Little Secrets...
„Möchtest du sehen was über uns in der Zeitung geschrieben wird?" Sebastian wippte mit seinem Fuß hin und her und malte unkoordinierte striche auf Dalias Oberschenkel während er ihr zuhörte. „Manche Journalisten sind wirklich unmenschlich. Hier, hör dir das an: Den Aufritt des Abends hatten aber Sebastian Stan in einem stilvollen Prada Anzug, und seine Verlobte Dalia Mason die sich dafür entschied, ein Kleid zu tragen, welches dem Hauptdarsteller die Show stahl— und das von der eigenen Verlobten! Paare wie John Travolta und Ehefrau oder Ryan Reynolds und Blake Lively machten es bei vorherigen Premieren bereits vor und liesen den Hauptdarstellern stets die volle Aufmerksamkeit, Dalia Mason entschied sich am gestrigen Abend gezielt dagegen. „Hier geht es heute um meinen Verlobten, ich bin nur die Deko!" Betonte sie mit einem schmeichelnden Lächeln. Leider war sie nicht nur das Dekorationsornament, sondern der gesamte geschmückte Weihnachtsbaum. Hoffentlich wird ihr zweiter öffentlicher Auftritt weniger auffallend..." Sie schüttelte entsetzt den Kopf und warf ihr Handy neben sich auf die Matratze. „So etwas habe ich noch nicht einmal gesagt. Jetzt stehe ich da wie der größte Vollidiot.." „Mach dir nichts draus Liebling. Das sind nur blöde Sätze die doch überhaupt nichts der Wahrheit entsprechen?" Sie setzte sich aufrecht hin und lehnte sich an die Kopfstütze des Bettes. „Aber alle die das lesen werden mich für die Publicity geile Freundin von einem berühmten Schauspieler halten. Jeder wird diesem Artikel glauben und mich schief ansehen." Kopfschüttelnd legte er sich auf ihre Brust und versuchte sie irgendwie zu ermutigen nicht so negativ zu denken. „Scheiß auf diesen Artikel, babe. Hauptsache du und Ich wissen wie es wirklich war und viel wichtiger, wie du wirklich bist." Sie lächelte sanft bei seinen Worten und fuhr ihm durch die Haare. „Wie bin ich denn wirklich?" Sebastian setzte sich erschreckt auf und sah sie mit einem Blick an, der sie verunsicherte. „Du bist mutig, ehrlich und freundlich, dein Herz ist rein und möchtest nur das gute für die Menschen um dich herum. Du möchtest dass es den Leuten um dich herum gut geht und sie sich in deiner Gegenwart wohl fühlen und sie sich nicht verstellen müssen. Außerdem bist du die allerschönste Frau auf der ganzen Welt! Und das allerbeste an der ganzen Sache ist das du meine Frau bist. Du bist mein Fels in der Brandung, mein Ast an meinem Baum, mein Seil zu meinem Drachen und das beste was mir jemals passiert ist."
Dalia sagte nichts. Sie starrte ihn einfach nur an und presste die Luft zwischen ihren Lippen raus. Ihre Augen waren tränen durchflutet und rot. „Du solltest doch dein Ehe Gelübde noch nicht aufsagen.." Ein Kuss zwischen ihnen brachte die Tränen zum rollen. Ohne zu bremsen fielen sie hinunter auf ihr T-Shirt und hinterliesen kleine, nasse Punkte. Er konnte ihr Lächeln durch den Kuss spüren und zog sie an sich. „Ich liebe dich..." Sie schloss die Augen und spürte wie ihr Herz sich bis zum Anschlag mit Liebe füllte. „...wie verrückt."
„Bist du sicher das es eine gute Idee ist Joyce und Tom gleichzeitig zu sehen?" „Das sind meine Freunde, Seb." Sie puderte gerade ihre Foundation ab und trug noch etwas Rouge auf den Wangen auf. „Ich mein ja nur..." er warf die Hände unschuldig in die Luft, „..nach all dem was passiert ist könnte es möglich sein dass du nochmal verletzt wirst." Berechtigter Einwand. Sie wusste selber nicht so genau wieso sie dem Treffen zugestimmt hatte. Eigentlich hatte sie doch Joyce geschworen dass sie für sie gestorben sei. Durchhaltevermögen von einem Gummiband. Aber ihr Herz schrie nach Vergebung und Versöhnung. Tom und Joyce waren die einzigen Freunde die ihr geblieben waren. Bis auf Alice, natürlich. Aber sie wusste nicht über alles so bescheid wie sie es taten. Sie waren ihre Familie, insbesondere Joyce. Ja, sie hat sich total daneben benommen. Und ja, sie hat vor Gericht gegen Dalia ausgesagt, was, um ganz ehrlich zu sein, eigentlich ein Grund wäre sie abzustoßen und sie nie wieder zu sehen. Aber sie ist ein Mensch. Und Menschen machen Fehler. Manchmal sind es kleine Fehler die niemand anders bemerkt außer man selbst. Und manchmal können es katastrophale Fehler sein die einem den Boden unter den Füßen entziehen. Dalia war nicht bereit das zu vergessen. Aber sie war bereit ihr zu vergeben. Sie ging aber mit einer ganz anderen Erwartungshaltung ran und kommunizierte das auch offen mit Joyce. Sie solle es wieder gut machen, wie auch immer ihr in den Sinn kommt. Sie wollte sehen dass sie sich Mühe gibt und es ihr wirklich wichtig ist das Vertrauen wieder aufzubauen welches vollständig zerstört wurde. Es war machbar, aber es brauchte Zeit. Zeit bis alles verheilt war und auch die Narben nicht mehr schmerzten.
„Ich werde wahrscheinlich bei Chris sein wenn du wieder nach Hause kommst. Du kannst sehr gerne nachkommen wenn du willst?" Er brauchte ebenfalls wieder etwas Zeit mit seinen Freunden um die vergangenen Wochen zu verdauen. „Mal sehen wie müde ich sein werde." Sie verabschiedeten sich und sie ging die Haustür hinaus. Diesmal war Sven an der Reihe, denn Joseph hatte heute frei. „Wie fühlen sie sich heute Mrs. Mason?" „Gut, danke. Und dir?" Er sah flüchtig in den Rückspiegel und traf ihren Blick. „Ebenfalls." Die Konversationen zwischen ihnen wurden in der letzten Zeit kürzer und eher distanziert. Joseph muss ihm nochmal ins Gewissen geredet haben. Nach einigen Minuten brach Sven dann das schweigen. „Ich bräuchte einen Tipp, Mrs. Mason." Er umgriff das Lenkrad etwas fester und sah in den Rückspiegel während sie an einer roten Ampel hielten. „Ich hoffe ich kann dabei helfen" sagte sie lächelnd. „Es geht um die Frau die ich mag, wie kann ich ihre Aufmerksamkeit erregen ohne dass es aufdringlich wirkt?" Eigentlich wollte sie niemandem Beziehungstips geben da sie manchmal viel zu hohe Erwartungen an die Menschen hatte. Viele wissen aber auch nicht was man alles bei einem flüchtigen Flirt falsch machen kann. Wie auch immer, eine Expertin war sie definitiv nicht. „Hmm, ich denke es ist wichtig dass du weißt, was sie mag und vielleicht darauf ein Gespräch aufbaust. Sie muss merken dass du dir wirklich Gedanken über sie gemacht hast, weißt du?" Er nickte. „Und was ist wenn sie so etwas nicht machen kann?" „Was meinst du mit nicht kann?" Er seufzte und wirkte entmutigt. „Das ist kompliziert, schätze ich." „Ich...kann es ja versuchen zu verstehen?" Sie wollte in diesem Moment ebenfalls nicht aufdringlich wirken und zu viele Fragen stellen.
„Sie lebt noch bei ihren Eltern die wahnsinnig streng christlich sind und viel zu große Angst um sie haben. Sie haben sogar so große Angst, dass sie sie selten raus lassen. Ihre Mutter sagt immer das sie bereits mit Jesus verheiratet ist und deswegen keinen anderen Mann in ihrem Leben haben darf." Zum Glück konnte Sven nicht sehen wie Dalia ihr Gesicht verzog als die das hörte. Mit Gott verheiratet, spottete sie in ihren Gedanken. „Ihr Vater, der übrigens eine Waffe im Haus trägt da der Schutz Gottes zwar wunderbar ist aber gegen Eindringlinge nicht genug sei, warnte mich davor ihr bloß nicht zu nahe zu kommen. Für die Eltern bin ich nur ein Freund, aber ich möchte mehr als das sein." Dalia spielte an ihrer Kette herum und strengte sich wirklich an, sich etwas hilfreiches zu überlegen. „Eigentlich ist die Sache ganz klar. Du magst sie und sie mag dich. Das wäre alles kein Problem wenn du offen und ehrlich mit den Eltern reden könntest. Da der Vater aber eine Knarre bei sich trägt, würde ich dir ganz ehrlich raten einen großen Bogen um diese Familie zu machen. Das würde nur Probleme geben, und Probleme heißen in deinem Fall Tod durch eine Kugel." Sie formte das Wort Sorry stumm mit ihren Lippen und zuckte mit den Achseln. Das war die einzige logische Schlussfolgerung die daraus resultierte. Entweder er geht das Risiko ein und stirbt, oder er lässt es sein und sucht sich lebend jemand anderen. „Aber ich mag sie wirklich. Und ich weiß dass sie es bei mir besser hätte als bei ihr zu Hause." „Wie alt ist sie denn überhaupt?" „23, Miss." Sie lächelte als sie sich daran erinnerte wie ihr Leben mit 23 Jahren war.
„Sie muss doch Träume haben? Sprich mit ihr. Vielleicht findet sie den Mut und wird selbst mit ihren Eltern sprechen. Irgendwann muss sie sich von ihnen trennen, ansonsten wird sie niemals ein eigenes Leben führen können." Er nickte und zog einen Mundwinkel hoch. „Danke." „Ach.." Sie machte eine abfällige Handbewegung „..nicht dafür" und stieg aus dem Auto aus. Im Restaurant tummelten sich die Menschen. Frauen waren in ihren schicksten Kleidern angezogen und Männer waren mit teuren Armbanduhren ausgestattet. Große silberne Kronleuchter hingen von der Decke. Die Wände waren in einem satten Waldgrün gestrichen und die goldenen Bilderrahmen kamen umso stärker heraus. Die Bilder in den Rahmen verblassten durch das starke Gold. Ebenso die Gläser. Dalias Martini Glas bestand aus dem reinsten Kristall welches sie jemals gesehen hatte. Aufwendige Schnörkeleien umrandeten stilvoll den Boden des Glases. Sie liebte solch aufwendige Details und könnte sich stundenlang damit beschäftigen, wenn da nicht zwei neugierige Spezies auf sie einreden würden. „Welche berühmte Menschen hast du alles getroffen?" Fragte Joyce mit großen Augen und nippte an ihrem Cocktail. „Ach, da waren so viele Menschen. Ich habe nicht wirklich mit jemanden geredet, ich kannte ja niemanden." Sie wollte ehrlich gesagt nicht prahlend wirken und befürchtete eventuelles komisches Verhalten. „Bullshit. Wen hast du gesehen?" Sie lies wirklich nicht locker. Aber wieso wunderte es sie überhaupt? Es war Joyce. „Na gut, ich habe Mila Kunis im Bad getroffen." Sie sagte es schnell und kniff die Augen zusammen als würde sie gleich nass gespritzt werden. Tom saß mit offenem Mund da und starrte sie an.
„NEIN..., echt jetzt?" Dalia nickte und versenkte ihren Blick hilfesuchend in die Speisekarte. Als ob Chilli con Carne und Ofenkartoffeln ihr jetzt helfen könnten. Sie gingen den Rest des Abends verschiedene Themen durch, machten aber einen längeren Halt als es um die Hochzeit ging. Sie gab beiden eine Aufgabe und bat sie, sich um einige Dinge zu kümmern. Tom wurde ganz euphorisch und war gedanklich schon weiter. „Du solltest deinen Toyboy ab und zu mal bremsen." Der Martini schmeckte widerlich. Aber er brannte im Hals, das brauchte sie jetzt. „Ich habe ihn noch nicht abgestillt, muss wohl daran liegen" lachte Joyce. Dalia platze fast vor Lachen und Tom starrte beide absolut unwissend an. Entweder er hatte es akustisch nicht verstanden, oder er wusste nicht was das hieß. Aber man konnte es ihm auch nicht wirklich übel nehmen. Süß war er ja schon.
Sven wartete draußen, angelehnt an der Motorhaube und konnte beobachten, wie Dalia sichtlich beschwipst von Tom und Joyce gestützt wurde ansonsten wäre sie umgefallen wie ein gefällter Baum. „Was ist denn mit ihr passiert?" Fragte Sven besorgt und half ihnen sie ins Auto zu befördern. „Martini...und jede Menge Wodka." Joyce war ebenfalls weit entfernt von nüchtern und flirtete mit Tom. Dieser machte sich eher sorgen um Dalia und schnallte sie auf ihrem Platz an. „Weißt du...Tom.." Ihr Atem roch nach mehr als nur Martini und Wodka. Hatte sie sich irgendwo übergeben? „..du bist wirklich mein bester Freund..aber Joyce..." sie erhob ihren Finger und zeigte auf ihre Freundin die deutliche Schwierigkeiten hatte zu stehen. „Joyce ist nicht gut für dich, das Dreckstück...sie ist eine falsche Schlange, eine riesige Bi-„ „Okayyy" unterbrach er sie schnell, bevor es in einem riesigen Drama ausbrach, „ich glaube du solltest etwas schlafen Dal. Ich ruf dich morgen an. Gute Nacht." Sven fuhr los und blickte immer wieder besorgt über die Schulter um sie zu sehen. Sie war ein absolutes Wrack und sie war...eingeschlafen. Und sie sabberte. Klasse. Sie zeigte sich mal wieder von der aller besten Seite. Glücklicherweise war es nur Sven und keine aufdringlichen Paparazzos die sie damit bloßstellen könnten. Als sie angekommen waren versuchte er sie durch gezieltes anstupsen aufzuwecken doch erzielte keine Reaktion. Sie atmete so flach, dass er für eine winzige Sekunde kurz in Panik verfiel ob sie überhaupt noch unter den lebenden war. Er schnallte sie ab und wollte sie gerade hochheben, als sie sich plötzlich bewegte und nach seinen Arm festhielt und sich an ihm schmiegte. Er sah sie von oben bis unten an und strich ihr ihre Haare vom Gesicht. Dabei berührte er ihre erwärmte Wange und lies sie etwas zu lange auf ihrer Haut verweilen. Das Garagentor ging plötzlich auf und er wurde aus dem Moment gezogen. „Was ist los?" Fragte Sebastian besorgt. Als er zur Tür lief und Dalia völlig weggetreten, mit halb offener Bluse und hochgezogenem Rock, sodass man ihren Slip sehen konnte, auf der Rückbank sah, wurde ihm schwarz vor Augen. Er packte Sven am Hals und drückte ihn gegen das Auto. Jeder Muskel in seinem Körper spannte sich an. „Was hast du mit ihr gemacht?" Seine Finger bohrten sich etwas weiter in seinen Hals. Sven schnappte langsam nach Luft und bekam Panik. „Das ist nicht so wie es aussieht, Mr. Stan."
„Für mich sieht es ganz genau danach aus.." Sven keuchte und bekam keine Luft. Aber Sebastian hörte nicht auf ihn zu würgen. Erst als Joseph ihn an der Schulter anfasste lockerte er seinen Griff. „Was passiert hier?" Beide sahen sich an, Sven stützte sich mit den Armen auf seinen Oberschenkeln um seine Lungen wieder mit Sauerstoff zu füllen. „Sven?" Fragte Jo, diesmal mit hochgezogenen Augenbrauen. Er räusperte sich und gewann etwas Abstand zu Sebastian. „Ich wollte sie hochheben um ins Haus zu tragen da sie völlig betrunken ist und in dem Moment kam Mr. Stan und sah mich über sie gebückt. Ich wollte ihr wirklich nur helfen." Joseph wagte einen Blick auf die noch immer schlafende Dalia und seufzte laut. Er wusste nicht was er dazu sagen sollte. „Das ist meine Aufgabe, Mr. Foley. Wenn sie ein Problem mit meiner Verlobten haben, dann RUFEN.SIE.MICH.AN." Er war außer sich. Und er hatte Sven nicht einmal beim Nachnamen genannt—bis jetzt. „Sie waren aber nicht für sie da." Das wars. Er brauchte einen neuen Job. Vielleicht auch ein neues Leben. Sebastian drehte sich zu ihm um und verpasste ihm einen heftigen Schlag inmitten seines Gesichts. Sven fiel zu Boden und Joseph stellte sich schützend vor ihn. „Nicht, bitte.." Er streckte die Hände aus um ihn zu stoppen und blickte ihn ruhig an. „Tun sie nichts was sie eventuell bereuen werden."
Ein leises stöhnen aus dem Auto holte ihn aus seiner verschwommenen Blase in der er gerade fest steckte. „Er ist gefeuert." Sicher im Bett angekommen, zog er sie aus und fuhr ihr mit einem kalten Waschlappen über das Gesicht. Er streichelte ihre Wange und beobachtete sie einen weiteren Moment, bevor er sie zudeckte und sich an sein Laptop setzte um einen neuen Bodyguard zu finden. Mit einem dröhnenden Kopf und einem Hals, so trocken wie die Wüste, lief sie Zombie artig in die Küche um zu trinken. Sebastian machte sein Katerfrühstück welches einfach nur Wunder wirkte. „Guten Morgen, Sonnenschein." Sie verzog das Gesicht. „nicht so laut." „Das waren wohl etwas zu viele Martinis letzte Nacht, was? Tom hat auch schon angerufen und sich nach dir erkundigt." „Kann schon sein. Tom hat angerufen?" Er wendete den Speck und schaltete den Herd eine Stufe niedriger und nickte ihr zu. Als sie seine aufgeschlagenen, wunden Handknöchel sah, lief sie besorgt zu ihm und nahm seine Hand hoch um sie zu begutachten. „Tut das arg weh? Was ist passiert?" Er zögerte, erzählte ihr aber alles als er in ihr sorgenvolles Gesicht sah.
„Das glaube ich einfach nicht..." Dalia hatte eine Hand vor dem Mund und hatte das Gefühl ihren Ohren nicht trauen zu können. „So etwas würde er niemals tun, das weiß ich!" „Das sah aber ganz anders aus, Liebling." Sie vergrub ihr Gesicht in ihre Hände. Hatte denn nun jeder in ihrem Umfeld nur schlechte Absichten? Das konnte echt nicht wahr sein. „Keine Sorge, er wird dir nie wieder zu nahe kommen. Ich habe ihn gefeuert." „Du hast was?" Sebastian sah verwirrt von seiner Zeitung aus und konnte ihre Gefühlslage nicht wirklich deuten. „Ich kann doch nicht riskieren dass so etwas nochmal passiert?" „Es ist doch gar nichts passiert?" Wieso verteidigte sie ihn eigentlich? „Wieso verteidigst du ihn überhaupt? Du hast von all dem überhaupt nichts mitbekommen da du ja meintest dich ins Koma zu saufen." „Wie bitte?" Nun wurde sie wütend. Und das Gebrüll war wirklich nichts für ihre Kopfschmerzen. Sebastian beruhigte sich und seine Tonlage und sprach wieder normal. „Dal, er hätte dich vergewaltigen können und du würdest es nicht mal wissen." „Ist das so ja? Ich werde ja wohl wissen ob irgendjemand was in mich hinein geschoben hat oder nicht. AUCH wenn ich betrunken war." „Ich diskutiere nicht mit dir darüber. Ich habe ihn gefeuert und dafür jemanden neues gefunden. Zeig dich diesmal ausnahmsweise mal nicht von deiner schlechtesten Seite, okay?" Sie sah ihn nur an und sagte nichts dazu. Sie konnte auch nichts dazu sagen. Einerseits hatte er recht. Andererseits hatte er sie gerade mit seiner Aussage verletzt und sie schämte sich nun sehr für vergangene Nacht. Sie nahm wortlos ihren Kaffe, stand auf und lief ins Wohnzimmer. Den Rest des Tages schwieg sie ihn an und würdigte ihn keines Blickes. Sie konnte lediglich seine enttäuschten Seufzer hören. Aber er hatte bereits morgen in der Küche aufgegeben. Ignorieren konnte sie wie ein Weltmeister. Am gleichen Abend hatten sie sich bereits wieder vertragen denn sie befolgte eine eiserne Regel. Sie war nicht immer diszipliniert, aber diese eine Sache war ihr wichtig. Ihre Oma hatte ihr immer gesagt: Geh nie wütend ins Bett. Das Bett ist ein Ort, in dem die größten Liebesgeschichten dieser Welt in Träumen auftauchen. Es ist ein Ort fürs glücklich sein.
Es wurde Zeit den neuen Bodyguard an Josephs Seite kennen zu lernen. Sebastian hatte gemeinsam mit Jo nach jemanden passendes gesucht. „Das kann doch nur ein Zufall sein..." stellte Dalia lachend fest. Es war Thilo. Der Kerl den sie im Fitnessstudio kennen gelernt hatte. Er war ihr neues Bodyguard. Einschüchternd war er schonmal, das musste man ihm lassen. Sie war es nämlich bei jeder ihrer Begegnungen.
„Ihr kennt euch?" Sebastian fiel aus allen Wolken. „Ja, wir haben uns im Fitnessstudio kennen gelernt. Wir waren gemeinsam in der Sauna." Okay, diese Information war jetzt vielleicht nicht sehr passend. Thilo lachte und Dalia stimmte sich mit ein und entschärfte die Situation sofort. Nachdem ihm Sebastian und Joseph das nötigste gezeigt und mit ihren „Feinden" vertraut gemacht hatten, durfte er sofort mit der Arbeit beginnen und Dalia zu Joyce fahren. Es war Mädels Tag und sie verbrachten den Tag mit Gesichtsmasken, Karaoke Battles, Tanz Einlagen und einer Modeshow. Es fühlte sich an, als wäre nie etwas zwischen ihnen gewesen. Natürlich genoss Dalia alles noch mit etwas Vorsicht und erzählte ihr nicht sofort die kleinste Neuigkeit. Aber sie genoss die Zeit mit ihr und gab ihr die letzte Chance sich zu beweisen. Und das tat sie. Dalias Handy klingelte während sie sich in einem Kleidungsstück verfing und Joyce ging für sie dran. Anfangs hörte sie nichts außer einem lauten Atmen, danach ertönte Deans Stimme und Joyce war in einer Art schockstarre gefangen. „Hey, Joycy. Wie gehts?" Sie wusste nicht ob sie ihn anschreien oder einfach auflegen sollte. „Ok hör zu. Ich wollte nur wissen wie es ihr geht. Aber ich kann verstehen wenn du nicht mit mir reden möchtest." Joyce lauschte nur. Im Hintergrund waren Autos zu hören. Es war laut. „Bitte, Joyce. Ich möchte doch nur wissen wie es ihr geht. Bitte lass mich nicht hängen." Eine Polizeisirene war laut und deutlich zu hören. Komisch. Diese Art von Sirenen gab es in Deutschland nicht. Zu gleicher Zeit ertönte auch vor der Wohnung eine ähnliche Sirene. Er war doch nicht....Oder doch? Bevor sie einen weiteren Gedanken verlor stand sie schnell auf und ging auf die Straße um sich zu vergewissern, dass er nicht wieder ganz spontan vor der Haustür stand. Schien als ob das sein Ding war. Als sie auf der Straße aber niemanden sehen konnte, schüttelte sie den kopf und lachte über sich selbst. So ein Schwachsinn, dachte sie sich. „Wo bist du?" Fragte sie ihn kurzerhand. „Es dauerte einen Moment bis er antworten konnte. „Für zuhause klingt das aber ganz schön amerikanisch." Sie traute ihm nicht. „Ich schaue mir gerade einen Film an, Joyce." Seine Stimme klang noch immer wie damals. Sie bekam Gänsehaut als sie an ihn zurück dachte. Der Moment in dem er im Bett über Julia gebeugt war und sie so heftig würgte dass ihre Lippen bereits blau waren. Diesen Moment würde sie niemals vergessen. Und diesen Moment wollte sie Dalia ersparen. Sie wollte sie vor ihm und die bittere Wahrheit schützen. Zu Dalia sagte sie sie hätte ihre Schuhe am Eingang gesehen und wäre ins Schlafzimmer gelaufen und hätte sie wenig bekleidet auf dem Bett entdeckt. Ihre Schuhe am Eingang—keine Lüge. Wenig bekleidet im Bett—keine Lüge. Wohl auf atmend und voller Freude—Lüge. Das wollte sie ihr nicht antun, also lies sie dieses Detail aus und versuchte Tag für Tag damit zu leben. Ihr Gewissen biss ihr ständig in den Nacken und forderte sie auf, es ihr zu erzählen. Zu dem jetzigen Zeitpunkt wäre es aber der absolute Todeszeitpunkt ihrer Freundschaft. Noch so einen Strike durfte sie sich nicht erlauben.
„Sag ihr, das ich an sie denke, Joyce." Das würde sie ganz bestimmt nicht tun. Sie löschte den Anruf von Dalias Handy und wandte sich mit einem Pokerface wieder ihrer Freundin zu, die nur in Unterwäsche vor ihr stand und verschiedene Kleider anprobierte. Zum Glück konnte man von der Straße aus nicht in das Fenster schauen. Doch vom gegenüberliegenden Haus hatte man einen grandiosen Ausblick.
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