Kapitel 46

Rose

Ich lief in das Licht und hielt nicht einmal an, als es mich blendete und ich für einen Augenblick blind war. Als sich meine Augen an die Helligkeit gewöhnt hatten, versuchte ich mich zu orientieren.

Ein Dalmatiner lief vor mir her und sah sich immer wieder nach mir um als wollte er, dass ich ihm folgte, also folgte ich ihm einfach. Ich befand mich irgendwo am Rande Downtowns, kein bekanntes Gesicht, kein Freund weit und breit. Die Tränen raubten mir die Sicht. Ich wollte es einfach nicht glauben, was gerade eben geschehen war.

Ron hatte Dinge getan, die ich ihm im Leben niemals zugetraut hätte. Ekelhafte, widerliche Dinge. Doch es stach mir ins Herz, wenn ich mir einredete, dass es zwischen uns nun vorbei war. Diesen Gedanken hielt ich einfach nicht aus, also verdrängte ich es einfach und lief weiter.

Nach einer Weile wagte ich, einen Blick über die Schulter zu werfen. Hinter mir war niemand und plötzlich kam es mir dumm vor, dass ich noch immer rannte. Ich überlegte mir, ein Taxi zu nehmen, doch irgendwie schienen mir alle Menschen wie Feinde und selbst ein Taxifahrer konnte ein Anhänger dieser Verbrecherbande sein.

Die Metro war jetzt meine Hoffnung, da hier viele Menschen waren, die im Notfall eingreifen konnten. Ich pfiff dem Dalmatiner vor mir zu und wechselte die Richtung. Er folgte mir weiter, selbst als ich die Richtung wechselte.

Ich stieg in einen Zug ein, ohne mir ein Ticket zu kaufen und fuhr dann so schnell wie möglich in Richtung LAPD. Steve stand vor der Tür und telefonierte, als ich über den Platz gelaufen kam und ihm weinend vor Erschöpfung in die Arme fiel. Als er mich sah, legte er sofort auf und drückte mich, als wollte er mich nie wieder loslassen.

„Rose? Ist alles in Ordnung mit dir? Dein Gesicht, wer hat dir das angetan?"

Ich atmete einige Male tief durch und sah dann in die Scheiben vor mir, in denen ich mich spiegelte. Ich hatte im Gesicht schreckliche, blaue Flecken und Kratzer und meine Haare sahen äußerst zerzaust aus.

„Er ist noch bei ihnen!"

„Wer? Ron?"

„Wir dachten er wäre abgehauen. Wir dachten, er hätte..."

Ich wand mich aus den Armen meines Bruders. „Er ist noch bei ihnen! Hast du mich verstanden?", rief ich. Mein Bruder tat einen Schritt zurück und runzelte die Stirn.

„Ist ja gut, Wirbelwind!", sein Blick wanderte verwundert an mir herunter und blieb schließlich an dem Dalmatiner hängen, der mich begleitet hatte.

„Wo kommt der her?", fragte Steve.

„Ich weiß es nicht, er hat mich geführt, als ich geflohen bin."

„Weißt du noch, wo du hergekommen bist?"

Ich nickte. „Vage, also nicht genau, aber ungefähr. Es ging alles so schnell. Ich wusste gar nicht, wie mir geschieht. Bitte, Steve! Du musst Ron da raus holen! Die haben ihn gefoltert und gebrandmarkt! Ich wette jetzt wird es ihm noch schlimmer ergehen, bitte, Steve, bitte!"

Mein Bruder nickte und zückte sein Funkgerät, dann machte er eine Durchsage, dass alle Einheiten an Hilfskräften kommen sollten, die gerade in der Nähe waren.

Steve wollte nicht, dass ich mitkam, doch ich bestand darauf, denn ich hatte eine Vermutung in meinem Hinterkopf sitzen, die mich einfach nicht losließ. Patricia, diese Frau, die mich in ihrem Zimmer eingesperrt hatte, war mir einfach zu bekannt vorgekommen. Ihre Stimme, ihr verschwommener Schatten, ihre Bewegungen. Und dennoch hatte Ron sie Robin genannt und sie hatte sich mit diesem Namen identifiziert. Als ich den Faden weiter spann, wurde mir klar, dass die Frau, die ich gesehen hatte, Robin Peters gewesen sein musste.

Allerdings hätte sie doch gar nicht damit rechnen können, dass Ron ausbrach, was bedeutete, dass ich nicht entkommen und auch nicht verraten konnte, was sie mir dort unten erzählt hatte. Das hieß dann aber doch, dass...

Ich grabschte mir Steves Handy aus seiner Jackentasche und hackte Detective Bansters Nummer in die Tasten! Banster war der Spezialist für Technik und Computer im LAPD. Wenn es eine Person gab, die Banster nicht in den Datenbanken aufspüren konnte, dann war sie entweder bereits mehr als fünfzig Jahre tot oder hatte nie existiert.

„Banster? Ich habe keine Zeit zu erklären, was los ist, aber bitte suchen sie nach allen jungen Frauen namens Patricia Seamus, die in den Vereinigten Staaten zur Schule gegangen sind und oder ein Strafregister haben. Falls sie Einträge finden, suchen sie ausschließlich nach blonden Frauen. Rufen sie zurück, wenn sie etwas gefunden haben. Ja. Ich danke ihnen!"

Steve hob nur eine Augenbraue und seufzte: „Würdest du mich bitte aufklären?"

„Da war eine Frau... Patricia Seamus. Ich vermute, sie ist Robin Peters und wenn es so ist, dann ist Robin Peters nur ihr Deckname, was bedeutet, dass sie irgendwo noch unter ihrem richtigen Namen eingetragen sein muss. So können wir vielleicht etwas mehr über sie herausfinden..."

In diesem Moment rief Banster zurück und bestätigte meinen Verdacht.

„Sie ist es!", sagte ich, „Sie hat ein Anwesen in Beverly Hills, stammt aus einer reichen Familie, doch ihre Eltern sind spurlos verschwunden, als sie 16 war. Man hat weder Lebenszeichen, noch Leichen je gefunden."

„Sieht so aus, als hätte da jemand früh angefangen", murmelte Steve, „Ich beantrage einen Durchsuchungsbefehl und in der Zwischenzeit statten wir dieser kleinen Kanalratte mal einen Besuch unter der Erde ab!"

Ich nickte und folgte ihm in einen Bus, in dem ein Team aus bis an die Zähne bewaffneten und in Schutzkleidung gewickelten Cops saß. Für Rückendeckung war also gesorgt, doch das war ja gar nicht einmal das Problem. Jetzt musste ich nur noch den Weg zurück finden, was sich als schwierig erweisen konnte. Ich musste einfach auf das Beste hoffen. Hoffen, dass noch nichts geschehen war und vor allem hoffen, dass Ron noch lebte, wenn wir ankamen.  

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