Historia rerum Anglicarum / Part 1

»DU BRINGST DICH NICHT noch einmal in solch eine Gefahr, Alexis.« Marlowe hatte mich auf das große anthrazitfarbene Ecksofa in unserem Aufenthaltsraum gesetzt und mir einen Tee gekocht.

Wilhelm und Saskia hatte er nach Hause geschickt. Ich jedoch sollte die kommenden 24 Stunden unter Beobachtung bleiben. Das hatten auch meine blutsaugenden Kidnapper geplant. Allerdings wollten diese abwarten, bis das Eisenkraut aus meinem Körper verschwunden war. Dann hätten sie mich manipulieren können. Option Nummer 2 – das wusste ich jetzt – wäre gewesen, mir das Genick zu brechen, damit ich mich selbst in einen Vampir verwandeln würde.

»Mir blieb keine andere Wahl«, antwortete ich meinem Boss, der sich die zerzausten Haare raufte und in dem kleinen Zimmer auf und ab lief. »Da standen diese beiden Gruseltypen vor mir und waren sich siegessicher, meine Gedanken beeinflusst zu haben. Wer weiß, wie die Sache ausgegangen wäre, wenn sie gemerkt hätten, dass das bei mir nicht funktioniert?«

»Anstatt mir eine Nachricht zu schreiben, hättest du die Gelegenheit zur Flucht nutzen sollen.«

»Weil die mich ja auch niemals eingeholt hätten, mit ihrer Vampirgeschwindigkeit.« Ja, ich wurde schnippisch und es war mir egal, was Marlowe darüber dachte. Nach meiner Probezeit würde ich seine Detektei und diesen ganzen Wahnsinn ohnehin hinter mich lassen. »Ich weiß auch gar nicht, warum Sie sich so aufregen. Wäre es besser gewesen, die Vamps hätten jemand anderen entführt? Jemanden, der sich manipulieren ließ? Dann hätte die CF diese Monster niemals zu fassen gekriegt und es hätte Opfer gegeben. Für mich war diese Erfahrung scheiße. Mehr als scheiße. Ja! Aber noch bin ich Teil Ihres verdammten Teams. Ich musste handeln. Die Menschen im Gemeinschaftshaus retten. Informationen sammeln. Ihnen Bescheid geben, Mr Marlowe. So wie Sie es mir immer eingetrichtert haben.« Ich stand auf und wollte gehen.

»Hiergeblieben.« Marlowe versperrte mit seinem linken Arm die Tür. »Solange du Vampirblut im Organismus hast, musst du unter Aufsicht bleiben, oder willst du dich ab morgen auch von Menschenblut ernähren? I don't think so.«

»Warum sollte mir ausgerechnet heute etwas zustoßen? Außerdem hätte ich dann immer noch die Wahl, die Verwandlung nicht abzuschließen.« Marlowes Sorge war nicht unbegründet. Wenn jemand Vampirblut im Körper hatte und innerhalb der darauffolgenden 24 Stunden starb, würde er als Vampir wiedergeboren werden. Allerdings hatte man weitere 24 Stunden Zeit, um sich zu entscheiden, ob man so existieren wollte. Trank man innerhalb dieses Zeitraums Menschenblut, würde die Verwandlung endgültig und unumkehrbar sein. Tat man es nicht, starb man nach einem Tag ein zweites und letztes Mal.

»Du hast keine Ahnung, wovon du sprichst, Alexis.« Auf Marlowes Gesicht legte sich ein Schatten und sein Atem ging schwerer. »Du sagst es doch selbst. Noch bist du Teil meines Teams und als solches bin ich verantwortlich für dich und deine Sicherheit. Also setzt dich wieder.«

»Dann fragen Sie doch Wilhelm, ob er eine Polizeizelle für mich organisieren kann. Dort kann ich dann in Ruhe ausnüchtern.«

»Wenn du dich darin wohler fühlen würdest, bitte.« Marlowe machte den Weg frei und bedeutete mir, gehen zu können. Allerdings war es Charles, der mich nun am Gehen hinderte und schwanzwedelnd um meine Beine herumlief.

»Good Boy, Charly. Make her see sense.« Der Boss kniete sich zu dem Hund herunter und schaute mit seinem eigenen Dackelblick zu mir rauf.

»Schön, ich bleibe. Warte ab. Trinke Tee«, gab ich mich geschlagen und ließ mich zurück aufs Sofa fallen. »Darf ich später wenigstens meine Freundin anrufen. Ich war mit ihr zum Abend– Fuck!« Mir schoss ein ganz fürchterlicher Gedanke in den Kopf. »Marlowe. Was ist, wenn noch viel mehr Vampire im Gemeinschaftshaus waren? Vielleicht wurden noch weitere Menschen entführt, manipuliert oder sogar ausgesaugt. Möglicherweise ist Tuyet eine von ihnen. Die Kerle haben ihren Namen und ihr Bild auf meinem Handy gesehen. Was wäre, wenn sie jemanden auf sie angesetzt haben, während sie noch eine geraucht haben und ich schon im Haus war? Verflucht!«

»Okay, well. I see, uhm. Ich fürchte, die Möglichkeit besteht.« Marlowe trat mit erhobenem Zeigefinger an mich heran. »Soweit ich Wilhelm verstanden habe, hat die CF auch Agenten zum Gemeinschaftshaus geschickt und keine Anzeichen für Vampire finden können. Allerdings war die Party zu diesem Zeitpunkt schon fast vorbei. Ich kann dir nicht sagen, ob deine Freundin und die anderen Gäste in Sicherheit sind. Dazu müssten wir warten, bis Vermisstenanzeigen bei der Polizei eingehen.«

»Ihre Ehrlichkeit weiß ich sehr zu schätzen, Marlowe.«

»You're welcome.«

»Marlowe, Sie sind manchmal unerträglich, wissen Sie das?« Ich stand erneut auf und schubste meinen Boss gegen die Brust. »Tuyet hat einen kleinen Sohn! Wenn ihr nun etwas zugestoßen ist. Ich kann sie nicht mal anrufen, weil mein Handy vermutlich bereits in seine Einzelteile explodiert ist.« Jetzt war ich es, die haareraufend im Kreis lief.

Marlowe verließ wortlos den Raum.

»Na super. Toller Zeitpunkt, um wieder den distanzierten Grummelkopf zu geben! Ich gehe jetzt zu meiner Freundin. Vampirblut hin oder her! Sie können mich mal am Allerwertesten, Sie Piesepampel! Huch.«

Marlowe tauchte wieder im Türrahmen auf und warf mir einen seiner Trenchcoats zu. Den Beigefarbenen. Er selbst hatte sich seinen Dunkelblauen mit den silberfarbenen Schnallen bereits übergeworfen. »Los, wir fahren zusammen und sehen nach, ob es Tuyet gut geht.« Er leinte seinen Corgi an und stiefelte Richtung Ausgang. Ich blieb einen Moment verdattert stehen und folgte ihm schließlich.

Kurz vor seinem Auto hielt er an und hob fragend seine linke Augenbraue. Die mit der Narbe. »Sollen wir zu Fuß oder mit dem Auto?«

»Sie meinen, wobei die Gefahr, dass ich ins Gras beiße, am geringsten ist?«

»Wir nehmen das Auto. Dabei ist die Wahrscheinlichkeit, dass dich einer der Vampire erkennt, minimaler«, sprach er und öffnete seinen Mondeo.

»Also denken Sie auch, dass noch welche in Eichenstedt unterwegs sind?«, fragte ich, während er Charles sicher auf der Rückbank platzierte.

»Es wäre dumm und fahrlässig, etwas anderes zu glauben.« Marlowe stieg neben mir auf der Fahrerseite ein. »Nach allem, was wir wissen, hängt da ein ganzer Rattenschwanz dran. Und sie rekrutieren weitere Mitglieder.«

»Ja, Menschen, die irgendwie Dreck am Stecken haben«, gab ich Marlowe recht. »Jetzt kennen wir endlich den Grund für diese ungewöhnliche Trickbetrüger-Versammlung. Sie schnappen sich die Underdogs. Menschen, die auch vorher schon keine Skrupel gekannt haben. Jene, die niemand so schnell als vermisst melden würde. Selbst dieser Dominik war in irgendetwas verstrickt, dass ihn ins Gefängnis bringen konnte. Die Vampire haben ihn mit diesem Wissen erpresst.«

»Ich hoffe, die CF nimmt diese Sache ernst.« Marlowe fuhr keinen km/h schneller, als erlaubt war und beobachtete den Verkehr mit großer Aufmerksamkeit.

»Sie zweifeln an der Creatura Fabularis?« Ich konnte kaum glauben, was ich da hörte. Selbst Charles kläffte kurz und legte das Köpfchen schief.

»Das habe ich nicht gesagt«, wiegelte Marlowe ab.

»Es klang aber so. Saskia hat auch solche Andeutungen gemacht.«

»Du willst uns doch sowieso verlassen, Alexis. Diese Sorgen bist du zeitnah los.«

»Aber ich muss mich bald deren Untersuchungen aussetzen. Da möchte ich wissen, mit wem ich es zu tun habe.«

»Momo begleitet dich. Der passt schon auf, dass alles mit rechten Dingen zugeht.«

»Ich dachte, Sie passen ab jetzt auf mich auf?«

»Und ich dachte, ich bin ein what? Ein Pees..?«

»Ein Piesepampel.« Ich musste mir ein Kichern unterdrücken. »Und das sind Sie auch. Immer hocken Sie in ihrem Büro und sprechen kaum ein Wort mit uns.«

»Ich habe heute ziemlich viel geredet.«

»Das stimmt. Ich vermute, dass ihr täglich verfügbarer Wortschatz damit wohl bereits aufgebraucht ist. Und dann soll ich Sie noch bis morgen früh um 3:30 Uhr ertragen?«

»Hm-hmmmm.«

»Oh, je. Vielleicht sollten wir noch einmal über die Polizeizelle nachdenken.«

Gegen 8:30 Uhr standen wir vor meinem Wohnhaus. Marlowe steig als erster aus und checkte unauffällig die Umgebung. Dann durfte ich aussteigen.

»Ich hatte ganz vergessen, wie früh es noch ist. Ich werde Tuyet aus dem Schlaf klingeln«, machte ich mir Sorgen.

»Das ist gut«, erwiderte Marlowe trocken. »Dann wissen wir, dass sie wohlbehalten zu Hause angekommen ist.«

Der Punkt ging an ihn. »Warten Sie unten?«

»No.«

Tatsächlich folgte Marlowe mir bis kurz vor Tuyets Wohnungstür. Es hätte ja sein können, dass ein Vampir daraus hervorsprang. Okay, vielleicht hatte er auch damit recht. Nach der vergangenen Nacht hielt ich so ziemlich alles für möglich.

Ich klingelte. Klingelte ein zweites Mal. Liem blieb noch bis morgen bei seinen Großeltern. Tu-Tu hatte demnach keinen Grund, beizeiten aus den Federn zu springen. Aber als sich selbst nach dem dritten Klingeln nichts tat, wurde ich unruhig.

»Was machen wir jetzt?«, richtete ich mich an meinen Boss, der an der Wand gelehnt auf der vorletzten Treppenstufe stand und mit den Schultern zuckte.

»Kennst du ihre Telefonnummer auswendig?«, fragte er mich und kramte sein Handy aus seiner Manteltasche.

»Nein, leider nicht«, schüttelte ich mit dem Kopf. »Ich schätze, das sollte ich mir mal angewöhnen. Meine Eltern und Großeltern können so was noch.«

»Manches war früher eben doch besser. Weißt du, wo ihre Eltern wohnen oder die Freunde, mit denen sie gestern gefeiert hat? Vielleicht war sie zu betrunken und wollte nicht allein nach Hause gehen.«

»Kein schlechter Gedanke. Allerdings betrinkt sich Tuyet nie. Es sei denn, es hätte sie jemand dazu gezwungen.«

»Alexis, das wissen wir noch nicht. Don't invite trouble.«

»Lex reicht. Wenn wir schon den ganzen Tag zusammen abhängen müssen, dann verzichten wir lieber auf Alexis.« Ich lehnte mein Ohr an Tuyets Tür. Nichts war zu hören.

»Sorbas or Colby?«, fragte mich Marlowe, als er näherkam und ebenfalls die Eingangstür in Augenschein nahm.

»Mein Vater liest viel und meine Mutter war Fan vom Denver-Clan

»Also standen beide Figuren Pate? Interesting.« Marlowe schmunzelte vor sich hin.

»Ich kann mit beidem nichts anfangen. Aber ich bin froh, dass es nicht Alexa geworden ist«, musste auch ich kichern.

»Das wäre hin und wieder sicher spannend.«

»Spannung habe ich auch so schon genug. Können Sie Einbruchsspuren erkennen?«, fragte ich ihn, nachdem er die gesamte Tür untersucht hatte.

»Nope. Scheint aber auch nicht abgeschlossen zu sein.« Marlowe ruckelte am Türknauf herum. Wie aus dem Nichts öffnete sich die Tür und eine völlig zerknautschte Tuyet starrte uns entgeistert an.

»Hi!« Ihre Laune besserte sich in der Sekunde, in der sie mich erkannt hatte. Uns erkannt hatte. »Das ist ja eine nette Überraschung. Aber ihr zwei hübschen habt euch in der Etage geirrt. Lex wohnt eine Treppe weiter unten. Links. Nicht rechts. Aber ich richte euch gern mein Gästebett her. Ist nur ziemlich schmal und hart, wenn es euch nicht stört.«

»Tuyet! Gott sei Dank geht es dir gut!« Ich sprang meine Freundin in die Arme. Diese konnte sich kaum halten.

»Hey, Lexi-Baby. Was ist denn in dich gefahren? Klar geht es mir gut. Du bist diejenige, die ohne ein Wort verschwunden ist und sich am Telefon seltsam verhalten hat.« Tuyet musterte mich von oben bis unten. »Apropos Telefon. Ich konnte dich später nicht mehr erreichen. Hab mir echt Sorgen gemacht. Aber nun weiß ich ja, wer dein angeblicher alter Bekannter war.« Sie lächelte schief und zuckte mit den Augenbrauen, als sie meinen Boss unter die Lupe nahm.

»Ähm, nein, so war das nicht. Ich, äh ...«

»Lass gut sein. Bilder sagen mehr als Worte. Das ist bereits das zweite Mal, dass du völlig verstrubbelt und in fremden Klamotten mit deinem „Boss" nach Hause kommst.« Tu-Tu zeichnete Gänsefüßchen in die Luft, als sie das Wort Boss sagte. »Aber was wolltest du denn nun in aller Frühe bei mir?«

»Wissen, ob du sicher nach Hause gekommen bist. Ob dich jemand dumm angemacht oder irgendwie bedrängt hat. Sich sonderbar verhalten hat.«

»Die Einzigen, die sich sonderbar verhalten, seid ihr beiden.« Sie grinste abwechselnd mich und Marlowe an. »Nein, im Ernst. Alles gut. Ich war die ganze Zeit mit meinen Freunden zusammen und wir sind dann auch so gegen halb drei gegangen. Wieso? Ist etwas passiert?« Nun schaute Tuyet skeptisch drein.

»Ach, mich hat auf dem Weg zur Garderobe eine Gruppe Typen dumm von der Seite angemacht und später hatte ich dann Sorge, dass diese Klapsmänner die Party aufgemischt haben könnten, nachdem ich gegangen war. Man hört ja immer so Sachen.« Wahrheit und Lüge fein vermischt. Gut gemacht, Lex. »Dann ist mir auch noch mein Handy im Taxi abhandengekommen. Hab es zusammen mit dem langen Mantel auf der Rückbank liegen lassen. Deswegen konnte ich dich auch nicht mehr erreichen und mein Kopfkino ging los.«

»Ach, Lex. Wenn dein Kopf nicht fest wäre, würdest du auch den irgendwann irgendwo liegen lassen.« Tuyet sah mich mitleidig an.

»Gut, ähm, dann bin ich beruhigt«, läutete ich das Ende unseres Überraschungsbesuchs ein. »Ach, noch was! Heute Abend, unsere Verabredung. Ich fürchte, die müssen wir auf morgen verschieben«, schob ich fix nach.

»Schon klar«, wieder wackelten ihre Augenbrauen. »Ich wünsche euch noch einen angenehmen Tag. Tüdelü!« Albernes Kichern war hinter der Tür zu hören, nachdem Tuyet diese geschlossen hatte.

»Äh, ja. Gut. Dann bin ich jetzt beruhigt fürs Erste«, sagte ich, als ich die Treppe runterging. Marlowe folgte mir. »Können wir meine Quarantäne trotzdem in meiner Wohnung fortsetzen? Da sind auch keine Türschwellen oder so was drin. Und ich trage rutschfeste Hausschuhe, wenn ich ins Bad gehe.«

Marlowe grinste nur, nickte dann aber. Ich war noch nie so froh gewesen, in meine eigenen vier Wände zurückzukehren. Tausendmal besser, als bis zum nächsten Morgen in der Detektei rumzuhängen.

»Soll ich uns was zu Essen machen?«, fragte ich und wartete die Antwort nicht ab, sondern düste sofort in die Küche. »Ich mache auch nur was Weiches, dann kann ich mich nicht verschlucken.«

»Ich bin Polizist. Ich kann Erste Hilfe.« Marlowe blickte sich in meinem Wohnzimmer um. Ob aus Interesse oder als Vorsichtsmaßnahme konnte ich nicht sagen.

»Und ich bin Künstlerin. Verzeihen Sie also das moderate Chaos, das hier herrscht.«

»Ben.«

»Wer?«

»Du kannst Ben sagen. Wenn wir schon den ganzen Tag zusammen abhängen müssen, dann verzichten wir lieber auf Marlowe.«

»Wo kommt der denn her?«

»Wer?«

»Hören Sie auf, mich nachzumachen! Ben. Wieso soll ich Sie so nennen? Sie heißen Mi–. Oh! Michael B. P. Marlowe! Das P für Philip, wie ihr Urgroßvater, nehme ich an und das B für Ben!« Ich hüpfte vor Stolz einmal in die Höhe.

»Benedict. Der Vater meiner Mutter. Gut kombiniert, Sherlock. Und da willst du die Detektei verlassen?«

»Wollen Sie Charles nicht rein holen? Ich stelle ihm ein Schälchen mit Wasser hin.« Ja, ich wich dieser Frage aus. Ich hatte in diesem Moment einfach keine Lust, darüber nachzudenken.

»Okay. Verbrenn dich nicht am heißen Wasser!«

»Ich bleibe einfach hier stehen, bis Sie wieder da sind.«

»Kein Sie.«

»Hm?«

»Du.«

»Was? Ach, so! Wie Sie, äh, du meinst, Ben.« Der Boss konnte wirklich ein bisschen menschlich sein. Hatte Saskia also doch recht. Apropos Saskia. Dass ich Marlowe einen ganzen Tag in Beschlag nahm, würde sich sicher nicht gut auf unser Verhältnis auswirken. Aber sie wusste ja, worum es ging, und er würde sich bestimmt regelmäßig bei ihr melden.

Ich brach mein Versprechen und bewegte mich doch von der Stelle. Schließlich musste ich zwei Teebeutel aus meinem Schrank holen. Als ich die Schranktür öffnete, fiel mir gleich eine Packung Kekse auf den Kopf. Himmel! Da war mir beinahe das Herz stehen geblieben. Gut, dass Marlowe das nicht mitbekommen hatte. Das Klickern von Charles Krallen auf den Steintreppen im Hausflur kündigte die Rückkehr meines Bosses an.

»Ich lebe noch. Nichts passiert!«, rief ich ihm gleich entgegen. »Hab nur den Tee geholt.«

»Und?«

»Was und?«

»Eisenkraut?«

»Marlowe, ähm, Ben, sprich ganze Sätze mit mir oder sind für heute wirklich keine Worte mehr übrig?«

Er zog schmunzelnd die Luft ein und ging zu meinem Küchenschrank. »Wir müssen überprüfen, ob und wie du Eisenkraut zu dich genommen hast.«

»Dir.«

»Excuse me?«

»Es heißt „zu dir genommen hast".«

»My bad. Und? Ist Eisenkraut drin?« Marl-, Ben beäugte jede meiner vier verschiedenen Teesorten. »Nothing. Was hast du sonst noch gegessen oder getrunken?«

»Nichts wo dieses Kraut drin sein könnte. Eigentlich nur Fastfood. Pommes, Limonade und so. Wackelpudding und Süßkram beim Kinder-Halloween.«

»Trägst du irgendwelchen Schmuck? Ein Amulett oder Armreif?«

»Nein, nur die Ohrstecker hier«, ich betastete diese reflexartig mit den Fingern. »Die sind aus der Drogerie. Nichts Besonderes. Ansonsten nur das, was du siehst. Plus Unterwäsche, der Vollständigkeit halber.«

»Dann solltest du dich auf weitaus umfangreichere Befragungen und Untersuchungen bei der CF einstellen, Lex.«

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