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"Was machst du hier?!" Mir rutschte das Herz in die Hose, als ich das Gesicht meines Exfreundes erblickte.

Er sah ein wenig anders aus, als vor einem Jahr. Seine Arme waren fast gänzlich von Tattoos übersät, außerdem war ein Piercing an seinem Nasenflügel und eins an seiner Lippe dazu gekommen.

"Du musst mit mir reden, Nanami!"

Wie hat er mich überhaupt gefunden? Wie konnte er es wagen hier einfach so mir nichts dir nichts auftauchen?

"Verschwinde gefälligst, Raiden!", maulte ich und hob die Schlüssel zügig vom Boden auf, damit ich so schnell wie möglich vor ihm flüchten konnte.

Doch während ich versuchte die Tür zu öffnen, packte er mich am Oberarm und zog mich zurück.

"Hör mir doch wenigstens zu!" Sein Griff war grob und seine Stimme klang harsch.

Ich erkannte ihn nicht wieder. Er war zwar noch nie wirklich sanft gewesen, aber er hatte sich nie so aufgeführt wie in diesem Augenblick.

"Hast du etwa getrunken?!", japste ich als ich die Alkoholfahne riechen konnte.

Deshalb benahm er sich so. Wenn er trank wurde er immer unberechenbar. Noch mehr, als er es sowieso schon war.

"Nanami, es tut mir leid! Ich war an diesem Abend einfach so durcheinander. Das letzte was ich wollte, war es dir wehzutun!" Seine grünen schmalen Augen glänzten verzweifelt, doch das war mir absolut egal.

"Hast du eigentlich eine Ahnung, was du mir damit angetan hast?" Ich versuchte mich von ihm loszureißen, doch es war vergebens.

Er war einfach zu stark.

"Du hast kein Recht dazu hier einfach aufzukreuzen! Ich bin hier her gekommen, damit ich dich entgültig aus meinem Leben auslöschen kann."

"Nein, das kann ich nicht akzeptieren", widersprach er mir lautstark.

Nicht akzeptieren? Für wen hielt er sich überhaupt? Das konnte er doch nicht ernst meinen!

Tränen der Wut und Frustration sammelten sich in meinen Augenwinkeln, die ich jedoch um jeden Preis zu unterdrücken versuchte.

"Lass mich los, verschwinde gefälligst!"

"Hey!", hörte ich aus der Ferne die Stimme meiner Rettung rufen.

Erleichterung durchflutete mich, als ich Kuroos Silhouette deutete, die sich uns blitzartig näherte.

"Sie hat gesagt, du sollst loslassen!", knurrte der schwarzhaarige und stieß Raiden so stark von mir weg, dass er zur Seite flog und gegen einen Laternenmast knallte.

"Nanami, bist du okay?", wollte ein besorgter Kuroo von mir wissen, während ich in meiner Schockstarre verharrte und zu erst realisieren musste, was da eben eigentlich passiert war.

"Du dreckiger Bastard!", brüllte Raiden, als dieser wieder zu sich gekommen war und stürzte sich auf Kuroo. Er schlug ihm seine geballte Faust ins Gesicht.

Reflexartig packte Kuroo ihn am Kragen und holte aus, um ihm ebenfalls eine zu verpassen, doch dann drehte er seinen Kopf zu mir.

"Bitte...nicht", schluchzte ich.

Kuroo hätte Raiden mit Leichtigkeit in der Luft zerreißen können, das war klar. Aber es hätte auch Konsequenzen für Kuroo bedeuten können, die ich ihm einfach nicht zumuten wollte.

Wimmernd sah ich ihnen zu und sagte nichts.

Raiden war ein Stück kleiner, als Kuroo und musste deshalb zu ihm aufsehen.

Als Kuroo seinen muskulösen Arm schließlich sinken ließ, spürte ich wie mein Herz leichter wurde.

Ich fand endlich wieder zu mir und tat das was ich schon damals hätte tun sollen.

Wütend raste ich auf die beiden Männer zu, stellte mich schützend vor Kuroo, bevor Raiden wieder auf ihn losgehen konnte und verpasste dem blonden jungen Mann vor mir eine deftige Ohrfeige.

Bestürzt fasste dieser sich an seine gerötete Wange und starrte mich mit zusammengezogenen Augenbrauen an.

"Nana-" er streckte die Hand nach mir aus, doch noch bevor sie mich berührte, zuckte ich zusammen, weshalb er inne hielt.

Ich spürte Kuroos warmen Hände auf meinen Schultern, als er mich sanft zu sich zog.

"Ich...", krächzte Raiden und ließ anschließend den Blick sinken.

"Ich sollte wohl besser gehen."

[...]

"Schon gut, Ryozo. Mach dir keine Gedanken. Ja, wir reden morgen nochmal. Gute Nacht."

Seufzend legte ich mein Handy auf meine Kommode und fuhr mir aufgebracht durch mein Haar.

Mittlerweile hatte ich mein Outfit zu bequemer Kleidung gewechselt und mich abgeschminkt, da es total zerlaufen war.

"Ryozo ist mit einem alten Bandkollegen der beiden befreundet und dieser hat Raiden dann erzählt wo ich wohne", erklärte ich meinem Freund und ließ mich neben ihm auf meiner Bettkante fallen.

Um seine aufgeschürfte Wange hatte ich mich bereits gekümmert. Er hatte sein Jacket und Krawatte ausgezogen und hatte die Ärmel seines weißen Hemdes hochgekrempelt.

"Es tut mir alles so leid, Tetsūro..." Ich versteckte mein Gesicht hinter meinen beiden Händen, weil ich mich so sehr dafür schämte.

Ich hatte ihm erklären müssen, dass mein untreuer Exfreund derjenige gewesen war, der ihm eine reingehauen hatte.

"Wieso entschuldigst du dich immer für Dinge für die du nichts kannst?" Kuroo streichelte mit seiner Hand meine linke Wange und lächelte mich an.

"Ich.. weiß wirklich nicht, was ich getan hätte, wenn du nicht zurück gekommen wärst", stammelte ich und zog anschließend die Augenbrauen verwirrt zusammen.

"Achja, warum bist du eigentlich zurück gekommen?", wollte ich neugierig wissen.

Kuroo kaute auf seiner Lippe herum und kratzte sich am Hinterkopf, als er wohl darüber grübelte es mir zu sagen, oder lieber nicht.

"Weißt du... ich habe vergessen dir etwas zu geben."

Der junge Japaner stand von meinem Bett auf und ging rüber zu meinem Schreibtischstuhl, wo sein Jacket über der Rückenlehne lag.

Ein großes Fragezeichen bildete sich auf meinem Gesicht, nachdem er es hervorgezogen hatte, allerdings schnell hinter seinem Rücken versteckte und zu mir aufs Bett zurück kam.

"Es ist ein bisschen kitschig", warnte er mich vor, ehe er mir sein Geschenk endlich übergab.

"Kuroo..." Mir stockte der Atem.

Es war eine recht kleine, runde Musikdose mit goldenen Verzierungen und Schnörkel-Elementen.

Sie war einfach nur wunderschön.

Ich öffnete die Klappe der Dose und eine Melodie ertönte zu der eine kleine Ballerina mit pinken Tütu in der Mitte tanzte. Bei der Melodie handelte es sich um Pas de deux aus dem Stück 》Der Nussknacker《.

"Gefällt es dir?"

Ich hatte Kuroo gegenüber einmal erwähnt, dass es immer mein Traum gewesen war diesen Akt zu tanzen.

Noch nie hatte ich etwas schöneres geschenkt bekommen. Es rührte mich so sehr, dass es mein Herz erwärmte.

Mir kamen erneut die Tränen an diesem Abend. Ich schloss die Box und stellte sie auf meinen Nachtschrank neben meinem Bett.

"Nanami?"

Zügig wischte ich mir die Tränen aus dem Gesicht und fiel ihm schließlich dankbar um den Hals.

"Ich liebe dich so sehr", schniefte ich und drückte ihn enger an mich, bevor ich meinen Kopf hob und ihn direkt in seine atemberaubenden Augen blickte.

Ich las Zuneigung und Erleichterung in ihnen, ehe sie sich schlossen und wir uns küssten. Seine Hände wanderten zu meinen Hüften mit denen er mich auf seinen Schoß zog.

Mein Herz setzte einen Schlag aus und ich schlang meine Arme um seinen Hals, während unser Kuss mit jedem Atemzug intimer und leidenschaftlicher wurde.

Kuroo leckte mit seiner Zunge über meine Unterlippe und bat um Einlass, welchen ich ihm grinsend gewährte. Seine Küsse schmeckten besser, seitdem er nicht mehr rauchte.

Ich erinnerte mich an unsere erste Begegnung und die Intensität seines Blickes und seiner Berührung. Nichts davon war verloren gegangen.

Doch die Gefahr, die ich dabei gespürt hatte, wurde zu Geborgenheit.

Irgendwann fuhren Kuroos Hände unter mein Shirt und seine Fingerspitzen fuhren über meine nackte Taille.

Es war ein unglaubliches Gefühl und ich genoss jede Sekunde davon, doch als er sich plötzlich von mir löste und mich von seinem Schoß schob, wusste ich nicht was los war.

Kuroo stand auf und wich meinem Blick aus, als er anfing zu sprechen.

"Es ist schon ziemlich spät... es ist wohl besser, wenn ich jetzt gehe", meinte er, weshalb mein Herz so schwer wie Blei wurde.

Der Größere ging erneut rüber zu meinem Stuhl und ich sprach die Frage aus, die mir schon seit längerem auf der Zunge lag.

"Sag mal, kann es sein, dass du nicht mit mir schlafen willst?"

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