🐇 Böckchen in der Grube 🦌
Wer kennt nicht das niedliche Kinderlied »Böckchen in der Grube, saß und schlief«? Hm, oder hieß es anders? Ah, stimmt! Es wird doch eher vom »Häschen in der Grube« gesungen. Wie ich dann auf Böckchen komme? Hasen haben schließlich keine Hörner, wie ein Rehbock. Oder etwa doch?
Nun, es gibt zumindest Menschen, die von einem solchen Exemplar zu berichten wissen. Einem Hasen mit Hörnern zwischen seinen langen Ohren. Und diese seltsam anmutenden Tierchen soll es vielerorts und sogar in verschiedenen Arten geben.
Je nachdem, wo man lebt oder aufgewachsen ist, kommt einen vermutlich ein anderer Name in den Sinn. So sind die gehörnten Hasen im Raum Thüringen, Brandenburg und im Harz als Rasselböcke bekannt. Gelegentlich wird auch der Name Raspelbock verwendet. Die weiblichen Tiere werden Rasselgeiß genannt. Im Gegensatz zu ihrem männlichen Pendant sind bei ihnen die Geweihe kleiner. Ansonsten ähneln die Hörner den Geweihen von gewöhnlichen Rehböcken, während der Körper dem eines normalen Hasen entspricht. Ab und zu weisen Rasselböcke spitze Eckzähne im Oberkiefer auf. Das haben sie zum Beispiel mit anderen Hirschartigen wie den Muntjaks oder Schopfhirschen gemeinsam. Baby-Rasselböcke heißen Waldrasslinge. Doch, dass man eines von ihnen jemals zu Gesicht bekommt, ist leider nahezu unmöglich.
Rasselböcke gelten als äußerst scheu. Sie leben sehr zurückgezogen und meiden menschlichen Kontakt. Zu Recht! Denn sie waren ein beliebtes Jagdwild.
Jedoch führten das geringe Vorkommen und der stetige Rückgang der Population dazu, dass für Rasselböcke eine ganzjährige Schonung beschlossen wurde. Überalterte oder abschussnotwendige Böcke dürfen auf Antrag zwischen Mai und Juni zum Abschuss freigegeben werden. Dafür benötigen Jäger allerdings einen Eintrag über eine Zusatzprüfung im Bereich Rasselwildbejagung in ihrem Jagdschein. Finde ich gut. Sonst kommt noch jemand auf die Idee, sich den Kopf eines Rasselbocks zur Zierde in sein Esszimmer zu hängen.
Tatsächlich findet man eben solche nicht selten in gastronomischen Einrichtungen. Es bleibt jedoch zu zweifeln, ob es sich dabei nicht eventuell nur um ausgestopfte Hasenköpfe mit aufgesetzten Rehgeweihen handelt. Aber derlei Frechheiten möchte ich natürlich niemanden unterstellen.
Neben der Bejagung werden dem Rasselbock wie vielen anderen Tieren auch, der Verlust des Lebensraums und Umweltverschmutzung zum Verhängnis. Deswegen müssen neben dem Tier selbst, auch die sogenannten Rasselwildhabitate und Waldrasslerbiotope geschützt werden.
Rasselböcke leben in großen, zusammenhängenden und vor allem störungsfreien Dickichten. Da sie gerne Kräuter vertilgen, befinden sich mitunter üppige Waldwiesen in der Nähe, auf denen zum Beispiel Bärwurz wächst.
Besonders aktiv sind Rasselböcke nach Sonnenuntergang. Ihre großen Augen lassen sie auch in der Dämmerung alles gut erkennen. Des Weiteren helfen ihnen Tasthaare und behaarte Fußballen bei der Orientierung.
Und um wieder zum Anfang des Textes zurückzukommen: Genau wie normale Hasen halten sich Rasselböcke gern in flachen Erdhöhlen und in Ruhepfannen auf. »Böckchen in der Grube ...«
Das Aussehen der Rasselböcke wird wie folgt beschrieben: Sie besitzen ein gelblich-silbergraues Fell, das sehr dicht und glänzend ist. Auf dem Rücken befinden sich dunkle Sprenkel. Die Flanken sind rostgelb gefärbt, Wamme und Brust silbergrau bis weiß. In freier Wildbahn werden Rasselböcke 12 bis 15 Jahre alt.
Übrigens hat es der Rasselbock auch mal auf eine Währung geschafft. Auf den Notgeldschein der Stadt Blankenhain in Thüringen nämlich. Im Jahr 1994 wurde dem Rasselbock eine Ausstellung im Dampfmaschinenmuseum in Sitztendorf gewidmet. In dieser thüringer Gemeinde findet auch jährlich die traditionelle Rasselbockjagd unter der bewährten Leitung der "Ehrengilde der Rasselbockjäger" statt.
Es gibt auch eine Redensart, in der der Rasselbock erwähnt wird! Die Fragestellung »Willst Du etwa Rasselböcke mit mir fangen?« ist rhetorisch zu verstehen und meint, dass jemand die Autorität einer älteren oder erfahreneren Person untergraben will.
Für den Rasselbock gibt es mehrere pseudowissenschaftliche Namen: Rasselus bockus, Hirculus crepans oder auch Lepus cornus.
Verwandt und im Aussehen sehr ähnlich sind zum Beispiel der Dilldapp aus Hessen oder der Wolpertinger aus Bayern. In Amerika gibt es den Jackalopen. Auch diese Wesen sehen auf den ersten Blick aus wie Hasen, besitzen aber das Gehörn eines Gabelbocks.
Als möglicher Hintergrund für die Annahme, dass es Hasen mit Hörnern gibt, wird eine Krankheit vermutet. Demnach wachsen Hasen, die sich mit dem Shope Papillomavirus infiziert haben Keratinkarzinome auf der Haut. Diese können den Eindruck erwecken, der Hase hätte ein Geweih.
Das erste Mal schriftlich erwähnt wurde der Rasselbock beziehungsweise ein gehörnter Hase (Lepus cornutus) in Conrad Gessners Buch Historia animalum aus dem Jahr 1554 als ein in Sachsen lebendes Tier. Um 1620 malte Jan Brueghel d. Ä. ein kleines Rasselböckchen auf einer gemeinsam mit Rubens gemalten Girlandenmadonna. In John Johnstons Werk Historiae naturalis de quadrupetibus libri von 1655 taucht ebenfalls ein gehörnter Hase auf.
Quellen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Rasselbock
http://www.rassel-bock.de/homepage.htm
http://www.sitzendorf.com/rasselb.htm
(Für die Inhalte der oben genannten Websites bin ich nicht verantwortlich)
!!! Spoiler-Warnung !!!
In meinem Roman »Creatura Fabularis« ist ein Rasselbock das erste Fabelwesen, auf das die Protagonistin Alexis trifft. Dabei handelt es sich um ein männliches Exemplar, dass als deutlich agiler und zum Teil aggressiver als die Weibchen beschrieben wird. Vor allem in der Paarungszeit. Die Weibchen hingegen seien meist friedlich und scheu. Selbiges gilt ebenfalls für den verwandten Wolpertinger, der später im Buch auftaucht.
Etwa kniehoch ist der Rasselbock auch etwas größer als ein gewöhnlicher Feldhase.
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