofon wieder holen sollen. Ich hatte nicht dran gedacht! Aber ich musste dieses Wohnmobile finden.

Schnell rannte ich zum Parkplatz und stieß jeden weg, der mir im Weg stand, bis ich plötzlich noch ein bekanntes Gesicht erblickte. Mein Gesicht war wie versteinert, während ich meine Hände zu Fäusten ballte und auf Risher zulief. Erst als ich vor ihm stand, sah er mich und wollte noch abhauen, doch ich hatte ihn am Kragen gefasst. Doch ich hatte keine Zeit mich mit diesem Schwachkopf herum zu schlagen. Ich musste Jamie finden.

„Wo sind sie?", fragte ich mit bebender Stimme, während er mich ängstlich ansah.

„Justin, es tut mir alles so leid. Ich wollte das nicht", versuchte Austin zu erklären, doch das war nicht, was ich hören wollte.

„Wo sind sie, verdammt!", schrie ich und umschlang seinen Hals mit meinen Händen.

„Du kannst sie nicht alleine retten. Du brauchst Hilfe, lass mich dir helfen", bat er und obwohl ich wusste, dass er Recht hatte, wollte ich nichts anderes, als ihn töten.

„Sag mir einfach, wo sie sind", presste ich zwischen meinen Zähnen hervor.

„Lass mich dir helfen", wiederholte er nur. Wütend holte ich aus, stoppte jedoch vor seinem Gesicht. Schwer atmend packte ich ihn am Arm und zog ihn mit mir auf den Parkplatz.

„Einsteigen!", brüllte ich und zeigte auf mein Auto. Hastig stieg er ein und schnallte sich an. Schnell setzte ich mich neben ihn und wollte losfahren, als mir etwas einfiel. Ich konnte die Jungs nicht erreichen. Irgendwie mussten sie ja wissen, wo wir hinfuhren.

„Wo verdammt sind sie, Austin?", fragte ich energisch.

„In der alten Highschool", erwiderte er schluckend. Grauenhafte Erinnerungen kamen hoch, als ich daran dachte, doch ich hatte jetzt keine Zeit dafür.

Wortlos stieg ich aus und lief um's Auto herum. Ich öffnete Austins Tür und holte einen Edding raus. Schnell lief ich auf unser anderes Auto zu und schrieb eine Nachricht auf das Fahrerfenster. Unser letzter Zusammenstoß mit James. Ich konnte nicht genau schreiben, wo wir hinfuhren. Nicht wenn die Polizei hier war.

Joggend kam ich wieder bei Austin an und setzte mich ins Auto. Mit Vollgas fuhr ich los. Kurz dankte ich Gott dafür, dass Austin seine Klappe hielt, doch dann fing er doch an zu reden.

„Justin?", fragte er vorsichtig, doch ich ignorierte ihn. Er konnte froh sein, dass ich ihn am Leben ließ, denn er hatte es nicht verdient. Durch ihn schwebte Jamie in verdammt großer Gefahr.

„Du musst mir nicht antworten, nur zuhören", sagte er plötzlich selbstbewusst und blickte starr auf die Straße. Überrascht zog ich die Augenbrauen hoch und schwieg.

„Ich mag Jamie", fing er an und mir gefiel jetzt schon nicht, was er sagte.

„Ich wollte ihr nie etwas tun, aber Jack, mein Vater, hätte mich und meine Freunde umgebracht, wenn ich nicht getan hätte, was er gesagt hat", erklärte er emotionslos.

„Meine Wahl würde immer auf dich fallen, wenn es darum ginge, ob du oder Jamie sterben musst", erwiderte ich kalt.

„Justin, er hätte meine Freundin, Kelsey, umgebracht. Du hättest genauso gehandelt, wie ich."

Ich atmete hörbar aus und legte den Kopf ein wenig schräg.

„Justin, jetzt hör mir zu, verdammte Scheiße!", rief er plötzlich und starrte mich von der Seite an.

„Wenn sie stirbt, hast du mein Leben zerstört, hörst du? Dein Vater hat mir so viel genommen und jetzt werde ich ihm sein Leben wegnehmen!", schrie ich und umfasste das Lenkrad stärker. „Und egal, was du sagst, ich werde dich immer hassen."

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