Kapitel 59
"Sie lebt!", rief David, als er das Bella Casa betrat und mich erblickte. Lachend kam ich ihm entgegen und gab ihm eine Umarmung.
"Ich freue mich auch, dich zu sehen."
"Und was ist mit mir?"
Hinter David tauchte Em auf, die mich sofort in ihre Arme schloss, sobald David mich losließ.
"Es ist so schön euch wieder zu sehen!" Ich strahlte meine beiden noch-Kommilitonen an. Wir hatten uns fast vier Wochen nicht gesehen, da ich mit der Arbeit im Bella Casa – und natürlich mit meinem Freund – so beschäftigt gewesen war. Ich hatte sie nicht nur vermisst, sondern auch viel zu berichten.
"Wenn du jetzt sagst, dass du uns nur hier her bestellt hast, weil wir wieder irgendwelche Flugblätter verteilen sollen, dann rede ich nie wieder mit dir." David hob warnend einen Finger.
"Keine Sorge, ich habe euch hier her bestellt, weil ich mich nach euch gesehnt habe und ich euch einladen möchte." Es hatte so seine Vorteile, mit dem Chef des Restaurants zusammen zu sein.
"Ja, worauf wartest du dann noch?", lachte Em und ich ging mit ihnen zu einem Tisch in der Ecke. Heute Abend waren nur wenige Studenten zugegen, was mich aber weniger störte. Sydney und Lorenzo hatten zwar alles im Griff, aber wären wir von ausgehungerten Studenten-Zombies überfallen worden, wäre ich gezwungen gewesen, David und Em sitzen zu lassen – und das wollte ich auf keinen Fall.
"Okay, worauf habt ihr Lust?", fragte ich sie, als sie sich gesetzt hatten.
David zuckte die Schultern. "Überrasch uns?" Fragend sah er zu Em, die zustimmend nickte.
"Ich liebe Überraschungen!" Vergnügt klatschte sie in die Hände.
"Okay, bin gleich wieder da!"
Ich schlängelte mich durch die Tische und marschierte in die Küche, wo Fabio gerade zwei Suppenteller bereit stellte. Er lächelte breit, als er mich sah.
"Hey!" Ich lehnte mich über den Tisch und gab ihm einen Kuss auf den Mund.
"Ihr habt euch vier Minuten nicht gesehen, reißt euch doch mal zusammen", hörten wir Lorenzo hinter mir lachen, bevor er sich die zwei Suppenteller schnappte und wieder verschwand. Ich grinste.
"Sorry, aber ich kann einfach nicht die Finger von dir lassen."
"Ist mir eigentlich ganz recht so", zwinkerte Fabio, sah mich dann aber fragend an. "Was gibt's?"
"Em und David sind hier, ich setze mich also mit einer Flasche Rosé zu ihnen und warte darauf, dass du uns drei leckere Teller servierst."
"Alles klar, Chef!" Fabio salutierte und vergnügt verließ ich wieder die Küche. Auf dem Weg holte ich die Weinflasche aus dem Kühler und ging damit zu meinen Freunden. Sydney hatte uns schon Brot, Olivenöl und ein kleines Schälchen gemischte Oliven als Appetizer hingestellt.
"Da bin ich wieder!" Ich holte einen Korkenzieher aus der Tasche meiner Schürze, schenkte uns ein und setzte mich neben Em.
"Erzählt, wie geht's euch?", fragte ich voller Erwartung. David, der einen riesen Brocken Brot im Mund hatte, zeigte auf Em, damit sie anfing zu erzählen.
"Ich habe heute meine Einladung für die mündliche Prüfung zur Bachelor-Arbeit erhalten", sagte sie und weitete die Augen, um zu verdeutlichen, dass auch sie überrascht war. "Also habe ich schon mal bestanden!"
"Oh wow, Em, verdammt! Ich freue mich so für dich!", meinte ich und umarmte sie von der Seite. "Darauf müssen wir gleich anstoßen!"
Ich nahm mein Glas und sah abwartend zu David, der gerade schwer schluckte, während er eifrig nickte, und dann gleichzeitig mit Em sein Glas erhob.
"Auf Em. Unsere kleine Streberin!", sagte er feierlich.
"Mir hast du besser gefallen, als du vor lauter Essen nicht reden konntest", ärgerte Em ihn, trank aber trotzdem von ihrem Glas. Als die leckere Flüssigkeit meine Kehle hinunter glitt, musste ich unwillkürlich an Robyn und daran denken, dass sie über ein Jahr kein Alkohol trinken durfte.
Ich war mir zumindest ziemlich sicher, dass sie Alex oder Angie stillen würde. Und in der Zeit, durfte sie auch nichts trinken.
Ein Glück, dass ich nicht schwanger war.
"Und bei dir, David? Alles klar?"
"Ich kann mich nicht beklagen", nickte er und stellte sein Glas ab. "Ich warte noch voller Geduld auf meine Benotung, verbringe sonst die Zeit bei meinen Eltern. Die haben einen Pool", schob er erklärend hinterher.
"Und wieso hast du uns noch nicht eingeladen?" Em hob abwartend eine Augenbraue.
"Weil... weil ihr zu tun hattet?", lachte David, da das eine echt schlechte Ausrede war. Er hatte nämlich nicht einmal gefragt.
"Ich hatte nicht zu tun! Ich habe mich die letzten Wochen nur gelangweilt, weil meine Freunde mich anscheinend vergessen hatten", spielte Em die Beleidigte und sah dabei vor allem mich an.
"Es tut mir sooo leid", meinte ich und hob entschuldigend die Hände. "Wirklich, aber uns wurde die Bude fast eingerannt und wir sind auf einen Schlag fast drei Kellner losgeworden und..."
"Stopp, stopp, stopp", wurde ich von Em unterbrochen. "Alles. Von. Anfang. An."
Die nächsten zehn Minuten erzählte ich ihnen alles über Antonia, Francesca und Jacques und meine neuen Arbeitsaufgaben.
"Wow, du hast ja mehr als Vollzeit gearbeitet die letzten Wochen", stellte Em fest und ich nickte.
"Und wie soll es weiter gehen, wenn das Studium wieder anfängt?" David war gerade dabei, sein viertes Stück Brot zu essen. Und die Anzahl der Olivensteine auf seinem Teller zu Folge, hatte er die halbe Schüssel geleert, stellte ich amüsiert fest, wurde aber wieder ernst, als ich meine beiden Mitstudenten ansah.
"Seht ihr, deswegen wollte ich mich mit euch treffen..."
"Du schmeißt das Studium!"
"Okay wartet mal", lachte ich. "Ich habe – hoffentlich – meinen Bachelor! Ich habe den ersten Teil also zu Ende gebracht. Geschmissen wird hier nichts. Ich will einfach nicht noch meinen Master machen. Jetzt zumindest nicht."
Wer wusste schon, was in zehn Jahren war? Vielleicht bekam ich da ja nochmal die Lust, weiter zu studieren.
"Wow..."
"Irgendwie habe ich immer gedacht, dass du das von uns dreien am meisten wolltest", murmelte Em und trank von ihrem Rosé. Ich zuckte mit den Schultern.
"Vielleicht war das einmal so. Jetzt sieht mein Leben einfach anders aus."
"Apropos 'Aussehen'. Dein heißer Koch kommt mit dem Essen auf uns zu", flüsterte sie aufgeregt. "Das macht er doch bestimmt nur, weil er noch in dich verliebt ist und die Nähe zu dir sucht!"
Ich hatte ganz vergessen, wie romantisch veranlagt Em doch war. David warf Fabio nur einen skeptischen Blick zu. Er glaubte immer noch nicht daran.
Nur schwer konnte ich mir ein Lachen verkneifen, als Fabio endlich unseren Tisch erreicht hatte und die Teller vor uns abstellte.
"Drei Mal 'la sorpresa'", lächelte er charmant und Em neben mir kicherte plötzlich schüchtern.
"Was heißt das?", flüsterte David mir zu und Fabio lachte.
"Die Überraschung", übersetzte er selber und David schien ein Licht aufzugehen.
"Aaah", hörte ich ihn noch hauchen, während er das Gericht vor ihm betrachtete.
"Braucht ihr noch was?", fragte Fabio und legte seine Hand auf meine Schulter.
"Nein, Danke. Wir haben alles, tesoro mio", grinste ich und drückte seine Hand. Mir war klar, dass die anderen beiden uns gerade begafften, als wären wir Affen im Zoo. Aber das machte das Ganze nur umso lustiger.
"Okay, ruft mich, falls was ist." Langsam ließ Fabio meine Hand los und entfernte sich wieder.
"Was war DAS? Und was heißt dieses tesoro-Dings?" Em sah mich mit großen Augen an.
"Das bedeutet 'mein Schatz'." Ja, den ein oder anderen italienischen Ausdruck hatte Fabio mir in letzter Zeit beigebracht. "Seht ihr, das ist der zweite Grund, warum ein Treffen mit euch fällig war. Fabio und ich... Wir sind zusammen." Wieso grinste ich bitte gerade so doof?
David schüttelte amüsiert den Kopf, während Em mich einfach nur anstrahlte.
"Ich freue mich ja so für euch!", hauchte sie. "Du hast dein italienisches Happy End bekommen!"
"Ja, so kann man es nennen", lachte ich.
"Er wollte dich nach all den Jahren trotzdem noch! Gott, ist das romantisch." Sie hörte gar nicht mehr auf, zu schwärmen.
"Das ist echt toll, Ceil", sagte David. "Wirklich. Jetzt bin ich wohl aus dem Schneider."
Bei seiner Andeutung musste ich auch lachen. "Stimmt, falls wir mit – was, vierzig? - keinen Partner hatten, würden wir uns miteinander trösten? Ja, tut mir Leid, da brauchst du jetzt einen anderen Backup-Plan."
"Ich melde mich freiwillig", sagte Em und hob ihre Gabel.
"Wieso?" Ich drehte mich zu ihr. "Ist aus dir und Ronny doch nichts geworden?"
"Nee." Sie schüttelte den Kopf und verzog den Mund. "Er war mir doch eine Nummer zu komisch."
David zuckte wieder mit den Schultern, ganz nach dem Motto 'ich habe es ja gesagt', während ich nicht ganz wusste, ob ich lachen oder sie trösten sollte.
"Du findest schon noch den Richtigen." Ich stockte. "Vielleicht hast du ihn ja schon vor drei Jahren getroffen und ihr müsst euch nur wieder über den Weg laufen."
"Ja, klar", lachten Em und David. "Erzähl lieber, wie das mit euch beiden zustande gekommen ist, damit wir in Ruhe essen können."
Ich grinste meine beiden Freunde an. Ich würde es echt vermissen, mit ihnen fast täglich zusammen zu sein. Aber ich hatte so ihm Gefühl, dass wir für immer befreundet sein würden. Dass nicht nur die Uni unsere einzige Gemeinsamkeit war. Dafür würde ich auf jeden Fall schon sorgen.
Und dann erzählte ich ihnen von meinem italienischen Happy End. Was für mich aber eher ein italienisches Happy Beginning war.
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Em und David mussten ja auch noch eingeweiht werden ;)
So, das war jetzt das letzte reguläre Kapitel - jetzt kommen nur noch der Epilog und die Danksagung und dann müssen wir uns auch von Ceil und Fabio verabschieden...
Zumindest hier, wir sehen sie ja bestimmt nochmal ;)
Tyskerfie & HeyGuys77
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