What the fuck has happened?
March, 2024
Es war kurz nach fünf, als Jule auf den Klingelknopf drückte.
er wäre ja genau pünktlich gewesen, wenn da nicht diese blöden Ampeln gewesen waren, die es heute alle böse mit ihm gemeint hatten und immer rot waren, wenn Jule kam. Jede einzelne.
Als hätten sie sich gegen ihn verschworen.
Umso froher war er, jetzt endlich hier zu sein und Kai bald wieder zu sehen.
Er war noch nie hier gewesen; zumindest nicht drinnen; und er freute sich, jetzt alles mal zu sehen.
Ein schief grinsender Timo öffnete die Tür und reichte Jule freundlich die Hand.
"Hi", lächelte er," Schön, dass du da bist."
"Hey", erwiderte Jule, während er sich ganz automatisch in der kleinen, aber gemütlich aussehenden Wohnung umsah.
Irgendwie hatte er es sich genauso vorgestellt und doch war es irgenwie ganz anders.
Jule konnte es nicht beschreiben.
"Kais Zimmer ist da", erklärte Kais Kommilitone noch immer schief und dennoch freundlich grinsend, während er auf die weiße Tür geradeaus zeigte," Wir wollen heute Abend Pizza bestellen. Ihr könnt dann ja mal sagen, was ihr haben wollt."
Lächelnd bedankte Jule sich, ehe er sich auf den Weg zu Kais Zimmer machte.
Als er an die Tür klopfte, antwortete ihm niemand.
Wahrscheinlich lag Kai in seinem Bett, chillte an seinem Handy und hatte seine geliebten Kopfhörer auf, weshalb er Jule nicht hörte.
Sie waren zwar noch nicht lange zusammen, aber so weit kannte Jule Kai schon.
Der Blonde drückte also langsam die Klinke herunter und öffnete die Tür zu Kais Zimmer.
Aber auf dem Bett, das ihm gleich als erstes in sein Blickfeld sprang, war Kai nicht; es war unberührt.
Schnell scannte der Fußballer den Raum nach seinem Freund ab.
Sein Herz setzte ein paar Schläge aus, als er ihn fand.
Bewusstlos, am Boden liegend.
Er rührte sich nicht; schien nicht bei Bewusstsein zu sein.
Jules Kopf war wie leer gefegt.
War das wirklich Kai?
Was war passiert?
Sich endlich aus seiner Schockstarre lösend stürzte er auf seinen Freund zu.
"Oh Gott, Kai", entkam es ihm, als er den Jüngeren vorsichtig auf den Rücken drehte und Kais Kopf dabei auf die andere Seite rollte.
Seine Augen waren geschlossen und sein Gesicht vollkommen blass.
"Kai?", rief er wieder und klopfte ihm dabei auf die Wange, in der Hoffnung, ihn irgendwie wieder wachzubekommen.
Panik und Angst regierten seinen Körper.
Angst um Kai und Panik, dass er nicht wieder aufwachte.
Angst und Panik ließen sein Herz zehnmal höher schlagen und seine Gedanken auf Hochtouren laufen und trotzdem kam kein klarer Gedanke dabei heraus.
"Kai? Hey, hörst du mich?", versuchte er es wieder, während seine zittrigen Finger über Kais Wangen fuhren; leicht auf diese klopften, um ihn wach zu bekommen.
Das Blut rauschte in seinen Ohren.
Jule hatte alles andere ausgeblendet.
Da war nur Kai.
Kai, der bewusstlos auf diesem Boden lag und sich verdammt nochmal nicht rührte.
Warum wachte er denn nicht auf?
Warum machte er denn nicht seine verdammten Augen auf?
Warum bewegte er sich denn nicht zumindest?
In den ganzen Filmen bewegen die doch dann auch plötzlich wieder ihre Finger.
Warum machte Kai das denn nicht?
Vielleicht weil das hier kein Film war sondern die bittere Realität.
"Julian?",drang eine weit entfernte Stimme zu Jule durch, der immer noch verzweifelt über Kai kniete und seine Wangen nicht losließ," Oh mein Gott, was ist denn hier los?"
Als er aufsah, entdeckte Jule Timo und eine blonde Frau, wahrscheinlich Paula, in der Tür.
"Ich weiß es nicht, man. Du warst doch hier. Du musst doch gehört haben, dass er gestürzt ist."
Jules Stimme war laut und vorwurfsvoll, aber er meinte es nicht so; es war die Angst um Kai, die aus ihm sprach und Timo wusste das.
Er nahm es ihm nicht übel; dazu hatte er auch gerade gar keine Zeit.
"Ich... ich ruf den Rettungswagen.", rief er panisch, während er auf seinem Handy rumtippte.
Seine Finger zitterten so sehr, dass er sich dreimal verwählte, bis er die richtigen drei Ziffern in der richtigen Reihenfolge gefunden hatte.
Jule versuchte indessen, Kai mit allen Mitteln wach zu bekommen.
Warum war er denn nicht zehn Minuten früher da gewesen? Vielleicht wäre es dann gar nicht passiert?
Warum hatte niemand gemerkt, dass Kai umgekippt war?
Seine schnellen Gedankengänge, die sich in seinem Kopf schon fast überschlugen, wurden unterbrochen und seine Augen waren stattdessen fest auf Kais blasses Gesicht gerichtet.
Kais Augenlider flackerten leicht; ganz leicht und dann immer stärker.
"Kai?", sprach der Blonde seinen Freund wieder mit lauter Stimme an, während er beobachtete, wie Kai immer mehr im Hier und Jetzt ankam.
Irritiert sah der Jüngere sich im Raum um; er sah noch viel erschöpfter aus als gestern Abend, als Jule ihn zum letzten Mal gesehen hatte.
"Jule?", hauchte er brüchig und kniff kurz die Augen zusammen. Wahrscheinlich hatte er Kopfschmerzen, denn der kleinen Platzwunde auf seinem Hinterkopf nach zu urteilen, war er mit dem Kopf aufgekommen.
"Was ist passiert?"
"Wir wissen es nicht", antwortete der Fußballer ehrlich," Ich hab dich hier so gefunden."
Dankend nahm Jule das Kissen an, das Timo ihm reichte, und legte es vorsichtig unter Kais Kopf.
"Woran kannst du dich denn erinnern, Kai?", fragte Timo, der inzwischen auf Kais anderer Seite kniete, nun wissen.
Kurz überlegte der Lockenkopf; er wusste gerade nicht mal, wo vorne und hinten war.
"Ich... ich hab aufgeräumt und dann war mir schwindelig und dann... ich bin irgendwie auf den Boden aufgekommen", erzählte er schwach; seine Stimme war kaum mehr als ein leises Hauchen.
"Hast du Schmerzen?"
Kai nickte.
"Mein Kopf und mir ist schlecht."
"Du bist mit dem Kopf aufgekommen", erklärte Jule; seine Stimme triefte nur so vor Besorgnis.
Die ganze Zeit spukte in seinem Kopf die Frage herum, ob er das nicht hätte verhindern können, wenn er einfach früher losgefahren wäre.
Nur am Rande bekam Jule mit, dass die Klingel ertönte; er war viel zu sehr damit beschäftigt, Kai immer und immer wieder kritisch zu mustern, um da sein zu können, wenn sich etwas veränderte oder es Kai plötzlich schlechter gehen sollte.
Zwei Sanitäter, denen Paula die Tür geöffnet haben müsste, betraten das Zimmer.
Timo erklärte ihnen kurz die Situation und zog dann Jule von Kai weg, damit die Sanitäter ihre Arbeit machen konnten.
Am liebsten wäre Jule bei Kai geblieben, aber er musste auch einsehen, dass Kai jetzt erstmal Hilfe brauchte und Jule nichts machen konnte.
Stattdessen musste er dabei zusehen, wie Kai ein Ekg angelegt wurde, wie sein Blutdruck gemessen wurde und ihm ein Zugang gelegt wurde.
"Es schein soweit alles gut zu sein", meinte nach einer Weile der Jüngere der beiden Sanitäter," Aber wir würden ihn gerne mit in die Klink nehmen, um eine Kopfverletzung auszuschließen und vielleicht auch nach den Gründen für den Schwindel zu suchen."
Sofort nickte Jule.
"Kann ich mitkommen?"
"In welcher Beziehung stehen Sie denn zu ihm?"
"Ich... er ist mein... Freund", stammelte Jule.
Gerade war ihm herzlich egal, dass er sie geoutet hatte. Wichtig war jetzt Kai und außerdem hatten die doch auch Schweigepflicht, oder?
"Dann können Sie uns gerne hinterher fahren", schlug der junge Mann vor, während sein Kollege Kai fertig für den Transport machte.
Sofort nickte der Blonde.
Erleichterung machte sich in ihm breit, als er nochmal kurz zu Kai konnte.
Er sah jetzt schon viel besser aus; seine Augen waren zwar immer noch geschlossen, aber sein Gesicht hatte schon wieder deutlich mehr Farbe.
Vielleicht war der Schreck ja doch größer gewesen und es war eigentlich gar nicht so schlimm... hoffentlich.
"Ich fahre dir hinterher, ja? Ich bin gleich wieder bei dir."
Kai nickte nur und verzog seine Lippen zu einem kleinen Lächeln.
"Es tut mir leid, Julian", murmelte Timo schuldbewusst. Er saß auf der Rückbank von Jules schwarzem Audi, den der Blonde mit schnellem tempo zum Krankenhaus lenkte," Ich hab das wirklich nicht mitbekommen. Es muss passiert sein, als ich kurz unten war und den Müll weggebracht hab. Ich hätte ihm doch geholfen."
"Und ich hab Musik gehört", gab Paula nun leise zu," Ich hätte meine Kopfhörer nicht so laut stellen sollen; dann hätte ich es gehört."
"Quatsch, macht euch keine Vorwürfe. Es tut mir leid, dass ich euch vorhin so angefahren habe, das war nicht mein Recht. Ich war nur so panisch. Ihr könnt nichts dafür, okay?"
"Aber wir wussten, dass es Kai in den letzten Tagen schon nicht so gut ging", hielt Paula reuevoll dagegen.
"Ihr könnt nichts dafür, okay? Wir können es jetzt eh nicht mehr ändern."
Beide nickten nur.
Natürlich machte Jule sich auch Vorwürfe, aber er wusste auch, dass es sinnlos war, sich Gedanken darüber zu machen, ob man es hätte verhindern können, denn jetzt war es schon passiert und sie mussten jetzt alle hoffen, dass es nicht doch schlimmer war als es ausgesehen hatte.
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