"Ich hole noch mehr Wein", grinste Damian und wackelte mit den Augenbrauen. Als er auch den Tisch verließ, blieben nur Fabio und ich zurück. Ich drehte meinen Kopf, nur um zu bemerken, dass er mich ansah. Sein Blick traf mich ein wenig unvorbereitet.

"Was ist?", fragte ich total verunsichert. War mein Make-up verschmiert? Oder standen meine Haare wild vom Kopf ab?

"Ich arbeite immer noch gerne mit dir zusammen, Ceil", gestand Fabio dann aber und lächelte mich breit an.

"Geht mir genauso mit dir", gab ich zurück, nachdem ich vergeblich versucht hatte, nicht rot zu werden. Aber bevor die ganze Situation wirklich komisch werden konnte, waren Damian und Blair mit Wein und Essen wieder zurück.

Blair stellte eine riesige Schüssel mit Spaghetti in die Mitte des Tisches. Ich konnte grünen Spargel, Tomaten und Garnelen erkennen und allein bei dem Duft lief mir schon das Wasser im Mund zusammen.

"Blair, das sieht fantastisch aus", musste ich sie sofort loben. Warum sah kochen immer so einfach aus?

"Dann schnell her mit deinem Teller", meinte sie grinsend und das ließ ich mir nicht zweimal sagen. Blair schöpfte allen, während Damian die Weinflasche aufmachte und nochmal nachschenkte.

Der erste Biss war eine Offenbarung. Ich schmeckte Zitrone und ein wenig Cayenne-Pfeffer und...

"Muskatnuss, perfekte Wahl, Blair. Du hast dich mal wieder selbst übertroffen!" Fabio schien es sichtlich zu schmecken, denn während ich noch den ersten Bissen genoss, schaufelte er schon den dritten in seinen Mund. Kleiner Gierlappen.

Grinsend stimmte ich Fabio zu und aß dann weiter.

"Und du studierst noch, Ceil?", fragte Blair mich interessiert und nahm einen Schluck von ihrem Wein.

"Genau. Kunstgeschichte. Gerade eben hab ich meine Bachelorarbeit abgegeben, jetzt heißt es abwarten und Tee trinken", fasste ich kurz zusammen. "Arbeiten du und Damian eigentlich in der gleichen Firma?", stellte ich eine Gegenfrage, aber Blair schüttelte lächelnd den Kopf.

"Nein, ich arbeite in einer Werbeagentur. Das ist viel stressiger als Damians simpler Job in einer Werbeabteilung", neckte sie ihren Verlobten mit einem grinsenden Seitenblick.

"Mir gehen die Sachen eben leicht von der Hand", zuckte Damian nur lächelnd mit den Schultern und ließ sich wieder einmal überhaupt nicht aus dem Konzept bringen.

"Und wie habt ihr euch dann kennengelernt?" Ich war wirklich neugierig. Bisher hatte Fabio mir ja nur erzählt, wie er die beiden kennengelernt hatte.

Blair wurde ein wenig rot bei der Frage und ich hatte schon Angst, dass ich jetzt in ein Fettnäpfchen getreten war. Aber das war doch eine ganz normale Frage an ein Pärchen?

"Damian und mein Bruder sind schon eine halbe Ewigkeit befreundet", begann Blair dann doch zu erzählen.

"Und etwa so lange stand ich auch schon auf sie", gab Damian überraschenderweise unverblümt zu und ich konnte Fabio aus dem Augenwinkel schmunzeln sehen. Offenbar kannte er die Geschichte schon. "Aber dann hat sie mir erst mal das Herz gebrochen und mich gefriendzoned", erklärte er weiter und bekam dafür einen spielerischen Klaps von Blair.

"Bis sie dann hinter mir her war und ich sie habe zappeln lassen", beendete er die Erzählung, aber Blair schritt empört ein.

"Das hättest du wohl gerne!", meinte sie lachend und ich war mir nicht sicher, wie viel von der Erzählung jetzt der Wahrheit entsprach. Mir war aber klar, dass ein Großteil fehlte und dass dieser Teil den beiden gehörte und mir wahrscheinlich nie erzählt werden würde.

Aber egal wie kompliziert es zwischen den beiden begonnen hatte, es war die verliebten Blicke, die sich die beiden zuwarfen, mit Sicherheit wert.

"Und wie habt ihr euch kennengelernt?", stellte Damian jetzt die Gegenfrage und ein wenig geschockt sah ich zum ihm. "Also, ich meine, wie lange kennt ihr euch schon und so? Fabio hat erzählt, dass ihr euch nicht erst im Restaurant das erste Mal getroffen habt", versuchte er zu erklären, als er meinen verdutzten Gesichtsausdruck bemerkte. Ich hatte eindeutig seine Frage falsch verstanden.

"Ähm, also wir kennen uns schon ewig", fing ich vorsichtig an und sah leicht fragend zu Fabio. Wie viel hatte er erzählt? Ich spürte, dass Blair mich nachdenklich musterte. Ihre weibliche Intuition witterte bestimmt, dass da mehr dahinter steckte.

"Wir sind zusammen zur Schule gegangen und waren vor allem im Abi-Jahr irgendwie unzertrennlich", fügte er kryptisch hinzu, sah dabei aber nur mich an.

"Genau."

Schnell sah ich auf meinen Teller, um nicht in Fabios Augen unterzugehen und von unseren gemeinsamen Erinnerungen überwältigt zu werden.

"Als ich nach Italien gezogen bin, haben wir uns aber leider aus den Augen verloren", erzählte Fabio weiter, während ich das Essen vor mir unglaublich interessant fand.

"Aber dafür ist es umso schöner, dass wir uns im Restaurant wieder über den Weg gelaufen sind", fügte er dann noch hinzu und eine Mischung aus Wut, Unglauben und Trauer machte sich in mir breit.

'Über den Weg gelaufen'. Wenn er mich so unbedingt hätte sehen wollen, dann hätte er mich angerufen.

Ja, wir hatten das Thema schon einmal. Und ich verstand Fabios Argumentation, dass er nicht wusste, wie er sich bei mir melden soll.

Aber trotzdem.

Ich versuchte wieder von meinem gemütlichen Fleckchen hoch oben auf der Palme runter zu kommen und mir möglichst nichts anmerken zu lassen, sondern einfach ruhig weiter zu essen.

Das Thema war bei mir einfach noch immer ein roter Knopf.

Kurz legte sich Stille über den Tisch, aber sie war keineswegs unangenehm. Im Gegenteil, jeder aß einfach ruhig vor sich hin und genoss sein Essen, ohne dieses Erlebnis mit unnötigen Worten zu durchbrechen. Und Blairs Essen war wirklich ein Erlebnis. Ich wünschte, ich könnte so kochen.

"Also Blair, Fabios Essen kann gegen deins einstecken", sagte ich, als ich den letzten Bissen gegessen und mein Besteck zur Seite gelegt hatte und meinte es fast ehrlich. Man konnte kaum sagen, dass eine Kochweise besser war als die andere, dafür waren beide viel zu gut, aber ein wenig provozieren durfte man ja wohl noch.

"Wir haben bestimmt noch einen Platz bei uns in der Küche frei", meinte Fabio grinsend und Blairs Wangen nahmen einen rosigen Farbton an.

"Möchte noch jemand Kaffee oder Espresso?", fragte sie aber dann, ohne auf das Kompliment einzugehen und alle bejahten. Sie stand auf und ich wollte es ihr gleich tun, um ihr mit den Tellern zu helfen, aber Blair winkte ab.

"Bleib sitzen, Ceil, und entspann dich, ich mach das schon. Ihr könnt doch schon mal die Facebook Seite erstellen und dann können wir später die Arbeit Arbeit sein lassen und eine Runde Twister spielen", schlug sie vor, bevor sie mit den leeren Tellern in die Küche lief. Damian folgte ihr mit seinen Blicken, bis sie um die Küchenzeile verschwunden war und drehte sich dann mit einem seligen Lächeln wieder zu uns.

"Sie ist doch einfach unglaublich, oder?", schwärmte er, während er aufstand, um seinen Laptop zu holen und ignorierte dabei völlig, dass Blair jedes Wort hören konnte. Fabio und ich warfen uns nur einen Blick zu und mussten schnell wieder wegsehen, weil wir sonst unser Lachen wahrscheinlich nicht mehr unter Kontrolle gebracht hätten.

Verliebte waren einfach schlimm. Aber schön-schlimm.

"So, dann rückt mal rum, damit alle rein sehen können", meinte er, als er wieder zurück war und Fabio und ich rückten mit unseren Stühlen näher.

"Alsooooo", murmelte er vor sich hin, während er Facebook öffnete. Fabio musste sich anmelden und dann tippte Damian flink auf der Tastatur herum und gab alle Daten vom Bella Casa ein. Das machte er definitiv nicht zum ersten Mal.

Meine Güte, unfassbar, was dort alles verlangt wurde. Und an was man alles denken musste. Hatte das Bella Casa überhaupt ein Impressum?

"Du musst auf der Website dann noch in deinem Impressum vermerken, dass es auch für Facebook gilt", erklärte Damian Fabio nebenbei.

Anscheinend hatten wir ein Impressum.

Ich kannte mich offensichtlich Null damit aus. Aber gut, dafür hatten wir ja jetzt Blair und Damian. Man musste schließlich nicht alles können, sondern nur Leute kennen, die das konnten, was man selber nicht konnte.

Kurz tauchte Blair auf und brachte uns den Kaffee, bevor sie selber wieder in der Küche verschwand.

"Und fertig!", meinte Damian einige Minuten später stolz und wir blickten auf die Unternehmensseite. Als Profilbild hatte Damian das Logo des Bella Casa gewählt und den Banner hatte er fix aus den Grafiken gebastelt, die er schon für den Flyer verwendet hatte. "Den Banner kannst du ja dann jederzeit austauschen. Wenn du willst, kann ich dir da auch noch was Anderes basteln, aber so passt es halt auch zum Flyer", meinte Damian.

"Dann lassen wir es doch erst mal so." Fabio schien sich ebenfalls ganz auf Damians Urteil zu verlassen.

"Gut, dann posten wir doch gleich mal ein Event. Wenn wir die Seite jetzt schon haben, dann macht das viel mehr Sinn. Immerhin sollen die Leute ja so schnell wie möglich kommen und falls es tatsächlich zu viele werden, dann könnt ihr ja immer noch Reservierungen einführen", brabbelte Damian wieder mehr für sich selbst vor sich hin und tippte und klickte wild. "So. Studentenrabatte jeden Abend, außer montags. Uuuund eingestellt." Ich wurde das Gefühl nicht los, dass Damian sein Job richtig Spaß machte.

"Ceil, du bist doch bestimmt mit der halben Uni befreundet, oder?", wandte er sich dann an mich und ich wiegte den Kopf.

"Mit der halben würde ich jetzt nicht sagen, aber ja, mit einigen schon."

"Dann schick ich dir jetzt eine Freundschaftsanfrage und du kannst das Event gleich mal teilen, dann sehen es deine Freunde schon mal."

"Und ich kann es an die Pinnwand vom Uniforum posten, da ist wirklich fast die komplette Uni vertreten", schlug ich vor. Im Uniforum erfuhr man einfach alles – dementsprechend war man fast aufgeschmissen, wenn man der Gruppe nicht beigetreten war. Aber neben schulischen Infos, erfuhr man dort auch alles zu den ganzen Partys auf denen man sich unbedingt blicken lassen musste, also konnte ich dort locker auch unser Studentenspecial posten.

"Perfekt. Freundschaftsanfrage hast du." Ich zückte mein Handy, nahm die Anfrage an, teilte das Event, postete es und schwups war die Info gleich mal weiter verbreitet.

"Dann wäre das auch geschafft. Mal schauen, wie gut das funktioniert."

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Danke ihr Lieben für die Gewinne bei den Creativity Awards - sogar unsere Kurzgeschichte über Ralph hat jetzt den ersten Platz belegt <3

Die Ergebnisse von unserem eigenen Wettbewerb auf ElizaHartBooks sind übrigens auch online, wer sie noch nicht gesehen hat ;) Vorbeischauen lohnt sich! :D

<3
Tyskerfie & HeyGuys77