||23|| Die Sache mit der Begeisterung für unsinnige Berechnungen

Robin|| Ich habe mal wieder keine Ahnung, warum ich mich von Niall hab überreden lassen, noch mit zu ihm zu gehen. Naja wirklich großartig überreden musste er mich nicht. Irgendwie fand ich es süß, als er meinte mich noch nicht gehen lassen zu wollen.

Nach dem ganzen Chaos mit Nialls Auto, was ihm sichtlich unangenehm war, haben wir uns mittlerweile etwas zu Essen geholt und sind nun bei Niall. Vorhin hat er mir einen dicken Hoody gegeben, weil ich in meinem Kleid, trotz der dünnen grünen Strickjacke, dann doch etwas gefröstelt, außerdem musste ich gerade feststellen, dass der Saumen etwas klamm vom feuchten, windigen Wetter ist.

Ich schaue noch einmal kurz in den Spiegel und versuche die Strähnen die abstehen wieder platt zu drücken, allerdings richten sie sich immer wieder widerspenstig auf, weswegen ich sie einfach so lasse wie sie sind. Einen Moment überlege ich Niall noch nach einer Jogginghose zu Fragen, allerdings kommen mir Nora's Worte wieder in den Sinn. Ich schmeiße mein Kleid noch schnell in den Trockner, damit es später auch wieder trocken ist.

Als ich das Badezimmer verlasse, wusel Niall, ebenfalls schon umgezogen, herum, stellt Teller, Gläser und Besteck auf den Couchtisch und schaut auf als er mich hört. „Ist der Pulli okay?" Ich nicke. „Ja danke, der ist super. Schön kuschelig.", lasse ich ihn wissen und setze ein obwohl etwas zu lang hinterher. Zur Demonstration zeige ich die viel zu langen grauen Arme, setze jedoch auch nach, dass es absolut nicht schlimm ist. „Brauchst du sonst noch etwas? Socken oder eine Jogginghose?", will er von mir wissen. Erst schüttel ich den Kopf, nicke dann aber doch. „Socken wären ganz gut.", informiere ich ihn und erhalte ein nicke als Antwort. Er geht an mir vorbei und verschwindet in sein Zimmer bloß um ein paar Sekunden später mit einem dicken paar Wollsocken, die er mir direkt überreicht, wieder zu kommen.

Gemeinsam setzen wir uns auf die große, breite graue Couch. Während ich mir die Socken über ziehe, die mir fast bis zu meinem Knie reicht, verteilt Niall das Essen, bestehend aus verschiedenen Fleischsorten, Salat, Reis und Brot, von den Styroporbehälter auf die Teller. „Wie viele Folgen von Outlander hast du denn mittlerweile ohne mich geschaut?", will er von mir wissen und steckt sie eine Scheibe Gurke in den Mund. „Überhaupt keine.", antworte ich ihm und stehe auf um den Fernseher, der aus einem weißen Sideboard auf der gegenüber liegende Seite steht, an zu machen - schließlich meinte Niall, ich soll mich wie Zuhause fühlen. „Übrigens siehst du ziemlich süß aus, in der strumpfhose und mit den Socken und meinen Hoody.", höre ich ihn hinter mir sagen. Wieder nehmen meine Wangen wahrscheinlich die Farbe einer Tomate an, weswegen ich bloß ein leises, kurzes Danke murmelt. Wie sehr ich mir in diesem Moment meine langen Haare wieder herbei wünsche kann sich wohl kaum jemand vorstellen.

„Warum hast du sie nicht weiter geschaut? Du warst doch total neugierig darauf, wie es weiter geht." Ich stecke mir eine Tomate von dem Salat in den Mund. „Keine Zeit. Hier in London war ich arbeiten, habe mich um Charly gekümmert oder war mit dir unterwegs und in Florida ging es hauptsächlich um Mathe und wenn es mal nicht darum ging, hat mich Nora auf Trap gehalten." Ich sehe wie er nickt. „Klar. Wie war Florida eigentlich." Ich sehe zu, dass ich das gekaute herunter schluck. „Gut. Interessant. Spaßig." Er zieht die Augenbrauen hoch. „Etwas genauer könntest du schon sein." „In dem Workshop war ich von lauter Mathefreaks umgeben, den es Spaß gemacht hat den ganzen lieben langen Tag sich nur mit Mathematik zu beschäftigen." Niall verzieht das Gesicht. „Klingt schrecklich." Mit großen Augen schaue ich ihn an und schüttle den Kopf. „Nein auf keinen Fall. Es war total lustig. Wir haben lauter unsinnige, aber gleichzeitig absolut tolle Berechnungen angestellt und es hat allen Spaß gemacht. Keiner hat genörgelt. Alle haben mitgemacht.", erzähle ich begeistert. Lachend schüttelt er den Kopf. „Ich sag doch: SCHRECKLICH!" Er steckt mich mit sein Lachen an, allerdings schüttel ich den Kopf und haue ihn leicht gegen die Schulter. „Du hast ja absolut keine Ahnung.", entgegne ich.

„Okay, okay. Dann verrate mir doch mal, was ihr so unnützes, tolles berechnet habt." Kurz überlege, schüttel dann allerdings den Kopf. Er teilt diese Leidenschaft absolut nicht, weswegen er mich sicherlich auslachen wird. „Ach komm schon. Lass mich an deiner Begeisterung teilhaben.", fordert er mich erneut auf. Erneut schüttel ich den Kopf. „Du lachst mich sicherlich aus." Abwehrend hebt er die Hände. „Ich? Niemals." Ich stecke mir ein Stück von dem Gyrosfleisch in den Mund und schaue ihn abschätzend an. „Wir haben berechnet wie viele Tafeln Schokolade man benötigen würde um einmal um die Welt zu kommen." Etwas skeptisch schaut er mich an. „Du verarscht mich." Ich schüttle den Kopf. „Nein, außerdem haben wir herausgefunden wie viel Liter Milch man benötigen würde, wenn man die Erde damit füllen wollen würde. Was nicht geht, aber es war interessant herauszufinden wie viel Milch eine Kuh dafür geben müsste oder wie viel Kühe man bräuchte um es in einer Woche, oder drei Tage machen zu wollen.", erzähle ich ihm. Schockiert schaut er mich an. „Nochmal: Du verarscht mich." Energisch schüttle ich den Kopf. „Nein. Zuhause auf dem Laptop habe ich sogar noch Fotos, von unseren Aufzeichnungen.", verteidige ich mich. Er zeigt mit seiner Gabel auf mich. „Verzeih mir, aber das ist total verrückt." Ich seufze. „Ich weiß, auch dass wir sämtliche Formeln bewiesen haben, aber es hat Spaß gemacht.", gebe ich zu.

„Das ist das Wichtigste und so euphorisch wie du davon sprichst, glaube ich dir das sogar." Ich nicke. „Und diese Nora? Ist sie auch so ein kleiner Freak was Mathe angeht?" Ich schüttle den Kopf. „Nein absolut nicht. Sie studiert Sprachwissenschaft oder sowas in der Richtung." Überrascht schaut er mich an. „Und wie hast du sie kennengelernt?" „Traust du mir nicht zu, dass ich auch mal alleine in einem Fremden Land vor dir Tür gehe und lauter Neue Freundschaften schließe?", frage ich ihn. „Ähm....", er stockt. „Doch natürlich." Ich ziehe eine Augenbraue hoch und bin mir ziemlich sicher, dass er mir da einen riesen großen Bären aufbindet.

„Ernsthaft? Ich mir aber nicht." „Doch natürlich. Du warst doch auch total aufgeschlossen mir gegenüber und die Jungs wolltest du auch unbedingt sofort kennenlernen. Ist ja nicht so, also ob Charly und ich dich so oft gefragt haben und du uns immer und immer wieder eine abfuhr erteilt hast.", entgegnet er ziemlich sarkastisch. „Haha." „Sorry, aber mal ehrlich Robin. Ich traue dir echt absolut nicht zu, dass du dort einfach nur in dein Zimmer oder wo auch immer gesessen hast und dort absolut nichts erlebt hast. Du bist einfach nicht jemand, der blöd rum sitzt und nichts tust und dann entwickelte es sich sicherlich von alleine.", setzt er nun nach. Wieder schüttle ich den Kopf. „Danke, aber schön wäre es. Wenn Nora nicht gewesen wäre, hätte ich wahrscheinlich keine zwei Wochen dort ausgehalten. Sie ist Olis Schwester und hat mir asyl gewährt, als ich mich ganz spontan entschieden habe, doch nach Florida zu gehen.", erzähle ich ihm.

„Und ihr beide habt euch gut verstanden." Diesmal nicke ich. „Sehr gut. Sie hat mir ihre Stadt gezeigt. Mich ein Wochenende nach Miami Entführt. Mich mitgeschleppt, wenn sie feiern gegangen ist. Mich für total bescheuert gehalten, wenn ich von meinen Mathe Erlebnissen geschwärmt habe. Sie hat dafür gesorgt, dass mich ihre Freunde aufnehmen. Mich zum Friseur begleitet und mich für total verrückt gehalten, als ich meinte ich will die Haare ab haben und mich dann aber gleichzeitig davon überzeugt, dass es überhaupt nicht schlimm aussieht, als ich dann doch am Ende Zweifel hatte.", berichte ich ihm nun. „Für letzteres muss ich ihr definitiv zustimmen. Du siehst toll aus mit den kurzen Haaren. Es steht dir wirklich.", gibt er ernst von sich und ich glaube ihm jedes Wort. „Danke." „Dafür nicht."

Einen Augenblick schauen wir uns lächelnd an, bis Niall sich räuspert und mich informiert, die serie nun dort zu starten wo wir beide gemeinsam aufgehört haben. Es ist erschreckend und schön zugleich, dass die Stimmung zwischen uns nicht mehr ganz so verkrampft ist, als wie bevor wir hier angekommen sind - sogar im Gegensatz ich fühle mich mal wieder ziemlich wohl in seine Gegenwart. Vielleicht zu wohl. Allerdings komme ich gegen seine lockere Art einfach nicht an.

Eine Weile sitzen wir einfach nebeneinander und schauen die Serie. Ab und an fallen mal ein paar Kurze Worte, aber alles im allem vergehen die nächsten fast drei Stunden ziemlich ruhig, bis ich mich irgendwann strecke, aufstehe und den Tisch abräume.

„Popcorn?" Ich nicke. „Gerne." Niall nickt, holt einen Topf heraus, stellt diesen auf den Herd, gibt Öl hinein und stellt ihn an. Während ich die Spülmaschine einräumen holt er den Popcornmais und braunen Zucker. „Du hast braunen Zucker gekauft?", frage ich erstaunt. Ich kenne kaum jemanden, der Popcorn ebenfalls mit diesen Zucker macht. Niall nickt und holt noch einen zweiten Topf heraus und dort den Zucker rein zu machen, um diesen zu karamellisieren. „Wow. Ich hätte niemals gedacht, dass du dein Popcorn auch so isst.", gebe ich überrascht von mir. „Ähm karamellisiert schon, mit braunen Zucker habe ich es selber allerdings noch nicht probiert. Charly hat mir verraten, dass du es so am liebsten isst, als ich sie vor einigen Stunden anrief und wissen wollte, wie ich es hinbekomme, dass das heute nicht ganz in die Hose geht.", gesteht er mir und ehrlich gesagt, weiß ich nicht, was ich davon halten soll. „Du hast heute Abend mit meiner Schwester telefoniert?" Er sieht mich an und nickt, während er das ganze Popcorn in den Topf schüttet, allerdings wird das gerade eher zur Nebensache. „Ich war ein wenig verzweifelt, weil so ziemlich alles schief ging, was eben schief gehen konnte und wollte ein paar hilfreiche Tipps." Ich ziehe meine Augenbrauen hoch. „Ach und was hat dir Charly noch so geraten." Er zuckt mit den Schultern. „Das ich einfach ein wenig lockerer an die ganze Sache gehen und einfach ich selbst soll." „So einen guten Rat hätte ich meiner Schwester gar nicht zugetraut.", rutscht es mir aus. „Unterschätzt sie da mal nicht." Überrascht schaue ich ihn an. Natürlich Charly die große. Ich merke wie sich Eifersucht einschleicht. Wieso habe ich dem ganzen hier noch mal zugestimmt? So schnell kann die Stimmung also kippen.

„Natürlich, Charly die tolle. Charly die große. Schon klar.", erwidere ich. „Nein so meine ich das überhaupt nicht.", gibt er schnell von sich und stellt sich mir in den Weg, als ich andeute die Küche verlassen zu wollen. „Das mit Charly und mir ist vorbei. Ein für alle mal. Sie und ich sind Freunde und sie hat mich auf dem laufenden gehalten, als du in Florida warst, weil du mich ignoriert hast. Wir reden viel, aber das hat absolut nichts damit zu tun das da etwas zwischen uns ist.", stellt er klar. Ich verschränke die Arme vor der Brust und schaue ihn herausfordernd an. „Und das alles hier", ich deute auf ihn und mich und um uns herum. „hat nichts damit zu tun das ich dich an Charly erinnere.", frage ich ihn und schlage mit seinen eigenen Worten um mich. Er schüttelt den Kopf. „Absolut nicht. Seien wir ehrlich, du siehst, sahst, ihr vielleicht ähnlich aber vom Charakter seid ihr beide total unterschiedlich und das ist auch gut so. Vielleicht warst auch gar nicht du die ihr ähnlich sah, sonder sie es die dir ähnlich aussieht. Zwischen ihr und mir lief es schon lange vor dem Unfall nicht mehr so rund. Ich war genervt von ihr. Sich das einzugestehen hat vielleicht länger gedauert als nötig, aber Fakt ist nunmal das ich eher Charly in den letzten Wochen als ausrede genutzt habe um dir nah zu sein, nicht umgekehrt. Ich genieße die Zeit mit dir und kann ehrlich gesagt nicht genug von deinem lachen bekommen. Oder davon, wenn du etwas mit so einer Leidenschaft erzählst, wie zum Beispiel über diesen Matheworkshop. Ich mag dich, sehr sogar und das liegt nicht an deiner Schwester."

Ziemlich überrascht von seinem Geständnis schaue ich ihn an. Charly hatte so etwas ähnliches schon mal erwähnt, aber es nun wahrhaftig aus seinem Munde zu hören und dabei auch noch das Gefühl zu haben, als sein alles wahr, ist noch einmal etwas ganz anderes. „Bist du dir da sicher? Ich habe nämlich keine große Lust einfach ein Ersatz zu sein. Oder eine zweite Wahl.", will ich wissen und gebe somit quasi selber zu, dass es mir, bezogen auf den letzten Punkt, nicht viel anders geht. „Absolut. Gib mir die Chance es dir zu beweisen.", wiederholt er seine Forderungen bin gestern abend. „Wolltest du das nicht schon hiermit?", hake ich nach. Er kratzt sich am Kopf. „Ja schon, aber einiges davon ist ziemlich in die Hose gegangen. Allerdings ist der Abend ja noch nicht vorbei und ich hoffe einfach, dass du mir hiernach noch einmal die Chance gibst, es besser zu machen." „Es...", ich stocke, als der erste Popcorn an uns vorbei fliegt. Plötzlich wird dieses Gespräch nebensächlich, denn wir hatten tatsächlich vergessen, den Deckel auf den blöden Topf zu tun...

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top