Früh am Morgen - Pierre
Pierres PoV
Weit vor der Besuchszeit schlich ich mich durch die Gänge des Krankenhauses. Nachdem ich am Empfang unbemerkt vorbeigekommen war, schien es auch Niemanden mehr zu interessieren, wieso ich im Krankenhaus herum lief.
Ich betrat die Intensivstation, wo zum Glück kein Krankenhauspersonal zu sehen war. Ohne überhaupt eine Diskussion geführt zu haben, schlüpfte ich ins Zimmer von Esteban. Lächelnd schloss ich die Tür hinter mir und drehte mich zu meinem Teamkollegen. Ich blieb schlagartig stehen und musterte das mir gegebene Bild.
Wieso lag Lando bei Esteban im Bett?
Misstrauisch musterte ich die Beiden. Hätte ich mir eigentlich mehr Sorgen wegen Lando statt wegen Lance machen sollen?
Zögerlich trat ich näher ans Bett. Ich strich Esteban sanft über die Wange, während ich die andere Hand auf seine Brust legte, um seinen Herzschlag zu spüren. Für einen Moment musterte ich meinen Teamkollegen einfach.
"Este?", flüsterte ich, wobei ich ihm erneut über die Wange strich. Blinzelnd öffnete sich seine Augen. Sein Blick glitt zu Lando, der noch friedlich schlief. "Guten Morgen", hauchte ich, um auf mich aufmerksam zu machen. Sofort richtete sich sein Blick auf mich.
"Pierre", hauchte er mit kratziger Stimme. Seine Lippen verzogen sich zu einem kleinen müden Lächeln.
"Wieso ist Lando hier?" Esteban schaute zurück zur genannten Person, ehe er mit den Schultern zuckte. "Du wusstest aber, dass er hier liegt, oder?", versicherte ich mich, was mit einem Nicken beantwortet wurde. Da ich von Esteban wohl keine weiteren Informationen bekommen würde, zog ich mir zunächst einen der Stühle zurück ans Bett, um mich zu setzen. Esteban hatte meine Bewegungen schweigend beobachtet. "Wie fühlst du dich?" Ich legte eine Hand auf seinen Unterarm. Statt zu antworten, richtete sich sein Blick auf meine Hand. Er zog seinen Arm unter meiner Hand etwas zurück, um dann seine Finger mit meinen zu verschränken. Lächelnd senkte ich nun ebenfalls den Blick auf unsere Hände, ehe ich zurück in die braunen Augen schaute, die bereits wieder auf mich gerichtet war. "Kannst du dich an den Unfall erinnern?", stellte ich eine neue Frage. Ich hielt die Ungewissheit, ob Esteban meine Liebeserklärung gehört hatte oder nicht, nicht länger aus. Jedoch wollte ich mich lieber langsam herantasten.
"Bis zum Aufprall. Danach nur an einzelne Wortfetzen und an Schmerzen", nuschelte Esteban.
"Was für Wortfetzen?", hakte ich nach. Nachdenklich musterte Esteban mich.
"Warst du dort?", stellte er plötzlich eine Gegenfrage.
"Warum? Wie kommst du darauf?" Sollte Esteban meine Worte nicht gehört haben, wollte ich ungern in die Situation geraten, ihn anzulügen oder mir irgendwas auszudenken, was ich gesagt haben könnte.
"Pierre, bitte", seufzte Esteban. "Keine Spielchen. Das ist mir gerade zu kompliziert."
"Ja, ich war da", beantwortete ich nun doch die Frage. "Ich konnte ganz kurz zu dir in den Rettungswagen, wurde nach wenigen Sekunden aber wieder raufgeworfen. Danach durfte ich erst wieder zu dir, als du aufm Zimmer warst." Unsicher biss ich mir auf die Unterlippe. Einige Sekunden musterte ich Esteban, bevor ich es wagte, die entscheidende Frage zu stellen. "Hast du gehört, was ich zu dir gesagt habe? Und kannst du dich daran erinnern?"
Ehe Esteban antworten konnte, öffnete sich die Zimmertür. Eine Krankenschwester betrat das Zimmer und schien Esteban Trinken bringen zu wollen. Sie hielt jedoch im Türrahmen inne und sah zwischen Lando und mir hin und her.
"Die Besuchszeit beginnt erst in einer Stunde", wies sie mich zu Recht. Hinter ihr im Gang ertönte ein genervtes Stöhnen. Die Schwester, die mich Vortag nicht zu Esteban hatte gehen lassen wollen, da die Besuchszeit vorbei war, betrat den Raum.
"Mr. Gasly, wir hatten dieses Thema erst vor wenigen Stunden. Sie haben sich genauso wie alle anderen an unsere Regeln zu halten." Ihr Blick fiel auf Lando, woraufhin sie erneut genervt seufzte. "Was ist denn hier heute los?" Sie wandte sich an ihre Kollegin. "Ich bin sowieso gerade dabei Feierabend zu machen. Ich würde Mr. Gasly unterwegs den Ausgang zeigen, wo er auch eine wunderbare Sicht auf eine große Uhr hat. Kümmerst du dich um Mr. Norris?" Nachdem sie ein Nicken als Antwort bekommen hatte, sah sie mich auffordernd an. Seufzend stand ich vom Stuhl auf.
"Ich bin dann wohl in einer Stunde wieder da", brummte ich, wobei ich sanft Estebans Hand drückte.
"Bis gleich." Widerwillig folgte ich der Krankenschwester aus dem Zimmer.
"Können Sie nicht ein Auge zudrücken? Ausnahmsweise?", versuchte ich sie vor der Tür überzeugen, wofür ich einen bösen Blick bekam.
"Nachdem Sie in einer Nacht bereits zweimal gegen meine Anweisung verstoßen haben? Wieso sollte ich das tun?"
"Weil ..."
"Die Besuchszeiten sind dafür da, dass sich unsere Patienten erholen können."
"Aber ..."
"Und indem Sie Mr. Ocon regelmäßig wecken, weil Sie der Meinung sind, diese Regelung würde für Sie nicht gelten, tragen Sie sicherlich nicht zu dessen Genesung bei."
"Ich möchte ..."
"Es ist mir egal, was Sie möchten. Ich verlange, dass Sie sich zukünftig an unsere Regeln halten." Seufzend senkte ich den Blick und nickte leicht. "Schön. Jetzt wo wir das geklärt haben, können wir Sie ja rausbringen." Die Zimmertür öffnete sich wieder und Lando kam gefolgt von der zweiten Krankenschwester raus auf den Gang. Er schien über den Rauswurf genau so unglücklich wie ich zu sein. Jedoch hellte sich sein Blick auf, als er mich entdeckte.
"Pierre", schien er sich zu freuen, mich zu sehen. "Kommst du mit zu mir?" Ehe ich etwas sagen konnte, kam mir die Krankenschwester dazwischen.
"Nein, kommt er nicht, wir üben gerade das Einhalten der Besuchszeiten."
"Aber wenn wir in die Cafeteria gehen, zählt das doch nicht als Besuch, oder? Dort stören wir doch Niemanden", versuchte Lando sie zu überzeugen. Die zweiten Krankenschwester mischte sich ein.
"Sie haben eine Gehirnerschütterung. Sie sollten in Ihrem Bett sein."
"Aber es ist doch egal, ob ich dort sitze oder in der Cafeteria. Ich verspreche auch, dass ich mich ganz ruhig verhalte und Pierre sorgt bestimmt nachher dafür, dass ich unbeschadet zurück in mein Zimmer kommen. Bitte." Mit einem Seufzen gab sie tatsächlich nach, weswegen Lando sie dankbar anlächelte.
"Ich besorge Ihnen noch eben Schuhe und dann ..."
"Ach das geht so", unterbrach Lando sie, wobei er bereits nach meinem Handgelenk griff und mich mit sich zog. Ich schaute die Krankenschwester, die mich eigentlich rausbegleiten wollte, möglichst unschuldig an und zuckte dabei mit den Schultern, ehe ich Lando zur Cafeteria folgte.
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