Kapitel 11

30K verdienen doch irgendwie ein Update, oder? ;)

Viel Spaß beim Lesen! <3

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Natürlich war ich wieder einmal nicht so schnell vorwärts gekommen wie geplant. Mamas fantastische Erdbeertorte und eine riesige Kanne Kaffee waren mir dazwischen gekommen. Aber bei so einer leckeren Aussicht musste die Bachelor-Arbeit eben warten.

Trotzdem beschloss ich, noch eine Abend-Schicht in der Bibliothek einzulegen. Ich hatte noch zwei Stunden Zeit, bis sie schloss und ich musste mir sowieso noch ein paar ergänzende Quellen besorgen.

Ich packte also meinen Kram zusammen, verabschiedete mich von meinen Eltern und machte mich dann auf den Weg in die Bibliothek.

Mein absoluter Lieblingsort. Ich konnte gar nicht genug Zeit an diesem Ort verbringen. Inzwischen hatte ich gefühlt die Hälfte der Bücher gelesen, aber dieses Mal müsste ich in eine weniger spannende Abteilung gehen. Recherchen waren eben nicht ansatzweise so interessant, wie ein spannender Krimi oder ein guter Roman. Aber vielleicht könnte ich ja zur Belohnung noch ein paar Minuten mit Schmökern verbringen...

Beim Gedanken daran, wie mich Bücher begeistern konnten, musste ich schmunzeln. In der Schule damals hatte ich alles, was mit Büchern und Lernen und Lesen zu tun hatte, mehr oder weniger gehasst. Obwohl, ich hatte nicht die Bücher gehasst, sondern eher die damit verbundene Anstrengung. Ich war in der Schule auch nicht wirklich gut gewesen.

Aber seit ich an der Uni studierte, hatte sich das Blatt gewendet. Und das war in mehr als einer Weise vorteilhaft.

Ich öffnete die Tür und schon kam mir der typische Geruch von Büchern entgegen. Ein bisschen zu langsam schlenderte ich durch die Regale und genoss einfach den Anblick der ganzen Bücher. So viele Bücher. Überall. In allen Farben und Größen.

Für jemanden, der mit Büchern nichts anfangen konnte, klang das bestimmt sehr seltsam, wie ich darüber dachte. Aber seitdem ich merkte, wie gut ich in der Uni wurde, als ich meine Liebe zum Lesen entdeckte, schätzte ich gute Bücher umso mehr. Langweilige Fachliteratur dagegen konnte mir in den meisten Fällen jedoch noch immer gestohlen bleiben.

Ich durchquerte die Abteilung mit den Romanen, lief an der Kriminalliteratur vorbei, streifte die Klassiker, kam in die Nähe von allen Büchern rund ums Kochen...

Und schreckte zurück, als ich Fabio dort stehen sah, in einem Buch blätternd, offenbar total versunken.

Ohne groß zu überlegen, versteckte ich mich hinter einem Regal.

Das durfte doch nicht wahr sein!

Die Bücherei war MEIN Ort, was hatte er hier auf einmal verloren?

Mein Hirn ratterte, als es die Möglichkeiten durchging, die ich jetzt hatte.

Ich konnte einfach vorbeilaufen, so tun als hätte ich ihn nicht gesehen und mich meiner Recherche widmen.

Ich konnte auch vorbeilaufen, kurz hallo sagen und dann einfach weitergehen.

Oder ich konnte auch einfach gleich wieder gehen und wann anders wiederkommen, weil ich jetzt eh keine Ruhe mehr hatte für meine Bachelor-Arbeit.

Vorsichtig lugte ich um die Ecke, um zu sehen, ob Fabio noch immer dort stand, damit ich mich leise davonschleichen konnte.

"Sag bloß, du versteckst dich vor mir."

Ich erschrak so heftig, dass ich einen Satz zur Seite machte und dabei ein paar Bücher auf den Boden schmiss, die auf einem kleinen Regal angepriesen wurden. Damit, dass Fabio auf einmal hinter mir stehen würde, hatte ich absolut nicht gerechnet. Er konnte sich doch nicht einfach so anschleichen!

Ich drehte mich zu ihm um, noch immer mit pochendem Herzen und funkelte ihn kurz böse an. Oder so ähnlich. Dann wandte ich mich schnell wieder ab.

Völlig überfordert bückte ich mich, um die Bücher aufzusammeln, als Fabio vor mir in die Hocke ging, um mir zu helfen. Wie es klischeehafter nicht anders kommen konnte, griffen wir beide gleichzeitig nach dem gleichen Buch und seine warme Hand legte sich auf meine.

Schnell zog ich sie zurück und strich mir dabei eine Strähne hinter das Ohr, sodass die Bewegung natürlicher wirkte.

Als wir immer noch wortlos alle Bücher aufgesammelt und zurück ins Regal gesteckt hatten, sah ich Fabio das erste Mal in die Augen. In diese wunderschönen braunen Augen, die man nicht vergessen konnte. Mir wurde in dem Moment klar, dass es für mich einen Verlust darstellen würde, wenn ich diese Augen nicht mehr sehen würde. Wenn diese Augen mich nie mehr ansehen würden.

Obwohl sie nicht die Emotionen ausstrahlten, die ich mir vor einiger Zeit noch gewünscht hatte.

"Du hast dich gar nicht so sehr verändert", stellte er leise fest und erwiderte meinen Blick.

Was sollte das schon wieder heißen?

Anscheinend sah Fabio mir meine Verwirrtheit an, denn er erklärte weiter: "Immer noch genauso tollpatschig und halb verwirrt." Seine Augen lachten, als er das sagte, doch irgendwie schmerzten seine Worte. Nicht, weil er nicht Recht hatte oder weil ich gerne anders wäre, sondern weil er mich einfach immer noch so verdammt gut kannte.

"Was machst du hier?", fragte ich ihn also, anstatt zu antworten.

"Ich sammle Inspiration", erklärte er mir lächelnd. "Manchmal blättere ich durch Kochbücher, sehe mir an, welche Zutaten bei einzelnen Gerichten verwendet werden, überlege, wie man ein Gericht weiter perfektionieren könnte und wie ich es in die Molekularküche umsetzen kann. So komme ich immer wieder auf neue Ideen", sprach er weiter und zuckte mit den Schultern, als wären seine grandiosen Ideen nichts.

"Du hast großes Talent", sagte ich, bevor ich näher darüber nachdenken konnte, dass ich ihm damit gerade ein Kompliment gemacht hatte.

Er zuckte mit den Schultern, spielte sein Können runter. „Ich würde es eher Passion nennen."

Ich nickte.

„Und du? Was machst du hier?", fragte er mit einem verräterischen Glitzern in den Augen. Fabio hatte mich nie freiwillig in einer Bibliothek gesehen, kein Wunder, dass er jetzt amüsiert nachhakte.

„Ich wollte ein wenig für meine Bachelorarbeit recherchieren", erklärte ich. Fabio musterte mich. Erst dachte ich, dass er fragen würde, worüber ich denn schrieb. Doch was er stattdessen sagte, ließ mein Herz unkontrolliert schneller schlagen.

„Es steht dir wirklich gut mit den dunklen Haaren", murmelte er und griff nach einer Haarsträhne, berührte sie sanft und strich sie mir hinters Ohr, bevor ich auch nur mit der Wimper zucken konnte.

Auf einmal wurde mir seine Nähe bewusst. Sein unverkennbarer Duft, der mich langsam umhüllte. Die Wirkung seines sanften Blickes, als würde er etwas in mir heilen. Seine Aufmerksamkeit, die wie Balsam für meine Seele war.

Es überforderte mich. Gleichzeitig aber genoss ich es.

Und da wurde mir klar, dass ich Fabio bis in alle Ewigkeit irgendwo in mir mit mir rumtragen würde. Ich würde ihn nie aus meinem Leben, aus meinen Gedanken, aus meinen Gefühlen verbannen können.

Er war meine erste große Liebe gewesen und obwohl sie kaputt gegangen war, konnte ich sie nicht vergessen. Ich wollte sie nicht vergessen.

Weglaufen, flüchten, ignorieren – das alles war zwecklos.

Damals, als ich mich auf ihn eingelassen hatte, war eine Verbindung zwischen uns entstanden, die für immer Bestand haben würde. Vielleicht war nur ich es, die sie irgendwann spüren könnte, aber sie würde da sein.

Anstatt dagegen anzukämpfen, konnte ich sie also genauso gut einfach akzeptieren. Das Beste daraus machen.

"Danke", murmelte ich deswegen zig Sekunden verspätet und atmete zittrig ein, ohne meinen Blick von ihm zu lösen. Es bedeutete mir viel, dass ihm meine dunkle, meine natürliche Haarfarbe gefiel. Denn je mehr ich darüber nachdachte, desto deutlicher wurde mir bewusst, dass ich mich damals hinter einer Fassade versteckt hatte. Ich hatte nicht gewusst, wer ich selber war.

Das wusste ich zwar immer noch nicht, aber immerhin wusste ich jetzt, dass wasserstoffblonde Haare nicht zu meinem erwachsenen, reifen, echten Ich gehörten.

Und damals, als ich sie das erste Mal wieder dunkel gefärbt hatte, war es wie eine Flucht vor Fabio gewesen. Als würde mich die blonde Farbe an ihn erinnern, daran, was ihm gefiel. Denn auch die blonden Haare hatten ihm gefallen.

Ich redete mir selber ein, dass ich Fabio nicht mehr gefallen wollte und deswegen vom Aussehen her das genaue Gegenteil ansteuern wollte, als das, was er kannte.

Doch auch hier hatte ich mich geirrt. Obwohl ich Fabio viele Monate nicht gesehen hatte, obwohl wir nicht mehr zusammen waren, wollte ich ihm immer noch gefallen. Und ein Teil von mir hatte gedacht, gehofft, dass mehr Natürlichkeit ihn mir zurückbringen konnte.

Kindisch.

Doch im Grunde verdeutlichte das auch einfach nur, was mir die letzten Tage mehr und mehr bewusst geworden war: Ich war eine Sklavin. Fabios Sklavin. Ich konnte mich nicht von ihm losreißen, hatte es nie auch nur annähernd geschafft.

Ich war schwach. Ich war verletzlich.

Und Fabio wusste es nicht einmal.

Ich wollte ihm sagen, dass ich ihn vermisst hatte. Wollte ihn anschreien, weil er mich verlassen hatte. Wollte meine Hände zu Fäusten ballen und auf ihn eintrommeln, weil er zurückgekommen war, ohne sich bei mir zu melden.

Doch ich tat nichts davon. Ich senkte den Blick, lauschte den dumpfen Schlägen meines Herzens, lächelte traurig und atmete tief durch.

"Naja, ich will dich nicht länger stören, du hast sicherlich noch viel zu tun." Es wunderte mich eh, dass er einmal nicht in seiner Küche aufzufinden war. "Wir sehen uns, Fabio", brachte ich hervor, drehte mich um und verließ die Bibliothek. Verließ die Bücher, die ich eigentlich gebraucht hätte.

Verließ Fabio.


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