12. „Ah, die Versager sind da."

J U S T I N

Ich hielt mir meine blutende Schulter und versuchte James noch zu greifen, während er aus dem Zimmer flüchtete. Leider hatte ich meine Waffe fallen lassen, sonst hätte ich ihm jetzt den Schädel weg geblasen.

Mein Atem ging immer schneller und meine Schulter tat höllisch weh. Ich sah mich nach Jamie um und entdeckte sie auf dem Boden. Schnell lief ich zu ihr und hockte mich vor sie.

„Jamie", sagte ich, während ich an ihr rüttelte. Sie stöhnte ein wenig und öffnete dann ihre Augen. Ihre Wange war rot. Sehr rot. Dieses Schwein hatte sie geschlagen. Er ging definitiv zu weit.

Ich strich ihr über die Wange. Sie fasste sich an den Kopf. Als sie ihre Hand wieder weg nahm, sah ich, dass sie am Kopf blutete.

„Scheiße", hauchte ich.

„Deine Schulter blutet", bemerkte sie. Ich lachte leise und stand auf. Ich hob sie mit hoch und setzte mich mit ihr auf ihr Bett.

J A M I E

Mein Kopf dröhnte und meine Wange brannte. Ich sah mir Justins Schulter etwas genauer an und strich leicht darüber. Justin kniff die Augen zusammen und stöhnte leise. Sofort nahm ich meine Hand wieder weg.

„Tut mir leid", murmelte ich.

„Schon okay", entgegnete Justin keuchend.

„Wo ist Sean?", fragte ich verwirrt.

„Der musste gehen. Es gab ein Problem bei einem Auftrag", erklärte er.

„Was für ein Auftrag?", wollte ich wissen.

„Ist nicht wichtig", wimmelte er ab.

Ich sah mir nochmal seine Schulter an.

„Ich ruf einen Krankenwagen", beschloss ich.

„Nein!", sagte Justin etwas lauter.

„Doch, du wurdest angeschossen", konterte ich.

„Jamie, mach kein Scheiß, mir geht's gut", meinte er und klang etwas gereizt.

„Die Kugel kann da nicht drin bleiben", drängte ich ihn. Justin blieb stumm.

„Dann mache ich das eben", beschloss ich. Justin zog eine Augenbraue hoch.

„Seit wann bist du denn Ärztin?", wollte er amüsiert wissen.

„Halt die Klappe", grinste ich und schlug ihm spielerisch auf die Brust.

„Geh ins Bad", befahl ich. Da er sich nicht bewegte, zog ich ihn am Arm hoch - natürlich nicht da, wo die kaputte Schulter war - und zog ihn hinter mir her. Wiederwillig folgte er mir dann ins Bad und setzte sich auf den Toilettendeckel.

„Zieh dein Oberteil aus", forderte ich und nahm mir eine Pinzette. Ich hatte so etwas noch nie gemacht, eine Kugel rausgeholt, aber ich wollte nicht, dass es sich entzündet, oder so. Sie musste einfach raus und da ich wusste, dass er niemals zum Arzt gehen würde, musste ich das eben selbst machen.

Als ich mich zu ihm drehte, saß er oben ohne auf der Toilette, doch das interessierte mich nicht besonders. Ich starrte eher regelrecht auf seine Einschuss Wunde. Durch sein Shirt war ziemlich viel Blut drum rund verschmiert und es lief etwas aus seine Schulter hinunter. Es sah schlimm aus. Sehr schlimm.

„Du musst das nicht tun", murmelte Justin warm, als er meinen Blick sah. Ich schüttelte den Kopf.

„Doch, sonst entzündet sich das", sprach ich. Justin zog seinen linken Mundwinkel in die Höhe.

Ich hockte mich vor ihn und sah mir seine Schulter etwas genauer an. Man konnte das Loch sehr gut erkennen, ich konnte auch ein bisschen von der Kugel sehen.

Ich hob die Pinzette hoch und setzte sie leicht an der Wunde an. Justin stöhnte und kniff die Augen zusammen.

„Tut mir leid", murmelte ich, weil ich nicht wusste, was ich sagen sollte. Justin schüttelte den Kopf und biss sich fest auf die Lippen.

Nun ging ich mit der Pinzette in die Wunde und versuchte so vorsichtig wie möglich zu sein. Justin entfuhr ein leiser Aufschrei. Er öffnete die Augen gar nicht. Es hörte sich vielleicht an, als wäre er eine Memme, doch die meist anderen würden jetzt heulend auf dem Boden liegen. Es verwunderte mich, wie Justin dies aushalten konnte. Vieles an ihm verwunderte mich.

Ich versuchte Justins Laute zu überhören und steckte die Pinzette tiefer in die Wunde, bis ich einen harten metalligen Widerstand spürte. Justins Schmerzens Schreie, Stöhne und Keuche brannten sich in mein Kopf und liefen in einer Endlosschleife, sodass ich nicht wusste, ob es nur meine Fantasie oder die Wirklichkeit war. Schnell umfasste ich die Kugel mit der Pinzette und zog sie vorsichtig heraus. Justin atmete schwer. Zögerlich öffnete er die wieder die Augen.

„Alles okay?", fragte ich vorsichtig. Justin nickte keuchend. Die Kugel legte ich auf einem Stück Klopapier ab.

„Ich reinige die Wunde noch ein wenig", ließ ich Justin wissen. Wieder nickte er.

Ich nahm mir ein Stück Klopapier und befeuchtete es. Dann fing ich an um Justins Wunde zu wischen, um das Blut abzuwaschen. Als alles weg war näherte ich mich langsam der Wunde und wischte darauf rum. Justin knurrte. Ich sah ihn entschuldigend an.

„Ich bin fertig, aber das muss genäht werden", murmelte ich. Justin schüttelte den Kopf. Ich seufzte. Es musste genäht werden. Warum war er so stur?

„Lass mich es wenigstens noch verbinden", forderte ich. Justin verdrehte die Augen.

Ich legte ein großes Stück Verband auf seine Wunde und befestigte es dann mit solchen Stoffklebstreifen, die extra dafür da waren. Als ich fertig war stand Justin sofort auf und verließ den Raum.

J U S T I N

Schnell verließ ich den Raum und sprintete die Treppe hinunter. Ich genoss es, dass Jamie sich so sehr um mich kümmerte, doch ich durfte nicht schwach wirken, denn das war ich nicht. Ich brauchte keine Hilfe, von niemandem! Niemandem! Alleine konnte ich besser kämpfen, musste nicht auf andere achten und nur mein Ding machen. Allein war ich unzerstörbar. Natürlich war mein Team auch für viele Sachen gut, doch ich war eben ein Einzelkämpfer.

Ich erwachte aus meinen Gedanken, als jemand meinen Namen rief. Jamie. Da bemerkte ich auch, dass ich mich auf die Couch gesetzt hatte.

„Was ist denn los?", fragte sie verständnislos, während sie auf mich zu stolzierte und vor mir zum stehen kam. Abwartend verschränkte sie die Arme vor der Brust und hob die Augenbrauen.

„Was meinst du?", zischte ich.

„Deine Stimmungsschwankungen!", rief sie. „Du bist wie ein Mädchen, das ihre Tage hat!"

Bedrohlich, langsam stand ich auf und stellte mich vor sie.

„Was hast du gesagt?", wisperte ich angsteinflößend. Ich erdolchte sie fast mit meinem Blick. Sie versuchte sich ihre Angst nicht ansehen zu lassen, doch ich sah es.

„Du hast mich verstanden", spuckte sie.

Wir wurden durch mein Handy unterbrochen. Ich sah darauf. Tryson rief an. Wütend lief ich aus den Raum und ging ran.

„Ja?", zischte ich wütend.

Justin, wir haben ein Problem", sagte Tryson ernst.

„Was ist los?", wollte ich wissen und erwartete nichts Gutes.

Turner lebt noch-", fing er an und wollte weiter sprechen, doch ich ließ ihn nicht dazu kommen.

„Was?", brüllte ich. „Ihr hattet einen einfachen Auftrag. Wie kann man das vermasseln?"

Es gab Komplikationen", spuckte er.

„Bei mir auch", spottete ich. „Aber das ist kein Grund den Auftrag zu vermasseln. Wenn das nochmal passiert, nimmt uns doch keiner mehr ernst!" Ich wurde immer lauter.

Was war denn bei dir?", lenkte Tryson ab.

„James war hier", antwortete ich sofort.

Dieser Bastard traut sich das?", rief Tryson entsetzt.

„Ja, und er hat mich angeschossen", erzählte ich wütend weiter.

Okay, wir reden darüber noch", bestimmte Tryson und beendete somit das Gespräch. Ich gähnte und lief wieder zurück ins Wohnzimmer.

„Hast du Kaffee oder so?", fragte ich Jamie und ließ mich neben ihr auf der Couch fallen.

„Ich habe Red Bull", antwortete sie. Ich grinste, was sie als Zeichen sah, es zu holen.

J A M I E

Ich stand auf und lief in die Küche. Aus der holte ich mir sechs Red Bull Dosen und ging damit wieder zurück ins Wohnzimmer. Justin sah mich erstaunt an.

„Ich stehe auf Red Bull", rechtfertigte ich mich. Justin schüttelte leise lachend den Kopf. Ich schmunzelte und setzte mich neben ihn. Die Red Bull Dosen stellte ich auf den Tisch. Justin nahm sich direkt eine, öffnete sie und trank. Ich nahm mir ebenfalls eine.

„Du hast anscheinend nicht mehr vor zu schlafen", schätzte ich und schaltete den Fernseher ein.

„Nein", entgegnete er schroff.

„Wieso?", wollte ich wissen. Justin zuckte die Schultern.

„Er könnte wiederkommen", meinte er lässig.

„Er ist verletzt", erinnerte ich ihn.

„Das wird ihn nicht lange aufhalten", versicherte mir Justin. Ich staunte. Wie konnte man nur so taff sein?

„Oh", gab ich nur von mir und trank mein Red Bull leer. Justin hatte sich auch grad ein neues genommen und ich tat es ihm gleich.

„Justin?", fragte ich leise.

„Hm?", murmelte er, während er trank.

„Danke", flüsterte ich ohne ihn anzusehen. Er sah zu mir.

„Wofür?", wollte er verwirrt wissen.

„Wegen heute. Weil du nicht zugelassen hast, dass er mir weh tut. Wegen der Party. Du hast es verhindert, dass er mich mitgenommen hat. Und weil du versuchst, Amber zu befreien", erklärte ich leise und meinte jedes Wort auch so.

„Er hat dir weh getan", widersprach Justin. „Und ich habe es nicht geschafft Amber zu helfen."

Ich wusste nicht was ich sagen sollte.

„Er hat dich angeschossen. Er hat mir so gut wie nichts getan", erwiderte ich nach einer Weile und stellte meine leere Dose auf den Tisch. Ich drehte mich zu ihm. Justin stellte seine dritte volle Dose ebenfalls ab und drehte sich zu mir.

„Du solltest dich sehen. Deine Wange ist blau. Das hätte nicht passieren dürfen", hauchte er und strich mir so sanft über die Wange, dass es nicht weh tat, sondern mir eine Gänsehaut verschaffte. Seine Berührungen taten so gut.

Auf einmal kam jemand ins Haus gestolpert. Erschrocken drehten Justin und ich uns zur Tür. Ryan und die anderen kamen gerade rein.

„Justin, warum trägst du kein Oberteil?", fragte Dan lässig und ließ sich auf den Sessel fallen. Ich sah alle verwirrt an.

„Ah, die Versager sind da", zischte Justin wütend. Jetzt sah ich ihn verwirrt an. Warum waren jetzt alle hier?

„Du hättest es auch nicht besser hingekriegt", sagte Jason genervt und gleichzeitig verärgert.

„Natürlich hätte ich das besser hinbekommen", lachte Justin spottend.

„Turner war vorbereitet. Er wusste, dass wir kommen", knurrte Ryan Justin an. Justin sah mich kurz an.

„Wir reden da später rüber", spuckte er. Man, ich wollte wissen worüber sie redeten.

„Jamie, können wir hier pennen?", fragte Ryan mich auf einmal.

„Alle?", fragte ich ungläubig. Er nickte. Wie sollten denn alle hier übernachten?

„Ich glaube, ich habe nicht genug Platz", meinte ich ratlos.

„Also ich nehme die Couch", bestimmte Tryson.

„Ich habe auch ein Gästezimmer mit einem Doppelbett", ließ ich sie wissen.

„Okay, da penn ich", sagte nun Jason.

Ich zählte kurz. Die Jungs waren insgesamt sechs. Zwei könnten im Gästezimmer schlafen, zwei in dem Schlafzimmer meiner Mom, einer auf der Couch und da das nur fünf Schlafplätze sind, müsste jemand bei mir schlafen.

„Du kannst da nicht allein schlafen, Jason", sagte ich. Er sah mich etwas angewidert an.

„Ich bitte euch, ihr sollt nur nebeneinander schlafen und nicht direkt miteinander", spottete ich. Gott, wie sie sich anstellten.

Jason seufzte ergeben. Mir fiel auf, dass er nicht direkt mit mir redete. Dass er im Gästezimmer schlief, hatte er in die Runde gesagt und jetzt hatte er mir nur mit einem Seufzer geantwortet, der auch nicht direkt mir galt. Was hatte ich ihm getan? Hasste er mich so sehr, dass er sich sogar zu gut war, um mit mir zu reden? Ich sah ihn mit zusammen gezogenen Augenbrauen an, doch er wich meinen Blicken aus.

„Dann schlafe ich mit ihm da", sagte Sean.

„Und zwei im Schlafzimmer meiner Mom", erwiderte ich.

„Da penn ich", meinte Ryan.

„Ich auch", bestimmte Dan. Das hieß, nur Justin hatte keinen Schlafplatz. Also musste er wohl bei mir schlafen.

„Und wo schlaf ich?", meldete sich dieser nun zu Wort. Ich sah zu ihm rüber und kaute unsicher auf meiner Lippe herum.

„Du müsstest bei mir schlafen", erklärte ich unsicher.

„Wir gehen pennen", rief Dan und alle verschwanden aus dem Zimmer. Sogar Tryson. Der musste bestimmt pinkeln oder so.

„Ich habe ne Matratze auf dem Dachboden. Ich brauche nur einen der Jungs, der mir hilft sie runter zu tragen", erzählte ich.

„Ich kann dir auch helfen", meinte Justin irritiert. Ich sah ihn skeptisch an und schüttelte den Kopf.

„Nicht mit deiner Verletzung", redete ich es ihm aus. Er sah mich unüberzeugt an.

„Ich will jetzt pennen", teilte uns Tryson gähnend mit, als er wieder den Raum betrat.

Justin und ich standen auf und liefen hoch in mein Zimmer.

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