Kapitel 41
Ron
Als Sam plötzlich verschwand, stemmte ich mich unter großer Anstrengung vom Boden hoch, brach mindestens zweimal in mich zusammen, bevor ich einige Schritte taumelnd zurücklegte, nur um dann wieder vor Schmerz und Erschöpfung zusammen zu brechen. Steve kam angerannt, in seinem Gefolge einige andere Cops, die ich noch nicht kannte.
„Mr. Johnson! Ist alles in Ordnung? Wie geht es ihnen?", rief Steve und reichte mir eine Hand. Ich verstand nicht, warum man mich zurück gelassen hatte. Ich verstand auch nicht, warum dieser verfluchte Hund mich gerettet hatte und warum ich immer so ein verdammtes Glück hatte, dass ich immer mit dem Leben davon kam.
„Bestens", presste ich hervor und stöhnte, weil mir meine Ohren noch immer höllisch schmerzten. „Geht es Rose gut?"
Steve kniff einen Moment lang skeptisch die Augen zusammen, sein Blick wanderte an mir auf und ab, dann nickte er. Erst jetzt bemerkte, ich, dass die Explosion an mir ihre Spuren hinterlassen hatte. Die letzte Druckwelle hatte nicht nur Sam und mich erfasst, sondern auch Glasscheiben und Mauern gesprengt, die dann als messerscharfe Geschosse durch die Luft gejagt waren.
Dementsprechend sahen meine Arme und mein Rücken auch aus. Meine Kleidung war an manchen Stellen zerrissen und mein T-Shirt hing mir nur noch in Fetzen am Leib.
„Wollen sie mit ihr sprechen?", fragte Steve und ich nickte, wie ein Kleinkind, dem man einen Keks angeboten hatte. Er zückte sein Handy, tippte eine Nummer ein und reichte es mir dann.
Ich riss es ihm aus der Hand und drückte es an mein Ohr, als könne jeder Ton, den sie sagte an mir vorbei rauschen und sich im nichts verlieren. Doch es nahm niemand ab. Ich wartete minutenlang, bis Steve die Stirn runzelte und nach seinem Handy verlangte.
„Komisch. Normalerweise geht sie ziemlich schnell ran. Vielleicht hat sie es auf stumm gestellt", meinte Steve und wollte sein Handy gerade wieder einstecken, als es von selbst zu klingeln anfing und wir beide einen Moment lang erstarrt dastanden und uns einfach nur anstarrten.
Steve nahm den Anruf an und hörte, was die Person auf der anderen Seite der Leitung sagte, während sein Gesicht zu einer Art versteinert-verzerrten Grimasse wurde, der selbst ein Blinder pures Entsetzen hätte ablesen können.
„Que? Was ist los?!", rief ich, zuckte aber zusammen, weil eine Glasscherbe in meinem Arm an meinem Oberkörper rieb und sich noch tiefer in meine Haut hineinbohrte.
„Das war Brook", begann Steve mit noch immer steinerner Miene. Seine Kollegen versammelten sich um ihn und starrten ihn gebannt an.
„Brook?", fragte ich.
„Roses Freundin... Sie wurde außer Gefecht gesetzt und als sie wieder zu sich gekommen ist, war Rose verschwunden und sie hat das hier gefunden...", Steve zeigte mir ein schnell auf WhatsApp geschicktes Foto von einem gelben Zettel mit einem eingekreisten, auf der Spitze stehenden Pentagramm, das über einem Doppelbett hing. In meinem Hals bildete sich ein Kloß.
„Robin Peters...", murmelte ich. Meine Hände zitterten vor Anspannung. Steve blinzelte mir einige Male nachdenklich zu, dann räusperte er sich.
„Wir müssen jetzt Ruhe bewahren. Solange wir nicht wissen, wo man Rose hingebracht hat und was Robin Peters will, damit sie wieder frei kommt, können wir leider so gut wie nichts unternehmen!"
„Mich...", murmelte ich so leise, dass es eigentlich keiner hören konnte, doch plötzlich richteten sich ein dutzend Augenpaare auf mich.
„Sie? Sie was?", knurrte einer der Angestellten, den Steve meiner Meinung nach einmal Cromwell genannt hatte.
„Ich weiß, was Robin will. Er hat Rose entführen lassen, um an mich heran zu kommen. Er hätte auch diese Brook mitnehmen können, doch wenn sie noch zu Hause ist, nehme ich an, dass er keinen Nutzen in ihr sieht. Er will mich. Aus keinem anderen Grund wurde Rose entführt und aus keinem anderen Grund gab es diese Explosion hier, deshalb ich, Cromwell!"
Cromwell war vor den Kopf gestoßen, weil ich seinen Namen kannte und seine schützende Anonymität verletzt hatte. Es wurde still in der seltsamen Runde. Ich spürte, wie einige der Cops nervös wurden, in anderen kochte das Misstrauen.
„Haben sie einen Plan?", fragte Steve mich, wurde aber von Cromwell unterbrochen, der schnaubend zwischen mich und den Chief Inspector trat.
„Ich bitte sie, Chief Inspector Matthiews! Vertrauen sie etwa dieser rotschopfigen Ratte?"
„Es liegt nicht an ihnen, derartige Entscheidungen zu treffen, Cromwell!", fuhr Steve den vorwitzigen, jungen Mann an, der sich wütend brummend wieder zu den anderen begab, nachdem er mir einen nahezu tödlichen Blick zugeworfen hatte. Ich hielt seinem Blick mit stoischer Gelassenheit stand. Jetzt hieß es, keine Schwäche zu zeigen, um nicht unglaubwürdig zu wirken.
„Also, hat noch irgendwer irgendwelche Einwände haben, der möge jetzt reden oder für immer schweigen! Niemand? Gut!"
Steve ließ den anderen gar keine Möglichkeit, einen Einspruch zu formulieren. Verständlich. Rose war seine Schwester und um sie zu bekommen, da nutzte er auch Methoden, die nicht ganz legal waren.
„Also, haben sie nun einen Plan oder nicht?", fuhr er mich so plötzlich an, dass ich zusammen zuckte und mir ein paar weitere Schnitte zufügte.
„Wer ist hier der Polizist?", brummte ich und zog mir demonstrativ eine Scherbe aus dem Unterarm, „Außerdem wäre es mir sehr recht, wenn mich jemand von dem ganzen Dreck hier befreien könnte."
Das war nicht die Reaktion, die Steve und sein Gefolge erwartet hatte, doch das war mir egal. Die sollten bloß nicht glauben, dass ich ihnen einfach so helfen würde. Schließlich waren sie Cops.
Doch dann fiel mir in meinem egoistischen Selbstmitleid wieder ein, dass ein ganz besonderes Menschenleben auf dem Spiel stand. Wenn ich also nicht bald in die Gänge kam, dann hätte es sich mit Rose also genau so erledigt wie mit meiner Freiheit im Land of Liberty.
Steve nickte: „Gut, ich hole einen Arzt, dann besprechen wir zusammen, wie wir nun vorgehen."
Gesagt. Getan. Ich ließ mir erst einmal die Schnitte versorgen, die ich davongetragen hatte und während ich so da saß und mir der Notarzt die Scherben aus den Armen zog, schweiften meine Gedanken zu Rose, wobei sie mich zur schieren Verzweiflung brachten.
Ich hasste Déjà-vu's. Wahrscheinlich war das früher auch einer der Gründe gewesen, warum ich mich so bis obenhin mit Drogen zugepumpt hatte. Ich wollte vergessen. Ebenso wollte ich in diesem Moment auch den kleinen Rückfall vergessen, den ich im Gebäude des LAPD erlitten hatte.
Warum hatte ich nur wieder daran gedacht, Sam zu töten? War es mir tatsächlich immer noch so wichtig, diesen schwarzen Drecksköter umzubringen? Jetzt waren wir doch Quitt. Er hatte zwar Alejandros Tod verschuldet, mir aber das Leben gerettet, obwohl ich ihm keinen Anlass dazu gegeben hatte. Warum hatte er das getan? Hatte er vergessen, was ich seiner Familie angetan hatte? Oder hatte er mir am Ende sogar vergeben?
Nachdenklich starrte ich in die Ferne, bis sich plötzlich Steve vor mich setzte und ich mir den Gedanken aus dem Kopf schüttelte
„Also... ich nehme mal an, sie haben schon eine Idee, wie wir nun vorgehen können, ohne, dass Rose in Gefahr gerät?", fragte mein Gegenüber.
Ich strich mir über die Verbände an den Armen und sammelte meine Gedanken, bevor ich antwortete.
„Ich bin sowieso schon so gut wie tot in Robins Augen, also kann unsere Situation sowieso nicht mehr schlimmer werden. Wichtig ist nur, egal was passiert, dass Rose in Sicherheit kommt. Egal, was mit mir angestellt wird. Hast du mich verstanden?"
Steve starrte mich mit weit aufgerissenen Augen an. „Was soll das heißen?"
Ich wischte mir mit der Hand über meine kaputte Gesichtshälfte und seufzte. „Das heißt, dass ich wahrscheinlich nicht mehr zurück kommen werde."
„Das wird nicht passieren, das verspreche ich ihnen!", protestierte Steve, „Ich werde ein SWAT Team bestellen und..."
Ich boxte ihm die Schulter, damit er endlich aufhörte solchen Schwachsinn zu reden.
„Ein SWAT Team arbeitet für gewöhnlich an übersichtlichen Stellen mit freier Schussbahn, nicht wahr? Doch wo Robin sein Lager hat, dahin gelangt niemals Tageslicht. Seine Verstecke liegen weit unter der Kanalisation und nur Anhänger der Pentagrams wissen, wie und wo man die Eingänge dorthin findet."
„Und sie wissen natürlich, wie man sie findet?"
„Si."
Steve schnappte gebannt nach Luft. Man merkte ihm seine Anspannung redlich an.
„Brauchen sie irgendetwas? Eine kugelsichere Weste oder eine Waffe?"
„No, zu auffällig. Ich könnte höchstens eine Art stillen Alarm gebrauchen, falls etwas schief geht. Dann könntet ihr das Versteck orten und stürmen", ich kam mir ziemlich organisiert und cool vor, als ich da den Plan vor Steve auslegte, doch die bittere Wahrheit war, dass ich einfach nur fürchterliche Angst vor dem hatte, das mich dort unter der Erde erwarten würde.
„Aber sie können sich doch nicht einfach unbewaffnet in so eine gefährliche Mission stürzen!", rief Steve aufgebracht.
„Glaub mir, ich hab schon schlimmeres getan!", entgegnete ich und stand auf. Steve tat es mir gleich. Ich merkte, wie tiefe Sympathie zu mir in ihm erwacht war. Lag es daran, dass ich mich nicht wie der skrupellose Massenmörder verhielt, für den er mich gehalten hatte oder einfach nur, weil ich gerade dabei war, ihm seinen Allerwertesten zu retten?
Wenn nämlich heraus kam, dass er mich einfach im einstürzenden Haus eingesperrt zurückgelassen hatte, obwohl ich unschuldig war, dann hätte das fatale Folgen für ihn gehabt. Ob es Absicht gewesen war, wusste ich nicht, doch ich ging davon aus.
„Sie können doch nicht einfach ihr Leben aufs Spiel setzen!", Steve war noch immer nicht bereit, meinem Plan zuzustimmen.
„Hör zu!", rief ich genervt, „Ich beseitige damit, dass ich unbewaffnet gehe, nur die Wahrscheinlichkeit sofort aufzufliegen und sofort abgestochen zu werden, bevor ich etwas unternehmen kann! Comprehende?"
„Ja, ich habe verstanden. Dann teilen wir uns mal dem Team mit. Sind sie sicher, dass sie das wirklich tun wollen? Ich meine... sie müssen das nicht..."
„Es ist mein Leben...", ich schnaufte einmal tief durch und warf Steve dann einen sarkastischen Seitenblick zu. Wir lächelten uns an und begaben uns dann zum Rest von Steves Team, wo mein Plan vor allem unter großer Zustimmung von Cromwell angenommen wurde. Welch Überraschung.
So stand ich also eine halbe Stunde später mit nichts als einem kleinen Klebepunkt in meiner Hosentasche bewaffnet da, der, wurde er stark gedrückt, ein Signal an das Team sendete, damit es eingreifen konnte.
Ich ließ mich von Steve und seinen Kollegen durch Downtown fahren und bat sie, mich nahe dem Ort raus zu lassen, an dem ich mit Rose aus dem Streifenwagen geflohen war. Von dort setzte ich meinen Weg Richtung des alten Schuppens fort, in dem ein Geheimgang in den Untergrund war.
Ich kletterte wie gewohnt die Leiter hinab. Als meine Füße auf dem feuchtnassen Boden aufkamen, zögerte ich kurz. Ich hätte fliehen können, die Polizei hinter mir im Staub lassen und einfach für immer auf nimmer Wiedersehen das Land verlassen können. Doch der Gedanke, dass Rose irgendwo da bei den Pentagrams mit einem verrückten Gestörten alleine war, der wahrscheinlich nur einen Gedanken im Kopf hatte, machte mich völlig fertig. Also schlug ich den Weg ein, den man mich einmal geführt hatte, als man mich mit zu den Tierkämpfen im Untergrund gebracht hatte
Dieses Spektakel hatte ich mir damals nicht entgehen lassen wollen, doch hinterher wäre ich froh gewesen, wenn ich nicht dort gewesen wäre. Die Schreie der armen Menschen, die man den Tieren vorgeworfen hatte wollten mir einfach nicht mehr aus dem Kopf gehen.
Ich schlich mich die Kanalisation entlang, bis ich zu einem der Pentagramm Zeichen kam, die überall auffällig an der Wand verteilt waren. Doch manche waren anders. Einige waren mit einem roten Punkt in der Mitte versehen. Das waren die Zeichen, die die versteckten Eingänge markierten. Am Fuße eines solchen Zeichens lagen Metallplatten, die auf den ersten Blick unglaublich schwer aussahen, doch wenn man sie anfasste, entpuppten sie sich als Fälschungen, die man sehr leicht zur Seite schieben konnte. Hinunter führte eine weitere Leiter, doch dieses Mal konnte man den Boden am Grund nicht mehr erkennen.
Ich atmete tief durch, ging in die Hocke und sah mich noch einmal um. „Also gut, Ron, jetzt gibt es kein Zurück mehr", murmelte ich und wurde mir erst im Nachhinein wirklich darüber bewusst, was diese Worte für mich wirklich bedeuteten.
Ich ließ die falschen Platten, des Loches, in das ich hineingestiegen war, so liegen, dass man den Abstieg schnell entdeckte, sollte es einen Notfall geben. Dann kletterte ich hinunter. Mein Herz pochte mir bis zum Hals. Ich musste die Gedanken an das letzte Gemetzel verdrängen, das ich hier mitbeobachtet hatte und verdrängen, dass ich darüber nachdachte, ob Rose überhaupt noch am Leben war.
Langsam gewöhnten sich meine Augen an die Dunkelheit und ich konnte den Boden erkennen, der wenige Meter unter meinen Füßen immer näher kam. Ich schluckte und verharrte kurz. Hatte ich da nicht jemanden gehört?
Ja, hatte ich, da war ich mir sicher. In solchen Momenten war es schier tödlich, so etwas als Phantasie abzutun. Ich blieb also etwa drei Meter über dem Grund auf der Leiter stehen und wartete ab, was nun passierte. Zuerst hörte ich nichts, sodass ich tatsächlich langsam dachte, ich hätte mir das Geräusch nur eingebildet, doch dann war wieder ein Schritt zu hören und ein leises Klirren. Plötzlich konnte ich eine Person erkennen, die unten an der Leiter stand und zu mir herauf sah.
„Dachte ich mir doch, dass ich jemanden gehört habe? Besuch zu so früher Stunde? Das haben wir hier aber selten!", lachte die Person unter mir düster. Ich bezweifelte, dass man mich erkannt hatte, doch wenn ich nach unten kommen wollte, musste ich wohl oder übel meine Tarnung aufgeben.
„Hola, Messer! Que Tal?"
„Mir geht's prächtig, Johnson! Fragt sich nur wie lange du noch da oben stehen und dich vor uns verstecken kannst!"
Es wäre lebensmüde gewesen hinunter zu steigen und Messer förmlich in die offene Klinge zu rennen, deshalb kletterte ich einfach ein paar Sprossen aufwärts, um aus seiner Reichweite zu kommen.
„Wer will denn da abhauen? Bist du nicht wegen etwas bestimmtem hergekommen? Oder sollte ich vielleicht lieber sagen: Wegen jemand bestimmtem?"
Ich verharrte in meiner Bewegung, atmete tief durch und sah nach unten. Es lagen ungefähr dreieinhalb Meter zwischen mir und Messer, doch wenn ich mich an den Seitenteilen der Leiter festhielt und absprang hatte ich genug Schwung, um Messer umzureißen, jedoch nicht so viel Geschwindigkeit, dass ich mir am Boden alle Knochen brach.
Ich ließ mich fallen und trat um mich. Messer wurde vor die Brust gestoßen und taumelte Rückwärts. Ich ergriff meine Chance und hieb einmal gegen seine Halsschlagader, sodass er betäubt umfiel. Gute alte Zeiten, dachte ich mir und rieb mir die Hände. Hindernis Nummer eins war überwunden. Stellte sich nur die Frage, wie viele Hindernisse mir Robin noch gestellt hatte. Wusste er etwa, was hier vor sich ging?
Ich folgte einem Gang, der zu einer beleuchteten Halle führte. Da ich schon einmal hier gewesen war, hatte ich natürlich den Vorteil, dass ich mich bereits etwas auskannte und so wusste, wohin ich ausweichen konnte, sollte es tatsächlich zum Kampf kommen.
Ich wusste, dass man mich bereits erwartete, als ich die Halle betrat, doch ich wusste auch mit ziemlicher Sicherheit, wen ich dort nicht antreffen würde. Robin Peters in Person. Nicht einmal seinen eigenen Untertanen zeigte er sich, so geheim hielt er seine Identität.
Nur einige wenige seiner Diener, die treuesten ihrer Art, kannten sein Gesicht. Mit ihnen war nicht zu scherzen, deshalb machte ich mir auch keine großen Hoffnungen, sie zu besiegen und kam bereits mit erhobenen Händen in die Halle gelaufen und ging, als ich ihre Mitte erreicht hatte in die Knie.
Eine Zeit lang passierte nichts, dann lösten sich aus jeder Ecke des Raumes Gestalten aus dem Schatten und umzingelten mich. Auf einem Stapel Kisten erschien plötzlich wieder diese Frau. Eine von Robins engsten Dienerinnen. Ich kannte ihren Namen nicht, doch ich wusste, dass man dieses blonde Biest nicht unterschätzen durfte. Sie war beinahe so gerissen, wie ich selbst in ihrem Alter.
„Oh, sieh mal einer an, wer uns heute doch noch mit seiner leibhaftigen Anwesenheit beehrt! Das liebe, kleine Ronnieleinchen! Du bist also doch nicht tot. Was willst du nur hier, mh, das ist mir ein Rätsel."
Die vier weiteren Kumpanen um mich herum lachten. Ich starrte zu Boden und hob nicht den Kopf. Alles andere wäre mein Todesurteil gewesen.
„Habt ihr Rose? Geht es ihr gut?"
Wieder lachten die Geschworenen und nun schallte das Lachen der Anführerin am lautesten durch den Raum.
„Natürlich haben wir sie, Tonto!", lachte sie. Ich ignorierte einfach, dass sie mich soeben einen Dummkopf genannt hatte, „Wie niedlich. Mr. Ronald Johnson hat sich verliebt! Wurde aber auch langsam Zeit, sonst hätte ich gar kein Druckmittel gegen dich gehabt!"
„Ich will ein Mitglied der Pentagrams werden. Macht mit mir, was ihr wollt, aber bitte... lasst sie gehen!", ich versuchte das ruhig zu sagen, doch mir steckte ein Kloß im Hals fest, sodass ich die letzten Worte nur noch keuchen konnte.
„Ein schlechter Tausch von Steve!", lächelte die Blondine. Woher zum Teufel wusste sie, dass ich mit Steve unter einer Decke steckte?
„Du hättest dich nicht mit den Cops verbünden sollen, Schätzchen!", damit winkte sie ihren Kollegen zu, dass sie mich ergriffen und mich hochrissen. Die Frau griff in meine Hosentasche und zog den rettenden, stillen Alarm heraus, um ihn zwischen den Fingern zu wenden. Schließlich legte sie ihn so auf die Seite, dass der Alarm nicht aktiviert werden konnte und zertrat das kleine Gerät.
„Was habt ihr vor?", rief ich verzweifelt, „Was zum Teufel habt ihr mit Rose gemacht!?"
„Dummer Junge! Jetzt haben wir dich ja. Wir brauchen sie nicht mehr. Robin hat einen netten Burschen von der Straße aufgelesen, der sich ganz wundervoll um sie kümmern wird!"
Die Frau drehte sich um und winkte eine weitere Person zu sich. Mir drehte sich der Magen um. Es war Pietro. Ich wollte ihn jetzt nicht sehen, nicht jetzt, nicht hier.
„Es war ein Fehler, mich vor dem Knast zu retten, Johnson", wie ein Fuchs schlich er näher an mich heran, bis sich unsere Gesichter fast berührten, „Hey, keine Sorge, wenn du tot bist, sorge ich für deine Freundin. Sie ist zwar noch etwas vorlaut, aber mit ein paar kräftigen Schlägen kriegt man das in den Griff, das habe ich schon gemerkt..."
„Du Mistkerl! Was hast du ihr angetan?!", schrie ich, doch man hielt mich zurück. Pietro tat keinen Schritt zurück, stattdessen boxte er mir einige Male so heftig in die Magengrube, dass ich stöhnend in mich zusammen fiel.
„Bringt ihn weg!", befahl die Frau, „Ihr wisst schon, wohin. Wenn er einer von uns werden will, dann soll er auch spüren, was es bedeutet, einer der Pentagrams zu sein!"
„Und das Mädchen?", fragte einer der weiteren Kumpanen.
„Pietro ist für sie zuständig. Töte sie oder was weiß ich. Ist mir egal, was du mit ihr anstellst."
„Das könnt ihr doch nicht machen! Das könnt ihr nicht... Lasst sie in Ruhe!", ich versuchte mich frei zu strampeln, doch man packte mich im Genick und drückte mich nach unten, trat mir in die Kniekehlen und zwang mich zu Boden, dann fesselte man mir die Arme hinter den Rücken und zerrte mich durch einen Gang in einen weiteren Raum.
Wir kamen an einigen Türen vorbei. Eine von ihnen war verschlossen und ich meinte kurz ein leises Schluchzen zu hören, doch bevor ich mir sicher sein konnte, schlug man mir auf den Hinterkopf und brachte mich so zum weiter gehen. Hier war Rose also gefangen. Da war ich mir sicher. Doch was hatte man nun mit mir vor?
Wir kamen in einen kleineren Raum, er war dunkel und nur von einer Feuerglut in einer Ecke und einer gruselig hin und her schwingenden Glühbirne erhellt. Am Boden waren Spuren von Blut und anderen Flüssigkeiten zu sehen, als hätte man hier schon öfters Leute gefoltert oder getötet. Ich stemmte meine Beine in den Boden und wehrte mich, doch es hatte keinen Zweck. Vier Leute waren selbst für mich eine Nummer zu groß.
Sie schleiften mich in die Mitte des Raumes, schleuderten mich dort zu Boden. Die Frau mit den blonden Haaren schlich irgendwo im Hintergrund umher und stocherte in der Feuersglut.
„Bevor ihr mich tötet will ich mit Robin Peters sprechen!", rief ich, daraufhin stockte sie in ihrer Bewegung und drehte schwungvoll ihren zierlichen Kopf, sodass ihre blonden Wellen flogen. Sie drehte sich langsam um und kam auf mich zu.
„Na dann, schieß los, Ronnie!", lachte sie, „Sag ihr alles, was du willst."
Ich war vor den Kopf gestoßen: „Sie sind nicht Robin Peters!"
Wütend schnaufte die Frau durch und starrte mich mit ihren grünen Augen durchdringend an. „Und warum nicht, wenn ich fragen darf?"
„Weil sie...nun ja...", ich suchte nach den richtigen Worten, „Weil sie... eine Frau sind!"
Ich hatte es geschafft, mich mit angewinkelten Ellenbogen etwas nach oben zu stemmen, um besser sehen zu können, doch nach dem letzten Satz verpasste mir Robin einfach einen Tritt gegen das Kinn und warf mich so wieder zu Boden, dann befahl sie ihren Kollegen, mich fest zu halten, die mich sowohl an Schultern, als auch Beinen und am Kopf fest hielten, sodass ich mich nicht einen Millimeter bewegen konnte.
„Nur damit du es weißt, du Arsch!", rief sie äußerst wütend, „Robin ist ein Amerikanischer Frauenname! Warum zum Geier kann nicht auch einmal eine Frau die größte Verbrecherin des Jahrhunderts sein? Außerdem ist Robin Peters nicht mein richtiger Name, eher so etwas, wie....sagen wir... mein Künstlername!"
Mir fehlten die Worte. Das war etwas, womit ich nicht im Entferntesten gerechnet hatte, doch ich fürchtete, dieses Wissen brachte mir nun nicht mehr besonders viel.
„Wartet! Moment, was haben sie vor?", rief ich, als Robin wieder zu der Glut ging und einen glühenden Metallstab mit einem Pentagrammsymbol am Ende hervor holte. Ich zappelte wie wild geworden, doch es nützte nichts.
„Es wird nur kurz ein bisschen weh tun, aber der Schmerz vergeht für gewöhnlich schnell!", sagte einer der Kerle, die mich fest hielten. Das interessierte mich jedoch im Moment herzlich wenig. Ich wollte nur schleunigst weg von hier, doch es half alles Winden und Rucken nichts, ich war Robin schutzlos ausgeliefert. Sie schob mir mit ihrem Fuß das T-Shirt hoch, dann lächelte sie mir noch einmal dreist ins Gesicht, bevor sie das Brandzeichen nahm und es mir mit voller Wucht auf die linke Brust setzte.
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