[𝟏] 𝐁𝐫𝐚𝐮𝐧𝐞 𝐀𝐮𝐠𝐞𝐧

Ich blickte ein letztes Mal in den Spiegel. Was ich sah, war normal und unauffällig. Aber das lag daran, dass meine roten, schmerzenden Wangen stark überschminkt waren. Als ich mich heute Morgen fertig machte und mich sah, war ich schockiert. Ringe unter den Augen, geschwollene Augen, rote Wangen. Ich sah nicht gesund aus und wenn das jemandem auffiel, würde Ian mir wehtun. Also griff ich, wie sonst auch immer, wenn Ian mich schlug und ich zur Uni musste, zu meiner Schminke. Niemand durfte etwas merken. Das war klar. Es würde erst sein Image ruinieren und dann würde er mich ruinieren.

Am Anfang dieser Ehe, als er mir das erste Mal wehtat, bemerkte meine Mutter bei einem Besuch einige blaue Flecken, weil ich ein T-Shirt trug. Ich erzählte ihr, ich wäre auf der Treppe ausgerutscht und hingefallen. Was sie nicht wusste, war, dass Ian mich am Abend zuvor mit voller Wucht auf den Boden geschleudert hatte, weil ihm das Essen nicht geschmeckt hatte. Doch ich fiel nicht auf den Boden, sondern knallte gegen die Kante des Küchentisches. Mit meinem Arm. Er schrie mich an und drohte mir. »Wehe, jemand bekommt das nochmal mit«, sagte er damals. »Passiert sowas nochmal, bringe ich dich verdammt nochmal um und lasse es wie einen Unfall aussehen«. Ich glaubte Ian. Er würde es liebend gerne tun. Und seitdem habe ich jeden Tag gedacht: Tu es endlich, Ian. Ich habe nichts mehr zu verlieren. Ich hasse mein Leben.

Fertig geschminkt ging ich aus dem Haus. Ich brauchte nicht lange, um zur Universität zu kommen, denn sie war nicht weit weg. Meistens ging ich zu Fuß, um ein bisschen frische Luft zu schnappen. Ich genoss für ein paar Minuten den frischen Sommerwind und die Ruhe und freute mich, aus diesem Haus herauszukommen. Die Universität war mein Zufluchtsort. Diese Tatsache war traurig, aber nicht zu ändern. Ian wusste immer, wo ich war und hatte überall seine Leute. Ian ließ mich nie aus den Augen. Aus Angst, ich würde irgendwem von dieser schrecklichen Ehe erzählen und ihn somit auffliegen lassen.

Ursprünglich wollte ich Literatur oder Buchwissenschaft studieren. Ich las schon als Kind sehr gerne und schrieb ab und zu etwas auf. Aber meine Eltern und Ian machten mir einen Strich durch die Rechnung. Sie sagten, ich bräuchte etwas Wissenschaftliches oder Unternehmerisches fürs Leben. Bücher seien nutzlos und würden die Menschheit nicht voranbringen. Von wegen. Das war leicht gesagt, wenn man noch nie ein richtiges Buch in der Hand hatte.

Aber so lief das eben. Ich musste mich an das halten, was sie sagten, denn sie waren meine Geldquelle und würden mein Studium bezahlen. Und so landete ich im Studiengang „Wirtschaftspsychologie". Es war interessant, aber einfach nicht das, was ich machen wollte. Trotzdem habe ich es irgendwie ins fünfte und vorletzte Semester geschafft und es dauerte nicht mehr lange bis zu meiner Bachelorarbeit. Das würde ich schon irgendwie schaffen.

»Bellaaa«, hörte ich aus kurzer Entfernung und drehte mich zu der Frauenstimme, die meinen Namen rief. Es war Amelia. Ich musste lächeln.

»Wow, siehst du gut aus!«, fügte sie hinzu, während sie auf mich zugelaufen kam und mich fest umarmte. Wenn sie wüsste, wie ich unter der Schminke und meinem Sommerkleid aussah, würde sie wahrscheinlich nicht mehr so strahlen. Aber auch sie wusste von nichts. Ian arbeitete mit ihren Eltern zusammen. Wie ich schon erwähnte, Ian kannte jeden. Und Ian wusste alles. Deshalb habe ich Amelia nie etwas erzählt, geschweige denn mir etwas anmerken lassen. Stattdessen erzählte ich ihr, wie toll Ian war, was für ein fürsorglicher und warmherziger Ehemann er war und wie glücklich er mich doch machte. Ich log sie an und spürte, wie ein kleiner Schmerz durch meine Brust schoss, der mich verrückt machte. Manchmal wünschte ich mir, er wäre nett. Vorsorglich. Herzlich. So wie ich ihn eben vor Anderen beschrieb. Ich wünschte mir, er würde mir nicht wehtun. Ich fragte mich, wie ein netter Ian drauf wäre und wie gut mein Leben doch aussähe, wenn er mich nicht hassen würde. Aber auf all diese Fragen gab es keine Antworten. Einen netten Ian gab es nie, gibt es nicht und wir es nie geben.

»Hey, Amelia. Wie geht es dir?«, fragte ich und begleitete sie in den Hörsaal. Wir hatten jetzt Statistik.

»Super, und dir?«

Ja, wie ging es mir?

Ich belächelte ihre Frage. »Gut.« War das nicht das, was alle taten? Jeden Tag? Lügen, wenn diese Frage gestellt wurde? Meine Antwort war jedes Mal eine Lüge.

»Mir würde es besser gehen, wenn ich wüsste, dass du heute Abend mitkommst«, merkte sie an, während wir uns zwei Plätze in der hintersten Reihe aussuchten und ich traurig aufseufzte. Es ging um ihren Geburtstag, welchen sie heute mit mir und ihren engsten Freundinnen feiern wollte.

»Bitteeeee«, flehte Amelia. Aber ich wusste nicht, was ich sagen sollte.

Die Feier sollte in einem Club stattfinden, der erst vor einer Woche eröffnet worden war. Er war schon sehr bekannt. Der Club hieß »Inferno«.

Ich wollte so gerne mitkommen, zumal ich noch nie mit Amelia feiern war. Aber ich durfte nicht. Und als ich Ian eines Tages darauf ansprach, dass Amelia mich eingeladen hatte, mit ihr feiern zu gehen, war seine einzige Antwort eine Ohrfeige. Er hatte es mir verboten und seitdem habe ich ihn nicht mehr gefragt. »Ich weiß nicht, ob ich mit kann«, murmelte ich leise, mehr zu mir selbst. Es war mir unangenehm, ihr abzusagen. Und das auch noch einen Tag vor ihrem Geburtstag.

Amelia seufzte auf. Sie wusste, dass es bei einem Nein bleiben würde. Sie machte sich nicht einmal mehr die Mühe, weiterzuflehen. Viel zu oft hatte sie es versucht und war enttäuscht worden.

Ich hatte mehrere Bedenken, die mir durch den Kopf schwirrten. Einerseits hatte ich Angst vor Ian und konnte wegen dieser Angst nicht mit in den Club. Andererseits hatte ich keine Ausreden mehr, die ich Amelia auftischen konnte und wollte nicht, dass die Irgendetwas bemerkte. Oder dass sie dachte, ich hätte keine Lust, an ihrem Geburtstag etwas mit ihr zu unternehmen. Ich fühlte mich miserabel, weil ich keine gute Freundin sein konnte. Ich bekam immer zu hören, wie schlecht ich doch war. Meine Eltern fanden, ich war keine gute Tochter. Sie sagten immer, ich sei undankbar und sie wollten nur das Beste für mich. Ian warf mir jeden Tag an den Kopf, was für eine schlechte Ehefrau ich sei. Er aß mein Essen nicht, kritisierte alles, was ich Zuhause machte und hasste mich einfach. Ich konnte ihr nicht einmal eine gute Freundin sein. Ich musste ihr immer und immer wieder absagen.

»Weißt du was?«, fragte ich nun entschlossen und wusste nicht, warum ich plötzlich so sicher klang. »Ich komme mit. Wann soll ich da sein?«

Amelias Augen funkelten augenblicklich und ich musste lächeln. Sie sah plötzlich so glücklich aus und ich versprach mir selbst, alles zu tun, um ihr an ihrem Geburtstag Gesellschaft zu leisten. »Um zehn bei mir. Wir gehen zusammen hin. Danke, danke, danke, danke«, rief sie aufgeregt und schloss mich fest in ihre Arme. Mein Lächeln erstarb für einen Moment. Ich würde Ian anlügen müssen.

Die Vorlesung verging langsam und ich atmete tief durch, als ich endlich den Saal verlassen konnte. Amelia und ich eilten gerade zur nächsten Veranstaltung, als mein Handy pausenlos klingelte.

»Gib mir eine Sekunde. Mein Mann«, rief ich ihr flüchtig zu und blieb stehen. »Ich geh dir einen Platz freihalten, Süße. Du weißt doch, wie voll es in dem Raum immer ist«, sagte sie, ehe sie um die Ecke verschwand und mich alleine ließ.

»Ian«, murmelte ich ungeduldig in den Hörer und bekam sofort eine genervte Antwort. »Wo bist du?«, fragte er. »In der Uni«, antwortete ich murmelnd und hätte ihn am liebsten angeschrien, weil er schon wieder vergessen hatte, dass ich fast jeden Tag in der Universität war.

»Du musst nach Hause gehen. Ich habe ein wichtiges Dokument auf dem Tisch liegen gelassen. Bring es mir. Jetzt. Sofort.« Verärgert hielt ich mein Handy fester in der Hand, um es nicht gegen die nächste Wand zu donnern.

»Ian, ich habe Uni. Ich kann nicht hier weg. Ich kann sie dir um fünf vorbeibringen«, erklärte ich ruhig, doch Ian schien das nicht zu verstehen. Oder nicht verstehen zu wollen.

»Du hörst mir jetzt zu, Bella. Wenn du in zehn Minuten nicht mit diesem verdammten Formular vor meiner Bürotür stehst, sorge ich dafür, dass du nicht mehr zur Uni gehen kannst, weil du zwei gebrochene Beine hast. Beweg deinen Arsch hierher!«

Stille. Ich sagte einen Moment lang nichts. Er hingegen schien so wütend geworden zu sein, dass er am Liebsten weitergebrüllt hätte.

»Ich mache mich auf den Weg«, sagte ich, um keine weitere Diskussion auszulösen. Das war es dann wohl mit meinem Tag an der Uni und den Vorlesungen. Ich hing sowieso schon hinterher.

»Besser ist es«, sagte er, legte er auf und ließ mich wütend und verletzt zurück. »Warum kannst du nicht einfach nett sein«, flüsterte ich mir selbst zu und machte mich sofort auf den Weg.

***

Es dauerte nicht lange, bis ich das Dokument gefunden hatte und bei der Bank ankam. Doch bevor ich eintrat, blieb ich draußen stehen und bereitete mich darauf vor, die schlechte Laune meines geliebten Mannes abzubekommen. Manchmal, wenn ich darüber nachdachte, wie er zu mir war, wurde ich mehr traurig als wütend. So etwas wünschte ich meinem schlimmsten Feind nicht. Ein Leben voller Verzweiflung und Groll. Es war ein bitteres Leben, in das ich reingezwungen wurde und jeden Tag verlor ich mehr und mehr meine Lebenslust. Die meiste Zeit verdrängte ich die Tatsache, dass ich nicht mehr Leben wollte. Vergaß sie. Aber manchmal kam dieses Gefühl in mir hoch, nahm mich ein und fraß mich langsam auf. Jeden Tag ein bisschen mehr.

Nicht jetzt, dachte ich mir und schluckte meine Traurigkeit herunter. So darfst du jetzt nicht denken. Sei stark.

Ich wusste, wo sich das Büro meines Mannes befand und steuerte direkt auf dieses zu. Nach einem leisen Klopfen hörte ich seine Stimme. »Herein«.

Verwundert, dass er nicht alleine in seinem Büro gewesen war, blieb ich am Türrahmen stehen und blickte auf den Rücken des Fremden.

»Meine Liebe«, begrüßte mich Ian und kam auf mich zu, um mir einen Kuss auf die Stirn zu drücken. Darf ich vorstellen? So war Ian mit mir, wenn andere mit uns im Raum waren. Normal. Ich zwang mich zu einem falschen Lächeln.

Der Fremde drehte sich zu mir um und für einen Moment vergaß ich alles um mich herum. Braune Augen waren das erste, was ich sah. Unglaublich dunkle, durchdringende, braune Augen. Der Fremde war zum Dahinknien gutaussehend. Mysteriös. Attraktiv. Meine Güte.

Er hatte ein markantes Kinn, breite Schultern und trug einen Anzug, der ihm mehr als nur gut stand. Er trug schwarz, was seine wunderschönen Augen noch mehr betonte. Für einen kurzen Moment hatte ich Ian komplett vergessen.

Schnell wandte ich meinen Blick ab, um Ian keinen Anlass zu geben, mich später zu schlagen.

»Mr. Martinelli, entschuldigen Sie mich für einen Moment.«

Und schon wieder ertappte ich mich dabei, wie ich diesem unglaublich attraktiven Mann in die Augen sah. Und auch er schaute in meine. Ich konnte nichts dagegen tun. Automatisch drehte sich mein Kopf in seine Richtung. Sein Blick glitt auf und ab. Nahm mich ein. Zog mich in seinen Bann.

Verdammt, was denkst du dir dabei, Bella? Tadelte ich mich und biss die Zähne zusammen. Du wirst ihn sowieso nie wiedersehen. Außerdem hast du einen Mann.

»Aber natürlich, Mr. Anderson. Nehmen Sie sich die Zeit, die Sie brauchen.«.

Verdammt, diese Stimme. Dunkel, tief, rau. Ich kannte diesen Mann nicht einmal eine Sekunde und benahm mich unmöglich. Ich folgte Ian in den Gang.

»Hier.« Ich drückte ihm den Zettel in die Hand und blickte nervös in seine Augen. Hatte er mein Starren bemerkt?

»Wie oft habe ich dir schon gesagt, dass du mir nicht widersprechen sollst?«, fragte er leise und hielt sich für seine Verhältnisse ziemlich zurück. Er flüsterte zwar, aber ich bemerkte seinen Zorn. Sah die angespannte Ader auf seiner Stirn, die immer zum Vorschein kam, wenn ich vor ihm stand. Trotzdem atmete ich erleichtert aus, denn er hatte es nicht bemerkt. »Tut mir leid. Ich muss jetzt auch wieder zur Uni, Ian. Ich darf nicht schon wieder fehlen.«

»Das ist mir egal«, plötzlich hörte Ian auf zu sprechen und lächelte. Dieser Schauspieler. Einige seiner Mitarbeiter gingen an ihm vorbei und grüßten ihren Chef. Als sie weg waren, war auch sein falsches Lächeln verschwunden.

»Ich gehe jetzt wieder rein. Warte unten auf mich, bis ich fertig bin. Du musst noch ein paar Dinge erledigen«, erklärte er, ehe er wieder in sein Büro ging und mich entsetzt zurückließ. »Ian, ich muss zur Uni!«

Aber auch darauf bekam ich keine Antwort.

Seufzend verließ ich die Bank und stellte mich vor den Eingang. Kurz darauf schrieb ich Amelia, dass etwas mit Ian passiert sei, ich aber heute Abend am Start sein würde. Ich biss mir auf die Lippe. Auch das musste ich noch klären. Wie sollte ich Ian sagen, dass ich auf eine Geburtstagsparty wollte? Und das mitten in der Nacht? Ich seufzte und schloss meine Augen.

»Wie ist das möglich?«

Ich ließ vor Schreck fast mein Handy fallen, als hinter mir eine Stimme ertönte. Diese Stimme. Ich kannte diese Stimme. Er stand hinter mir, als ich mich zu der Stimme umdrehte. Der fremde, mysteriöse, attraktive Mann von vorhin. Für einen Moment tauschten wir einen intensiven Blick aus. So, als würden wir beide Gefallen am anderen finden. Dieses Gefühl, das er in mir auslöste, machte mich verrückt. Dabei kannte ich ihn noch nicht einmal.

»Wie bitte? Was denn?«, kam es automatisch aus mir heraus. Ich konnte mich nicht konzentrieren. Es war völlig absurd, wie unglaublich anziehend ich diesen Mann fand. Und das musste er wissen. Er musste wissen, dass er so eine magnetische Wirkung auf Frauen hatte. Und es gefiel ihm, da war ich mir sicher. »Dass dieser Idiot da oben so eine bildhübsche Frau hat.«

Ich blieb ruhig. Ich war schockiert. Was hatte er gerade gesagt? Flirtete er etwa mit mir?

Mr. Mysteriös nahm sich eine Zigarette aus seiner Hosentasche und zündete sie an. Ich erkannte die Adern an seiner Hand und wäre am liebsten zu Boden gefallen. Was er gerade mit mir machte, war unbeschreiblich. Es war nicht in Worte zu fassen. Ich benahm mich wie ein Teenager.

Sofort stoppte ich meine Gedanken. Ich hatte einen Mann. Verpflichtungen. Ein kompliziertes, verhasstes Leben. Und jetzt fand ich auch noch einen wildfremden Mann attraktiv? Ich fand ihn sogar attraktiv, während er die Zigarette zu seinem Mund führte, den Rauch einatmete und wieder ausatmete? Was war nur los mit mir? Sehnte ich mich so sehr nach Aufmerksamkeit?

»Meinen Sie meinen Mann? Ian?«, fragte ich und er lachte. Was für ein unglaubliches Lachen. Ich war verdutzt. Wieso hatte ich ihn denn jetzt zum Lachen gebracht?

»Diese amerikanischen Namen machen mich fertig. Ian? Was soll das für ein Name sein?«, lachte er wieder und brachte auch mich zum Schmunzeln. »Sie müssen mich entschuldigen, ich komme aus Italien. Bei uns gibt es nur schöne Namen. Namen mit Bedeutung. Ich bin Leonardo.« Plötzlich streckte er mir seine Hand entgegen.

Er war Italiener. Verdammt.

»Freut mich sehr.« Ich reichte ihm meine Hand und lächelte wie eine Sechzehnjährige, die gerade auf ein Date ging. Als sich unsere Hände berührten, durchströmte mich eine ungewohnte Wärme.

Es war komisch, aber ich fühlte mich zum ersten Mal nach langer Zeit gut. Normal. Und seinetwegen sogar hübsch. »Sie sagten, dass jeder Name bei Ihnen eine Bedeutung hat. Was bedeutet Ihr Name denn?«, fragte ich neugierig und brachte auch ihn zum Lächeln. Es war ein göttliches Lächeln. So aufrichtig.

»Der starke Löwe«, sagte er und ich schmunzelte über seine Antwort. »Und wie heißen Sie, wenn ich fragen darf?«

»Bella«, sagte ich und strich mir eine Strähne hinter mein Ohr. Langsam verlor ich die Fassung. Er war so anders als Ian und als alle Männer, die ich je kennengelernt hatte. »Mein Name ist Bella.«

Für einen Moment war es still zwischen uns und er schaute einfach nur in meine Augen. Es war kein unangenehmes Schweigen. Er dachte nach. Er nahm noch einen Zug von seiner Zigarette und machte sie dann aus. Obwohl er sie noch nicht einmal zu Ende geraucht hatte.

»Ein wunderschöner Name«, sagte er plötzlich und kam einen Schritt näher. Ich wollte von ihm weggehen. Wollte an Ian denken und daran, was er tun würde, wenn er mich und Leonardo gerade so sehen würde. Aber ich konnte nicht. Er faszinierte mich. Verdammt, was ist los mit dir, Bella? Suchst du so verzweifelt nach Nähe? Nach der Nähe, die du von Ian nicht bekommst?

»Wissen Sie, was Bella auf Italienisch heißt?«, flüsterte er. Diese Worte waren nur an mich gerichtet.

Ich schüttelte den Kopf, ohne meinen Blick von ihm zu lösen. Es war mir egal, wer uns sehen konnte. Es war mir egal, dass Ian uns jeden Moment erwischen konnte. Ich konnte meine Augen nicht von seinen lösen.

»Schönheit.«

Er entfernte sich viel zu schnell, richtete seine Krawatte und sah mich ein letztes Mal an.

»Man sieht sich immer zweimal im Leben, Bella.«

Verdutzt stand ich da. Vor uns hielt ein schwarzer Porsche. Leonardo stieg ein und fuhr davon. Was zur Hölle war gerade passiert?

Obwohl das Auto schon längst aus meinem Blickfeld verschwunden war, schaute ich auf die Straße. »Ich habe Pause«, sagte Ian, der wohl rausgekommen war, um mich zu suchen. Aber mein Blick war noch immer auf die Route des Porsches gerichtet. »Bella? Bist du taub?«

»Nein.« Ich sah Ian an. Ich war wieder in der Realität angekommen. Ian ging vor und ich folgte ihm. Aber gedanklich war ich bei Leonardo und seinen braunen Augen. Die schönsten braunen Augen, die ich je gesehen hatte.

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