Der Abend zuvor - Kevin

Kevins PoV

Nico ging mir aus dem Weg und das konnte nur eins bedeuten ... Er hatte sich nicht an unseren Deal gehalten. 

Ich hatte keine Lust noch länger nur seine Affäre  zu sein. Dieses Spiel ging schon lang genug. Fairerweise musste man dazu sagen, dass ich selbst noch in einer Beziehung war, als das mit uns begonnen hatte. 

Unser erstes Mal hatten wir als etwas einmaliges abgestempelt. Wir waren beide verheiratet und hatten Kinder. Es war der Reiz nach etwas Neuen, nach etwas verbotenen. Als es jedoch immer wieder passierte, mussten wir einsehen, dass mehr dahinter steckte. 

Als Jugendlicher hatte ich festgestellt, dass mich auch Jungs interessierten. Für etwas ernstes hatte es jedoch nicht gereicht. Dann hatte ich Louise kennengelernt und das Thema war für mich beendet. Wir heirateten und gründeten eine kleine Familie. Lange Zeit dachte ich, dass ich mit Louise und unseren beiden Töchtern alles hatte, was ich brauchte. Dann hatte sich das zwischen Nico und mir entwickelt und plötzlich stellte ich meine Beziehung in Frage. 

Schließlich kam ich zum Entschluss, dass meine Gefühle für Nico die noch verbliebenen Gefühle für Louise weit übertrafen. Louise war die Mutter meiner Kinder und eine wichtige Bezugsperson für mich, doch konnte ich nicht mehr ehrlich behaupten, dass ich sie noch von ganzen Herzen liebte. Bis zu der Erkenntnis hatte ich sie bereits mehrfach mit Nico betrogen, weswegen das schlechte Gewissen an mir nackte. Sowas hatte sie nicht verdient. 

An einem ruhigen Abend war ich endlich mutig genug, Louise die Wahrheit zu erzählen. Nachdem ihre erste Reaktion eine Ohrfeige gewesen war, für die sie sich auch sofort entschuldigt hatte, konnten wir einige Tage später noch einmal in Ruhe über alles sprechen. Den Kindern zur Liebe gingen wir, soweit es die Umstände zuließen, im Guten auseinander. Wir reichten die Scheidung an, versuchten aber weitestgehend normal miteinander umzugehen. 

Seitdem hatte Louise jedoch die Besuche an der Rennstrecke eingestellt, da sie derzeit Nico lieber noch ausn Weg ging oder uns zumindest nicht gemeinsam sehen wollte. Ich akzeptierte ihre Entscheidung. 

Nico sah ich erst zwei Wochen nach meiner Trennung wieder. Bei der ersten ruhige Minute hatte ich ihm von der Scheidung erzählt und ihn damit ziemlich überrumpelt. Sein einziger Kommentar war ein schlichtes okay gewesen. Am Abend stand er dann jedoch vor meinem Hotelzimmer, hatte sich für seine Reaktion entschuldigt und mich geküsst. Ich wusste, dass Nico meine Gefühle erwiderte. Er hatte es nie ausgesprochen, es mich aber spüren lassen. In dieser Nacht waren das erste Mal die drei kleinen magischen Worte gefallen. Ich hätte seine Liebeserklärung noch viel mehr genießen können, hätte er nicht Zuhause eine Ehefrau sitzen, die keine Ahnung davon hatte, dass ihr Mann die Worte, die eigentlich ihr zustanden, einem anderem Mann ins Ohr flüsterte. Nico versprach mir, sich von ihr zu trennen. 

Die Tatsache, dass unser Kontakt seit dem ehrlich spärlich ausgefallen war, hatte mich bereits stutzig werden lassen. Dass er mir nun ganz offensichtlich ausn Weg ging, sprach für sich. Dennoch wollte ich es aus seinem Mund hören. Ich wollte wissen, wieso er sich nicht an unseren Deal gehalten hat. 

Wütend hämmerte ich an die Zimmertür des Deutschen. Er dauerte einen Moment bis sich diese endlich öffnete. Unsicher sah Nico mich an, wobei er den Grund meines Besuches bereits zu erahnen schien. 

  "Ich kann das erklären", meinte er kleinlaut, woraufhin ich eine Augenbraue hochzog. Seufzend trat der Größere einen Schritt zur Seite. Ich kam der stummen Aufforderung nach und betrat das Hotelzimmer. 

  "Ich höre", forderte ich die Erklärung. 

  "Ich wollte es Egle wirklich sagen, aber ..."

  "Sag mir jetzt bitte nicht, dass sie schwanger ist", unterbrach ich ihn. 

  "Nein. Ihr Vater wurde ins Krankenhaus gebracht. Es sah nicht besonders gut für ihn aus. Da konnte ich ihr doch nicht einfach sagen, dass ich die Scheidung möchte. Sie brauchte mich. Ich liebe sie nicht mehr, aber das bedeutet nicht, dass sie mir unwichtig ist. Ihr Vater ist vorgestern von der Intensivstation runtergekommen. Wenn alles gut geht, beginnt er nächste Woche bereits eine Reha. Das würde ich gerne noch abwarten. Sobald er das Krankenhaus für die Reha verlassen hat, rede ich mit ihr." Seufzend nickte ich. "Versprochen." 

  "Und wenn dir doch wieder irgendwas dazwischen kommen sollte, sagst du mir Bescheid", forderte ich.

  "Wird es nicht", meinte Nico sofort, ehe er zögerlich näher trat. "Also ist alles in Ordnung zwischen uns?"

  "Das sehen wir dann wohl nächste Woche." Schweren Herzes wollte ich mich abwenden, um das Zimmer wieder zu verlassen, doch hielt Nico mich an der Hand fest und zog mich sanft zu sich. 

  "Ich liebe dich, Kevin." Nico lehnte sich vor und streifte meine Lippen sanft mit seinen. 

  "Wie oft hast du das in den letzten zwei Wochen zu Egle gesagt?", wollte ich wissen. 

  "Kein einziges Mal. Sie war die meiste Zeit im Krankenhaus bei ihrem Vater. Ich habe auf Noemi aufgepasst." Ich musterte Nicos Gesichtszüge genau. 

  "Sobald ihr Vater nächste Woche aus dem Krankenhaus entlassen ist, redest du mit ihr?" Nico nickte. "Spiel bitte keine Spielchen mit mir." Sanft legte Nico eine Hand an meine Wange und schaute mir in die Augen. 

  "Ich würde niemals etwas absichtlich tun, um dich zu verletzten. Alles, was ich sagte, meinte ich auch so und war die pure Wahrheit. Ich liebe dich, Kevin. Ich werde mich nächste Woche von Egle trennen. Dann gibt es nur noch uns Beide." Er zog mich näher zu sicher. "Und unsere Töchter", ergänzte er noch. 

Ich wollte ihm glauben. Ich wollte, dass das mit uns funktionierte. Ich wollte Nico nicht länger mit Egle teilen müssen. 

  "Ich liebe dich auch", erwiderte ich seine Liebeserklärung, während ich die Arme um seinen Nacken schlang, ihn etwas zu mir runter zog und küsste. 

Eine letzte Woche würde ich es noch durchhalten. 

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