Besuch - Oscar
Oscars PoV
Nur weil Lando mich übers Handy aufm laufenden gehalten hatte und ich wusste, dass Carlos bei ihm, hatte ich mich am vorherigen Tag zurückhalten können und war zunächst im Hotel geblieben. Lando brauchte Ruhe und ich wollte ihn mit zu vielen Besuchern zur gleichen Zeit nicht überfordern. Zudem hatten Carlos und er so etwas Zeit gehabt, um miteinander zu sprechen.
Länger hielt ich es jedoch nicht mehr aus. Ich musste mich mit eigenen Augen vergewissern, dass es meinem Teamkollegen den Umständen entsprechend gut ging, weswegen ich mich auf den Weg ins Krankenhaus gemacht hatte.
Aufm Weg zum Treppenhaus kam ich an der Cafeteria vorbei, wo ich Charles, Carlos, Pierre und Kevin sitzen sah. Für einen Moment spielte ich mit dem Gedanken, zunächst zu ihnen zu gehen. Allerdings war es meine Chance einen Moment allein mit Lando zu sprechen, um von ihm zu erfahren, was der Vortag bezüglich Carlos ergeben hatte.
Er sollte glücklich sein und ich würde mich freuen, wenn die Beiden ihre Beziehung doch noch retten könnten, doch gleichzeitig hatte ich auch Angst, dass Carlos Lando erneut verletzten würde. Zum Glück war ich Carlos am Abend vor dem Unfall über den Weg gelaufen und hatte dadurch erfahren, dass er um ihre Beziehung kämpfen wollte. Wäre er erst durch den Unfall aktiv geworden, wäre ich skeptischer. Immerhin befanden die Beide sich gerade in einer Ausnahmesituation.
Ich durchquerte die Gänge bis ich endlich vor dem richtigen Zimmer zum Stehen kam und klopfte. Im Inneren blieb es ruhig. Dennoch öffnete ich leise die Tür, um Lando nicht zu wecken, sollte er gerade schlafen.
Mein Blick fiel zu aller erst auf das leere Bett, dann entdeckte ich meinen Teamkollegen aufm Boden liegend. An seinem Kopf befand sich eine Platzwunde, aus der Blut austrat.
"Lando!", schrie ich panisch. Ich wollte zu ihm stürmen, erinnerte mich aber noch rechtzeitig daran, dass wir von Fachpersonal umgeben waren und machte stattdessen zwei Schritte zurück in den Flur. "Ich brauche hier Hilfe!" Ein Krankenschwester, die an einem Schreibtisch gestanden hatte, blickte auf und kam dann sofort in meine Richtung gelaufen. Ich lief zu Lando und kniete mich zu ihm. Die Krankenschwester betrat nun ebenfalls den Raum und kam sofort auf uns zu.
"Sie warten draußen", wurde ich angewiesen.
"Aber ...", setzte ich an, als auch bereits ein Arzt den Raum betrat.
"Keine Diskussion, draußen warten", ließ die Krankenschwester mich gar nicht erst ausreden, wobei sie Lando vorsichtig etwas bewegte, um ihn besser untersuchen zu können. Widerwillig stand ich auf und verließ mit einem letzten Blick auf Lando das Zimmer. Der Arzt hatte meinen Platz eingenommen.
Im Flur ließ ich mich an der Wand runterrutschen bis ich schließlich aufm Boden saß. Ich sollte Carlos, der noch nichtsahnend in der Cafeteria saß, informieren, doch fehlte mir die Kraft, um wieder aufzustehen. Zudem wollte ich lieber in Landos Nähe bleiben, auch wenn ich gerade nicht helfen konnte.
Wie lang er dort wohl schon lag? Hätte Carlos den Sturz verhindern können, wenn er direkt zu Lando gegangen wäre? Was wäre passiert, wenn ich nicht zu Besuch gekommen wäre? Vielleicht hätte ich den Sturz verhindern können, wenn ich am Morgen nicht noch mit Logan telefoniert hätte.
Auf keine dieser Fragen würde ich vermutlich jemals eine Antwort bekommen. Das war das fiese an was-wäre-wenn-Fragen. Sie konnten einen wahnsinnig machen und Niemand konnte mit Gewissheit sagen, was passiert wäre, wenn im Vorfeld Jemand irgendeine andere Entscheidung getroffen hätte.
Eine Bewegung im Augenwinkel riss mich aus meinen Gedanken. Sie hatten Lando zurück ins Krankenbett gelegt und schoben dieses nun aus dem Raum. Die Krankenschwester schob ihn den Gang entlang, während der Arzt sich zu mir kniete.
"Wissen Sie, wie es zum Sturz kam?", erkundigte er sich. Ich schüttelte den Kopf.
"Wie geht es ihm?"
"Das kann ich Ihnen noch nicht mit Gewissheit sagen. Wir werden ein CT machen. Die Platzwunde haben wir erstmal verbunden und werden sie gleich noch nähen. Die Pupillen reagieren auf Licht, das ist schon mal ein guter Anfang. Um über die weitere Behandlung entscheiden zu können, werden wir aber das Ergebnis vom CT abwarten müssen." Ich nickte. "Sollen wir Angehörige informieren?"
"Nein, ich kann das machen. Dann habe ich zumindest etwas zu tun."
"Brauchen Sie sonst irgendwas?" Ich schüttelte den Kopf. Der Arzt musterte mich noch einmal, ehe er sich mit einem Nicken vom Boden erhob. "Ansonsten sagen Sie einfach Bescheid." Nach einem letzten musternden Blick ließ er mich allein. Ich sollte Carlos Bescheid sagen, mehr konnte ich gerade nicht tun. Ich raffte mich also auf, um mich auf die Suche nach dem Spanier zu machen.
Die Gruppe saß noch unverändert in der Cafeteria. Charles und Kevin blickten immer wieder zur Uhr, während Carlos und Pierre offenbar versuchten, die beiden abzulenken. Pierre entdeckte mich als Erster und macht die Anderen auf mich aufmerksam, weswegen im nächsten Moment alle Blicke auf mich gerichtet waren.
"Möchtest du Rührei?", bot Charles mir Frühstück an.
"Das sollst du essen und nicht verschenken", tadelte Carlos ihn.
"Wieso werde ich zum Essen gezwungen und die Beiden nicht?" Charles deutete auf Pierre und Kevin.
"Ist alles in Ordnung, Oscar?", lenkte Pierre die Aufmerksamkeit zurück auf mich.
"Lando ist gestürzt", brachte ich hervor.
"Was?!", rief Carlos panisch und war sofort auf den Beinen. Er schien direkt zum Zimmer stürmen zu wollen, jedoch bekam ich ihn noch am Arm erwischt und hielt ihn fest.
"Er ist gerade beim CT."
"Wie schlimm ist es?" Carlos Blick war voller Panik und Sorge.
"Er muss mit dem Kopf irgendwo gegengeknallt sein. Als ich ins Zimmer kam, lag er neben dem Bett und aufm Boden war Blut. Der Arzt hat nur gesagt, dass sie ein CT machen und die Platzwunde genäht werden muss."
"War er bei Bewusstsein? Weiß du, wie es zum Sturz kam?" Ich schüttelte lediglich den Kopf.
"Ich hätte ihn nicht allein zurückgehen lassen dürfen", nuschelte Charles, weswegen ich ihn fragend ansah.
"Wovon redest du?", hakte Carlos nach.
"Lando kam mir vorhin auf der Intensivstation entgegen, als ich aufm Weg zu Max war. Ich hab ihn noch gefragt, was er dort macht, aber wollte dann eigentlich nur zu Max und hab nicht weiter drüber nachgedacht, ob Lando überhaupt fit genug ist, um allein im Krankenhaus herum zu laufen."
"Er hat mir versprochen, dass er die Bettruhe einhält", seufzte Carlos.
"Was wollte er dort überhaupt?", warf ich eine neue Frage in die Runde.
"Vielleicht Max besuchen?", schlug Kevin vor.
"Victoria und Sophie waren bei Max bis ich beim Krankenhaus angekommen bin. Sie hätten Lando nicht allein im Zimmer gelassen", widersprach Charles.
"Er war sicherlich wieder bei Esteban", meldete Pierre sich zu Wort.
"Wieder?", fragte ich nach.
"Gestern Morgen war Lando auch schon bei Esteban im Zimmer, als ich kam."
"Warum das denn?", kam es von Carlos.
"Weiß ich nicht. Esteban und ich kommen sowieso schon nicht dazu miteinander zu reden, da hatten wir noch keine Zeit auch noch über andere Personen als uns zu sprechen."
"Du hast es ihm immer noch nicht gesagt?", hakte Kevin fassungslos nach.
"Im Gegensatz zu euch muss ich mich hier an Besuchszeiten halten." Pierre verschränkte die Arme vor der Brust.
"Diese Diskussion bringt uns gerade nicht weiter und hilft auch Lando nicht", warf ich ein. Carlos befreite sich aus meinem Griff und schien gehen zu wollen.
"Lando wird noch bei der Untersuchung sein", merkte Charles an.
"Ich will zu Ocon und hoffe für ihn, dass er eine sehr gute Erklärung hat, wieso Lando wegen ihm durchs komplette Krankenhaus läuft." Schneller als ich schauen konnte, war Pierre auf den Beinen und stürmte Carlos hinterher.
"Du lässt Esteban in Ruhe!" Hilfesuchend blickte ich zu Kevin und Charles. Seufzend stand Kevin auf.
"Ich versuch schlimmeres zu vermeiden." Einen Moment blickte ich ihm nach, bevor ich zurück zu Charles schaute.
"Sollten wir mitgehen?", fragte ich zögerlich.
"Ja, das sollten wir auf jeden Fall tun", entschloss Charles und stand nun ebenfalls auf, damit wir zusammen den Anderen folgen konnten.
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