Kapitel 28

Sam

Wir blieben noch eine Weile bei Grace am Fenster und Pixie und Candy tauschten sich ein wenig mit ihr aus. Sie redeten über die neuesten Bewegungen im Fall der Haustierdiebe, doch die Polizei tappte noch immer im Dunkeln. Solange nur Haustiere verschwanden sahen sie den Fall nicht als allzu wichtig an. Das war mal wieder Typisch. Solange kein Mensch zu Schaden kam, gab es wichtigere Dinge zu klären.

„Da kam letztens so eine Frau mit einer gestreiften Hündin und hat sich in der Verwaltungszentrale beworben", erzählte Grace. Ganz plötzlich wurde ich hellhörig. Ich kannte nur eine Hündin, auf die diese Beschreibung zutraf.

„So etwas wie diese Hündin habe ich noch nie gesehen", japste Grace, „Weiß mit schwarzen Streifen. Sie ist ein echt komisches Mädel. Verschwindet andauernd und taucht wieder auf und wenn man sie dann darauf anspricht, reagiert sie total aggressiv. Und dann auch noch dieser Geruch von diesen fremden Menschen... Mehr als seltsam. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich behaupten, dass sie eine Spionin ist."

Ich lauschte auf und knurrte. Das konnte nur Sakura sein. Wie war sie nur hierher gekommen? Und wer war diese Frau. Was machte sie hier? Das konnte nichts Gutes bedeuten.

„Ich kenne sie", knurrte ich, „Sie hatte ein gebrochenes Bein und war bei meinem Herrn in Behandlung. Eines Nachts ist sie abgehauen und ich habe sie mit einem alten Feind in unserer Einfahrt erwischt. Der Typ hat mich abgestochen und ist dann mit ihr im Gefolge abgehauen."

„Du solltest vorsichtig sein, großer Schwarzer. Sie murmelt im Schlaf und nicht selten redet sie von einem schwarzen Hund mit blauen Augen", Grace kniff die Augen zusammen, aber sie knurrte nicht, sie war ganz ruhig, aber bestimmt. Sie wusste anscheinend, wie man sich zu benehmen hatte.

Ein ungutes Gefühl verriet mir, dass diese Grace mehr wusste, als sie mir verraten wollte und das gefiel mir nicht. Etwas hektisch sah ich mich um und fing dabei wieder ihre Aufmerksamkeit ein.

„Was ist? Wolltet ihr nun eure Freunde suchen, oder nicht? Ich bin ein Polizeihund! Ich muss immer auf Abruf bereit sein, also bitte fragt mich jetzt, wenn ihr noch etwas wissen wollt", Grace blickte nach hinten ins Haus hinein, dann fügte sie leiser hinzu, „Ich habe ein schlechtes Gefühl, wenn Sakura hier ist. Ich glaube, sie belauscht uns."

„Vielen Dank, Grace, du hast uns wieder mal sehr geholfen!", wuffte Pixie freundlich und wedelte mit dem Schwanz.

„Tut mir leid, dass ich nicht mehr Zeit für einen Plausch hatte. Vielleicht ein andern mal. Oh wartet!"

Die Tür zu dem Gebäude, in dem Grace saß ging auf und ein Mann kam heraus. Wir waren sofort alarmiert und hechteten hinter einen Müllcontainer in der Nähe. Der Mann holte jedoch nur eine kleine Schachtel aus seiner Tasche und zündete sich eine kleine Stange an, die fürchterlich zu rauchen und zu stinken begann. Von uns nahm er keine Notiz. Grace war hinter ihm unbemerkt durch die Tür geschlitzt und schlich sich nun ganz leise in unsere Richtung.

„Pixie, kann ich vielleicht mit euch kommen, wenn ihr nach Oaktree geht?", fragte sie winselnd, „Die Leute kennen mich dort. Sakura macht mir Angst. Sie beobachtet mich die ganze Zeit."

„Macht dein Herr sich keine Sorgen um dich?", fragte ich.

„Ja, sicher", hechelte sie.

„Aber?"

„Wie gesagt", japste Grace, „Ich fühle mich hier momentan äußerst unwohl. Es ist nicht so, als mag ich meine Arbeit nicht aber ich habe das Gefühl, dass Sakuras Frauchen mich entführen will. Darauf habe ich nun wirklich keine Lust."

„Verständlich", maunzte Candy hinter uns. Wir folgten Pixie, die uns zurück zu ihrem Lager brachte, wo wir die Nacht über blieben. Grace wand sich aus ihrem Polizeihundegeschirr heraus und gesellte sich zu Pixies Bande, als wir uns zur Ruhe legten.

Am nächsten Tag machten wir uns gleich nach Tagesanbruch auf den Weg zu einem großen Parkplatz. Pixie beschnupperte einige Lastwägen mit einer großen Ladefläche. Endlich machte sie Halt und spähte auf die Ladefläche. Dann nickte sie.

„Hier müssen wir rauf", wuffte Pixie, „Der Lastwagen riecht nach Zedernharz und sonst gibt es hier nirgendwo eine so große Anzahl an Zedern, wie in der Gegend um Oaktree herum."

„Cool!", winselte Bailey, „Das hast du alles da heraus geschnuppert?"

Pixie nickte und schob mit ihrer Nase das Verdeck der Ladefläche zur Seite. Seven war sofort an Bord und hechelte von oben herunter. Ich verstand, wie es ihm gehen musste. Sunny und Rascal waren seine Familie. Ihm musste es noch mehr bedeuten, sie zu finden, als ich mir vorstellen konnte.

„Na los, worauf wartet ihr? Der Wagen parkt hier nicht den ganzen Tag!", drängte Pixie.

„Pixie, sei nicht so streng mit ihnen!", maunzte Candy. „Sie kennen diese Stadt nicht. Sie verstehen nicht, wie schnell hier alles vonstatten geht."

Ich fing an diese Katze zu mögen. Sie schien Hunde besser zu verstehen, als der Rest von diesem fetten, blöden Katzenpack. Sie war fast selbst wie ein Hund.

„Sam! Bring dein Rudel in die Gänge! Wir fahren nach Oaktree!", miaute sie und trabte mit erhobenem Schweif voraus. Tomtom, Bailey und Charlie folgten mir.

Für uns gab es einen Lastwagen mit Kabeln und großen, schwarzen, schweren Geräten und Metallgerüsten. Es roch staubig und nach Elektrizität, Kupfer, Gold und Silizium und anderen Metallen. Manche von diesen Geräten hatten vorne eine Glaslinse. Ich stupste eine davon mit der Nase an, doch sie bewegte sich nicht. Das einzige, was passierte war, dass die Linse von meiner Nase verschmiert wurde.

„Was ist das?", fragte Bailey verwundert.

„Kameras!", japste Seven. „Richtige, echte Hollywood-Kameras. Boah, das ist ja cool! Ich wollte schon immer mal ins Fernsehen!"

Er hüpfte auf und ab und sprang hin und her. „Sehe ich so gut aus? Liegt mein Fell glatt? Bin ich irgendwo dreckig? Ich muss doch gut aussehen!"

„Reg dich ab, die Dinger sind aus!", knurrte James, „Die fahren schnurstracks zurück ins Filmstudio und das ist in Hollywood!"

„Toll!", brummte Charlie und gähnte.

„Ja, ganz toll!", ich fuhr herum und sah Grace hinter mir stehen.

„Grace, geh zurück zu deinem Herrchen! Der wird dich sonst suchen!", knurrte James.

„Soll er doch! Ich gehe nach Oaktree."

„Grace!", zischte Pixie.

„Nein! Ich gehe nach Oaktree! Und es gibt nichts und niemanden, der mich davon abhalten kann!"

„Weißt du was?!", knurrte James, „Es ist wirklich schlimm mit dir! Du gefährdest die ganze Mission!"

„Mission? Spielen wir neuerdings den Geheimagenten James Hund, Agent 007?"

James knurrte vor Wut. „Grace! Verzieh dich!"

„Nö!"

„Du bist wahrscheinlich der einzige Hund der Welt, der freiwillig zu einem Tierheim geht", maunzte Candy. Grace legte sich demonstrativ auf den Boden der Ladefläche und wedelte mit dem Schwanz.

„Meine Sache", brummte Grace nur und schmatzte, als sie den Kopf auf den Pfoten platzierte. Wir schwiegen.

„So eine blöde Kuh!", knurrte Charlie leise und verkrümelte sich zwischen zwei Kisten in denen Kabel verstaut waren. Bailey trottete hinterher. Ich blieb, wo ich war. Neben der schwarzen Kamera bemerkte man mich sicherlich nicht, falls man noch einmal auf die Ladefläche sah. Candy kuschelte sich an Pixie und James legte sich neben sie Miro und Buddy teilten sich eine Kiste im hinteren Teil des Wagens. So warteten wir, bis der Motor endlich startete.

Es war wie ein kleines Erdbeben, als der Motor endlich ansprang. Alles an mir vibrierte und ich meinte ganz kurz einen Geruch entdeck zu haben. Sakura. Doch dann war der Geruch auf einmal weg.

Wahrscheinlich hab ich nur geträumt, dachte ich und legte den Kopf wieder auf die Pfoten. Dann rumpelte es, als der Wagen anfuhr. Es ging los! Wir fuhren! Auf dem kürzesten Weg nach Oaktree. Ich steckte die Schnauze durch das Verdeck und beobachtete, wie die Bäume an unserem fahrbaren Untersatz vorbei zogen. Die Sonne stand nach einer Weile hoch am Himmel. Es war Mittag geworden.

„Ich muss mal!", jaulte Seven. Ich rollte mit den Augen.

„Bei meinen Barthaaren! Seven hättest du nicht gehen können, bevor wir losgefahren sind?", knurrte ich.

„Da musste ich noch nicht und außerdem fahren wir schon eine Weile!", jammerte er.

„Kannst du es nicht halten?", fauchte Candy äußerst ungehalten.

„Nein! Nein, kann ich nicht! Man, das ist vielleicht fürchterlich! Ich will hier raus!"

Mit Sevens Gejammer im Ohr und dem genervten Stöhnen der anderen fuhren wir eine Viertelstunde, bis der Wagen anhielt und der Motor abgestellt wurde.

„Der Fahrer macht eine Pause, was für ein Glück! Seven, jetzt oder nie!", japste James und schob die Plane des Wagens einen Spaltweit zur Seite. Eine weiße Fellkugel schoss an ihm vorbei. Wir schwiegen mit versteinerten Mienen. Ich blickte zu Charlie, Charlie blickte zu Bailey, Bailey blickte zu Pixie und die starrte mich an. Irgendwann konnten wir uns nicht mehr halten und kugelten uns vor Lachen.

„Was geht denn mit euch?", fragte Seven verwundert, als er zurück kam. Wir wimmerten noch mehr. Vollkommen verwirrt legte sich Seven wieder in seine Ecke und wir versuchten zu schlafen. Das einzige Problem war nur, dass Seven nicht vorhatte es uns gleich zu tun. Der Motor heulte erneut auf und fuhr an.

„Leute, ihr seid alle so still!", hechelte Seven, „Soll ich euch ein bisschen aufheitern? Kennt ihr alle schon mein Reiselied?"

„Oh nein!", maulte Charlie und vergrub den Kopf unter den Pfoten.

„Ooooh! Mein Onkel Spencer frisst 'n Steak in einem Happs,

Steak in einem Happs,

Steak in einem Happs,

Mein Onkel Spencer frisst 'n Steak in einem Happs,

auch zwei, die schafft er leicht!

Mein Onkel Spencer frisst zwei Steaks in einem Happs...!"


Wir anderen stimmten fröhlich in das Reiselied mit ein. Seven war ein Witzbold. Aber genau deshalb war er eben mein bester Freund. Er wusste einfach immer, wann ich ihn brauchte, denn nachdem alle aufgehört hatten zu singen, kam er zu mir getrottet und legte sich an meine Seite. Seinen Kopf platzierte er auf meinen Pfoten. Ich schnappte verspielt nach seinem Ohr und ließ mich zur Seite fallen. Dann schliefen wir ein. Beste Freunde für immer. 

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