Kapitel 15
Ich betrat das Restaurant mit einem leicht flauen Gefühl im Magen, weil ich nicht genau wusste, was mich erwartete, wie Fabio mit mir umgehen würde, aber es war weit von dem Angstgefühl und dem Gefühl, komplett überfordert zu sein entfernt, das ich am Anfang verspürt hatte.
"Hallo, Francesca", begrüßte ich die Geschäftsführerin, als ich auf dem Weg zur Umkleide an ihr vorbei lief. Schnell in die Arbeitsklamotten schwingen, dann würde ich einfach sehen, was der Abend so mit sich brachte.
Im Mitarbeiterraum saß Paolo mit einer Tasse Cappuccino und las in einer Zeitschrift.
"Nichts zu tun?", fragte ich ihn keck, als ich hinter der Schrankseite verschwand und nur noch sein Lachen hören konnte.
"Ich dachte mir, ich lasse es heute mal langsam angehen. Du kannst an meiner Stelle übernehmen", rief er mir zu und ich musste grinsen.
"Kein Problem, ich schaff das schon. Von mir aus kannst du auch nach Hause gehen."
Mein Selbstvertrauen war heute nicht einmal vorgespielt. Ich fühlte mich mittlerweile echt wohl im Bella Casa, nahm jede Herausforderung mit einem Lächeln an, fühlte mich in meiner Arbeit sicher. Ein wenig Spaß durfte aber auch nicht fehlen.
"Super, dann darfst du Fabio gleich ausrichten, dass wir für 19 Uhr elf Tasting-Menüs haben."
Ich knöpfte gerade meine Bluse zu, als mein Herzschlag aussetzte. Doch dann dachte ich, dass es gut war, Fabio jetzt gleich wieder zu sehen. Das Eis zu brechen. Und bevor er mich mit einer entspannten, normalen Umgangsweise überrumpelte, konnte ich ihm da zuvor kommen.
"Geht klar!" Ich lächelte Paolo im Vorbeigehen zu, schnappte mir hinter der Bar eine Schürze und marschierte in die Küche.
"Fabio, elf Tasting-Menüs für 19 Uhr", rief ich ihm zu und versuchte mir den Anblick zu merken, wie er gerade eine Soße abschmeckte und dabei einfach selber zum Anbeißen aussah.
"Ist vermerkt!", antwortete er und sah zu mir und wieder weg, bevor er dann in der Bewegung stehen blieb und wieder zu mir sah. "Wo ist Paolo?", fragte er mit gekräuselter Stirn und ich konnte mir ein kleines Lächeln nicht verkneifen.
"Der gönnt sich eine wohlverdiente Pause", sagte ich, während ich mir die Schürze fest umband.
"Und dann schickt er dich?", grinste Fabio und zwinkerte mir zu, was mich unwillkürlich zum Lächeln brachte.
"Traust du mir ein bisschen mehr Verantwortung etwa nicht zu?", fragte ich gespielt gekränkt und Fabio legte den Kopf schief, als müsste er darüber erst nachdenken.
"Naja, wenn ich mich daran erinnere, wie verantwortungsbewusst du früher in der Schule warst...", meinte er dann und grinste mich schief an, aber ich schüttelte nur lachend den Kopf und wandte mich zum Gehen.
Ich lief wieder nach draußen zu den Tischen, um noch einen Blick auf die Gedecke zu werfen, als Antonia den Raum betrat.
"Hallo, Ceil!", begrüßte sie mich mit einem Lächeln. "Dann schieben wir beide heute mal wieder zusammen Dienst, hm?"
"Sieht ganz so aus." Ich freute mich, dass ich heute vielleicht die Gelegenheit hatte, auch Antonia mal ein bisschen besser kennenzulernen. Allzu viel Zeit hatten wir bisher nicht zum Reden gehabt, aber sie schien nett zu sein. Wie eigentlich alle hier.
Immer noch lächelnd, lief sie an mir vorbei, um sich ebenfalls umzuziehen.
Ich überprüfte die Gedecke, rückte hier und da ein Glas oder Besteck zurecht. Was Deko anging, war ich schon immer recht penibel gewesen. Der erste Eindruck war eben wichtig.
Ich musste über mich selber schmunzeln, als ich daran dachte, welche Beweggründe mich früher dazu verleitet hatten, einen hübschen ersten Eindruck zu hinterlassen: Jungs.
Grinsend drehte ich mich um, als mir Antonia schon wieder entgegen kam.
"Alles bereit?", fragte sie und ich nickte.
"Chillt Paolo immer noch?", fragte ich sie dann grinsend und Antonia verdrehte die Augen.
"Ich hab der faulen Socke schon gesagt, dass er seinen Hintern jetzt mal zu uns raus bewegen soll", erklärte mir Antonia mit einem Zwinkern, das mir verriet, dass sie mit Paolo bei Weitem nicht so hart ins Gericht ging, wie sie es jetzt sagte. Hier war jeder locker, man konnte Spaß machen und musste sich nicht jedes Wort zweimal überlegen.
In dem Moment betrat ein junger, wirklich gutaussehender Kerl mit dunklen Haaren und noch dunkleren Augen das Restaurant und sah sich suchend um. Wie aufs Stichwort sah ich aus dem Augenwinkel Fabio erscheinen, als hätte er auf den Gast gewartet. Und ganz recht, er ging direkt auf ihn zu und die beiden begrüßten sich kameradschaftlich.
Antonia warf den beiden auch einen Blick zu, dann begab sie sich nach draußen, um einen Tisch auf der Terrasse zu bedienen und ich stellte mich hinter die Bar, doch mir fiel es schwer, die Augen von Fabio und dem Fremden zu wenden.
Sie lachten, quatschten und plötzlich redeten sie wieder ganz ernst.
Auf einmal sah Fabio sich im Lokal um und sein Blick traf auf meinen. Ich wollte schon beschämt den Kopf senken, als er mich zu sich rief.
"Hey, Ceil!" Typisch italienisch schob er noch ein Schnipsen mit den Fingern hinterher, was weder respektlos noch machohaft war, sondern einfach italienisch.
"Hast du Freitag Abend Schicht?", fragte er mich, noch bevor ich sie erreicht hatte.
Ich überlegte kurz verwirrt. "Äh... Ja, ja habe ich."
"Perfetto!" Fabio klatschte aufgeregt in die Hände und zeigte dann auf seinen Kumpel, den ich jetzt auch genauer in Augenschein nahm. "Dann wirst du Freitag eine verdammt wichtige Rolle spielen!" Breit lächelnd klopfte er dem noch breiter lächelnden Mann auf die Schulter.
"Inwiefern?" Meine Neugier war sofort geweckt.
"Das hier ist Damian, ein guter Freund", stellte Fabio den Unbekannten jetzt vor. Ich reichte ihm die Hand und merkte den leichten Anflug von einem Gefühl, das ich bestimmt schon drei Jahre nicht mehr gehabt hatte.
Die Lust, ein wenig zu flirten.
Dieses Glitzern in den Augen eines Mannes hervorzurufen, der Gefallen an einem fand.
Unverbindlich, aber aufregend.
Doch bevor ich dieses Gefühl noch genauer definieren konnte, vernichtete Fabio meine Pläne.
"Er will am Freitag seiner langjährigen Freundin einen Heiratsantrag machen."
'Und wieder ein heißer Kerl weniger auf dem Markt', dachte ich, aber trotzdem freute ich mich irgendwie für die beiden. 'Langjährige Freundin', das klang so schön. Ich fragte mich, ob das auch mal jemand über mich sagen würde.
"Wie lange seid ihr denn schon zusammen?", fragte ich Damian und konnte sehen, wie sich ein riesiges Lächeln auf seinem Gesicht ausbreitete.
"Zweieinhalb Jahre", sagte er und ich wartete nur noch darauf, dass er hinzufügte, dass dies die schönsten zwei Jahre seines Lebens gewesen waren. Keine Ahnung, warum ich ihn so für hoffnungslos romantisch einschätzte. Aber nichts dergleichen kam.
"Und die Glückliche heißt...?"
"Blair. Blair Reece", fügte er hinzu, obwohl ich mit dem Nachnamen ja nicht allzu viel anfangen konnte.
"Also gut, wie kann ich helfen?", wollte ich wissen.
Und dann erklärten mir die beiden Jungs ihren Plan.
____
"Wer war das bei Fabio?", fragte mich Antonia, als Damian gegangen und Fabio wieder in der Küche verschwunden war.
"Ein Freund von ihm, er will seiner Freundin am Freitag hier einen Heiratsantrag machen", erzählte ich ihr, noch immer ein bisschen aufgeregt darüber, dass ich bei dem Plan eine nicht ganz unwesentliche Rolle spielte.
"Wie romantisch!", schwärmte Antonia und ich grinste. Irgendwie steckte halt doch in jedem Mädchen eine kleine Romantikerin. "Gut, dass ich Freitag auch da bin, dann kann ich alles live miterleben!" Antonias Augen leuchteten bei der Vorstellung.
"Das wird super! Fabio hat alles schon genau geplant", sagte ich, während mein Blick durch den Raum schweifte, um abzuchecken, ob alle Gäste zufrieden waren.
"Kennst du Fabio eigentlich irgendwoher?", fragte mich Antonia da wie aus dem Nichts. Mein Blick flog zurück zu ihr und sie ruderte gleich wieder zurück. "Entschuldige, ich wollte dir da nicht zu nahe treten oder so. Ich hatte nur das Gefühl, dass ihr beide vertraut miteinander seid", erklärte sie ihre Frage. Die ja auch berechtigt war.
"Fabio und ich sind zusammen auf die Schule gegangen und haben uns dann irgendwann aus den Augen verloren", erklärte ich knapp und spielte die Situation bestmöglich herunter. Dabei wunderte ich mich ein wenig darüber, dass Antonia diese Frage stellte. Fabio und ich hatten echt nicht den Anschein gegeben, dass wir uns kannten, meiner Meinung nach.
"Oh. Ich verstehe", nickte Antonia wissend.
"Na ihr beiden Hübschen, hier wird nicht getuschelt, sondern gearbeitet", kam plötzlich Paolos Stimme aus dem Off und wir erschraken beide ein klein wenig, obwohl wir nichts angestellt hatten.
"Das sagt der Richtige." Antonia setzte ein süffisantes Grinsen auf und ich verdrehte die Augen.
„Ceil, du übernimmst heute den Küchen Part", sagte er und zwinkerte mir zu und lächelte breit.
„Was? Wieso das denn?", fragte ich verwirrt und sah fragend zwischen ihm und Antonia hin und her.
Paolo zuckte die Schultern. „Habe heute nicht so Lust."
Seit wann hatte Paolo nicht Lust, im Lokal für Ordnung zu sorgen?
Äußerlich lachte ich, innerlich runzelte ich die Stirn. Was hatte Paolo plötzlich? Normal übergab er NIE jemand anders seine Aufgabe.
„Und oh. Tisch fünf. Sieht so aus, als wären sie für den Hauptgang bereit", lächelte er schief und ich merkte, wie sich ein ungewohntes Gefühl in meinem Bauch breit machte. War es Stolz? Überraschung? Angst vor der Verantwortung?
„Ähm... Ja, du hast Recht", stammelte ich, lachte einmal verlegen und ging dann Richtung Küche, während Antonia mir ein paar aufmunternde Bemerkungen zurief.
Als ich die Tür zur Küche erreichte, machten sich auch die mittlerweile wohlbekannten Schmetterlinge in meinem Bauch bemerkbar.
Als ich die Tür aufstieß, fühlte sich die Oberfläche unter meinen Fingern besonders intensiv an. Das Metall unter meinen Kuppen war kalt, frisch und ungewohnt. Gefährlich und verheißungsvoll zugleich. Denn schon wieder würde Fabio Paolo erwarten, dabei aber mich sehen.
„Zwei Kalbsmedaillons – und zwar schnell", schob ich hinterher, nur um Fabio ein wenig zu ärgern.
Er stand nur wenige Schritte entfernt und rieb Parmesan über ein Gericht und wollte mir gerade antworten, als er schon zum zweiten Mal an diesem Abend verwundert zu mir sah. Ein verschmitztes und zugleich überraschtes Grinsen trat auf sein Gesicht. Gott, wie ich das liebte. Dieses Grinsen wobei er kleine unwiderstehliche Grübchen bekam. Er sah so süß aus, behielt aber auch dieses unglaubliche Heiße. Unglaublich heiß einfach. Gott.
„Du schon wieder", meinte er und irgendwie freute seine vertraute Art mich. Es war... normal. Und ich hätte mich dafür in seine Arme schmeißen können.
Normal war gut. Manchmal war normal echt gut.
„Musst dich wohl oder übel daran gewöhnen", machte ich mit und zwinkerte, was mich aber sofort erröten ließ, als ich mich umdrehte und die Küche wieder verließ.
Fabio brachte mich echt dazu, meine persönlich gesetzten Grenzen zu überschreiten.
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Damiaaaaan is back :D
Wer kennt Damian schon? ;)
(Wer ihn nicht kennt sollte mal in How to publish love (auf meinem Profil) oder in From Friendzone With Love (auf dem Profil von @Tyskerfie) vorbei schauen ;))
Tyskerfie & HeyGuys77
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