Kapitel 14

"Robyn hat WAS?", fragte mich Emma ungläubig, aber mit einem freudig-gespannten Glitzern in den Augen. Man könnte es auch sensationslüstern nennen.

Ich saß hier also mit Emma und David gemütlich in einer Bar, wir hatten eine Kleinigkeit gegessen und schlürften jetzt an unseren Cocktails. Ich machte mir gedanklich einen Vermerk, dass ich Cocktails vielleicht nicht ganz wie Wasser runterkippen sollte und nahm mir vor, nach der ersten Runde auf non-alcoholic umzusteigen.

Und natürlich musste ich mich über mein Treffen mit Fabio auslassen, das meine beste Freundin arrangiert hatte. Was ich jetzt fast schon wieder bereute.

"Ich weiß, kaum zu fassen, oder?", antwortete ich und genoss den nächsten Schluck umso mehr, da ich wusste, dass es für mich heute keine Runde zwei geben würde.

"Das ist absolut zu fassen. Das ist genial!", fieberte Emma mit und bekam vor Aufregung ganz rote Wangen. Irritiert sah ich sie an.

"Genial?", fragte ich nach. "Was ist daran genial, wenn meine beste Freundin ein Treffen mit meinem Ex arrangiert und mich voll ins kalte Wasser schmeißt?" Diese Logik erschloss sich mir nicht ganz.

"Ceil, ihr arbeitet jetzt wieder zusammen. Wenn ihr privat wieder besser miteinander klar kommt, dann geht auch die frostige Atmosphäre in der Arbeit weg. Das ist für euch also nur von Vorteil!", erklärte sie mir übermütig. "Und außerdem, wer weiß, was sich da zwischen euch nochmal entwickelt", fügte sie mit einem breiten Grinsen hinzu und ich sah sie fassungslos an.

"Em! Du kennst die Geschichte. Schlag dir das gleich wieder aus dem Kopf!"

Ich schüttelte ungläubig den Kopf. Emma war manchmal kaum zu fassen. Aber dass sie auf so eine Idee kam, sollte mich auch nicht überraschen, sie war einfach so übertrieben romantisch veranlagt.

"Außerdem will Fabio nichts von mir. Das ist alles lange her." Es war bitter, aber es war die Wahrheit und mit der musste ich klar kommen.

"Da muss ich Ceil Recht geben, Em", schaltete sich David ein, der bisher in dieser Sache noch kein Wort gesagt hatte. "Wenn ein Kerl was von einem Mädchen will, dann zeigt er das auch." David sagte die Worte nüchtern, fast mit einem Schulterzucken. Okay, er war definitiv nicht allzu romantisch veranlagt. Em sah ihn mit hochgezogener Augenbraue an, weshalb er weiter ausführte.

"Wir Männer sind in der Hinsicht oft ein offenes Buch", meinte er und zuckte dabei fast entschuldigend mit den Schultern. "Wir können es meist gar nicht verbergen, wenn wir Interesse an einem Mädchen haben. Und wenn doch, dann braucht man dafür eine ordentliche Portion Selbstbeherrschung und die haben die wenigsten. Wenn Fabio nicht interessiert wirkt, dann höchst wahrscheinlich, weil er es nicht ist."

Es klang alles ganz logisch und im Grunde bestätigte David das, was ich schon wusste. Trotzdem war es härter als gedacht, gesagt zu bekommen, dass Fabio keine Gefühle mehr für mich hatte.

"Mann, nur weil DU so unromantisch bist, muss das ja nicht auch für Fabio gelten!", fuhr Em ihn an.

"Wieso interessiert dich Fabio überhaupt so?", fragte ich sie lachend. Konnte ihr doch egal sein, wie die Dinge zwischen uns standen.

"Weil es einfach so super romantisch wäre, wenn ihr nach all den Jahren wieder zusammen finden würdet", schwärmte sie und klatschte dabei in die Hände. "Aber erzähl, wie war der Abend eigentlich? Lief alles gut zwischen euch?"

Ich nickte langsam, als ich den Abend vor meinem inneren Auge einmal wieder Revue passieren ließ.

"Es war eigentlich echt schön. Wirklich." Ich konnte ein Grinsen nicht zurückhalten, als ich daran dachte, wie losgelöst wir gewesen waren. "Nach ungefähr einer halben Stunde und dem ersten Cocktail habe ich mich entspannt und ich konnte mit Fabios Anwesenheit viel lockerer umgehen", lächelte ich und schlürfte an meinem Drink.

"Und wie hat er sich dir gegenüber verhalten?" Ems Augen strahlten, während David bei ihrer Frage einfach die Augen verdrehte. Ich lachte und zuckte dann mit den Schultern.

"Normal? Keine Ahnung, er hat sich die letzten drei Jahre auch verändert. Er ist ruhiger, erwachsener geworden."

"Ja, aber hat er mit dir geflirtet?"

Ich schüttelte den Kopf und sah durch das Lokal. Überall waren junge Leute, in meinem Alter, als Gruppe unterwegs oder als Pärchen. Es wurde gelacht, getrunken und geflirtet. Irgendwie lief bei mir alles immer ganz anders.

Vor drei, vier Jahren war ich selber so gewesen. Wild, unverantwortlich, offen für ziemlich alles. Gott, wenn ich daran dachte, wie viele Schwärmereien ich schon gehabt hatte. Mit wie vielen Kerlen ich schon geflirtet hatte...

Bis Fabio plötzlich mein Herz eroberte.

Und wieder brach.

Seitdem war ich viel seriöser im Umgang mit dem anderen Geschlecht. Und alleine.

Innerlich schlug ich mir gegen den Kopf. Ich hörte mich an, als wäre ich ein desperater und unzufriedener Single. Dabei war ich einfach desperat und unzufrieden, weil Fabio mich zum Single gemacht hatte.

Egal wie ich es drehte und wendete – ich landete immer wieder bei Fabio.

Aber dann wurde mir bewusst, dass ich nicht alles auf ihn schieben konnte. Ja, er war gegangen. Aber ich hatte ihn auch dazu ermutigt und hätte ich das nicht getan, hätte ich mir ewig Vorwürfe gemacht.

Außerdem war ich für mich selbst verantwortlich und es war Zeit, dass ich mein Leben endlich ordentlich in den Griff bekam und nicht immer alten Zeiten nachtrauerte.

Ein Lächeln breitete sich unwillkürlich auf meinem Gesicht aus.

Ich musste mich emotional von Fabio lösen und mein Leben leben, wie ich es für richtig hielt, egal, ob Fabio dann darin vor kam oder nicht.

"Warum grinst du so? Hat er etwa doch mit dir geflirtet?", fragte Emma und strahlte mich erwartungsvoll an.

"Nein, hat er nicht. Und das ist gut so. Fabio ist meine Vergangenheit. Vielleicht wird er in meiner Zukunft wieder auftauchen, als Freund oder einfach nur als mein Chef. Aber ich lasse mich davon nicht mehr beeinflussen", sprach ich meine Gedanken und meinen Entschluss aus.

Emma und David sahen mich an, als wäre ich von einem anderen Stern.

"Hab ich zu viel getrunken oder was ist hier gerade passiert?", fragte David irritiert und sah sich suchend um, als wäre die Antwort irgendwo in der Bar zu finden.

"Jetzt tut nicht so, als könnte ich nicht auch mal eine ordentliche Entscheidung treffen", lachte ich.

"Das hat nie jemand bezweifelt. Nur ob du sie durchziehen kannst", ärgerte mich David weiter und ich verdrehte die Augen.

Wieder ließ ich meinen Blick ziellos durch den Raum schweifen.

"Oh, Em, schau jetzt nicht hin, aber du wirst abgecheckt. Auf drei Uhr", versuchte ich möglichst unauffällig Emma auf einen anständig aussehenden Kerl hinzuweisen, der seine Augen kaum von ihr lassen konnte.

"Wo?", fragte Emma und schaute natürlich doch genau in die Richtung. Warum machten das einfach ALLE Mädchen? Man sagte 'Schau nicht gleich hin' und trotzdem flog ihr Blick wie magnetisch angezogen sofort in die Richtung. Es war zum Mäuse melken.

"Oh!" Abrupt wandte Emma ihren Blick wieder ab, jetzt mit knallroten Wangen.

"Du bist aufgeflogen", gab David seinen geistreichen Senf dazu und ich musste lachen.

"Oh Gott, er hat gesehen, wie ich ihn angesehen habe." Emmas Stimme klang panisch.

"Jetzt beruhig dich. Er starrt dich immerhin auch schon die ganze Zeit an."

"Er sieht echt gut aus", kicherte sie jetzt und warf nochmal einen Blick über ihre Schulter.

"Okay, Em sehen wir heute also nicht mehr", meinte David theatralisch und warf die Hände in die Luft.

"Ach hör doch auf!", lachte sie. "Du bist doch nur eifersüchtig, weil kein Mädchen dich heute anbaggern wird."

"Hey! Das ist nicht fair! Die Hälfte aller hier anwesenden Frauen würden mich liebend gern anbaggern, sie tun es nur nicht, weil sie sich denken, dass sie bei so einem Model wie mir eh keine Chance hätten!", verteidigte er sich im Brustton der Überzeugung. Em und ich warfen uns einen Blick zu, dann brachen wir in Gelächter aus.

"Dein Selbstvertrauen ist süß", ärgerte ich ihn und tätschelte ihm die Wange.

"Ihr seid doof...", schmollte er und trank von seinem Cocktail.

"Also, wenn ich jetzt langsam zur Bar schlendere, meint ihr, der Kerl kommt mir nach?" Em hatte sich über den Tisch gebeugt und flüsterte, als könnte ihr Stalker sie über die Entfernung und die Musik hinweg hören.

"Probier's doch aus." Ich zuckte mit den Schultern. Sollte sie es doch versuchen.

"Okay! Okay!", redete sie sich selber Mut zu, dann trank sie den Rest ihres Cocktails auf Ex, stand auf, sah mehr oder weniger extrem auffällig zum fremden Charmeur rüber und ging mit langsamen Schritten und Arschgewackel zur Bar.

David und ich sahen ihr fast fassungslos hinterher, dann lachten wir sie aus. "Em ist noch desperater als ich", meinte ich und schüttelte den Kopf.

"Hey, du bist nicht desperat, Ceil. Ist doch verständlich, dass Fabios Auftauchen dich ganz aus der Bahn wirft. Wann siehst du ihn eigentlich wieder?"

Das mochte ich an David so. Er interessierte sich ehrlich für einen und konnte super zuhören. Nachfragen, ohne zu unterbrechen. Er gab einem das Gefühl, dass es ihn wirklich interessierte, was man zu erzählen hatte.

"Morgen Abend, nach der Uni", erklärte ich und spürte sofort wieder, wie irgendetwas in meinem Bauch kribbelte. Ich war gespannt, wie wir uns verhalten würden, nachdem der Abend bei Robyn so schön gewesen war. Ob ich wieder voll verkrampfen oder ob das Wiedersehen eher locker werden würde.

Ich sah wieder durch das Lokal und bemerkte, dass Ems Stalker nicht an seinem Platz war. Ich blickte zur Bar und ganz recht, dort standen die beiden und unterhielten sich. Einfach unglaublich.

Kurz senkte sich die Stille über unseren Tisch, dann sah ich zu David. "Und bei dir? Tut sich da irgendwas?"

David hatte seit unserem missglückten Datingversuch keine andere Frau an seiner Seite gehabt. Er erzählte aber auch nicht großartig etwas über sein Liebesleben.

"Ne, nicht wirklich", schüttelte er den Kopf. "Macht mir aber auch nichts aus. Hat alles noch Zeit", lächelte er schief. Er wirkte auch nicht sonderlich betrübt.

"Hey, wie wärs! Wenn wir beide 50 sind und immer noch nicht verheiratet sind, dann ziehen wir zusammen!", schlug ich vor. David lachte.

"Deal!" Ich hielt ihm meine Hand hin und er schlug ein.

Ich mochte David wirklich saugern.

Trotzdem hoffte ich wirklich, dass meine Zukunft anderes für mich bereit hielt.

_________________________

Einen wunderschönen Sonntag euch allen! :*

Tyskerfie & HeyGuys77

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top