Kapitel 24

"Also", murmelte er und sah dann zur Uhr, die an der Wand schräg hinter ihm hing. "Wir haben noch eineinhalb Stunden, bis das Restaurant öffnet. Zeit genug!"

Er schnappte sich zwei Lauche und reichte sie mir. "Blattweise abschälen und waschen", wies er mich lächelnd an und ich machte mich sofort an die Arbeit, indem ich die Enden abschnitt. Ich liebte Lauch, aber es nervte mich so dermaßen, dass zwischen den Blättern immer so viel Erde war.

Während ich mich ans Waschen machte, füllte Fabio erst einen großen Topf mit Wasser und setzte ihn auf den angemachten Herd. Danach holte er eine Schüssel, verschwand im Gefrierraum und kam kurz darauf mit jeder Menge Eiswürfel darin zurück. Zusätzlich füllte er noch kaltes Wasser in die Schüssel.

Dann kam er zu mir und begann mir zu helfen. "Also schnell arbeiten ist etwas anderes", ärgerte er mich.

"Hey!", empörte ich mich schon zum zweiten Mal an diesem Tag und spritzte ihm kurzerhand mit meinen nassen Fingern etwas Wasser ins Gesicht.

"Ceil!", rief Fabio und lachte, während er sich mit seinem Oberarm über das Gesicht wischte. "Das kriegst du zurück!"

"Sei einfach nicht so frech", lachte ich und wusch weiter die Lauchblätter. Gerade eben war ich froh, dass wir noch Vormittag hatten, die anderen Angestellten noch nicht da waren und Fabio und ich somit noch einige Zeit alleine hier in der Küche verbringen konnten.

Jedes Mal jedoch, wenn Fabios Arm aus Versehen meinen streifte, stand ich unter Strom. So sehr, dass er wahrscheinlich hören konnte, wie meine Haut elektrisch geladen knisterte.

"Wie gefällt es dir hier eigentlich im Restaurant?", fragte er mich unvermittelt und ich warf ihm schnell einen Blick zu. Langsam begann ich zu lächeln.

"Es gefällt mir echt gut", antwortete ich ihm ehrlich. "Die Arbeit ist vielseitig und die anderen sind alle so unglaublich nett zu mir."

"Vor allem Lorenzo, oder?", hakte Fabio nach. Wieder warf ich ihm einen kurzen Seitenblick zu. Ich sagte erst nichts, sondern legte noch eines der gewaschenen Lauchblätter auf die Küchenrolle, um es gut abzutrocknen. Ich wusste nicht, was Fabios Hintergedanke mit der Frage war.

"Lorenzo war einfach vom ersten Tag an sehr aufgeschlossen", meinte ich dann neutral. "Er hat wirklich dazu beigetragen, dass ich mich hier wohl fühle."

Ich sah aus dem Augenwinkel, wie Fabio einmal nickte. Dann langte er rüber und legte auch eines seiner Lauchblätter auf dem fertigen Stapel ab, wobei seine Hand meinen Arm berührte.

"Ja, er ist ein guter Kerl."

Jetzt konnte ich mir ein Grinsen nicht verkneifen und sah Fabio unverwandt an. "Wieso fragst du?"

"Was? Ob es dir hier gefällt? Ich muss das schließlich wissen, ich bin..."

"Nein", unterbrach ich ihn. "Was interessiert dich Lorenzo?"

Er gab irgendeinen unbeeindruckten Laut von sich und zuckte mit den Schultern. "Nichts, einfach so."

"Fabio?" So leicht sollte er mir jetzt echt nicht davon kommen.

"Nichts", wiederholte er und legte das letzte abgetrocknete Lauchblatt auf die anderen.

"Fabio!", lachte ich jetzt und stemmte die Hände in die Hüften. Unglaublich, wie leicht es mir trotz allem fiel, unbeschwert, mit ihm umzugehen. Ihn zu ärgern. Mit ihm zu lachen. Das musste unterm Strich doch einfach etwas bedeuten, oder?

Er seufzte und sah weg. Verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich seitlich an die Arbeitsplatte. Gerade, als ich dachte, dass er mir antworten würde, zuckte er wieder mit den Schultern. "Nur so, echt", sagte er wieder und wandte sich weg.

"So, zum nächsten Schritt."

"Nein, Fabio!" Ich fasste ihn lachend am Arm, um ihn zu mir zu drehen. Mit funkelnden Augen sah er auf mich herab, als er sich vor mir auftürmte. Langsam ließ ich ihn los, während ich versuchte, ihn herausfordernd anzusehen.

"Jetzt spuck's schon aus!"

"Sonst was?", grinste er schief.

Statt zu antworten legte ich einfach den Kopf schief und betrachtete ihn. "Ich kann ja auch einfach Lorenzo fragen, was los ist. Vielleicht weiß er ja, warum du gerade bei ihm so nachhakst."

"Ähm, also..." Unwohl fuhr er sich durch die Haare. "Naja, es ist einfach so, dass..." Fabio stockte. Okay, er wollte also nicht, dass ich Lorenzo darauf ansprach.

"Er wirkt einfach sehr... interessiert."

"Interessiert?" Ich hob eine Augenbraue. "An?"

"An dir." Wieder dieses Schulterzucken.

"An mir?"

"An dir. Sag' ich ja."

Ich fing an zu lachen. "Ich glaube, da hast du etwas ganz falsch verstanden. Außerdem, was interessiert es dich überhaupt, ob Lorenzo interessiert ist?"

Mir war klar, dass das eine ziemlich gewagte Frage war. Dass Fabio eifersüchtig war, dachte ich jetzt nicht unbedingt. Aber er konnte schon ziemlich besitzergreifend sein – auf die typisch italienische Art, verstand sich.

Und wieso hatte er überhaupt den Eindruck, dass Lorenzo an mir interessiert war? Er war nett, ja, aber nicht wirklich flirtend.

Okay, vielleicht ein bisschen.

Und okaaay, vielleicht war ich ein, zwei Mal kurz darauf eingegangen. Aber einfach weil es lustig war, nicht weil ich etwas Ernstes damit verband. Und Lorenzo ganz sicher auch nicht.

"Merda", fluchte Fabio leise und fuhr sich wieder durch seine Locken, die ihm wieder mal in die Stirn fielen. Vielleicht sollte er sich mal die Haare schneiden oder wieder in einem Man-Bun sammeln.

Gott, nur beim Gedanken fing ich an zu sabbern.

"Es würde mir einfach nicht gefallen, okay?", sagte er dann schnell und wandte sich schon wieder weg, als wäre das Thema erledigt.

"Und warum nicht?"

"Ja, weil halt!", meinte er halb genervt und unterstrich seine Worte mit wilden Gesten. Wieso wollte er ums Verrecken nicht mit der Sprache rausrücken?

"Weil du Lorenzo nicht magst?", stellte ich mich dumm. Fabio war doch wohl nicht eifersüchtig, oder? Und wenn ja, warum sollte er?

"Nein, aber es wäre... komisch. Okay?"

"Komisch?"

"Ja, komisch. Also, wenn du auch an ihm interessiert bist, dann okay, gönn ich dir natürlich... Aber ich will es nicht unbedingt sehen." Wieder dieses verfluchte Schulterzucken. Wieso tat er so gleichgültig? Und was meinte er verdammt? Ich stand gerade so dermaßen auf dem Schlauch.

Was war sein Problem?

Ich setzte gerade zu einer Frage an, als er weitersprach, während er an einem komischen Gerät rumwerkelte.

"Klar, wir sind nicht mehr zusammen, wir sind in unserem Leben schon weiter."

Autsch.

"Aber deswegen bräuchtest du ja nicht direkt vor meiner Nase... Naja, du weißt schon."

"Mit Lorenzo rummachen?", fragte ich mit einem provozierenden Grinsen. Er sollte jetzt verdammt nochmal ordentlich mit der Sprache rausrücken!

Aber stattdessen sah er mich nur entsetzt an.

"Also ich hoffe doch mal schwer, dass ihr in meinem Restaurant nicht rummacht!" Das Entsetzen in seinen Augen ließ mich laut auflachen. "Aber allein zu wissen... und zu sehen... Verstehst du das nicht?", fragte er jetzt fast schon ein wenig verzweifelt.

"Fabio Andrea Tromentano, ich frage dich jetzt einmal: Bist du eifersüchtig?" Ich sah ihn an und bekam nun ein wenig Herzklopfen, während ich auf die Antwort wartete.

"Was? Nein, Ceil, das ist es nicht." Okaaay. Mist? Oder zum Glück? Ich wusste nicht genau, ob ich mich über die Antwort freuen sollte oder nicht.

"Ich würde mich für dich freuen, ehrlich. Aber wäre es für dich nicht auch komisch, wenn du mich plötzlich mit einer anderen Frau sehen würdest?", fragte er dann sanft nach und ich hatte fast das Gefühl, dass er haargenau wusste, was in mir vorging.

Aber das tat er doch nicht, oder?

Als ich nichts sagte, sprach er selbst weiter. "Einfach, weil wir eine gemeinsame Vergangenheit haben, uns gut kennen. Vielleicht zu gut. Vielleicht sogar besser, als ein zukünftiger Partner. Das macht die Situation doch irgendwie...kompliziert", versuchte er weiter zu erklären und ich verstand, was er meinte. Natürlich verstand ich es.

Und ich beschloss ihn zu erlösen.

"Keine Sorge, ich ärgere dich doch nur", sagte ich deswegen leichtfertig mit einem Zwinkern. "Und ich kann dich beruhigen: Ein Lorenzo-und-ich gibt es nicht und wird es auch nicht geben."

Und wie es aussah würde es auch kein Fabio-und-ich mehr geben. Dass Fabio so natürlich darüber sprach, dass wir einmal andere Partner hätten... Dass es ihn freuen würde, wenn ich jemand anders kennenlernen würde...

Irgendwie realisierte ich erst jetzt die Tragweite des Ganzen.

Es war aus.

Komplett aus und vorbei.

Schluss.

Finito.

Und ich blöde Kuh raffte das erst jetzt.

"Okay, und jetzt zeig mir endlich wie man die Asche hier macht", sagte ich und schluckte den fetten Kloß in meinem Hals runter. Ich konnte mich später ausheulen.

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Leicht komische Situation - oder gut von Fabio das Thema anzusprechen?

Tyskerfie & HeyGuys77

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