Prolog
Daniels PoV
Es war aufgrund eines Zusammenstoßes zwischen Pierre und George zu einer Unterbrechung gekommen. Immerhin waren beide Fahrer unverletzt geblieben. Dennoch hatte das Rennen unterbrochen werden müssen, da beide Wagen mitten auf der Strecke standen. Man hatte uns Anderen in die Boxe geschickt, da das Aufräumen Zeit in Anspruch nehmen würde.
Die Bedingungen waren wirklich alles andere als optimal und dennoch entschloss die Rennleitung, nachdem die Spuren vom Unfall beseitigt wurden waren, dass es einen Restart geben sollte. Die Fahrbahn war noch immer nass und auch der Regen wollte einfach nicht nachlassen. Entsprechend unglücklich waren alle Beteiligten über diese Entscheidung. Während einige Teamchefs noch versuchten, die Rennleitung das Rennen abbrechen zu lassen, waren wir Fahrer zurück in unsere Wagen gestiegen und warteten an der Startlinie auf das Startzeichen.
Ich atmete noch einmal tief durch. Wir hatten noch 13 Runden vor uns und ich hatte wenig Hoffnung, dass sich währenddessen die Bedingungen verbessern würden. Selbst wenn es aufhören sollte zu regnen, würde die nasse Fahrbahn bleiben.
Die Ampel ging aus und sofort traten wir alle aufs Gas. Wir blieben die komplette erste Runde nah beieinander, was dafür sprach, dass selbst die Fahrer mit den leistungsstärksten Motoren nicht alles aus ihren Wagen rausholen. Immer wieder geriet Jemand ins Rutschen. Es war nur eine Frage der Zeit bis es einen weiteren Unfall geben würde.
"Die Rennleitung hat sich für eine erneute Beratung zurückgezogen. Möglicherweise wird das Rennen abgebrochen", informierte mich Marco, mein Renningenieur.
"Okay", bestätigte ich nur knapp, dass ich die Information zur Kenntnis genommen hatte. Wir hatten gerade erst die Start- und Ziellinie überquert, als lautes Knallen und Quietschen ertönte und Kevin vor mir plötzlich nach rechts zog, wodurch er von der Strecke abkam. Durch den Regen und das Spritzwasser bemerkte ich den Grund für sein Fahrmanöver erst als es fast zu spät war. Im letzten Moment zog ich mein Lenkrad herum und folgte Kevin ins Kiesbett. Ohne Zusammenprall kam ich hinter dem Dänen zum Stehen.
Kurz vor uns muss es zum Unfall gekommen sein an dem mehrere Wagen beteiligt waren. Entsetzt starrte ich auf das Chaos, welches sich mitten auf der Strecke gebildet hattet. Bei all den Schuttteilen, die verteilt lagen, konnte ich nicht mal sagen, wie viele und welche Wagen beteiligt waren und wie schlimm der Unfall wirklich war. Mindestens einer der Wagen qualmte stark, wodurch es noch schwerer war, einen Überblick zu bekommen.
Außer Kevin und mir waren weitere Wagen zum Stehen gekommen. Aus dem Augenwinkel nahm ich eine Bewegung wahr. Als ich in die Richtung blickte, sah ich wie einer der Ferrari-Fahrer ausstieg und zu den Verunfallten eilte. Kurzerhand entschloss ich zu helfen.
Eigentlich hatten wir für solche Situation die Anweisung im Wagen zu bleiben, doch wäre es mir dieses Mal nur Recht, wenn ich das Rennen nicht fortsetzen müsste.
Ich befreite mich vom Gurt, zog das Lenkrad ab und kletterte aus meinem Cockpit, ehe ich zum Unfall rannte. Als ich näher kam, erkannte ich, dass Charles der Fahrer war, den ich gesehen hatte. Er lag nun auf der Strecke und versuchte vermutlich, einen der Fahrer zu sehen oder anzusprechen. Als ich näher kam, hob sich kurz sein Kopf. Ich schluckte schwer, als ich realisierte, dass er vor einem der Red Bull Wagen lag, der sich offenbar überschlagen hatte und verkehrt herum auf der Strecke lag. Davor lag der Frontflügel eines Haas-Wagens. Der restliche Teil des Wagen lag auf der Seite. Zwischen den beiden Haas-Teilen lag ein Alpine aufm Dach, der noch zum Teil unter einem McLaren vergraben war. Den Schuttteilen auf der Strecke zur Folge mussten sich alle vier Wagen mehrmals überschlagen haben. Was auch erklären würde, wieso die vier komplett ineinander verkeilt waren.
Panisch ließ ich meinen Blick über den Schrotthaufen gleiten, konnte aber keinen der Fahrer entdecken. Der Qualm hatte weiter zugenommen. Sollte einer der Wagen in Flammen aufgehen, würde das Feuer vermutlich sofort auf die Anderen überschlagen. Es war also ein Wettlauf gegen die Zeit. Die Fahrer mussten geborgen werden, bevor der erste Funke sprühte.
"Daniel", hörte ich meinen Namen. Mein Blick traf den von Charles, der seinen Helm abgesetzt hatte. Seine Augen waren voller Angst, während Tränen über sein Gesicht rannen. Flehend sah er mich an. "Er reagiert nicht. Ich komm nicht an ihn ran." Max, schoss es mir sofort durch den Kopf. Weitere Fahrer waren ausgestiegen. Zudem waren auch Streckenposten hinzugekommen, die für solche Situation geschult waren. Die ersten Sanitäter waren ebenfalls eingetroffen.
Charles war, als ich ihn erreichte, mit dem halben Oberkörper unter dem Schutt verschwunden. Ich kniete mich zu ihm.
"Weiß du, ob er bei Bewusstsein ist?", erkundigt ich mich.
"Ich sehe nur einen Teil seines Helmes. Er bewegt sich jedenfalls nicht."
"Lass mich los!", rief eine panische Stimme, als ich Charles gerade antworten wollte. Als ich aufblickte, entdeckte ich Pierre, der von George festgehalten wurde. Die Beiden hätten eigentlich bei den Garagen sein sollen. Wütend schlug Pierre um sich und versuchte sich mit aller Kraft von George loszureißen, um vermutlich zu seinem Teamkollegen zu gelangen. George schaffte es jedoch ihn zurückzuhalten, wofür er augenscheinlich allerhand Schläge einstecken musste. Irgendwo auf der anderen Seite des Schrotthaufens, vermutlich in der Nähe des Haas-Cockpits, hörte ich Kevin auf dänisch schimpfen. Wer oder was seine Wut gerade abbekam, wusste ich nicht. Carlos lief aufgebracht einem der Streckenposten hinterher und schrie diesen an, dass er endlich was unternehmen sollte. Dessen Erklärung, dass er auf das Bergungsfahrzeug wartete, um dieses einzuweichen, und dass seine Kollegen währenddessen schon dabei waren, alles für eine schnelle Bergung vorzubereiten, schien Carlos gar nicht hören zu wollen.
Lewis kniete sich zu uns.
"Wir Fahrer müssen hier weg. Keiner kann hier vernünftig arbeiten, wenn einer von uns ständig im Weg ist oder Diskussionen anfängt, die nur Zeit kosten. Bringst du Charles weg? Vielleicht dringt Yuki zu Pierre durch. Ich versuche mein Glück mal bei Carlos."
"Was ist mit Kevin?"
"Ich lasse ihn nicht allein", warf Charles ein, bevor ich eine Antwort von Lewis bekam.
"Ich lass mir was einfallen", teilte Lewis mir mit, ehe er uns wieder allein ließ. Ich legte eine Hand auf Charles Rücken.
"Wir sind im Weg, Charles. Sie können Max so nicht helfen."
"Ich lass ihn nicht allein", wiederholte Charles.
"Daniel hat aber Recht", kam Checo mir zu Hilfe, der sich zu uns kniete. "Wir können Max nur helfen, indem wir nicht verhindern, dass sie ihn da rausholen können. Sobald er raus ist, kannst du wieder zu ihm." Kurz blieb es still, dann nuschelte Charles irgendwas auf französisch, was vermutlich eher an Max als an uns gerichtet war, ehe er zögerlich unter dem Schutt hervor kam. Ich half ihm auf die Beine, während ich ebenfalls aufstand, und brachte ihn in Richtung Boxengasse. Fernando war mit Carlos in die gleiche Richtung unterwegs. George hatte sich Pierre inzwischen einfach über die Schulter geworfen und trug ihn zurück zur Box. Yuki lief neben den Beiden her. Als ich zurückblickte, entdeckte ich Kevin mit etwas Abstand zum Unfall auf der Rennstrecke sitzen. Lewis stand bei ihm, schien sich bei dem finsteren Blick, dem ihm Kevin zuwarf, aber nicht näher ranzutrauen.
"Habt ihr Funk irgendjemand was von den Vieren gehört?", erkundigte sich Fernando bei den Teams, erhielt jedoch nur Kopfschütteln als Antwort.
"Was ist denn überhaupt passiert?", fragte ich vorsichtig.
"Irgendein Idiot ist über die Rennstrecke gelaufen. Max und ich mussten beide bremsen, wobei ich noch etwas nach rechts ausweichen konnte", erklärte Checo.
"Ich war hinter Max. Meine Bremse hat aber nicht reagiert, weswegen ich links von der Strecke runter bin, um ihm nicht hinten rein zufahren. Dabei musste ich dem Fußgänger auch noch ausweichen", ergänzte Fernando. "Hinter mir waren Esteban und Lando, die ziemlich nah beieinander gefahren sind und vermutlich, da Checo und ich in unterschiedliche Richtung die Strecke verlassen haben und Max stark bremsen musste ohne die Strecke verlassen zu können, da der Fußgänger direkt vor ihm war, nicht schnell genug in irgendeine Richtung ausweichen konnten."
"Sie hatten gar kein Platz zum Ausweichen, weil zu viele Fahrer um sie herum waren. Nico war direkt hinter Esteban. Es sah so aus als würde er überholen wollen. Auf jeden Fall hat er beschleunigt. Dass Max gebremst hat, hab ich gar nicht gesehen. Plötzlich sind die vier Wagen einfach zusammen gekracht und haben sich überschlagen. Das ging alles so schnell. Ich wusste gar nicht mehr, wo welcher Wagen angefangen und wo geendet hat", murmelte Yuki.
"Und jetzt sitzen wir hier tatenlos herum", rief Carlos aufgebracht, der, hätte Fernando ihn nicht festgehalten, wahrscheinlich zurück zur Strecke gelaufen wäre. Charles hatte sich währenddessen auf den Boden gesetzt und starrte einfach ins Leere, während ihm Tränen übers Gesicht rannen.
"Glaubt ihr, sie überstehen diesen Horror-Unfall alle vier?", fragte Oscar leise in die Runde.
Als Antwort erhielt er schweigen.
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