71. „Ziemlich jung, um Mutter zu werden."

J A M I E

Nervös lief ich die Treppe hinunter und richtete meine Tasche. Taylor wollte mich zum Frauenarzt fahren, doch als ich die Tür öffnete, sah ich jemanden, den ich nicht erwartet hatte.

„Justin?", fragte ich verwirrt. Er lehnte an seinem Wagen und sah mich lächelnd an.

„Wir wollten doch zum Frauenarzt", sagte er und entblößte seine weißen Zähne.

Irritiert drehte ich mich zu Taylor nach hinten und wollte etwas sagen, doch ich bekam nichts heraus und sah wieder zu Justin, um mich zu vergewissern, dass er wirklich da war. Er wollte mit mir zum Frauenarzt? Was hatte seine Meinung auf einmal verändert?

„Du willst mit mir zum Frauenarzt?", fragte ich verblüfft.

„Ja", lächelte er.

„Außer du willst nicht mehr, dass ich mit komme", fügte er schnell hinzu und kratzte sich am Nacken.

„Nein, nein", widersprach ich sofort. „Ich... will, dass du mit kommst."

Justins Lächeln wurde breiter.

„Gut."

Ich drehte mich zu Taylor und sah ihn mit großen Augen.

„Taylor, ich äh, fahr mit Justin", stammelte ich.

„Schon klar", grinste dieser und lief die Treppe wortlos wieder hinauf. Er freute sich für mich. Er wusste jedoch nichts von dem Baby. Er dachte, es wäre nur eine normale Untersuchung. Und das war auch gut so. Er sollte es nicht wissen. Niemand sollte das.

„Okay", hauchte ich und lief nach draußen. Justin lächelte mich weiterhin an, während ich in sein Auto stieg.

„Ist irgendwas?", wollte ich irritiert wissen und schnallte mich an.

„Nope", erwiderte Justin und startete den Motor.

„Du lächelst irgendwie die ganze Zeit", bemerkte ich.

„Ich kann gerne aufhören", zwinkerte er, während er ausparkte.

„Nein, bitte nicht!", lachte ich und biss mir anschließend auf die Lippen.

„Weißt du eigentlich wo der... wo der Frauenarzt ist?", murmelte ich verlegen.

„Ja, ich hatte letztens eine Vorsorgeuntersuchung", erwiderte Justin unbekümmert.

„Äh, was?", fragte ich irritiert.

„War'n Witz", klärte er mich grinsend auf. Ich lachte leise und schüttelte den Kopf. „Ich hab's ins Navi eingegeben"

„Also, du warst ja noch nicht beim Frauenarzt, sondern hast nur einen Test gemacht, das heißt ja, dass die Chance besteht, dass du nicht schwanger bist, richtig?", fragte er vorsichtig und sah mich kurz mit einem Schimmer von Hoffnung in den Augen an.

„Ich habe meine Tage nicht bekommen", flüsterte ich und sah ihn entschuldigend an. Sofort fiel seine Miene in sich zusammen und er seufzte.

„Okay", nuschelte er und bog in eine Straße ein.

„Es tut mir echt leid, dass ich dir nichts gesagt habe", murmelte ich und sah aus dem Fenster.

„Wage es nicht, dich noch einmal zu entschuldigen", drohte er finster.

„Was?", fragte ich verwirrt und hob den Kopf.

„Du hast den schon oft genug entschuldigt und ich... ich habe mich absolut scheiße verhalten. Ich... ähm, ich, ach verdammt!", fluchte Justin und schlug wütend auf's Lenkrad.

„Du hast dich verdammt scheiße verhalten... Aber lass uns später darüber reden. Jetzt ist sowieso schon ein scheiß Moment", murmelte ich. Ich wollte definitiv noch darüber reden, nur nicht jetzt.

Er hatte mich verdammt verletzt, aber meine Nerven lagen blank. Ich meine, ich war gerade auf dem Weg zum Frauenarzt, weil ich verdammt noch mal schwanger war. Von einem scheiß Schwerverbrecher.

„Wir sind da", murmelte Justin und zog die Handbremse an. Ich schluckte und schnallte mich laut atmend ab.

Zusammen liefen wir in die Arztpraxis und redeten mit der Empfangsfrau. Anschließend durften wir uns in den Warteraum begeben. Es waren nur höchstens fünf Frauen da, die total angespannt wirkten und alleine waren. Ich war die Einzige mit Verstärkung, war jedoch mindestens genauso angespannt, wie sie. Aber egal aus welchem Grund, niemand ging gern zum Frauenarzt. Es war einfach eine unangenehme Angelegenheit.

Nervös spielte ich mit meinen Händen, als wir auf den Stühlen saßen, und wagte es nicht, irgendjemanden anzugucken.

„Bist du nervös?", flüsterte mir Justin zu. Verkrampft nickte ich und versuchte so leise wie möglich zu atmen, doch ich hatte das Gefühl ersticken zu müssen, was sowohl an der Nervosität lag, aber auch an der warmen, stickigen Luft in diesem Raum.

„Hab keine Angst. Wenn du schw... wir schaffen das", versuchte er mir einzureden und nahm unsicher meine Hand. Hatte er wir gesagt und noch dazu meine Hand genommen?

Sofort wurde meine Anspannung etwas weniger, jedoch nicht so viel, dass ich erleichtert wäre. Seine Hände waren warm und ein wenig schwitzig, jedoch trotzdem weich und fühlten sich angenehm an meiner Haut an.

„Weißt du, egal wie scheiße du warst, ich bin verdammt froh, dass du jetzt hier bist. Ich weiß nämlich nicht, was ich allein machen würde", flüsterte ich und lächelte ihn schwach an.

Er wollte gerade etwas erwidern, als eine Schwester meinen Namen aufrief. Schluckend stand ich auf und sah Justin gequält an.

„Soll ich... soll ich mit rein?", wollte er hektisch wissen. Hastig schüttelte ich den Kopf und lief der Schwester hinter her.

„Die Ärztin kommt in Kürze. Bitte warten Sie einen Moment", sagte sie und ließ mich im beängstigendem Zimmer allein. Hörbar einatmend fuhr ich mir durchs Gesicht.

Ich wollte hier weg. Ich hatte Angst. Verdammt Angst. Ich schreckte zusammen, als sich die Tür öffnete und die Ärztin den Raum betrat.

„Guten Tag, Miss Jones", lächelte sie freundlich.

„So gut ist der Tag nun auch wieder nicht, aber danke", murmelte ich mit den Nerven am Ende und sah sie ausdruckslos an.

„Sie scheinen ziemlich viel Stress zu haben", bemerkte sie.

„Sind Sie zum Vorsorgetermin hier oder haben Sie irgendwelche Probleme?", wollte sie als erstes wissen. Hörbar atmete ich ein.

„Ich bin wahrscheinlich schwanger. Also ich habe einen Test gemacht, der positiv war und ich hab meine Tage nicht bekommen", erklärte ich verzweifelt, versuchte jedoch locker zu wirken. Die Ärztin sah mich mitleidig, jedoch auch fast schon kritisch an.

„Wie alt sind Sie, Miss Jones?", forschte sie nach und ließ mich nicht aus den Augen.

„Siebzehn", erwiderte ich voller Scham. Ja, ich schämte mich. Aber wieso eigentlich? Fast alle Mädchen, die in jungen Jahren schwanger sind, werden verachtet, aber wieso? Es ist normal Sex zu haben und Unfälle passieren nunmal. Auch wenn es in meinem Fall kein Unfall war. Nein, das war es wirklich nicht.

„Ziemlich jung, um Mutter zu werden", meinte die Ärztin abschätzend.

„Meinen Sie, das wüsste ich nicht selber?", konterte ich patzig und sah sie verbissen an.

So langsam wurde ich wütend. Ich war nicht hier, um mir so etwas anzuhören, ich wollte verdammt noch mal wissen, ob jetzt gerade, in diesem scheiß Moment, ein verdammtes Kind, das mir mein Leben zerstören sollte, in meinem Bauch heran wuchs. War das zu viel verlangt? Wenn ich wissen wollte, wie unverantwortungsbewusst ich war, hätte ich auch zu meiner Mutter gehen können. Aber ich war hier, verdammt. Also sollte diese Schlampe auch endlich ihre Arbeit machen und ihre abgefuckte Klappe halten. Wie viel würde ich dafür geben, ihr dies ins Gesicht zu sagen.

„Tut mir leid, Miss Jones", sagte sie scheinheilig, „Ich wollte Sie nicht verärgern." Zu spät. Und wenn ich doch so jung war, musste sie mich doch nicht immer Miss Jones nennen.

„Gut, dann untersuchen wir Sie mal. Ich werde ein Ultraschall machen, also legen Sie sich bitte auf die Liege, damit wir anfangen können", lächelte sie nun wieder freundlich. Ich nickte und atmete schwer.

Ich hatte mich immer wieder an den Gedanken festgeklammert, dass alles nur ein Zufall sein kann. Ganz viele Schwangerschaftstests zeigten nicht das richtige Ergebnis und meine Periode kam auch nicht immer regelmäßig, also konnte das alles hier nur ein Zufall sein. Aber dieser Tag heute, diese Frau konnte meine ganze Hoffnung zu Nichte machen. Ich hatte das Gefühl nicht mehr atmen zu können, obwohl meine Atmung normal war. Kurz bevor ich mich hinlegte, fasste ich einen Entschluss.

„Können Sie im Warteraum bitte nach Justin Bieber fragen und ihn hier her schicken?"

„Natürlich", lächelte sie und verschwand aus der Tür.

Ich war kurz vor einem verdammten Nervenzusammenbruch! Ich wusste nicht, ob es eine gute Entscheidung war, Justin her zu holen, aber ich wollte ihn bei mir haben. Es war eben auch sein Baby und das schien er auch endlich zu verstehen. Ich konnte zwar verstehen, dass es ihm auch ziemlich viel war, aber das war trotzdem kein Grund dafür, sich so zu benehmen. Das konnte er wahrscheinlich nie wieder gut machen.

Ich schreckte leicht zusammen, als die Tür geöffnet wurde und Justin hektisch hinein kam.

„Was ist los?", fragte er panisch und sah mich mit großen Augen an.

„Nichts, ich... ich wollte dich nur hier haben", murmelte ich verlegen und sah ihm in die Augen. Erleichtert atmete er aus und nickte.

„Okay", hauchte er und fuhr sich durchs Gesicht.

„Miss Jones?", fragte die Ärztin und sah mich abwartend an.

„Ja, ich, äh, komme", stammelte ich und lief zu ihr. Justin folgte mir und sah mich nervös an.

„Dann legen Sie sich bitte auf die Liege", sagte die Ärztin. Ich tat wie mir befohlen und legte mich hin. Die Ärztin schob mein Oberteil hoch und nahm sich ein Gel, was sie in mehreren Punkten auf meinem Bauch platzierte. Verdammt, war das kalt und unangenehm.

Plötzlich spürte ich etwas an meiner Hand und drehte meinen Kopf in Justins Richtung. Er hatte schon wieder meine Hand genommen. Aufmunternd lächelte er mich an und streichelte mit seinem Daumen über meinen Handrücken. Ich lächelte gequält zurück und richtete meinen Blick an die Decke. Die Ärztin verteilte das Gel mit dem Ultraschallgerät auf meinem Bauch und blickte auf den Monitor. Ich konnte dort nichts erkennen und verstand auch nicht, wie Ärzte das hinbekamen.

Ich atmete hörbar aus und drehte meinen Kopf erneut zu Justin, welcher wie gebahnt auf den Monitor sah. Er hatte immer noch Hoffnung, dass ich nicht schwanger war. Ich ja auch, aber wie wahrscheinlich war es denn, dass das Universum plötzlich mal Mitleid mit mir hatte und entschlossen hatte, damit aufzuhören, sich gegen mich zu verschwören?

„Sehen Sie das?", fragte die Ärztin plötzlich, doch ich wand meinen Blick nicht von Justin ab. Bitte, Universum, lass den nächsten Satz, den sie sagt, heißen: 'Das ist der Ort, wo das Baby eigentlich wäre, wenn Sie eines hätten.'

„Miss Jones?", fragte sie.

„Ich will das nicht sehen", erwiderte ich deutlich, womit ich Justins Aufmerksamkeit bekam. Er hatte keine Ahnung, was er tun sollte, sondern blickte mich einfach nur gequält an.

„Na gut, Sie sind der Vater?", wollte sie von Justin wissen. Scheiße. Damit hatte sie es verraten. Ich würde Mutter werden. Justin würde Vater werden. Er nickte verzweifelt und sah wieder auf den Monitor.

„Herzlichen G-", setzte sie an, doch sie wurde von Justin unterbrochen.

„Sagen Sie es nicht", knurrte er wütend. „Sie sehen doch, wie jung wir sind, denken Sie, wir wollen dieses verdammte Baby? Also sagen Sie es einfach nicht."

Ich blickte zur Ärztin und sah, wie sprachlos sie war. Damit hatte sie nicht gerechnet. Naja, ich irgendwie schon.

„Tut mir leid", stammelte sie. Wow, wir waren wahrscheinlich die unfreundlichsten Patienten hier.

„Jedenfalls sind Sie schwanger. Ich werde Ihnen jetzt das Gel abwischen und dann können Sie gehen. Ich hätte allerdings auch noch ein paar Prospekte, wo junge Mütter und Väter Hilfe bekommen", erklärte sie und sah uns abwechselnd an.

„Nein, danke. Wir gehen jetzt", bestimmte Justin und zog mich an der Hand hoch. Verdutzt stand ich auf und ließ mich an der Hand durch die Arztpraxis ziehen. Er hielt mich aber nicht so, dass es weh tat, er war vorsichtig und schien nur die Absicht zu haben, mir nur zu zeigen, wo wir hingehen. Also hatte ich auch kein Problem damit. Das Einzige Problem, das ich hatte, war, dass mein Shirt wegen dem Gel an meinem Bauch klebte und das war ziemlich unangenehm.

Erst als wir aus der Praxis waren, ließ er meine Hand los, um sich ins Auto zu setzen. Ich tat es ihm gleich und stützte mein Gesicht in die Hände.

„Jamie, wir... wir schaffen das", flüsterte Justin.

„Seit wann bist du der Optimistische?", motzte ich.

„Als du erfahren hast, dass es dieses scheiß Baby überhaupt gibt, warst du dagegen, hast mir jeden Scheiß an den Kopf geworfen, mich sogar physisch verletzt und mich auf deinem verdammten Haus rausgeschmissen!", schrie ich hysterisch und sah ihn mit weit aufgerissenen Augen an. Sprachlos starrte er mich an und wusste einfach nicht, was er sagen sollte. Wütend griff ich an den Autogriff und wollte die Tür öffnen, doch sie ließ sich nicht öffnen.

„Mach die verdammte Tür auf!", zischte ich und sah Justin mit hasserfülltem Blick an, doch er schüttelte nur ausdruckslos und langsam den Kopf.

„Mach jetzt die Tür auf!", brüllte ich, doch Justin reagierte einfach nicht, bis er dann doch zur Tat überschritt. Jedoch nicht so, wie ich es wollte. Er fuhr los. Einfach so. Aber ich war ihm nicht böse. Ich fand es gut. Ich wollte nämlich nicht weg. Ich hatte ihn endlich wieder und wollte bei ihm sein, egal, wie wütend ich auf ihn war, egal, wie sehr er mich verletzt hatte, im Moment brauchte ich ihn einfach.

Die ganze Fahrt verlief still. Ich wusste zwar nicht, wohin wir fuhren, aber ich schätzte, dass er mich zu ihm brachte und diese Vermutung bestätigte sich auch, als er bei der Lagerhalle parkte. Wortlos stieg er aus und lief um's Auto herum, um mir die Tür zu öffnen, doch ich starrte nur vor mich hin. Ich wusste zwar nicht, was los war, aber ich fühlte mich einfach nicht in der Lage, auszusteigen, zu reden oder gar meinen Kopf zu drehen. Ich wollte mich in keinster Weise bewegen.

Justin schien dies zu bemerken, denn er beugte sich zu mir runter, griff unter meine Kniekehlen und an meinen Rücken und hob mich vorsichtig hoch. Automatisch legte ich meinen Arm um seine Schulter und lehnte meinen Kopf an seine Brust. Weiterhin stumm trug er mich zur Lagerhalle und klopfte mit dem Fuß an die Tür. Es dauerte etwas länger, bis uns von Ryan die Tür geöffnet wurde und wir rein konnten. Irgendwie deutete Justin ihm leise zu sein, doch ich sah nicht wie, da ich die Augen schloss.

Justin trug mich durch die Gegend, bis wir einen Raum betraten und ich sanft aufs Bett gelegt wurde. Langsam öffnete ich die Augen und sah ihn besorgt vor mir stehen.

„Alles okay?", wollte er wissen und biss sich auf die Lippen. Stumm schüttelte ich den Kopf und streckte die Arme nach ihm aus. Schwach lächelnd kam er auf mich zu und legte sich neben mich. Ohne zu zögern platzierte ich meinen Kopf auf seiner Brust und starrte ins Leere.

„Du verlässt mich nicht noch einmal, oder?", flüsterte ich und wartete auf seine Antwort, doch sie kam nicht. Verärgert setzte ich mich auf und sah ihm ins Gesicht, welches er gequält verzogen hatte.

„Ach ja, stimmt", murmelte ich monoton, während ich ihm starr in die Augen blickte. „Wir sind ja gar nicht zusammen."

Gekränkt setzte ich mich an den Bettrand und fuhr mir durchs Gesicht.

„Jamie, du siehst das alles falsch", seufzte er, stand auf und setzte sich neben mich.

„Dann erklär's mir", verlangte ich und sah ihn an.

„Ich habe dir von Anfang an gesagt, dass ich für all das keine Zeit hab. Es passt in mein Leben nicht hinein und bis jetzt wurdest du durch mich nur verletzt", murmelte er reuevoll und spielte mit seinen Händen.

„Ich glaube, du siehst das falsch. Durch dich bin ich noch am Leben", erklärte ich und blickte an die Wand.

„Hättest du mich nicht kennengelernt, hättest du nie Angst um dein Leben haben müssen", konterte er.

„Ohne dich wäre meine Mom jetzt im Knast", kam es anschließend von mir.

„Na und? Merkst du denn nicht, wie sich dein Leben durch mich verändert hat?", wollte er fassungslos wissen und sah mich verständnislos an.

„Doch natürlich, aber es hat sich zum Besseren verändert", erklärte ich wahrheitsgemäß. Verächtlich schnaubte er und schüttelte den Kopf.

„Das ist doch Schwachsinn", spuckte er spottend.

„Wieso musst du das alles so negativ sehen?", fragte ich aufgebracht und warf die Arme in die Luft.

„Weil es negativ ist!", rief er und stand auf, doch im nächsten Moment ließ er die Schultern hängen und fuhr sich durchs Gesicht.

„Lass uns jetzt nicht mehr streiten", murmelte er und lief zur Tür. Plötzlich knurrte mein Magen so laut, dass er es hörte. Schmunzelnd fragte er: „Hunger?"

Wiederwillig nickte ich und lief auf ihn zu.

„Komm", lächelte er und öffnete die Tür. Während wir den Gang entlang liefen, kam uns Ryan entgegen und blieb vor uns stehen.

„Ich habe unsere Schränke aufgefüllt. Jamie, bedien dich. Justin, wenn ich deine dreckigen Finger an meinem Essen sehe, hacke ich sie dir ab und das, mein Freund, ist keine Drohung sondern ein Versprechen", sagte er, ehe er ohne Justin antworten zu lassen einfach davon lief. Verdutzt blickte ich ihm hinterher, doch Justin lief nur wütend weiter.

„Was ist zwischen euch los?", wollte ich irritiert wissen.

„Er spinnt rum", zischte er ohne sich umzudrehen. Seufzend lief ich ihm hinter her und ließ mich in der Küche auf einen Stuhl nieder.

„Wieso?", fragte ich und sah ihn an.

„Weil er ein Bastard ist", erwiderte Justin kalt. Ich hob die Augenbrauen. Ryan war kein Bastard.

„Was willst du essen?", fragte Justin und sah mich fast schon verzweifelt an.

„Ich will nichts essen, wenn du nichts isst", murmelte ich und spielte an meinem Ärmel.

„Ich esse auch was", entgegnete er, als wäre es selbstverständlich.

„Aber Ryan hat doch-"

„Ich scheiß auf Ryan", unterbrach er mich. Skeptisch sah ich ihn an. Was war zwischen den beiden?

„Ich habe kein Hunger", murmelte ich, da ich nicht noch mehr Streit zwischen den beiden auslösen wollte.

„Da sagte dein Magen aber etwas anderes und außerdem musst du was essen, weil du ja jetzt für zwei-"

„Halt die Klappe!", zischte ich aggressiv und sah ihn mit zusammen gebissenen Zähnen an. Überrascht hob er die Augenbrauen und wusste nicht, was er sagen sollte.

„Ich meinte doch nur, dass-", versuchte er es erneut, doch auch diesmal ließ ich ihn nicht aussprechen.

„Ist mir egal! Ich will davon nichts hören!", zickte ich und blickte aus dem Fenster. Doch plötzlich sah ich dort Austin. Oh, verdammt, ich hatte ihm nicht gesagt, dass Taylor mich fuhr! Fuck, fuck, fuck! Wahrscheinlich war er die letzten Tage immer hier aufgekreuzt! Aber dann hätten die Jungs doch etwas gesagt, oder nicht? Naja, egal.

„Justin, ich bin gleich wieder da", sagte ich schnell und sprang auf. Noch bevor Justin etwas erwidern konnte, hatte ich die Küche auch schon verlassen. Schnell lief ich nach draußen und rannte auf Austin zu.

„Scheiße, Austin, es tut mir leid! Ich habe total vergessen, dass du mich eigentlich zur Schule fährst. Oh Gott, ich weiß gar nicht, was ich sagen soll", entschuldigte ich mich hastig, während ich mich vor ihn stellte, sodass er mit dem Rücken zur Lagerhalle stand.

„Habe ich gemerkt", erwiderte er schmunzelnd.

„Wieso bist du denn die letzten Tage nicht rausgekommen? Ich habe morgens immer auf dich gewartet", erzählte er.

„Ich wohne im Moment bei einem Freund", erklärte ich. Obwohl, wohnte ich noch bei Taylor? Oder wollte Justin mich wieder bei sich haben? Naja, egal.

„Und wieso bist du dann hier? Wessen, äh, Haus ist das?", fragte er und stockte etwas bei dem Wort Haus. Verständlich. Haus war nämlich etwas untertrieben.

„Von meinem Freund", lächelte ich und biss mir auf die Lippen. Ich hatte es mir anscheinend angewöhnt, ihn meinen Freund zu nennen, aber eigentlich waren wir ja gar nicht zusammen. Oder doch? Okay, ab dem heutigen Tag nahm ich mir vor, nicht mehr darüber nachzudenken und nur noch die Momente mit ihm zu genießen.

„Ich dachte, das war letztens dein Mitbewohner", meinte er und runzelte die Stirn.

„Ja, war es auch, aber er wohnt mit meinem Freund und ein paar anderen zusammen", erklärte ich. Verdammt, war es komisch ihn so zu nennen.

„Und wie heißt dein Freund?", wollte er nun plötzlich total ernst wissen.

„Justin", erwiderte ich irritiert. Austins Augen weiteten sich, doch er versuchte es sich nicht ansehen zu lassen. Kannte er Justin etwa? Aus der Schule vielleicht.

„Achso. Ich schätze mal, ich sollte dann gehen", sagte er plötzlich und lief lächelnd an mir vorbei.

„Okay, und nochmal Entschuldigung", rief ich ihm hinterher.

Er hob die Hand und rief „Kein Ding, Babe!" zurück. Er nannte mich immer noch Babe. Mir fiel auf, dass ich ihn früher immer falsch eingeschätzt hatte. Ich dachte, er sei ein geldgeiler, arroganter, selbstverliebter Arsch, der dachte, er könnte jede haben. Aber so war das gar nicht. Er war eigentlich ziemlich nett.

Ich beeilte mich, wieder zurück ins Haus zu gehen und steuerte auf die Küche zu, wo Justin schon auf mich wartete.

„Wer war das?", wollte er irritiert und fast schon skeptisch wissen.

„Ein Freund aus der Schule", erklärte ich und überlegte kurz. Wenn Austin ihn kannte, würde er Austin vielleicht auch kennen. „Kennst du ihn?"

„Nicht, dass ich wüsste, aber ich habe ihn auch nur von hinten gesehen", erklärte er, schien jedoch immer noch zu überlegen.

„Okay", erwiderte ich.

„Ich habe dir Pancakes gemacht. Also nein, ich hab's versucht." Kurz hielt er inne und seufzte. „Ich hab uns ne Pizza bestellt."

Ich konnte mir das Lachen nicht verkneifen und grinste ihn anschließend an.

„Jamie", seufzte Justin und setzte sich hin. „Wir müssen über das Baby reden."

Stirnrunzelnd sah ich ihn an und schüttelte energisch den Kopf.

„Ich will darüber nicht reden", sagte ich stur und sah wieder aus dem Fenster.

„Willst du es abtreiben lassen?", fragte er forsch und sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an.

„Was?", erwiderte ich schnell und leise.

„Du scheinst es wirklich nicht bekommen zu wollen und ich verstehe das. Es ist deine Entscheidung. Willst du es abtreiben?", wiederholte er ernst.

Wollte ich es abtreiben lassen? Abtreibung war Mord und außerdem wusste ich, wie es funktionierte. Es war grausam für das ungeborene Baby. Außerdem könnte ein Baby mich und Justin vielleicht wirklich näher zusammen bringen. Wie war er wohl als Vater? Er konnte auf jeden Fall gut mit Kindern umgehen, aber würde er es auch mit seinem eigenen schaffen? Trotzdem es ihm vielleicht das Leben ruinieren könnte? Aber andererseits, konnte man sein Leben überhaupt noch mehr ruinieren? Er lebte in einer Lagerhalle, deren Besitzer er ermordet hatte. Er musste jeden Tag Acht geben, nicht getötet zu werden, weil er Feinde hatte, die ihn unter die Erde bringen wollten. Sein Leben war ein Desaster. Aber würde ein Kind das besser machen? Wohl eher nicht. Aber wollte ich es Abtreiben? Ich hatte keine Ahnung.

„Ich habe gesagt, ich will darüber nicht reden", spuckte ich und wollte den Raum verlassen, aber Justin hielt meinen Arm fest.

„Renn doch nicht immer weg, verdammt!", zischte er wütend und drehte mich in seine Richtung. „Du hast selbst gesagt, das macht nichts besser. Bleib doch wenigstens einmal hier und raste nicht aus."

Verblüfft sah ich ihn an.

„So etwas aus deinem Mund zu hören kommt mir etwas ironisch vor", erwiderte ich ausdruckslos und schob seine Hand von meinem Arm.

„Ja, ich weiß. Du kannst ja noch überlegen, was du tun willst, aber du weißt selber, dass wir früher oder später darüber reden müssen", sagte er, stand auf und zog mich in seine Arme.

„Und egal, wie du dich entscheidest, ich werde dir zur Seite stehen", flüsterte er mir ins Ohr.

„Danke", hauchte ich. Plötzlich klingelte es und wir lösten uns. War Austin wieder gekommen, oder hatten die Jungs tatsächlich mal Besuch? Seufzend lief Justin zur Tür, ich folgte ihm.

„Hast du ne Ahnung, wer das ist?", wollte ich wissen, während ich ihm hinterher lief.

„Nein", erwiderte Justin und blieb vor der Tür stehen. Nachdem er sie geöffnet hatte und gesehen hatte, wer davor stand, war er kurz davor sie wieder zuzuschlagen, aber ich hielt die Tür fest, während uns leuchtend grüne Augen ansahen.

„Jake?", fragte ich überrascht.

„Was willst du hier?", knurrte Justin feindselig.

A/N: Es tut mir leid, dass ich so lange nicht mehr geupdate habe. Ich hatte letzte Woche ein Praktikum und habe keine Zeit gefunden weiter zu schreiben. Jetzt hat wieder die Schule angefangen, aber ich hoffe ich kann trotzdem 1x in der Woche updaten. Bitte habt Verständnis :)

Ich hoffe euch hat das Kapitel gefallen und freue mich wie immer über Feedback. Bis zum nächsten Mal :)

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