Kapitel 28

Und hier das versprochene, zweite Kapitel :) Viel Spaß damit! :)

Robyn und ich stolperten – natürlich – zu spät ins Pub. Ich hatte noch an meiner Bachelorarbeit gesessen und die Zeit sowas von aus den Augen verloren und war dann noch sowas von überhaupt nicht fertig gewesen, als Robyn – auch zu spät – geklingelt hatte, um mich abzuholen.

"Hey, da seid ihr ja!" rief Em und winkte uns von einer Ecke aus zu. Das 'Sherlock Holmes Pub' war proppenvoll, was eindeutig am Fußballspiel zwischen Real Madrid und Barcelona lag, das auf der Leinwand ausgestrahlt wurde.

"Wieso gehen wir in ein Pub, wenn gerade 'El Clásico' gezeigt wird?", fragte Robyn mich, als wir uns durch die Tische schlängelten. Das Wissen, dass gerade dieses Spiel zwischen Spaniens zwei Top-Mannschaften 'El Clásico' genannt wurde, hatte sie definitiv von Adrian. Bevor sie ihn kennengelernt hatte, wusste sie nicht einmal, wie viele Spieler in einer Mannschaft waren.

"Weil David gerne Fußball guckt und die Stimmung einfach genial ist?", sagte ich ihr und schmiss mich dann in Ems Arme. "Hey, sorry für die Verspätung!"

Auch David bekam von mir eine Umarmung, er schob mich jedoch schnell von sich weg, da im Spiel etwas interessanteres passierte.

"Auch schön, dich zu sehen", grinste ich und rutschte auf die Bank.

"Bin ich froh, dass ihr hier seid", meinte Em, als Robyn die beiden auch begrüßt hatte. "David hat bis jetzt keinen Satz mit mir gewechselt, sondern nur dieses bescheuerte Spiel geglotzt", erklärte sie und verdrehte die Augen.

"Soll er doch, dann reden wir Mädels eben ungestört", meinte ich und zuckte mit den Schultern. "Aber erst einmal holen wir uns was zu trinken." Vor Em und David standen schon zwei halb leere Biergläser.

"Wir haben schon Essen bestellt. Fish & Chips und den großen Snack-Korb", sagte Em. Alles klar, dazu gehört einfach Bier. Jede Menge Bier.

"Ich hole uns was." Robyn stand wieder auf, kramte ihre Karte aus ihrer Tasche, schmiss sie mir zu und quetschte sich dann durch die Massen bis zur Bar.

"Na, wie läuft es mit deiner Bachelor-Arbeit?", fragte Em mich, die selber schon vor zwei Wochen mit ihrem Bachelor-Projekt fertig geworden war. Wieso konnten alle anderen sich immer an ihren Zeitplan halten, nur ich nicht?

"Es geht vorwärts", grinste ich. "Ich habe morgen meine letzte Schicht im Bella Casa, bevor ich eine Woche frei habe. Freitag in eineinhalb Wochen muss ich also fertig sein." Alleine beim Gedanken zog sich alles in mir zusammen. Jetzt wurde es langsam wirklich ernst. Nicht nur, dass ich verdammte hundert Seiten schreiben musste – die wurden auch noch bewertet!

"Du weißt, dass du mich jederzeit anrufen kannst, falls du Hilfe brauchst, oder?", lächelte Em und ich drückte sie kurz an mich.

"Natürlich!"

Eigentlich hätte ich von David jetzt erwartet, dass er mir das gleiche Angebot machen würde, doch er starrte so konzentriert auf die Leinwand, dass klar war, dass er von unserem Gespräch gerade NICHTS mitbekommen hatte.

"Wie weit bist du denn inzwischen schon?", fragte Em weiter und nahm einen Schluck von ihrem Bier.

"Ich hab die ersten dreißig Seiten", seufzte ich und bevor Em sich zurückhalten konnte, war ihr ein kleines, überraschtes "Oh!" entschlüpft.

"Ja, ich weiß. Ich bin echt spät dran. Aber ich habe sämtliche Quellen gesichtet und mir die Struktur in etwa überlegt, also eigentlich muss ich das Ding jetzt nur noch schreiben", versuchte ich eher mich als Em zu beruhigen.

Genau im richtigen Moment kam Robyn ganz langsam zurück zu unserem Tisch, um ja nichts zu verschütten, weil die Gläser randvoll waren. Ganz vorsichtig stellte sie sie ab und setzte sich dann wieder.

"Puh, noch ein bisschen voller wär nicht mehr gegangen. Das Anstoßen lassen wir dann mal lieber. Wir wollen ja nichts von dem kostbaren Nass verschütten", plapperte sie los und trank einen riesigen Schluck, ohne auf mich zu warten.

Das hielt mich aber nicht davon ab, mir ebenfalls mein Glas zu schnappen.

"Auf Bachelorarbeiten und konsequente Umsetzungen von Plänen", sprach ich grinsend einen ironischen Toast und Em und Robyn lachten. Ich nahm ebenfalls einen Schluck und genoss den leicht bitteren Geschmack auf der Zunge. Mmmh.

"Wann habt ihr das Essen bestellt?", fragte Robyn wie nebenbei, aber ich wusste genau, dass sie bestimmt schon einen riesen Hunger schob.

"Kurz bevor ihr gekommen seid, lange dürfte es also nicht mehr dauern."

"Neeeein! Das kann doch jetzt nicht dein Ernst sein!", rief David in dem Moment und automatisch flogen unsere Blicke zu der großen Leinwand, auf der gerade eine Szene in Zeitlupe gezeigt wurde. Ein wunderschöner Fallrückzieher, aber der Ball landete leider an der Latte. Doof gelaufen, würde ich mal sagen.

"Also, erzähl. Wie läuft es mit deinem heißen Koch?", fragte Em dann, als die Leute um uns herum sich wieder beruhigt hatten.

"Er ist nicht 'mein' heißer Koch", korrigierte ich sie automatisch und betonte 'mein' ganz besonders. Fabio gehörte mir schon sehr lange nicht mehr.

"Aber er ist heiß", gab sie augenbrauenwackelnd zurück und Robyn verschluckte sich beinahe an einem Schluck Bier. Ich wiegte den Kopf halb zustimmend hin und her. Dass Fabio durchaus ziemlich attraktiv war, konnte ich ja schlecht bestreiten.

"Und an der anderen Sache lässt sich bestimmt was drehen und bald ist er wieder deins." Wieder wackelte Em mit den Augenbrauen.

"Das sag ich ihr die ganze Zeit", schaltete sich Robyn ein und schlug sich eiskalt auf Ems Seite. Wollten die beiden sich jetzt gegen mich verbünden!?

"Nein, tust du nicht?" Tat Robyn doch nicht? Sie sprach nur immer davon, dass wir uns aussprechen sollten.

Irritiert sah sie mich an. "Seit wann kannst du meine Gedanken nicht mehr lesen?", meinte sie dann und ich fragte mich, ob sie wohl schon mehr intus hatte als ich wusste. Trank sie zu Hause vielleicht heimlich, um mit Adrians Abwesenheit besser klarzukommen?

Ich verwarf den Gedanken und schüttelte dann vehement den Kopf. "Selbst wenn ich wollen würde, dass Fabio... meins wird...", sagte ich so, als wäre die Vorstellung mir mehr als fremd. "Wer sagt, dass es ihm genauso geht?"

"Du versuchst auch gar nicht, ihn zu verführen, oder?", fragte Robyn mich und Em nickte.

"Genau, du musst ihn mal richtig anflirten. Total bezirzen! Da wird er nicht 'nein' sagen können!"

"Wetten, schon? Und dann habe ich mich mal wieder komplett blamiert!" Das wäre einfach so eine typische Aktion für mich. "Und abgesehen davon, will ich nicht, dass er 'meins' wird, weil ich meine Reize spielen lasse, sondern weil er es auch will", fügte ich hinzu und bemerkte meinen Fehler sofort.

"Also willst du ihn schon wieder haben." Em sah mich leicht lächelnd an, verständnisvoll.

"Ich weiß es nicht", gestand ich ehrlich. "Es ist so viel passiert, so viel Zeit ist vergangen. Ich weiß nicht, ob ich einfach da anknüpfen kann und will, wo wir vor drei Jahren aufgehört haben. Es wäre einfach nicht mehr wie früher", versuchte ich den beiden zu erklären.

"Das wäre ja grundsätzlich auch nicht schlecht, wenn nicht mehr alles so wäre wie früher", kam Robyns trockener Kommentar. Was sollte das denn bitte jetzt schon wieder heißen? Sie wandte sich Em zu und sprach weiter: "Die beiden waren nämlich eins von diesen mega nervigen Pärchen. Kaum waren sie zusammen, hat man sie überall nur noch zu zweit gesehen, händchenhaltend oder knutschend oder kuschelnd, wie zwei so Kletten. Sie waren wie so ein kitschig-klischeehaftes Pärchen aus einer schlechten Schnulze, die sich gegenseitig mit Eis bekleckern, mit Wasser nass spritzen, dauernd nur am Kichern", plauderte Robyn aus dem Nähkästchen und ich spürte, wie meine Wangen heiß wurden.

So schlimm waren wir auch wieder nicht gewesen! Dachte ich zumindest...

"Ach und Adrian und du, das war weniger schlimm?" Ich hob spöttisch eine Augenbraue und gab Robyn zu verstehen, dass nicht nur sie so einiges von mir wusste, sondern ich auch von ihr. Sie sollte also schön aufpassen, was sie hier noch so ausplauderte.

Der Schiedsrichter pfiff zur Halbzeit und in dem Moment kam ein Kellner an unseren Tisch, um das bestellte Essen abzuliefern, als hätte er es perfekt getimed. Wie aufs Stichwort, wandte sich David uns zu, schnappte sich gleich eine Kartoffelecke und fragte dann mit halb vollem Mund: "So, da bin ich wieder. Was hab ich verpasst?"

Aber statt einer Antwort bekam er nur ein einvernehmliches Augenrollen von uns Mädels. Das war doch irgendwie so typisch Junge, oder? Fußball an – Hirn und Ohren aus.

"Was? Das Spiel war spannend!", verteidigte er sich.

"Unser Gespräch auch", zwinkerte Em ihm zu.

"Okay, okay", seufzte er. "Was habe ich verpasst?"

"Robyn und ich versuchen gerade Ceil davon zu überzeugen, dass sie sich an Fabio ranmachen muss, weil sie füreinander bestimmt sind!"

"Oh Gott, geht das schon wieder los?" Jetzt war es David, der die Augen verdrehte.

"Danke!", rief ich aus und legte meine Hand auf seinen Arm. "Seht ihr? David ist noch bei Sinnen, ihr beiden nicht."

"David, glaub mir, die beiden gehören zusammen", wandte Robyn sich direkt an ihn. "Du hättest sie vor drei Jahren sehen sollen. ‚Bella' hier, ‚Prinzessin' da... Fabio hat sie vergöttert!"

"Ja, aber wie du selber sagtest – vor drei Jahren! Es kann sich in drei Jahren viel verändern!" David war und blieb bei der Sache einfach Realist. Dass er gar nicht mitbekommen hatte, dass wir die ‚Vor drei Jahren'-Sache gerade eben schon diskutiert hatten, ignorierten wir freundlicherweise.

"Mag sein. Aber weißt du, was sich nicht verändert hat?" Em grinste ihn siegessicher an. "Fabio ist immer noch ein Mann. Und Ceil hat gewisse Reize, denen er bestimmt nicht widerstehen kann."

Robyn nickte ganz eifrig und ich schüttelte nur den Kopf. Dann schnappte ich mir einen Onionring, tunkte ihn in die Mayonnaise und aß genüsslich.

"Em, nicht alle Männer sind so... einfach", sagte David dann und nahm einen Schluck von seinem fast leeren Bier.

"Ach, wirklich? Erinnerst du dich an den Typen letztens in der Bar?"

"Der dich die ganze Zeit angesehen und dann irgendwann angesprochen hat?"

"Genau der. Vier Minuten, dann hatte ich ihn da, wo ich ihn haben wollte."

"Was so viel heißt, wie...?"

Em zuckte kokett mit den Schultern und grinste dabei ziemlich vielsagend.

"Du hattest ein One Night Stand?", platzte es aus mir heraus und schockiert sah ich sie an.

"Das habe ich nicht gesagt. Wir hatten unseren Spaß. Außerdem haben wir uns seitdem ein paar Mal gesehen", erwiderte Em mysteriös und beantwortete damit meine Frage gar nicht.

Aber ich konnte es dem Kerl nicht verübeln. Em war einfach eine Schönheit. Blaue Augen und blonde Haare – das war es doch, was die Männer wollten, oder?

"Sehr romantisch, Em. Was erzählt ihr in fünfzehn Jahren euren Kindern? ‚Mama hat nur einmal ihre Reize rausgelassen, schon wusste ich, dass ich sie heiraten wollte'?", verstellte David seine Stimme und wir anderen lachten.

"Außerdem kann ich mir kaum vorstellen, dass Ceil an etwas Unseriösem interessiert ist. Vor allem nicht mit Fabio."

"Wer sagt, dass das, was Ronny und ich haben, unseriös ist?", verteidigte Em sich.

"Alleine der Name?", platzte es aus mir heraus. "Heißt er wirklich Ronny? Oh Gott!"

Bevor Em antworten konnte, hatte David schon das nächste Argument parat: "Außerdem war deine anfängliche Absicht unseriös. Dass es sich jetzt zu etwas mehr entwickelt hat, konntest du da nicht wissen. Und das war damals wahrscheinlich auch gar nicht der Plan, oder?"

Em schwieg und trank von ihrem Bier. Sie wusste, dass David Recht hatte.

"Aber!" Robyn fand anscheinend, dass sie Em zur Seite stehen musste. "Wenn Fabio immer noch körperlich von Ceil angezogen ist, ist die erste Hürde schon geschafft. Wenn sie dann ein wenig mehr Zeit miteinander verbringen, dann wird ihm auffallen, wie sehr er ihre einzigartige Persönlichkeit vermisst hat."

Mir platzte gleich der Schädel.

"Können wir... Können wir heute Abend bitte nicht über Fabio reden?", bat ich meine Freunde und anscheinend merkten sie, dass ich es ernst meinte.

Ich wusste selber nicht, was ich wollte. Und ich wusste erst recht nicht, was Fabio wollte. Dass ich mittlerweile wieder ziemlich viele Gefühle für ihn entwickelt hatte, machte die Sache auch nicht besser. Das Letzte, was ich aber da brauchte, war es, von meinen Freunden gedrängt zu werden, mich an ihn ranzuschmeißen.

Em und Robyn gaben zum Glück gleich nach, nickten aber enttäuscht.

"Wir sind aber noch nicht fertig!" Em sah mich vielsagend an.

David lächelte mir aufmunternd zu. "Iss was, trink was, vergiss Fabio und guck mit mir das Spiel", forderte er mich grinsend auf. Sein Angebot klang verlockend.

"Hey, wir sind auch noch hier!", beschwerte Em sich gleich.

"Als ob du mich nicht sekundenweise daran erinnerst", ärgerte David sie trocken, hob sein Glas und wir stießen an.

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Alle, die Pubs lieben - Hände hoch! :D

Tyskerfie & HeyGuys77

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