Pierres PoV
Carlos und ich zogen einige Blicke auf uns, während ich versuchte ihn von Esteban fernzuhalten. Bis zur Intensivstation war meine Hoffnung noch, dass Carlos nicht wusste, in welchem Zimmer sich mein Teamkollege befand. Vielleicht hätte ich das Krankenhauspersonal auch davon abhalten können, es ihm zu verraten. Doch das Schicksal war nicht auf meiner Seite.
Wir hatten die Intensivstation knapp betreten, als sich die Zimmertür von Esteban öffnete und Mick rauskam. Der Deutsche kam uns entgegen und wollte uns offenbar begrüßen, doch stürmte Carlos wortlos an ihm vorbei. Bevor er ins Zimmer stürmen konnte, schob ich mich zwischen ihn und die Tür, was Carlos jedoch nicht zum Stehen bleiben brachte. In dem Moment in dem ich mich in den Weg stellte, hatte er bereits den Türgriff in der Hand und die Tür schwunghaft aufgedrückt. Das war jedoch der Moment indem ich im Weg stand, wodurch wir beide ins stolpern gerieten und mit der Tür in den Raum fielen. Nur knapp konnten wir beide eine Bekanntschaft mit dem Fußboden vermeiden.
Kaum hatte ich mein Gleichgewicht wieder gefunden, stellte ich mich schützend vors Bett. Esteban und Lance, der es sich auf dem Besucherstuhl bequem gemacht hatte, sahen uns erschrocken an. Kevin betrat mit einem Seufzen den Raum. Charles und Oscar folgten ihm direkt und auch Mick kam irritiert zurück ins Zimmer. Er musterte uns alle kurz, eher er zögerlich die Zimmertür schloss.
"Was wird das hier jetzt für ein Treffen?", kam es verwirrt von Lance. Carlos wollte mich zur Seite schieben, jedoch trat Kevin ihm in den Weg und warf ihm einen Blick zu, der deutlich machte, dass Carlos es lieber nicht einmal versuchen sollte. Der Spanier schnaubte, bewegte sich jedoch nicht von der Stelle, sondern fokussierte lediglich Esteban mit einem finsteren Blick.
"Carlos würde gerne wissen ...", ergriff Charles das Wort, ehe sein Teamkollege es tun konnte. "Wieso Lando heute morgen hier war."
"Wieso? Ist es verboten?", stellte Esteban eine Gegenfrage, mit der er Carlos Laune nicht verbesserte.
"Süß, ist da Jemand eifersüchtig, weil sein Freund oder Ex-Freund mit einem anderen Menschen spricht?", mischte Lance sich ein. Obwohl ich dessen Anwesenheit in den letzten Stunden mehrfach verflucht hatte, war ich nun ganz froh darüber, dass er da war. Ich konnte Lance in vielen Dingen nicht einschätzen und vertraute ihm nicht, doch war ich mir sicher, dass er Esteban gegenüber loyal war und bedingungslos zu ihm hielt. Ob seine Taktik nun die Schlauste war, ließ sich drüber streiten, doch zumindest würde er versuchen, Esteban zu schützen.
"Was wollte Lando hier?", fragte Carlos gereizt. Skeptisch musterte Esteban Carlos, ehe er mich fragend ansah.
"Lando ist in seinem Zimmer zusammengebrochen und mit dem Kopf aufgeschlagen, weswegen er eine Platzwunde hat. Er ist gerade beim CT. Charles hatte erzählt, dass er ihn vorhin hier aufm Gang getroffen haben. Wir hatten überlegt, wieso er nicht, wie mit Carlos vereinbart und von den Ärzten angeordnet, in seinem Zimmer geblieben ist und dachte, dass du vielleicht etwas wüsstest, da er gestern ja auch bei dir war. Allerdings reagiert Carlos gerade etwas über", erklärte ich unseren Besuch.
"Lando war vorhin hier. Wir haben etwas geredet."
"Lando hat in seinem Bett zu bleiben und nicht durchs Krankenhaus zu spazieren, um dich zu bespaßen", ergriff Carlos wieder das Wort.
"Es ist nicht meine Entscheidung, was Lando tut. Er ist von sich aus gekommen. Du hast also kein Recht mich hier so blöd anzumachen."
"Er hat es mir versprochen und er würde niemals ohne Grund ein Versprechen brechen."
"Offenbar ja doch", mischte Lance sich ein.
"Warum war Lando hier?", ignorierte Carlos Lance und fokussierte weiter Esteban.
"Das geht dich nichts an", lautete Estebans Antwort.
"Pass mal auf, Ocon, wenn..." Lance stand auf und ergriff das Wort.
"Du passt jetzt mal auf. Klär das mit Lando. Er ist durchs Krankenhaus gelaufen, nicht Esteban. Und jetzt raus hier, sonst ruf ich den Sicherheitsdienst und sorg dafür, dass du das Krankenhaus direkt komplett verlassen kannst. Dann warst das mit deinen Besuchen bei Lando."
"Das wagst du nicht." Carlos blickte nun Lance wütend an.
"Du platzt hier rein, bedrohst meinen besten Freund auf der Intensivstation und denkst ernsthaft, ich würde es tatenlos mit ansehen? Dann irrst du dich aber gewaltig. Und jetzt verschwinde, Sainz. Du hast hier nichts verloren." Carlos Blick wanderte zwischen Lance und Esteban hin und her, ehe er schnaubte und tatsächlich aus dem Zimmer stürmte. Oscar folgte ihm direkt, während Charles noch bei uns stehen blieb.
"Tut mir leid für seinen Auftritt. Er macht sich einfach Sorgen um Lando. Ja, das rechtfertigt das nicht, aber eigentlich meint er es nicht so."
"Mir egal, wie er es eigentlich meint. Er soll sich einfach von Esteban fernhalten", äußerte Lance seine Meinung, während er sich zurück den Stuhl setzte.
"Ich rede gleich nochmal mit eben", meinte Charles, ehe er Esteban anblickte. "Und du mach keinen Mist, Esteban, wir brauchen dich noch."
"Ich werde es versuchen." Die Beiden lächelten sich kurz an, bevor Charles das Zimmer verließ. Kevin nickte Esteban kurz zu und folgte Charles dann.
"Okay, neuer Versuch", kam es von Mick. "Pierre, möchtest du auch irgendwas aus der Cafeteria? Ich war gerade aufm Weg, um uns etwas zu holen." Ich schüttelte den Kopf, woraufhin Mick das Zimmer verließ und hinter sich die Tür schloss.
"Was für ein Idiot", grummelte Lance, weswegen ich ihn fragend ansah. "Carlos, nicht Mick. Was denkt der eigentlich, wer er ist?"
"Lass gut sein, Lance. Es ist eine Ausnahmesituation", versuchte Esteban ihn zu besänftigen. Seine Stimme klang träge, weswegen Lance und ich ihn beide besorgt musterten.
"Wieso nutzt du die Zeit in der Mick unterwegs ist, nicht um noch ein paar Minuten zu schlafen?", schlug Lance vor. Als Antwort erhielt er lediglich ein Brummen, wobei Esteban bereits die Augen zu fielen. Nur wenig später schien er tatsächlich eingeschlafen zu sein. Ich holte mir möglichst lautlos den zweiten Besucherstuhl ans Bett und setzte mich drauf.
"Danke, Lance", brachte ich über die Lippen, weswegen mich dieser fragend anschaute. "Dafür dass du Esteban beschützt hast."
"Das war selbstverständlich, aber wieso bedankst du dich dafür? Was ist das mit euch? Du bist außer nachts fast durchgängig im Krankenhaus. Warum?" Offenbar hatte Esteban nicht mit Lance über uns gesprochen, was mich verunsicherte. Immerhin hatte ich Yuki von meinen Gefühlen für den Jüngeren erzählt. Lance war Estebans bester Freund, sollte er dann nicht eigentlich auch Bescheid wissen? Oder war das mit uns für Esteban wirklich nur Sex ohne jegliche Gefühle?
"Ich mach mir halt Sorgen", brachte ich hervor.
"Das tuen viele und sind deswegen trotzdem nicht durchgängig hier. Aber vor allem schauen sie Esteban nicht so an."
"Wie so? Besorgt?"
"Du weißt genau, was ich meine."
"Alles was du wissen musst, wird Esteban dir sicherlich erzählen. Erzählt er dir nichts, wird es wohl nichts wichtiges geben", versuchte ich das Thema zu beenden. Lance nickte. "Ich geh mir doch noch nen Kaffee holen", verkündete ich und verließ das Zimmer, bevor der Kanadier Nachfragen stellen konnte.
Im Flur stieß ich fast mit Charles zusammen.
"Oscar behält Carlos im Auge. Sie sind in Landos Zimmer", berichtet Charles, während ich hinter mir noch die Tür zuzog. Ich nickte lediglich. "Alles in Ordnung?" Besorgt wurde ich gemustert. Ich nickte, um anschließend doch den Kopf zu schütteln. "Was ist passiert, Pierre?"
"Ich hatte ein Gespräch mit Kevin und wollte es ihm endlich sagen. Also eigentlich hab ich es ihm schon gesagt, aber das zählt nicht wirklich und dann kam ich nie dazu. Jetzt wollte ich es endlich tun. Ganz direkt ohne weitere Zeit zu verlieren. Aber Lance scheint gar nichts zu wissen. Sollte er als bester Freund nicht eigentlich Bescheid wissen, wenn er es erwidern würde?" Irritiert blinzelte Charles mich an.
"Tut mir leid, aber ich kann dir gerade nicht ganz folgen."
"Ich hab mich in Esteban verliebt", sprach ich die Information aus, die Charles noch fehlte. "Aber ich glaube, er erwidert meine Gefühle nicht." Tränen brannten in meinen Augen. "Im Rettungswagen habe ich es ihm gesagt, als er nicht bei Bewusstsein war. Ich hatte wirklich die Hoffnung, dass er genauso fühlt, aber dann müsste Lance doch irgendwas wissen. Ich habe es Yuki doch auch gesagt. Er muss es sich seit Wochen anhören und Lance scheint überhaupt nichts zu wissen. Vielleicht ist Esteban das mit uns einfach nicht wichtig genug, um mit seinem besten Freund darüber zu sprechen. Vielleicht bin ich ihm einfach nicht wichtig genug." Schweigend zog Charles mich in eine feste Umarmung. Ich klammerte mich an ihn.
"Rede mit Esteban."
"Aber Lance ..." Charles unterbrach mich.
"Es geht doch nicht darum, was Lance weiß, sondern darum, was Esteban fühlt."
"Ich möchte das mit uns aber nicht komplett verlieren, indem ich ihm von meinen Gefühlen erzähle und er sie dann nicht erwidert."
"Selbst sollte er deine Gefühle noch nicht erwidern, dann bringst du ihn eben dazu sich in dich zu verlieben. Er kann aktuell schlechten fliehen."
"Das sagst du so leicht. Wie soll ich das denn anstellen? Hast du zufällig nen Liebestrank dabei?"
"Max und mir haben damals Gin Tonics geholfen, obwohl ich das Zeug nicht leiden kann." Auf Charles Lippen legte sich ein trauriges Lächeln, wobei er für einen Moment in Erinnerungen zu schwelgen schien. "Kaum vorstellbar, dass das schon so lange her ist und was seit dem alles passiert ist."
"Max wird das schaffen. Ihr werdet noch weitere Gin Tonics zusammen trinken können."
"Ich würde so viele Gin Tonics mit Max trinken wie er will ohne mich zu beschweren. Ich würde vermutlich alles für ihn tun, solange das bedeutet, dass ich ihn nicht verlieren."
"Ich werde dich daran erinnern", meinte ich und zog Charles noch einmal in eine feste Umarmung.
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