Charles PoV
Ich schleppte mich weiter zum Krankenzimmer. Victoria und Sophie hatte ich noch im Eingangsbereich des Krankenhauses getroffen. Nachdem ich ihr geschrieben hatte, dass ich beim Hotel losfuhr, hatten die Beiden entschlossen sich für ein paar Stunden im Hotel hinzulegen. Immerhin hatten sie die komplette Nacht bei Max verbracht. Selbst wenn sie in der Zeit geschlafen hatten, war es sicherlich alles andere als erholsam gewesen.
Seit dem Unfall würde ich das erste Mal allein mit Max sein. Jos hatte auf meine Nachricht nicht geantwortet und Daniel wollte zunächst für uns klären, dass wir für die nächsten Tage eine Übernachtungsmöglichkeit hatten.
Leise öffnete ich die Tür, obwohl ich mir die Mühe hätte sparen können. Selbst wenn ich die Tür mit einem Sprengsatz geöffnet hätte, wäre Max durch den Lärm nicht aufgewacht.
Es hatte sich über Nacht nichts verändert. Es war noch immer der gleiche Anblick, der mir neue Tränen in die Augen trieb. Nachdem ich die Tür hinter mir geschlossen hatte, näherte ich mich langsam dem Bett und nahm auf der Bettkante Platz.
"Guten Morgen", brachte ich hervor und platzierte einen Kuss auf Maxs Schläfe. Ich griff nach seiner Hand, um unsere Finger miteinander zu verschränken. "Klingt es kitschig, wenn ich sage, dass ich ohne dich nicht schlafen kann? Vielleicht lag es auch daran, dass Daniel schnarcht. Aber allein in unserem Hotelzimmer hätte ich es nicht ausgehalten." Ich strich mit dem Daumen über Maxs Handrücken. "Ich hab gestern nachgedacht. Du hast gesagt, du würdest mir die Sterne vom Himmel holen. Könntest du mir stattdessen einen anderen Wunsch erfüllen? Bleib bei mir. Verlass mich nicht. Bitte, Max, ich brauch dich. Du darfst nicht aufhören zu kämpfen. Ich hab schon meinen Dad und Jules verloren. Ich kann nicht auch noch dich verlieren. Tu mir das bitte nicht an. Tue es deiner Familie nicht an. Gib nicht auf. Du kämpfst immer, um der Sieger zu sein. Mach es auch dieses Mal. Dieser Sieg ist wichtiger als jeder vorherige. Du darfst nicht sterben." Ich drückte seine Hand. "Ich liebe dich, Max. Du kannst mich nicht einfach heiraten, um mich dann zu verlassen. Das ist nicht fair. Das alles hier ist nicht fair."
Die Zimmertür öffnete sich. Ich wischte mir mit dem Ärmel des Pullovers, der noch Maxs Duft trug, die Tränen aus dem Gesicht, ehe ich mich umdrehte. Ein Arzt hatte gemeinsam mit einer Krankenschwester den Raum betreten.
"Guten Morgen", begrüßte er mich.
"So wirklich gut ist der Morgen noch nicht", murmelte ich und blickte zurück zu Max.
"Wir würden gerne ein paar Untersuchungen durchführen. Für die Dauer würde ich sie bitten draußen zu warten. Holen Sie sich doch eine Kleinigkeit zu Essen oder etwas zu trinken. Wir sagen ihnen Bescheid, wenn Sie wieder zu Mr. Verstappen können." Schweigend blickte ich meinen Ehemann an. Die Krankenschwester trat an meine Seite.
"Es wird nicht lange dauern und wir werden gut auf ihn aufpassen", versprach sie mir mit ruhiger Stimme. Seufzend nickte ich und stand auf, ehe ich Max noch einen Kuss auf die Schläfe drückte.
"Ich bin sofort wieder bei dir. Ich liebe dich." Widerwillig verließ ich, nachdem ich mich noch ein letztes Mal zu Max umgedreht hatte, den Raum und schleppte mich Richtung Cafeteria, um mir einen Kaffee zu holen. Als ich den Eingangsbereich durchquerte sah ich Pierre dort sitzen, der wie ein kleiner Schuljunge aussah, der etwas ausgestellt hatte und nun seine Strafe absitzen musste. Mit vor der Brust verschränkten Armen saß er offensichtlich beleidigt dort. "Pierre", sprach ich ihn an, weswegen sein Blick in meine Richtung schoss. Sofort sprang er auf und kam in meine Richtung. Vom Empfang aus beobachtete ihn eine Krankenschwester kritisch. Der Ältere zog mich in eine feste Umarmung. "Wieso sitzt du hier?", erkundigte ich mich.
"Ich darf erst um acht Uhr zu Esteban und die liebreizende Frau, die dort am Empfang steht, hasst mich und lässt mich keine einzige Minute früher zu ihm."
"Wie hast du das in der kurzen Zeit hinbekommen?"
"Ich habe gar nichts gemacht." Mit hochgezogener Augenbraue sah ich ihn an. "Okay, vielleicht habe ich die Besuchszeiten nicht ganz eingehalten und etwas mit ihr diskutiert."
"Ich hol mir nen Kaffee. Kommst du mit?" Pierre nickte zustimmend und folgte mir Richtung Cafeteria.
"Wie geht es Max?", fragte Pierre vorsichtig.
"Er wird gerade untersucht. Künstliches Koma, angeschlossen an unzählige Maschinen und schwankende Werte, aber meistens nur in die negative Richtung. Die Werte verschlechtern sich immer wieder, er bekommt neue Medikamente bis die Werte sich wieder halbwegs stabilisieren, um sich dann irgendwann wieder zu verschlechtern. Eine der Krankenschwester meinte gestern, dass man daran erkennt, dass er kämpft. Bedeutet aber auch, wenn Max aufhört zu kämpfen, werden sich die Werte bei der nächsten Verschlechterung vermutlich nicht mehr stabilisieren und er ..." Ich brach den Satz schluchzend ab. Pierre drückte mich enger an sich. Ich vergrub mein Gesicht an seiner Schulter.
"Das wird nicht passieren. Max wird nicht aufhören zu kämpfen. Du kennst ihn besser als jeder andere von uns. Er würde niemals aufgeben und schon gar nicht, wenn es um dich geht."
"Ich hoffe wirklich, dass du Recht hast. Ich kann ihn einfach nicht verlieren."
"Er wird kämpfen und das musst du auch. Du darfst ihn nicht aufgeben."
"Das würde ich niemals tun."
"Ist etwas passiert?", ertönte neben uns eine nervöse Stimme, weswegen wir uns lösten. Kevin stand sichtlich angespannt neben uns. Ich konnte mich nicht erinnern, wann ich ihn das letzte Mal so nervös gesehen hatte. Immer wieder trat er von einen Fuß auf den Anderen, während er sich immer wieder durch die Haare fuhr.
"Alles unverändert", brachte ich hervor, wobei ich mir ein weiteres Mal an diesem Tag die Tränen aus dem Gesicht wischte.
"Bei dir alles in Ordnung?", versicherte sich Pierre. Kevin nickte, nur um im nächsten Moment den Kopf zu schütteln.
"Nico wird gleich operiert. Am Rücken. Die OP entscheidet, ob er wieder laufen werden kann und ist zeitgleich mit einem gewissen Risiko verbunden, weil sein Körper vom Unfall noch geschwächt ist. Je früher die OP stattfinden, umso höher ist aber die Chance, dass sie erfolgreich verläuft. Wobei selbst jetzt die Gefahr, dass es nicht klappt und Nico gelähmt bleibt, nicht besonders gering ist", informierte uns Kevin nervös.
"Bist du aufm Weg zu ihm?", fragte Pierre.
"Er müsste schon im OP sein oder aufm Weg dorthin. Sie haben die OP so früh angesetzt, dass wir uns davor nicht mehr sehen konnten, weil es heute sonst nicht mehr möglich gewesen wäre."
"Morgen", stieß Carlos zu uns, der Kevin fragend musterte.
"Nico wird gerade operiert", erklärte Pierre knapp, wobei er Richtung Uhr blickte und seufzte. "Charles und ich sind aufm Weg zu Cafeteria. Kommt ihr mit?" Kevin nickte zustimmend. Carlos überlegte kurz.
"Ich komme auch mit. Vermutlich ist bei Lando sowieso gerade Visite, war zumindest gestern um diese Uhrzeit der Fall. Vielleicht mögt ihr mir erzählen, wie es Max, Nico und Esteban geht." Fragend sah er uns drei an. Pierre nickte zustimmend, ehe er Richtung Cafeteria ging. Wir anderen folgten ihm.
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