Kapitel 22

Wuhuuu! Vielen Dank für 100K Reads! :D Viel Spaß mit dem Sonntags-Kapitel :*

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Ich saß gerade an meiner Bachelorarbeit – also eigentlich starrte ich auf meinen Bildschirm und dachte immer und immer wieder über den vergangenen Abend nach – als meine Mutter anrief.

"Hallo Schätzchen, alles in Ordnung bei dir?", fragte sie mich zur Begrüßung.

"Ja klar." Die Standardantwort. In fünfundneunzig Prozent der Fälle einfach gelogen. Denn mal ganz ehrlich: Wann war denn wirklich mal 'alles in Ordnung'? Gab es so einen Zustand überhaupt? "Und bei euch?"

"Deswegen rufe ich an", seufzte meine Mama. "Das Auto zickt und musste vorhin abgeschleppt werden. Papa ist mitgefahren und dann sehen wir mal weiter."

"Oh, na dann hoffe ich mal, dass es nichts Größeres ist." Das Auto meiner Eltern war zwar noch nicht uralt, aber neu war auch etwas anderes. "Wie kommst du dann in die Arbeit? Holt Papa ein Leihauto?", fragte ich weiter nach.

"Er wollte jetzt erst einmal schauen, was der Mechaniker sagt und dann entscheiden. Aber länger als ein oder zwei Tage dauert eine Reparatur meistens nicht, dann muss ich halt mal kurz auf den umständlichen Weg mit den Öffentlichen zurückgreifen." Das war ätzend. Mit dem Auto brauchte Mama etwa fünfundzwanzig Minuten in die Arbeit – mit den Öffentlichen fast eineinhalb Stunden, weil sie mehrfach umsteigen musste und die Verbindungen mehr als blöd gelegt waren.

"Dann drück' ich die Daumen für dich, dass es schnell geht."

"Danke, mein Schatz!" Ich konnte das Lächeln in der Stimme meiner Mama hören. "Bleibt nur noch die Frage, wie teuer es wird..." Und schon war es wieder weg.

"Oh, meinst du es wird arg schlimm?", fragte ich besorgt und runzelte die Stirn. Da mein Papa in Frührente war und Mama nur drei Tage die Woche arbeitete, waren sie nicht gerade reich. Oft reichte das Geld gerade so. Die Hypothek vom Haus war auch noch nicht ganz abbezahlt. Mama und Papa legten zwar so viel wie möglich für "schlechte Zeiten" zurück, aber auch dieser Puffer würde nicht unbegrenzt reichen.

"Keine Ahnung. Ich melde mich, sobald Papa wieder da ist und wir mehr wissen", sagte sie, bevor wir uns verabschiedeten und ich mein Handy wieder weglegte.

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Mama meldete sich tatsächlich ein paar Stunden später und hatte keine guten Neuigkeiten.

"Die Kupplung ist kaputt", seufzte Mama in den Hörer und da ahnte ich schon, dass das kein billiger Spaß werden würde.

"Oh nein, und jetzt?", fragte ich vorsichtig nach, da ich nicht unbedingt gleich mit der Tür ins Haus fallen wollte.

"Naja, die haben alle Teile da, dauert also es nur ein, zwei Tage. Trotzdem wird das mit Stundenlohn um die 2000 Euro kosten. Und als ob das nicht genug wäre, hat unsere Waschmaschine vorhin auch gleich einmal den Geist aufgegeben."

Ach du dickes Ei.

Ich war erst einmal sprachlos.

"Verdammt", hauchte ich dann, was natürlich keine große Hilfe war. "Also ist die Waschmaschine komplett tot oder kann sie repariert werden?", fragte ich hoffnungsvoll nach.

"Komplett tot. Der Mechaniker hat nach der letzten Reparatur gesagt, dass falls das wieder passiert, nichts zu machen ist."

Ich seufzte und wünschte mir in dem Moment mehr als sonst, dass ich steinreich wäre. Ich wollte meinen Eltern so gerne helfen, hatte aber selber nur das Nötigste.

"Ich lasse mir was einfallen, dann kann ich euch ein bisschen unter die Arme greifen", sagte ich aber trotzdem, einfach weil meine Eltern auch immer mir geholfen hatten. Vielleicht könnte ich ja Fabio um eine klitzekleine Gehaltserhöhung bitten. Vielleicht.

Alleine beim Gedanken daran drehte sich mir der Magen um. Erstens, weil ich einfach nicht wusste, wie unser Verhältnis momentan aussah, und zweitens, weil ich mir so abgrundtief erbärmlich vorkam, gerade ihn nach Geld zu fragen. Und gerade nach gestern.

Verflucht.

"Nein, Schatz, das soll mal nicht deine Sorge sein", wehrte meine Mutter aber gleich ab. "Irgendwo werden wir das Geld schon auftreiben, wir haben ja die letzten Jahre ein wenig zur Seite gelegt."

"Ja, schon, aber trotzdem."

"Jetzt sehen wir erst einmal wie schlimm es wirklich ist." Mama versuchte echt immer das Positive an einer Sache zu sehen, selbst wenn die Situation aussichtslos erschien oder kein anderer auch nur ansatzweise etwas Gutes daraus entnehmen konnte. Obwohl sie manchmal ziemlich naiv wirkte, bewunderte ich sie auch dafür.

Abwarten und Tee trinken – das war wahrscheinlich gerade das Beste. Trotzdem machte ich mir Gedanken darüber, wie ich meinen Eltern helfen konnte.

Wenn ich nicht mit Fabio reden wollte, dann musste ich mir etwas anderes einfallen lassen. Vielleicht konnte ich ein paar Sachen verkaufen? Oder Francesca darum bitten, mehr Schichten zu bekommen?

Als ich wieder auf die Bücher vor mir blickte, wusste ich einfach, dass ich mich jetzt gerade nicht mehr aufs Lernen und aufs Bachelorarbeit-Schreiben konzentrieren konnte. Ich musste die Sache mit der Arbeit so schnell wie möglich klären.

Ich klappte also meinen Laptop zu, ließ alles sonst stehen und liegen und machte mich auf den Weg ins Lokal. Francesca war bestimmt schon jetzt dort. Sie kam immer, bevor der große Kundenansturm vor der Tür stand und erledigte die Büroarbeit oder checkte die letzten Kleinigkeiten.

Keine halbe Stunde später trat ich durch die Eingangstür des Lokals, in dem wie erwartet noch keine Menschenseele zu sehen war. Zielstrebig lief ich in die Richtung von dem kleinen Büro, in dem alle Unterlagen verwahrt wurden und der einen kleinen Schreibtisch und Computer enthielt, den Fabio und Francesca benutzten.

Ich wollte gerade an der angelehnten Tür klopfen, als ich Fabios Stimme hörte und automatisch erstarrte.

"Verdammt, es sieht echt nicht gut aus. Wir müssen uns etwas einfallen lassen."

"Da hast du vollkommen Recht. Vielleicht würden Aktionstage das Geschäft noch ein wenig beleben?", antwortete Francesca und ich stutzte. Wovon sprachen die beiden?

Ich hörte Fabio seufzen und dachte gar nicht daran, meinen unbeabsichtigten Lauschposten aufzugeben.

"Auf jeden Fall eine gute Idee. Aber das alleine wird nicht reichen. Wenn wir nur diesen Michelin-Stern bekommen würden... Das würde das Geschäft mit Sicherheit auch beleben, für gute Werbung sorgen. Ich meine, es läuft ja grundsätzlich nicht schlecht. Alle unsere Kunden sind begeistert und es fehlt ja auch nicht viel. Aber die Bank gibt mir nicht noch einen Kredit und das Restaurant wirft einfach noch nicht genug ab, um aus den roten Zahlen herauszukommen."

Ich schloss die Augen, konnte nicht fassen, was ich da hörte. Mit dem Restaurant lief es also bei Weitem nicht so rosig, wie es den Anschein hatte. Aber das Restaurant war doch immer gut gefüllt? Ja, hier und da blieb mal ein Tisch leer, aber damit musste man doch immer kalkulieren?

"Wir geben noch lange nicht auf, Fabio. Das Restaurant fliegt uns nicht gleich nächsten Monat um die Ohren, aber wir müssen schleunigst mehr Umsatz machen. Vielleicht sollten wir das in einem Meeting mit den anderen...", wollte Francesca vorschlagen, aber wurde von Fabio unterbrochen.

"Nein. Das hier bleibt erst einmal unter uns. Ich krieg das schon hin, ich lass mir etwas einfallen. Ich werde dieses Restaurant nicht aufgeben, auf gar keinen Fall", sagte er mit fester Stimme, die keinen Widerspruch duldete und ich sah Francesca förmlich vor mir, wie sie abwehrend die Hände hob.

"Okay, okay, schon gut. War ja nur eine Idee."

Kurz war es absolut still. Anscheinend hingen beide ihren Gedanken nach. Jetzt wäre eigentlich der perfekte Augenblick, um zu klopfen, bevor mich hier noch jemand entdeckte.

Aber ich konnte nicht.

Wie sollte ich Fabio um eine Gehaltserhöhung oder mehr Schichten bitten, wenn ich gerade erfahren hatte, dass ihm das Wasser selbst bis zum Hals stand?

Das konnte ich ihm nicht antun. Vor allem da ich genau wusste, dass er mir würde helfen wollen, wenn ich ihm von meiner Lage erzählte.

Trotz allem, was zwischen uns stand.

Trotz gestern Nacht.

Ich wusste, dass er trotzdem für mich da sein würde, obwohl er damals gegangen war.

"Ich verstehe das nicht, unser Umsatz ist nicht schlecht", hörte ich ihn weiter sagen. "Wie sieht es mit unseren Kosten und Ausgaben aus? Vielleicht sollten wir alle Posten genauer unter die Lupe nehmen und untersuchen, wo wir sparen können", schlug er vor.

Ich nickte unbemerkt und gab ihm innerlich Recht. Mein Papa hatte mir seit ich klein war eingetrichtert, sämtliche Ausgaben – vor allem die fixen – so gering wie möglich zu halten. Das war die beste Möglichkeit zu sparen.

"Sí, sí. Dann mache ich das und gebe dir ein Feedback, wenn ich alles genauer untersucht habe", schloss Francesca und ich hörte Fabio abermals seufzen. Das war dann wohl mein Zeichen.

Langsam trat ich einen Schritt nach dem anderen nach hinten, als Fabio weitersprach. Diesmal aber auf italienisch. Das verstand ich sowieso nicht, also konnte ich genauso gut auch gehen.

Und versuchen, einen Plan B zu finden.

Ich trat an die frische Luft und fühlte mich bedrückt. Nicht nur wegen der Situation meiner Eltern, sondern auch wegen Fabio.

Er tat mir einfach so verdammt leid. Klar, aller Anfang war schwer, und gerade zu Beginn musste man mit großen Investitionen rechnen. Aber ich konnte nicht den Gedanken daran ertragen, dass Fabios Traum so schnell schon vorbei sein sollte. Das durfte einfach nicht sein!

Ich sah die Straße entlang, die sich langsam mit Spaziergängern, Geschäftsleuten und Müttern mit Kinderwägen füllte. Fabio durfte auf keinen Fall wissen, dass ich das Gespräch mit Francesca gehört hatte.

Aber vielleicht könnte ich ab und an ein paar Vorschläge rausschleudern, ohne dass es auffällig wirkte.

Pff, vorausgesetzt, ich hätte Vorschläge.

Ich fuhr mir durch die Haare und runzelte die Stirn. Dann sah ich auf meine Armbanduhr. Bevor ich heute Abend wieder Schicht hatte, konnte ich noch einiges an meiner Bachelorarbeit schaffen. Ich wollte zwar nicht, aber ich musste.

An die Arbeit.

"Ceil?"

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Es ist nicht alles Gold, was glänzt... Sollte Ceil trotzdem mit Fabio reden oder ihre Probleme im Moment lieber für sich behalten?

Es gab übrigens eine kleine Namensänderung: Wer unserem Instagram-Account folgt, der wird feststellen, dass er nun elizahart.books heißt - also nicht über die kleine Änderung wundern ;)

<3<3<3

Tyskerfie & HeyGuys77

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