Kapitel 16
Heute war der Tag der Tage.
Zumindest für Fabios Freund Damian und seine Freundin-hoffentlich-bald-Verlobte Blair.
Ich war in etwa so nervös, als würde ich selbst einen Heiratsantrag bekommen. Bekam ich zwar nicht, aber ich spielte immerhin eine nicht ganz unwichtige Rolle in dem kleinen Stück. Ach was, ich spielte eine verdammt wichtige Rolle in dem Theater!
Gleichzeitig verspürte ich so etwas wie gespannte Vorfreude. Wie würde Blair aussehen? Würde sie sich freuen? Würde sie 'Ja' sagen?
Das Ganze war einfach so verdammt romantisch, dass es sogar mir ein Lächeln aufs Gesicht zauberte.
"Ceil! Schon wieder wir beide? Wie sollen wir das nur aushalten?", kam mir Antonia lachend entgegen, als ich das Restaurant betrat und mir sogleich der himmlische Duft nach diversen Gewürzen und die entspannenden Klänge von Eros Ramazotti entgegen kamen.
"Augen zu und durch", grinste ich und begab mich in den Mitarbeiterraum, um mich umzuziehen. Paolo war dort nicht vorzufinden, anscheinend war er heute wieder so aktiv wie eh und je.
Als ich den Raum wieder verlassen wollte, traf ich auf Fabio, der gerade noch bremsen konnte, bevor er in mich reinlief.
"Oh, hey", sagte ich ein wenig atemlos und Fabio grinste.
"Ciao, Ceil. Ich wollte gerade zu dir."
Mein Herz machte einen Sprung. Und bekam deswegen von mir eine geklatscht. Doofes Herz.
"Was gibt's?", fragte ich und ging vor zur Bar, sodass Fabio mir folgen musste, falls er mir etwas zu sagen hatte.
"Wegen Damian. Dem Heiratsantrag", fing er an und fuhr sich durch die Haare. Ich schnappte mir eine frische Schürze und drehte mich zu ihm.
"Das ist so verdammt aufregend", lächelte ich breit, weil ich meinen Enthusiasmus einfach nicht verbergen konnte. Auch Fabios Mund verzog sich zu einem breiten Grinsen.
"Ja, das ist... Wow", sagte er nur und fuhr sich über das Gesicht.
"Kennst du Damian gut? Wie lange seid ihr schon befreundet?"
Ich konnte mich nicht erinnern, je etwas von einem Damian gehört zu haben. Deswegen vermutete ich stark, dass die beiden sich erst nach unserer Trennung kennengelernt hatten.
"Damian und Blair wohnen gegenüber von mir", erzählte er. "Im Erdgeschoss ihres Wohnblocks ist ein kleines Bistro, in dem ich am zweiten oder dritten Abend nach meinem Umzug gegessen habe. Ich saß ganz alleine mit meinem Weißwein und meinen Plänen fürs Restaurant, als Damian und Blair reinkamen und sich an den Tisch neben mir hingesetzt haben. Ich weiß gar nicht genau wie, aber irgendwie sind wir ins Gespräch gekommen und sie haben mich danach auf einen Kaffee in ihrer Wohnung eingeladen. Wir haben uns einfach auf Anhieb verstanden und waren anfangs echt viel zusammen." Bei der Erinnerung lächelte Fabio selig vor sich hin.
"Seit das Restaurant offen hat, haben wir nicht mehr so viel Zeit miteinander verbracht, aber montags sehe ich sie meistens immer noch."
Ich freute mich für Fabio. Wirklich.
Trotzdem bescherte es mir einen leicht bitteren Geschmack im Mund, dass er nach seiner Rückkehr einfach so neue, gute Freundschaften geschlossen hatte, ohne auch nur eine Sekunde an seine alten Freunde zu denken.
Das war vielleicht ein wenig hart ausgedrückt, aber so sah mein gebrochenes Herz die Sache.
"Und heute Abend kannst du dich für alles bedanken", schloss ich aber – nett wie ich war – seine Erzählung und versuchte ihm aufmunternd zuzulächeln. Ich merkte, dass er nervös war.
"Ja, ich saß bis gestern noch am Menü dran, aber ich denke, es wird perfekt." Aufgeregt rieb er sich die Hände und strahlte mich dabei so intensiv an, dass ich innerlich richtig glücklich wurde. Es gefiel mir, mit Fabio in einem Team zu sein.
"Also, sie kommen um sieben und planmäßig kriegen sie das Dessert um acht. Wie besprochen verstecke ich den Ring, den Damian mir heute Vormittag gebracht hat, darin und du musst eigentlich nur dafür sorgen, dass Blair den richtigen Teller bekommt."
"Das müsste machbar sein." Ich sagte es selbstsicher, ermahnte mich innerlich aber auch, mich beim Servieren des Desserts ordentlich zu konzentrieren. Es würde mir ähnlich sehen, die Teller zu vertauschen oder direkt vor ihnen auf die Nase zu fliegen. Oder mich schon bei der Vorspeise zu verplappern.
Oh Gott.
"Wenn Blair 'Ja' gesagt hat, woran ich keine Sekunde zweifle, dann holst du mich und ich schenke ihnen höchstpersönlich den Champagner zum Feiern ein."
"Das ist SO romantisch", quietschte ich wieder und sah aus dem Augenwinkel, wie Antonia uns vom anderen Ende des Lokals aus einen neugierigen Blick zuwarf. Ich konnte es ihr nicht verübeln. Jetzt, wo sie wusste, dass Fabio und ich uns schon von früher kannten, wollte sie sicher sehen, wie wir uns so verhielten. Hätte ich auch gemacht.
"Romantisch ja, aber vielleicht auch ein wenig kitschig", lachte Fabio.
"Was, wieso kitschig?" Ungläubig sah ich ihn an.
"Antrag im Restaurant, Ring versteckt im Essen? Naja...", sagte er gedehnt und wiegte den Kopf hin und her. "Aber gut, ich weiß, dass Damian das absichtlich so macht."
"Wieso das denn?" Ich blendete gerade alles andere aus und konzentrierte mich nur auf die Unterhaltung zwischen Fabio und mir. Es war unglaublich, wie ungezwungen und freundschaftlich wir schon wieder miteinander umgehen konnten.
"Damian findet es selber ziemlich kitschig. Aber er will Blair überraschen und er weiß, dass sie nie denken würde, dass er ihr so einen Antrag macht, weil sie wissen würde, dass er das zu kitschig fände. Verstehst du?"
Ich lachte. "Ach, so ist das. Er will sie lieber überraschen, als dass es perfekt und vorhersehbar ist."
"Genau..." Fabio schüttelte amüsiert den Kopf. "Aber lass uns dafür sorgen, dass es trotzdem perfekt wird, okay?", fragte Fabio und hielt die Hand zum High Five hoch.
"Aber selbstverständlich!" Ich klatschte ein und bekam den Stromschlag meines Lebens. Innerlich.
Fabio zwinkerte mir noch einmal zu, dann ließ er mich stehen und ging wieder in die Küche. Er sollte dieses Zwinkern wirklich lassen, wenn er mich nicht komplett verrückt machen wollte.
Schnell riss ich mich wieder zusammen, schließlich gab es einiges zu tun. Bis Damian und Blair hier auftauchen würden, wollten noch ein paar andere Gäste bedient werden.
Die Zeit verflog gerade so, während ich von einem Tisch zum nächsten eilte, immer darauf bedacht, bloß keinen hektischen Eindruck zu erwecken, bis endlich dir Tür aufging und ein bildhübsches, zierliches, blondes Mädchen den Raum betrat, gefolgt von Damian, der ihr galant die Tür aufgehalten hatte.
Das also war die berühmte Blair. Klein war sie, ich konnte nur wenige Zentimeter größer als sie sein, doch ihr Ruf war ihr nichts desto trotz vorausgeeilt.
Die beiden sahen so unfassbar süß zusammen aus, dass ich beinahe vergessen hätte, auf sie zuzugehen, um ihnen ihren Platz zu zeigen.
Endlich riss ich mich aus meiner träumerischen Starre und ging zu den beiden.
"Hallo, ich bin Ceil. Willkommen im Bella Casa. Habt ihr einen Tisch reserviert?", fragte ich mit einem Lächeln. Blair hatte ja immerhin keine Ahnung von nichts. Sie wusste nicht, dass ich wusste, dass sie wahrscheinlich gleich das glücklichste Mädchen der Welt werden würde.
"Ja, für zwei. Auf Mahone." Damian lächelte mich verschwörerisch an – oder zumindest kam es mir so vor.
"Ah ja, hier drüben bitte", wies ich den beiden den Weg zu einem gemütlichen Tisch für zwei in der Ecke, bei dem man das Gefühl von Abgeschiedenheit hatte. Die zwei sollten so gut wie möglich unter sich sein. Das war ihr Abend.
"Bei der Reservierung habt ihr zweimal das Menü bestellt, richtig?", fragte ich nach, als wären das zwei normale Gäste wie alle anderen auch.
"Genau." Damian nickte und hatte dann seine Augen schon wieder bei Blair.
"Dann lehnt euch zurück und genießt den Abend. Wenn ihr einen Wunsch habt, bin ich jederzeit für euch da", sagte ich noch, aber die beiden schienen schon in ihrer eigenen Welt versunken zu sein.
Gott, waren die süß!
Ich lief in die Küche, um Fabio Bescheid zu geben.
"Die beiden sind da, es kann losgehen!" Wir grinsten uns an und für einen kurzen Moment hatte ich das Gefühl, alles wäre wieder wie früher. Als könnten das Fabio und ich da draußen sein.
Bevor mich meine Gedanken in andere Welten tragen konnten, wandte ich mich ab, um den beiden schon mal den Wein und eine Flasche Wasser zu bringen.
Ich schenkte ihnen ein, während Blair Damian lebhaft von ihrem Tag erzählte und er wie gebannt an ihren Lippen hing. Blair unterbrach ihre Erzählung kurz, um mir mit einem warmen Lächeln zu danken, bevor ich mich wieder zurück zog.
Ich kannte dieses Mädchen nicht, aber trotzdem mochte ich sie jetzt schon.
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Kleiner Tipp: Wer den Abend auch gerne aus Damians Sicht lesen möchte, sollte mal bei unseren OneShots auf dem Profil von Tyskerfie vorbeischauen ;)
Einen schönen Sonntag euch allen <3
Tyskerfie und HeyGuys77
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