Unverändert - Charles

Charles PoV

Der Arzt hatte mich vorgewarnt, dass das Absetzen des Narkotikums nicht bedeutete, dass Max aufwachen würde, dennoch hatte ich mir Hoffnung gemacht. Ich hatte gehofft, dass Max sich zu mir zurück kämpfen würde, jetzt wo die Ärzte ihn nicht mehr durch Medikamente zum Schlafen zwangen.  Doch sein Zustand blieb unverändert. Noch immer lag er reglos dort. Seine Werte waren weiterhin schwankend und kehren immer wieder in den kritischen Bereich zurück. 

Ich fühlte mich müde und würde gerne ein paar Stunden einfach nur schlafen, doch gleichzeitig wusste ich, dass ich im Hotel sowieso nicht zur Ruhe kommen würde. Auf dem Besucherstuhl hatte ich etwas gedöst, während Sophie, Victoria und Jos da gewesen waren. Doch obwohl ich wusste, dass die Drei gut auf meinen Ehemann aufpassen würden, kam ich nicht wirklich zur Ruhe. 

Am späten Nachmittag brachen die Drei zum Hotel auf. Ich weigerte mich, sie zu begleiten. Auf keinen Fall würde ich Max im aktuellen Zustand komplett allein lassen. Victoria würde eine Kleinigkeit essen und sich etwas hinlegen, um dann zurück zu kommen und mich abzulösen. 

Vom Stuhl war ich zurück auf die Bettkante gewechselt. Schweigend saß ich dort und strich dem Älteren einfach durch die Haare. Der Tubus verhinderte noch immer, dass ich ihn küssen konnte. Stumm liefen mir die Tränen übers Gesicht. 

Ein sachtes Klopfen an der Zimmertür ließ mich aufsehen. Die Tür öffnete sich langsam und Pierre trat zögerlich ein. 

  "Darf ich reinkommen? Oder möchtest du lieber mit Max allein sein?", überließ er mir die Entscheidung. 

  "Du kannst ruhig reinkommen." Pierre schloss die Zimmertür, ehe er auf uns zukam und auf dem Besucherstuhl Platz nahm. 

  "Hey, Max", wandte er sich an den Niederländer. "Im Vergleich zu den Anderen ist es bei dir ziemlich langweilig. Was hältst du davon, einfach aufzuwachen und mal etwas mitzumischen?" 

  "Noch mehr Chaos?", erkundigte ich mich bei Pierre, woraufhin dieser seufzte. 

  "Lando scheint okay zu sein. Haas hat währenddessen gepostet, dass Nico gestorben sei. Vermutlich steckt Egle dahinter. Aber immerhin verlief Nicos Operation gut und die Ärzte sind optimistisch." 

  "Zumindest ein paar gute Nachrichten. Wieso bist du nicht bei Esteban? Endet die Besuchszeit nicht bald?"

  "Ich war, nachdem wir gesprochen haben, nochmal bei ihm. Wir haben uns geküsst. Also wenn man das schon als Kuss bezeichnen kann. Oscar hat uns gestört. Esteban hat mich gebeten ihm sein Handy zu besorgen, weswegen ich bis eben unterwegs war. Lance ist gerade noch bei ihm. Mick hat vor der Tür gewartet und mich drum gebeten, die Beiden kurz unter vier Augen reden zu lassen. Ich weiß gar nicht, warum ich das überhaupt tue. Auf mich nimmt doch auch keiner Rücksicht, wenn ich mal kurz in Ruhe mit ihm reden möchte." 

  "Ihr habt euch geküsst. Lass ihn doch kurz mit seinem besten Freund reden. Immerhin sitzt du auch gerade hier und redest drüber. Es ist doch schon mal ein Schritt in die richtige Richtung." Seufzend nickte Pierre, wobei sich sein Blick auf Max legte, ehe er mich wieder ansah.

  "Tut mir leid. Du hast gerade eigene Sorgen und heul dich mit meinem Liebeskummer voll." 

  "Eigentlich ist es mal ganz schön mit Sorgen zu tun zu haben, bei denen ich sehr optimistisch bin, dass sie aus der Welt geschafft werden können." 

  "Bezüglich Max bist du also nicht optimistisch?" 

  "Ich weiß, dass er ein Kämpfer ist und ich werde ihn nicht aufgeben. Aber die Angst, dass er es nicht schafft, ist da. Dass Esteban und du das mit euch auf die Reihe bekommt, ist für mich nur eine Frage der Zeit."

  "Schön dass ihr euch da alle so einig seid. Wenn wir mal etwas mehr Zeit zu Zweit hätten, könnte ich Estebans Sicht dazu vielleicht auch mal erfahren." 

  "Ich kann verstehen, dass du wissen möchtest, wo ihr steht, aber eigentlich hast du doch gar kein Zeitdruck. Wenn ihr das erst in ein, zwei Wochen geklärt bekommt, wenn Esteban auch nicht mehr auf der Intensivstation liegt, ist es eben so. Dann bleiben euch immer noch allerhand Jahre zusammen." 

  "Vielleicht hast du Recht. Es ist nur einfach so deprimierend, dass wir ständig gestört werden."

  "Ihr habt  euch geküsst. Vielleicht sagt das noch nichts über seine Gefühle aus, aber es ist immerhin schon mal ein Zeichen dafür, dass auch von seiner Seite aus Interesse besteht. Hör auf, dich unter Druck zu setzten und lass es einfach auf dich zukommen." 

  "Das Vorschlag wird Kevin nicht gefallen. Ich hatte beim letzten Gespräch schon Angst, dass er irgendwas nach mir wirft, weil ich es immer noch nicht geschafft hatte, mit Esteban zu reden", schmunzelte Pierre. 

  "Dann kannst du ihm sagen, dass ich Schuld bin."  

  "Dann greift er dich an und Max wird genau in dem Moment wach und wirft sich heldenhaft davor." Leicht Lächelnd blickte ich zu Max. 

  "Das wäre wohl ein Auftritt, den hier so schnell Niemand vergessen würde", erwiderte ich. "So dramatisch müsste er es aber gar nicht machen." 

  "Keine Nebenmaschine und dramatische Musik?", hakte Pierre nach, weswegen ich schmunzelnd die Augen verdrehte. 

  "Nein, einfach aufwachen würde mir reichen." Ich legte eine Hand an Maxs Wange und strich sanft mit dem Daumen drüber. Plötzlich griff Pierre nach meiner Hand und zog sie zu sich. Fragend lag sein Blick auf dem Ring an meinem Finger. Da ich ansonsten gar keinen Schmuck trug, fiel dieser auf. "Hast du es noch nicht gehört? Sonst verbrachten sich Neuigkeiten unter den Fahrern doch rasend schnell", erkundigte ich mich. 

  "Was gehört?" Pierre zog eine Augenbraue hoch. 

  "Wir haben geheiratet. Am Samstag, den Tag vorm Unfall." 

  "Einfach so? Ohne mir Bescheid zu sagen?" 

  "Ich hatte schlechte Laune und Max hatte gefragt, wie er mich zum Lächeln bringen könnte. Ich meinte, er solle mich einfach heiraten. Als ich meinte,  dass nicht einmal er so spontan eine Trauung in Miami organisieren könnte, hatte ich seinen Ehrgeiz geweckt. Naja, und wie man sieht, hatte ich unrecht." Bei der Erinnerung an den Tag konnte ich gar nicht anders als zu lächeln. "Wir wollten es euch natürlich erzählen und nicht, dass ihr es über diesen Weg erfahrt und eigentlich war es auch geplant, dass wir die Hochzeit nochmal gemeinsam mit euch feiern. Wobei Jos und Daniel schon angedroht haben, dass das teuer für uns werden wird." 

  "Darauf könnt ihr euch verlassen. Einfach heimlich in Miami heiraten, verpflichtet euch zu einer umso größeren Hochzeitsfeier", stimmte Pierre grinsend zu. Mein Blick glitt zurück zu Max. 

  "Ein Grund mehr aufzuwachen. Sonst muss ich mir ein Leben lang anhören, dass es keine Hochzeitsfeier gab." 

  "Und glaub mir, Max, das würde ich Charles jeden Tag vorhalten. Das kannst du ihm nicht antun", stimmte Pierre zu. 

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