10. „Wir haben nur unseren Job gemacht."
J A M I E
„Die Bullen sind bei mir!", sagte ich panisch in den Hörer.
„Was?", kam vom anderen Ende der Leitung.
„Ich glaube sie sind wegen Amber hier", meinte ich.
„Miss Jones, lassen Sie uns bitte rein, sonst müssen wir die Tür aufbrechen", ertönte die Stimme eines Beamten von unten.
„Sag einfach das, was du ihrer Mutter gesagt hast", befahl er.
„Ich... Ich habe sowas noch nie gemacht", gab ich verzweifelt zu.
„Was meinst du?", fragte Justin nach.
„Die Polizei angelogen", wisperte ich.
„Du schaffst das", ermutigte er mich. Plötzlich hörte ich ein lautes Geräusch.
„Scheiße, sie haben die Tür aufgebrochen. Ich muss auflegen", flüsterte ich und legte auf.
Schnell verwuschelte ich meine Haare und zupfte mein Top unordentlich, dann rannte ich die Treppe runter. Direkt flog mir Staub ins Gesicht und ich hustete leicht.
„Was ist denn hier los?", rief ich fassungslos, als ich zwei Polizisten erblickte.
„Hallo, ich bin Officer Clark", stellte sich ein unsympathisch aussehender Officer, der ungefähr um die 40 war, streng vor und hob zur Begrüßung die Hand. Ich sah seine Hand nur kurz abschätzend an und sah ihn dann mit zusammengezogenen Augenbrauen in die Augen.
„Was ist hier los?", fragte ich noch einmal wütend und betonte jedes Wort stark.
„Sie haben uns nicht die Tür auf gemacht, also mussten wir sie aufbrechen", erklärte er mir, als wär es selbstverständlich.
„Ich hätte auch nicht da sein können! Sie bezahlen mir eine neue Tür", bestimmte ich mit bebender Stimme. Ich mochte diesen Typen überhaupt nicht.
„Das tut jetzt nichts zur Sache. Wieso haben Sie nicht sofort geöffnet?", fragte er dann streng.
„Ich habe mich gerade umgezogen", zischte ich.
„Wie dem auch sei. Wir sind wegen einer gewissen Amber Shaye hier. Kennen Sie sie?", fragte er weiter.
„Ja, ich kenne sie. Wenn nicht, wären Sie wohl nicht hier", gab ich bissig von mir.
„Sollen wir uns nicht lieber setzen?", fragte der andere Officer, der weit aus jünger und sympathischer war, lieb und trat ein wenig vor, da er sich eher im Hintergrund gehalten hatte.
Ich nickte und bewegte mich in Richtung Wohnzimmer, wo ich mich hinsetzte. Die Officers setzten sich auch. Ich sah beide einmal abwartend an und blieb mit meinen Augen beim alten Sack, da er den Mund öffnete und offensichtlich anfangen wollte zu reden.
„Ich gehe davon aus, dass Sie wissen, dass sie vermisst wird?", wollte er wissen.
„Natürlich weiß ich das."
„Wann haben Sie sie denn zuletzt gesehen?", fragte nun der jüngere.
„Am Samstag. Auf der Bounds Party", antwortete ich und schluckte. Die Sorge um sie musste ich gar nicht spielen. Ich wusste zwar wo sie war, aber dadurch machte ich mir noch mehr Sorgen.
„Waren Sie zusammen auf der Party?", fragte der ältere wieder, während er sich Notizen machte.
„Ja, waren wir", gab ich leise von mir und sah bedrückt auf meine Hände.
„Wann haben Sie sich getrennt?", fragte er und wirkte irgendwie desinteressiert.
„Ich weiß nicht genau wie viel Uhr das war", antwortete ich.
„Dann erläutern Sie uns die Umstände", verlangte der Officer.
„Amber wurde von einem Jungen zum tanzen aufgefordert. Sie hat dann auch mit ihm getanzt und ich hab sie dann irgendwann aus den Augen verloren", erzählte ich überzeugend und wirkte sorgsam.
„Kannten Sie den Jungen?", war die nächste Frage.
„Nein."
„Wissen Sie noch wie er aussah?", wurde mich dann gefragt. Ich wusste noch ungefähr wie er aussah, doch ich war mir nicht sicher, ob ich es sagen sollte. Ich entschied mich dagegen.
„Nein. Ich habe ihn nur ganz kurz gesehen, aber er hatte glaube ich braune Haare", erfand ich glaubenswürdig.
„Also war Miss Shaye nicht bei Ihnen, als Sie die Party verlassen haben?", wollte der jüngere ernst wissen. Ich schüttelte den Kopf.
„Nein, ich habe sie nicht mehr gesehen, seit sie mit dem Jungen tanzen war", murmelte ich.
„Haben Sie vielleicht darauf geachtet, ob ihr Auto noch da war? Oder sind Sie mit dem Bus gefahren?", fragte der ältere wieder.
„Nein, wir sind mit ihrem Auto gefahren und ich habe nicht darauf geachtet", sagte ich leise.
„Und wie sind Sie dann nach Hause gekommen?"
„Mich hat ein Freund aus meiner Schule mitgenommen", log ich. Der Officer nickte.
„Ich glaube, wir sind hier fertig. Ihre Freundin wird wieder auftauchen. Wir finden sie. Wenn Sie etwas Neues erfahren, rufen Sie uns bitte an", verlangte er, während er aufstand. Ich nickte.
„Auf Wiedersehen", sagte der jüngere und schenkte mir ein scharmantes Lächeln.
„Wegen der Tür...", versuchte ich noch flüchtig anzusprechen.
„Wir haben nur unseren Job gemacht und übernehmen keine Haftung", redete sich Officer Clark raus.
Ich sah ihnen mit offen stehendem Mund hinterher. Ich brauchte 8.000 Dollar damit meine Mom nicht in den Knast kam und auch noch eine neue Tür? Die 8.000 Dollar waren weitaus wichtiger, also sollte ich drei Wochen ohne Tür auskommen? Drei Wochen? Wie sollte ich in drei Wochen 8.000 Dollar auftreiben?
Ich stemmte verzweifelt mein Gesicht in meine Hände. Das würde ich niemals hinkriegen. Erst recht konnte ich nicht in einem Haus ohne Tür schlafen. Alles und jeder konnte hier einfach so rein spazieren. Das ging einfach nicht. Ich könnte ja bei jemand anderem schlafen, aber dann könnte man alle Sachen von mir klauen und dann hätte ich gar nichts mehr. So tief konnte ich nicht auch noch sinken. Ich hatte höchstens noch 50 Dollar. Wie konnte das nur passieren? Ich konnte meine Mutter auch nicht im Stich lassen. Wenn ich das Geld nicht aufbringen konnte, würde sie drei Jahre in den Knast kommen. Ich war sowas von am Arsch.
J U S T I N
Cara tanzte immer noch auf mir rum, während Cady mit Jason in einen anderen Raum gegangen war. Ich konnte es heute nicht so genießen, weil ich mir Sorgen darum machte, dass Jamie sich verplappert hatte.
Ich steckte Cara einen hunderter in ihren Slip und haute ihr leicht auf den Arsch. Auf einmal griff sie mir in den Schritt. Ich zuckte erschrocken zusammen und sah sie fragend an, doch sie stand nur auf und hielt mir ihre zarte Hand hin. Ich nahm sie sanft in meine und folgte ihr in den anderen Raum.
Als sie gerade die Tür schloss, wurde mir unglaublich schlecht und ich bekam das Gefühl, gleich kotzen zu müssen. Reflexartig hielt ich mir eine Hand vor den Mund und eine an den Bauch.
„Geht's dir nicht gut?", fragte Cara besorgt und musterte mich kurz. Ich nickte.
„Ich geh kurz pissen", murmelte ich und lief langsam auf die Tür zu, welche ich öffnete und aus dem Raum trat.
Schnell lief ich ins Bad - ich wusste natürlich wo es war - und hockte mich über die Toilette. Direkt schmeckte ich mein letztes Essen meine Kehle hoch laufen und versenkte es in der Toilette.
Als die Erste Ladung fast die Toilette verstopfte, spülte ich ab und musste direkt nochmal kotzen. Ich hörte wie sich die Tür öffnete und versuchte es zurück zu halten, doch es ging nicht. Dann spürte ich, wie mir jemand über den Rücken strich.
„Was ist los mit dir? Bist du krank?", fragte mich Cara zart. Ich schüttelte den Kopf und setzte mich mit dem Rücken gegen die Wand. Mir war auch richtig kalt und ich zitterte schon.
„Ich geh nach Hause", krächzte ich.
„Du zitterst. Ich glaube nicht, dass du so fahren kannst. Soll ich dich fahren?", gab sie besorgt von sich.
„Und wie kommst du dann nach Hause?", wollte ich leise wissen. Cara biss sich auf die Lippen.
„Außerdem darfst du hier sowieso nicht weg. Bruce lässt dich nicht gehen", stellte ich mit kratzender Stimme fest. Cara sah nachdenklich auf den Boden.
„Ich warte einfach bis Jason fertig ist und dann fährt er mich", bestimmte ich leise.
„Hat Jason ein Führerschein?", fragte Cara. Ich schüttelte leicht grinsend den Kopf.
„Das hat ihn aber noch nie gestört", murmelte ich. Cara legte mir ihre Hand auf die Stirn.
„Du bist heiß", bemerkte sie.
„Ich weiß", grinste ich. Cara verdrehte lachend ihre Augen.
„Du solltest nicht warten. Ich hole ihn", entschied sie und stand auf. Ich lehnte meinen Kopf gegen die Wand.
Eigentlich wollte ich, dass Jason den Tag heute genoss und jetzt sollte er wegen mir eher gehen? Ich konnte schon irgendwie fahren.
Zittrig stand ich auf und stützte mich kurz an der Wand ab. Dann lief ich zum Waschbecken, wo ich meinen Mund ausspülte, damit der Geschmack meiner Kotze verschwand. Ich verließ das Badezimmer und sah mich suchend nach Cara um. Sie kam gerade mit einem genervten Jason aus einem Zimmer heraus. Ich sprintete schnell zu ihnen, zitterte jedoch immer noch.
„Geh ruhig wieder, ich fahre allein", sagte ich lässig. Cara sah mich seufzend an.
„Justin, du kannst nicht fahren. Du zitterst und könntest jede Sekunde wieder einen Kotzanfall kriegen", murmelte sie besorgt.
„Ich schaff das schon."
„Nein, ist schon gut. Ich bring dich nach Hause", knurrte Jason. Ich sah ihn verärgert an.
„Ich sagte, ich schaff das schon", zischte ich.
„Justin, sei vernünftig", kommandierte Cara.
„Dann warte ich, bis du fertig bist", bestimmte ich an Jason gewandt. Er lächelte, drehte sich um und verschwand in dem Raum, aus dem er gekommen war.
Cara sah mich mit verschränkten Armen und wippendem Fuß an. Ich drehte mich um und setzte mich auf einen Stuhl. Auf einmal kam Cara und legte mir eine Decke auf die Schultern. Ich sah sie überrascht an und lächelte dann warm. Normalerweise war ich ganz anders, doch sie hatte eine besondere Wirkung auf mich durch ihr großes Herz. Meiner Meinung nach, war sie in einem falschen Leben gefangen. Sie verdiente was anderes, was besseres.
Ich zog die Decke ein wenig zu, damit mir wärmer wurde und wartete.
Nach einer Viertelstunde kam Jason mit verwuschelten Haaren aus dem Raum und ein Grinsen umspielte seine Lippen. Er verabschiedete sich von Cady, die auch aus dem Zimmer kam, und kam dann zu mir. Er stellte sich vor mich, verschränkte seine Arme vor der Brust und lachte. Ich zog meine Augenbrauen zusammen.
„Pussy", spottete er.
Ruckartig stand ich auf, ließ dabei die Decke fallen und hob meine Faust, die gewalttätig in seinem Gesicht landete. Erschrocken taumelte er zurück und hielt sich an einem Stuhl fest. Er hielt sich seine rechte Hand an seine blutende Nase. Da ich so schnell aufgestanden war, hatte ich schon wieder ein Kotzgefühl, doch ich ignorierte es einfach.
Jason ballte die Fäuste und wollte gerade auf mich losgehen, als auf einmal Bruce auftauchte und ihn zurück hält. Ich nutzte die Gelegenheit, rannte zum Klo und übergab mich sofort. Diesmal war es eine Mischung aus Kotze und Blut. Ich spuckte noch einmal hinein und stand dann mit zittrigen Beinen auf.
„Justin?", rief Cara und kam dann ins WC gerannt. Ich wischte mit meinem Handrücken über meinen Mund und spülte ihn dann nochmal aus. Cara zog für mich ab.
„Du solltest jetzt wirklich nach Hause. Jason ist jetzt ja fertig", murmelte sie fürsorglich.
„Ich soll diesen Bastard mein Auto fahren lassen?", spottete ich. Cara sah mich mit hochgezogener Augenbraue an.
„Dieser Bastard ist dein Bruder", knurrte sie. Sie wollte immer, dass wir uns besser verstehen.
„Halbbruder", verbesserte ich sie und verließ das Bad. Jason saß auf einem der Stühle und hielt sich ein Taschentuch an die Nase. Ich sah ihn kurz kühl an und verschwand dann aus dem Gebäude.
Ich wollte gerade die Fahrertür öffnen, als ich Jasons Stimme hinter mir hörte.
„Ich soll fahren", rief er mit kalter Stimme.
„Wer sagt das?", rief ich mit genauso kalter Stimme zurück.
„Cara."
Ich seufzte und ging einmal um den Wagen rum, um mich dann auf den Beifahrersitz fallen zu lassen. Jason setzte sich neben mich und fuhr los.
Als wir unser Haus betraten, wurden wir direkt abgefangen.
„Versammlung", rief uns Sean zu, als er uns sah. Seufzend liefen ich und Jason ins Wohnzimmer und setzten uns hin. Direkt begann Tryson an zu reden: „Wir haben einen Auftrag. Turner hat immer noch nicht bezahlt."
„Was?", rief ich fassungslos. „Man verarscht uns nicht. Wir werden ihm ein Besuch abstatten."
„Ich würde sagen, Justin bleibt hier. Er hat sich bei Bruce die Seele aus dem Leib gekotzt", murmelte Jason monoton. Ich warf ihm einen wütenden Blick zu.
„Das ist nicht deine Entscheidung", zischte ich. Jason zuckte gleichgültig mit den Schultern.
„Stimmt das?", wollte Tryson ernst wissen. Ich drehte meinen Kopf zu ihm.
„Er übertreibt", redete ich mich kalt raus.
„Stimmt das?", wiederholte er deutlich. Ich sah ihn mit zusammengezogenen Augenbrauen an und blieb still. Das war Antwort genug für ihn.
„Gut, wir machen das ohne ihn", bestimmte er in die Runde.
„Das entscheidest du nicht!", knurrte ich.
„Wir können dich so nicht gebrauchen! Du bleibst mit Sean hier", bestimmte er.
„Warum bleib ich hier?", rief Sean sauer.
„Weil wir kein Aufsehen erregen wollen. Außerdem ist Turner ne Lusche, wir brauchen nicht so viele", erklärte er ruhig. Auf einmal klingelte ein Handy.
J A M I E
Die Tür war total hin. Ich hatte gehofft, dass ich oder jemand anders, die wieder fest machen könnte, doch sie war total zerstört.
Frustriert rief ich Ryan an, während ich im Haus herum lief. Nach etwas längerer Zeit ging er ran.
„Hallo?"
„Ryan, ich brauch eure Hilfe", jammerte ich.
„Was ist los?", fragte er.
„Die Bullen haben meine Tür aufgebrochen. Könntest du vielleicht hier schlafen? Dann fühle ich mich sicherer. Immerhin kann jeder hier einfach rein in der Nacht spazieren", murmelte ich.
„Tut mir leid, aber ich hab was vor. Es ist wirklich wichtig. Aber ich kann dir Justin und Sean vorbei schicken", schlug er vor. Ich seufzte. Besser als nichts.
„Okay, danke", sagte ich und legte auf. Wenigstens war ich dann sicher und Sean schien ganz nett zu sein. Auch Justin konnte nett sein.
J U S T I N
„Justin, du und Sean pennt heute bei Jamie", teilte mir Ryan mit. Ich sah ihn entsetzt an.
„Wieso?", kam mir Sean verwirrt zuvor.
„Die Bullen haben ihre Tür aufgebrochen und jetzt kann jeder in ihr Haus. Auch James", erklärte er.
„Na schön", gab ich nach.
„Okay, wir gehen in einer Stunde los. Macht euch fertig", befahl Tryson.
Ich sah auf meine Hände, die heftig zitterten. Was war nur los mit mir? Als ich auf sah, bemerkte ich, dass Ryan auf meine Hände blickte. Schnell schob sie in meine Jackentasche.
Alle Jungs standen auf, um sich fertig zu machen, außer Ryan. Als ich gerade auch aus dem Zimmer gehen wollte, hielt mich Ryan mit seiner Stimme zurück.
„Justin", rief er leise. Ich drehte mich zu ihm um. „Du fährst nicht."
Ich wollte diesem Gespräch aus dem Weg gehen, also nickte ich und ging zu Seans Zimmer, wo ich an die Tür klopfte. Sean öffnete sie mir wenig später.
„Ich wollte dir nur sagen, dass wir mit dem Lamborghini fahren. Und... du fährst", teilte ich ihm mit und ging genervt die Treppe hoch.
Nach einer Stunde standen wir alle aus dem Haus. Natürlich hatten wir beide Waffen dabei. Ich und Sean nahmen den Lamborghini und die anderen fuhren mit dem Range Rover. Weil Sean so ein Idiot war, fragte er auch nicht warum ich nicht fuhr. Eigentlich wäre das viel logischer, weil ich ja wusste, wo Jamie wohnte aber ich beschrieb ihm den Weg, sodass wir auch ankamen.
Wir stiegen aus dem Wagen und liefen zu ihrem Haus. Als wir vor ihrer Tür - da wo sie sein sollte - standen, sahen wir die Tür in ihrem Haus auf dem Boden liegen. Die war ja total am Arsch.
Wir klopften gegen den Türrahmen.
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