Pierre PoV

Es war nicht besonders nett von mir, dass ich Yuki nicht zuhörte, aber ich konnte mich einfach nicht auf seine Erzählung konzentrieren. Dass es um irgendeine Kartbahn ihn Japan ging, hatte ich noch mitbekommen, danach hatte Esteban meine Aufmerksamkeit bekommen. 

Er hatte sich gemeinsam mit Mick und Lance an einen der Tische gesetzt und spielte mit diesen Karten. Auf den Tischen standen lediglich alkoholfreie Getränke, sowie es auch bei Yuki und mir der Fall war. Yuki saß mir gegenüber. Über seine Schulter hinweg konnte ich die anderen Drei beobachten. Lance saß mit dem Rücken zu mir, während Mick seitlich zu uns saß. Die Beiden schienen uns noch gar nicht bemerkt zu haben. Esteban hingegen hob gerade den Blick von seinen Karten und unsere Blicke trafen sich. Er lächelte mir kurz an, was ich erwiderte, dann schaute er zurück auf seine Karten. 

 Yuki lehnte sich nach rechts und verdeckte dadurch Esteban. Kurz blinzelte ich irritiert, ehe ich den Kleineren wieder fokussierte. 

  "Nicht dein Ernst. Ich dachte, das wäre vorbei." Seufzend lehnte ich mich zurück. 

  "Das ist nicht so einfach", beklagte ich mich. 

  "Pierre, das muss aufhören." 

  "Aber warum? Es kommt doch Niemand dadurch zu schaden. Wir haben nur etwas Spaß." 

  "Du kommst zu Schaden, weil von deiner Seite aus Gefühle im Spiel sind, während Esteban sich an eure Regeln zu halten scheint. Keine Gefühle. Nur Sex." 

  "Ich habe keine Gefühle für ihn", bestritt ich, obwohl mir klar war, dass ich mir den Versuch hätte sparen können. Yuki wusste längst Bescheid. 

  "Ich kann die Herzchen in deinen Augen förmlich sehen", schmunzelte mein Gegenüber.

  "Na schön, dann sind halt ein paar kleine Gefühle im Spiel, aber ich habe das im Griff." 

  "Wieso tust du dir das an?" 

  "Weil es sich gut anfühlt."

  "Natürlich tut sich seine Nähe gut an, wenn du total verknallt in ihn bist." 

  "Übertreib nicht." 

  "Ich will doch nur verhindern, dass du am Ende mit gebrochenen Herz allein dasitzt."

  "Er kann mir nicht das Herz brechen, weil ich weiß, dass es einseitige Gefühle sind. Ich weiß, was ich tue."

  "Das bezweifle ich, aber okay. Es ist deine Entscheidung." 

  "Danke." 

  "Dämlich ist es trotzdem." 

  "Damit kann ich leben", meinte ich und schaute zurück zu Esteban, der gerade lachend die Karten neu mischte, während Mick sich vermutlich über seine Niederlage aufregte. 

  "Natürlich, nur ein paar kleine Gefühle", äffte Yuki mich nach, wofür ich ihn einen bösen Blick zuwarf. Leider hatte er jedoch Recht. Es war viel mehr. Aber früher oder später würde mein Herz akzeptieren, dass es für die falsche Person schlug und die Gefühle für immer unerwidert bleiben würden. 

Seit mehreren Wochen hatten Esteban und ich eine Art FreundschaftPlus laufen. Es hatte sich einfach irgendwie entwickelt und hatte durchaus Vorteile. Außerdem war der Sex gut. Ich wusste keinen Grund, wieso ich auf unsere kleine Abmachung verzichten sollte. 

Lediglich die Tatsache, dass Yuki, bevor er von uns erfahren hatte, die Vermutung geäußert hatte, dass etwas zwischen Esteban und Lance laufen könnte, störte mich. Erst dadurch wurde mir bewusst, dass ich mehr als nur Freundschaft und sexuelle Anziehung zum Jüngeren spürte. In jeder meiner vorherigen Beziehungen war ich eigentlich immer total entspannt gewesen. Esteban war nicht mal mein fester Partner und dennoch spürte ich Eifersucht Lance gegenüber. 

Ich wusste nicht einmal, ob etwas an Yukis Vermutung dran war. Traute mich aber auch nicht Esteban drauf anzusprechen. Stattdessen beobachtete ich die Beiden regelmäßig aus der Ferne. Während Rennwochenenden sah man Lance und Esteban ständig irgendwo zusammen. Mick war nur hin und wieder dabei. Zwischen den Beiden herrschte ein vertrauter Umgang. Immerhin kannten sie sich schon seit Jahren. Ob es mehr als Freundschaft war, konnte ich nicht einschätzen. Vielleicht wollte ich das aber auch einfach nicht. Wäre mehr zwischen ihnen, würde das zwangsläufig irgendwann das Ende für Esteban und mich heißen. 

Yuki stieß mich an, weswegen ich meinen Blick wieder von Esteban löste. Der Größere schien nicht einmal bemerkt zu haben, dass ich ihn angestarrt hatte. 

  "Auffälliger geht es auch bald nicht mehr", neckte Yuki mich. 

  "Lass mich", schmollte ich. Der Kleinere musterte mich, seufzte und drehte sich zu den anderen Drei um. "Was hast du vor?", wollte ich wissen, wurde aber ignoriert. 

  "Können wir mitspielen?", erkundigte er sich ohne zu wissen, was genau die Drei eigentlich spielten. 

  "Klar, Mick freut sich sicher, wenn er mal eine Runde nicht verliert", grinste Esteban, der einen bösen Blick von Mick dafür bekam. Ohne mich zu fragen, ob ich einverstanden war, schnappte Yuki sich unsere Gläser und ging rüber zu den Anderen. Er setzte sich zu Lance auf die Couch. Unsicher, was ich von dieser Aktion halten sollte, folgte ich ihm und setzte mich zu Esteban auf die zweite Couch. 

  "Was spielt ihr denn eigentlich?", erkundigte sich Yuki. 

  "Ein viel zu kompliziertes Spiel", seufzte Mike. 

  "Das ist nicht kompliziert, du stellst dich nur ungeschickt an und außerdem ...", widersprach Lance. 

  "Jetzt fangt nicht wieder mit der Diskussion an", funkte Esteban sofort dazwischen. Tatsächlich ließ Lance das Thema auf sich beruhen und begann stattdessen Yuki und mir das Spiel zu erklären. Bereits nach den drei ersten Regeln verstand ich jedoch schon gar nichts mehr, weswegen ich hilfesuchend zu Esteban schaute, der sich zurückgelehnt hatte und amüsiert Lance Erklärungsversuch verfolgte. Als er meinen Blick bemerkte, richtete er sich jedoch auf und legte ein paar einzelne Karten vor uns auf den Tisch. Während Yuki weiter mit Lance versuchte das Spiel zu lernen, erklärte mir Esteban nochmal ganz von vorne den Ablauf, wobei wir so nah beieinander saßen, dass sich sowohl unsere Schultern, wie auch unsere Beine berührten. Jedes Mal, wenn Esteban mich ansah, um sicher zu gehen, dass ich ihm noch folgen konnte, musste ich den Drang unterdrücken ihn einfach zu küssen. 

Vielleicht würde ich diese paar kleinen Gefühle doch nicht so einfach in den Griff bekommen.