I'd do anything for you
November, 2023
Beunruhigt schielte Jule immer wieder zur Seite zum Beifahrersitz, auf dem Kai saß.
Man konnte Kai seine Nervosität auf kilometerlange Entfernungen ansehen.
Sein linkes Bein wippte unruhig auf und ab, während er seine Fingernägel in seine Handfläche gebohrt hatte und vollkommen in Gedanken versunken auf seiner Lippe herumkaute, von der Jule schon vermutete, dass sie blutete.
War etwas passiert?
Hatte es etwas mit ihm zu tun; mit ihrer Beziehung?
Warum fühlte Kai sich so unwohl?
Wortlos legte der Blonde seine Hand auf den zitternden Oberschenkel seines Freundes, um diesen zu beruhigen.
Kai hielt in seiner Bewegung inne und sah zu Jule auf, welcher ihm ein leichtes Lächeln schenkte.
Unsicher blickte Kai zu ihm und lächelte zurück.
Er konnte sich wirklich etwas beruhigen und dafür brauchte es nur eine kleine Berührung von Jule; kein einziges Wort.
Erleichtert schaltete Jule den Motor aus, nachdem er auf seiner Einfahrt geparkt hatte.
Er drückte ein letztes Mal aufmunternd Kais weiche Hand, ehe er aus dem Wagen ausstieg.
Sofort schlug ihm wieder die kalte Winterluft entgegen, die in seiner Nase leicht kitzelte.
Endlich wieder frische Luft, dachte er.
Im Auto war es stickig gewesen; oder es hatte sich zumindest so angefühlt.
Wahrscheinlich war die angespannte und nervöse Stimmung verantwortlich dafür gewesen.
Sie gingen in das große, angenehm warme Haus und fühlte sich genau wie neulich, als sie hier auch gesprochen hatten.
Genau an dieser Stelle. Hier waren sie zusammengekommen.
War das jetzt was Gutes oder was Schlechtes?
Jule wusste es nicht.
"Was bedrückt dich so, Sonnenschein?", fragte der Blonde besorgt, während er Kai vorsichtig in seine Arme zog.
"Ich... ist nicht so wichtig", stammelte dieser leise, während er dem Blick des Älteren auswich," Sag du zuerst, was du sagen wolltest."
Sanft schüttelte der Fußballer den Kopf.
"Dich bedrückt das, was du mir sagen willst; mich bedrückt das nicht so sehr. Also sag du zuerst."
Ertappt biss Kai sich auf die Lippe; sah noch immer zu Boden.
Fuck, warum traf Jule immer den Nagel auf den Kopf?
Warum war er so verdammt reif und hatte immer für alles die passenden Worte parat?
Kai verliebte sich gerade noch ein zweites Mal in Jule.
"Ich... Jule, es tut mir leid, wirklich, das musst du mir glauben."
"Was tut dir leid?"
Julian versuchte ruhig zu bleiben, er versuchte es mit allen Mitteln, aber er konnte das Zittern in seiner Stimme nicht verbergen.
Kais schwammige und dennoch irgendwie eindeutige Worte machten ihm Angst.
Was war passiert?
"Timo weiß es", gab der Jüngere nun leise zu," Er weiß von uns."
Er machte eine kurze Pause und Jule hatte schon seinen Mund geöffnet, um ihm zu antworten, doch da sprach Kai mit deutlich lauterer und dennoch zitternder Stimme weiter.
"Ich wollte das gar nicht, Jule, das musst du mir glauben, okay? Aber... aber Timo ist mir so auf die Nerven gegangen und hat mich immer wieder gefragt und dann ist es mir einfach rausgerutscht, ich..."
"Pschh", vorsichtig legte Jule Kai seinen Zeigefinger auf die Lippen und stoppte ihn somit. Kai verstummte und sah Jule einfach nur an.
Hoffend, flehend, reuevoll.
"Soll ich dir mal was sagen?"
Unschlüssig nickte Kai.
Wollte er das überhaupt wissen? Wollte er wissen, was Jule ihm jetzt sagen würde?
Es konnte doch nichts Schlechtes sein, oder?
Zumindest nicht, wenn man den liebevollen Gesichtsausdruck des Blonden ansah.
Seine blauen Augen sahen so intensiv und fürsorglich auf Kai herab, während seine warmen, weichen Hände sanft an seinen Wangen lagen und sein Gesicht so behutsam umrahmten.
Kai fühlte sich sofort wohl; festgehalten.
Konnte das bitte nie aufhören? Nie, nie wieder?
"Mir ist genau dasselbe passiert."
"Was?"; wollte Kai tonlos wissen.
Seine Augen hatten sich geweitet und sein Puls, der sich gerade wieder beruhigt hatte, schnellte wieder in die Höhe.
"Du hast schon richtig gehört, Sonnenschein", wisperte Jule leise ohne den intensiven Blickkontakt zu seinem Freund zu unterbrechen.
Neben ihnen könnte gerade eine Bombe explodieren oder das Haus könnte einstürzen.
Es wäre ihnen egal; nein, sie würden es nicht mal merken.
Gerade gab es nur sie.
Kai und Jule.
Jule und Kai.
"Marco hat mich heute Morgen auf dem Parkplatz so genervt, dass mir genau das Gleiche passiert ist wie dir. Ich hab ihm von uns erzählt, ohne dass ich es gemerkt hab."
"Es tut mir so leid, Jule", hauchte der Lockenkopf zitternd.
"Mir doch auch, Kai, aber wir können es jetzt nicht mehr ändern, okay?"
Leicht nickte der Jüngere.
Jule hatte recht. Sie konnten jetzt nicht mehr ändern, dass es passiert ist.
Aber Kai war auch erleichtert. Er war erleichtert, dass er nicht der Einzige war, dem das passiert war; dass es auch Jule selbst passiert war. Und dass Jule anscheinend nicht so schlimm fand; sonst hätte er nicht so reagiert.
"Aber vielleicht sollten wir trotzdem darüber reden, wie wir damit umgehen, okay? Damit sowas in Zukunft nicht mehr passiert?"
Wieder nickte Kai.
"Danke, Jule."
"Für dich mache ich alles, mein Sonnenschein.", nuschelte Jule leicht lächelnd, ehe er seine Lippen sanft auf Kais Stirn legte.
Kai lächelte sanft.
Er war Jule so dankbar.
Dankbar dafür, dass Jule so liebevoll mit ihm umging und seine Unsicherheiten akzeptierte und versuchte, ihn sich so wohl wie möglich fühlen zu lassen.
"Dann, komm mit", murmelte der Blonde, nachdem er seinem Freund über die Wange gestrichen hatte.
Sie gingen Hand in Hand zur Couch.
Die Atmosphäre war nun deutlich weniger angespannt als vorher; Kai war einfach nur erleichtert, dass Julian nicht sauer auf ihn war.
"Harvy, ich weiß, dass das nicht einfach wird und ich möchte. dass auch du das weißt.", begann Jule zögerlich; er wusste ehrlich gesagt auch nicht so recht, was er sagen oder wie er anfangen sollte," Es tut mir leid, dass du das alles jetzt durchmachen musst mit der Öffentlichkeit und so... das ist alles nur wegen mir."
Kopfschüttelnd sah Kai den Älteren an.
"Das stimmt doch nicht, Jule. Du bist nicht schuld, ich... Die Öffentlichkeit ist schuld, wen sie uns nicht akzeptieren kann, aber nicht du, okay? Und außerdem hab ich mich ja auch selbst dazu entschieden. Ich will nur mit dir zusammen sein und alles andere ist mir scheiß egal."
"Ich will auch nur mit dir zusammen sein", bestätigte der Blonde mit einer Stimme, die nur so triefte vor Liebe und Ehrlichkeit. Wenn Kai sich nicht schon lange hoffnungslos in den Mittelfeldspieler verliebt hatte, dann hatte er es spätestens jetzt getan.
"Aber wir müssen auch ehrlich sein", fuhr er weiter fort; es fiel Jule sichtlich schwer, diese Worte auszusprechen, denn er konnte es einfach nicht verstehen, aber es war nun mal so," Wenn die Öffentlichkeit von uns erfährt, dann ist dein privates Leben vorbei und du wirst wahrscheinlich nicht mehr einfach so feiern gehen und dich richtig besaufen können ohne Rücksicht auf Verluste oder was weiß ich, weil das dann in kürzester Zeit im Netz landet. Die Leute werden sich ihre Meinung über dich bilden. Und, so leid es mir tut, die wird wahrscheinlich nicht gut sein. Immerhin sind wir zwei Männer." Jule brach ab, doch Kai füllte das Schweigen mit seinen leisen Worten.
"Deine Karriere wäre dann vorbei, oder?"
"Vielleicht, ich weiß es nicht",antwortete Jule ehrlich," Aber das ist mir egal. Ich will nur, dass es dir gut geht und dass wir glücklich sein können."
Der Braunhaarige nickte, antwortete aber nicht sofort.
Er brauchte kurz Zeit, um das alles sacken zu lassen und um darüber Nachzudenken. Auch wenn ihm das meiste schon vorher klar war, war es etwas anderes, das jetzt nochmal direkt gesagt zu bekommen.
Vielleicht hatte er vorher noch immer innerlich die Hoffnung gehegt, sich einfach nur zu irren, obwohl das eigentlich absurd war.
"Ich...", begann er dann doch unsicher," Ich möchte mein Leben so wie es jetzt ist eigentlich erstmal behalten; so weit es geht."
Verstehend nickte der Dortmunder.
"Ich kann dich verstehen, Harvy, und das kriegen wir auch hin, okay? Wenn wir vorsichtig sind, schaffen wir das."
Nun war es Kai, der nickte, während er seinem Freund tief in die blauen Augen sah.
Wie war es möglich, so schöne und intensive Augen zu besitzen?
"Also... behalten wir es erstmal für uns?"
"Ist es für dich denn in Ordnung?"
Zögernd nickte Kai.
Er wusste es um ehrlich zu sein nicht. Aber er vermutete gerade, dass es in Ordnung war.
Woher sollte er es auch wissen? Hatte er vorher schon mal eine Beziehung geführt, in der sein Partner in der Öffentlichkeit stand? Wohl eher nicht.
"Ich denke schon."
"Wenn irgendwas ist oder dich etwas bedrückt deswegen, möchte ich, dass du sofort mit mir redest, okay? Ich weiß, dass das nicht einfach ist so."
Wieder nickte Kai.
"Danke, Jule."
"Für dich mache ich alles, das hab ich dir gerade schon gesagt."
Liebevoll lächelte der Blonde, ehe er sich den Lippen des Jüngeren näherte und ihn vorsichtig küsste; forschend.
"Ich liebe dich, Harvy."
"Ich dich auch, Jule."
Der Kuss wurde innige und intensiver.
Er vertiefte sich und Jules Hände fanden ihren Platz auf Kais warmen Körper.
Er griff unter seine Oberschenkel, um aufstehen zu können und den Jüngeren, ohne den Kuss auch nur ansatzweise zu unterbrechen, mit sich ziehen zu können.
Kai ließ es geschehen und ließ zu, dass Jule ihn ins Schlafzimmer manövrierte, wo er die Tür mit einem lauten Knall hinter sich zu fallen ließ und Kai auf das weiche Bett fallen ließ.
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