22. Türchen
von @Dancing-Snowflake
„Hey, Kumpel", rief ich fröhlich, während ich in die Hocke ging und meinem Neffen durch sein dunkles Haar wuschelte. „Oh Louis, gut, dass du da bist", hörte ich meine Schwester gehetzt aus dem Nebenraum rufen, noch bevor Noah überhaupt die Chance hatte, meine Begrüßung zu erwidern. „Also, er hat schon gegessen, er muss aber unbedingt noch seine Zähne putzen. Es kann sein, dass Tommy nachher anruft, aber der ist auf seiner Geschäftsreise so durchgeplant, dass ich das nicht mit Sicherheit sagen kann. Ach, verdammt, warum muss dieser Elternabend auch einen Tag vor Nikolaus sein? Als hätte ich nicht schon genug zu tun... Wenn etwas ist, du weißt ja, wo ich bin und wie du mich erreichen kannst", plauderte Charlotte ohne Punkt und Komma und rannte wie wild im Flur herum. Als sie dann endlich einen Notizblock in ihrer Handtasche verschwinden ließ und ihren Mantel anzog, erlaubte ich es mir, kurz erleichtert durchzuatmen.
„Bye, Mum", rief Noah, nachdem seine Mutter ihm einen Kuss auf den Kopf gehaucht und mir kurz auf die Schulter geklopft hatte. „Macht's gut, ihr beiden. Und Louis, ich warne dich: Wenn du noch einmal meine Küche betrittst, bist du ein toter Mann." Damit verschwand meine Schwester eilig aus der Wohnung. Noah und ich sahen ihr noch einen Moment schweigend hinterher, dann schnappte mein Neffe aufgeregt meine Hand und zog mehrere Male daran. „Komm, Onkel Lou", rief er, woraufhin ich mich schnell aus der Hocke erhob und ihm hinterhereilte.
Noah schien einen genauen Plan zu haben, wie dieser Abend verlaufen sollte. Kaum standen wir vor dem Regal, indem die Süßigkeiten aufbewahrt wurden, streckte er verlangend seine Arme aus und quengelte, damit ich ihn auf den Arm nahm. Ich seufzte und rollte kurz mit den Augen, doch das Lächeln, das ich seit meiner Ankunft auf den Lippen hatte, verschwand deshalb nicht. Im Gegenteil, meine Mundwinkel wanderten weiter hinauf, als ich meinem Neffen unter die Arme griff und den vierjährigen Frechdachs hochhob.
„Erst die Arbeit, dann das Vergnügen, Kumpel", rief ich lachend, als ich mich rückwärts aufs Sofa fallen ließ und er auf meinem Bauch landete. „Arbeit?", wollte der blonde Junge mit weit aufgerissenen Augen wissen. Er stützte sich mit beiden Händen auf meiner Brust ab und richtete sich auf. Schnell nutzte ich die Gelegenheit und begann ihn durchzukitzeln, woraufhin er sich lachend und kreischend auf mir windete und mir beinahe seinen Fuß ins Gesicht schmetterte. „Richtig gehört, wir haben noch einen Haufen Arbeit vor uns."
Mit Hilfe des Couchtisches, der Esszimmerstühle und einigen Laken baute ich eine Höhle, die zum Fernseher hin einen offenen Eingang hatte. Abschließend legte ich einige Decken über den weißen Hochflorteppich innerhalb der Höhle und Noah vollendete unser Meisterwerk, indem er noch unzählige Sofakissen hineinwarf. Da wir es uns beide nun verdient hatten, ging ich zum Süßigkeitenregal und holte zwei Schokonikoläuse am Stiel heraus, von dem ich einen sogleich meinem enthusiastischen Neffen reichte. Als wir daraufhin in die Höhle hineinkrochen, spendete uns einzig und allein der prächtig geschmückte Weihnachtsbaum, den Lottie traditionell am ersten Dezember in der Ecke neben dem Fernseher aufbaute, Licht und auch eine gemütliche Atmosphäre.
„Onkel Lou?", ertönte Noahs nachdenkliche Stimme, als die Schokolade längst gegessen war und er nur noch an dem weißen Stiel herumknabberte. „Ja?", murmelte ich und drehte meinen Kopf, sodass ich ihm in die Augen sehen konnte. „Mama hat gesagt, dass du..., dass du... un... un... ich habe das vergessen, aber ich glaube, das war ein böses Wort", plauderte Noah und zog dabei seine Nase kraus, wie ich das sonst von mir kannte. „War das Wort vielleicht unausstehlich?", erkundigte ich mich seufzend und ersparte mir es zu sagen, dass dieses Wort wohl eher auf Lottie als auf mich zutreffen würde.
Noah sah noch nicht wirklich zufrieden aus, als er seinen Zeigefinger gegen seine Wange drückte und nachdenklich in die Luft starrte. Doch dann nickte er einfach. „Mama sagt, dass du das bist, weil..., weil du keine Frau hast", erklärte er und bettete seinen Kopf gemütlich zurück auf meinen Oberarm. „So, sagt sie das?", murmelte ich und tippte mit meinem Zeigefinger neckend gegen seine Nasenspitze. „Kannst du ein Geheimnis bewahren?", holte ich mit einer Gegenfrage zu einer Antwort aus. Aufgeregt nickte Noah, rief „Ehrenwort" und hob zwei Finger zu einem „Peace"-Zeichen an. Ich musste mir auf die Lippe beißen, um ein Lachen zu verkneifen und seine Bemühungen zu respektieren.
„Weißt du, Noah, du bist ja jetzt schon groß, also kann ich ernsthaft mit dir drüber reden... Aber das darfst du auf keinen Fall deiner Mama erzählen, jedenfalls noch nicht", flüsterte ich und strich dabei meinem Neffen die blonden Haare aus dem Gesicht. „Ich brauche keine Frau, um weniger unausstehlich zu werden. Ich hätte gerne jemanden an meiner Seite, aber das muss nicht unbedingt eine Frau sein. Eigentlich träume ich sogar davon, mit einem Mann mein Leben zu teilen. Ein Mann, der es mag, mit mir händchenhaltend den Weihnachtsmarkt entlangzuschlendern. Ein Mann, mit dem ich sonntags zusammen aufs Sofa sitzen und heiße Schokolade trinken kann und der den ganzen Tag mit mir kuschelt", sprach ich die Gedanken laut aus, die auch mir jüngst vermehrt im Kopf herum kreisten.
Kaum hatte ich meine Erklärung beendet, beobachtete ich, wie Noah mich aus traurigen Augen heraus ansah und nach meiner Hand griff. „Onkel Lou, du hast doch mich... Du... du musst gar nicht un... un..", Noah rümpfte kurz die Nase, „... sein." Nachdem er das gesagt hatte konnte ich nicht anders, als liebevoll meine Arme um ihn zu schließen und ihn ganz sanft an mich zu ziehen. „Das stimmt. Ich habe wohl wirklich keinen Grund, unausstehlich zu sein", murmelte ich lachend. Als es Noah dann zu viel wurde, riss er sich aus meiner Umarmung und setzte sich auf eines der Kissen. „Können wir einen Film anschauen, bis Mummy nach Hause kommt?", bettelte er und verschwendete keinen Gedanken mehr an das vorherige Thema. In diesem Augenblick wünschte ich mir, mit derselben Leichtigkeit und Sorglosigkeit durchs Leben gehen zu können wie mein vierjähriger Neffe.
Als Charlotte schließlich nach Hause kam, schlummerte Noah bereits tief und fest in meinen Armen. Ich trug meinen Neffen in sein Zimmer, legte ihn in sein Bett, deckte ihn zu und beobachtete, wie Lottie anschließend ihrem schlafenden Sohn einen Kuss auf die Stirn hauchte. „Mummy?", ertönte plötzlich Noahs Stimme. Sogleich gingen seine Augen auf und er sah uns überrascht an. „Mummy", sagte er nochmal und streckte seine Arme aus, woraufhin Lottie sich auf die Bettkante setzte und ihm sanft über die Haare streichelte. „Es ist schon spät, mein Süßer. Du solltest endlich schlafen", flüsterte sie ihm liebevoll zu. Noah zog seine Augenbrauen weit in die Höhe, um seine Augen aufhalten zu können, während sich auf seine Lippen ein listiges Lächeln schlich. „Du hattest Unrecht, Mummy. Onkel Lou will gar keine Frau, er will einen Mann. Und er ist jetzt wieder ganz lieb, weil er ja mich hat", murmelte mein Neffe mit flatternden Augenlidern, bevor er seinen Kopf zurück in sein Kissen bettete und müde die Augen schloss.
Lottie drehte dramatisch langsam ihren Kopf in meine Richtig. Obwohl der Raum nur von einem Sternenhimmel an der Decke erleuchtet wurde, vernahm ich, wie sie mich herausfordernd ansah. Sie nickte mit ihrem Kopf in Richtung Flur, dann deckte sie ihren Sohn noch einmal richtig zu und verließ mit mir gemeinsam den Raum. „Wie lange ist es her, dass du mir das gebeichtet hast? Zehn Jahre?", wollte Lottie wissen, als sie mir voran ins Wohnzimmer ging und dort zwei Gläser Wein aus dem Regal zog. „Dreizehn", widersprach ich, schnappte mir eines der frisch befüllten Weingläser und zog die Decken, mit der Noah und ich die Höhle gebaut hatten, zur Seite, damit wir uns aufs Sofa setzen konnten.
„Ich war sechzehn, als ich es dir gebeichtet habe", meinte ich in Erinnerungen schwelgend, dann stieß ich mein Weinglas klingend gegen Lotties. „Dreizehn Jahre ist es also her, dass du mir deine Bisexualität gebeichtet hast und seitdem war es kein Thema mehr. Du hattest immer nur Freundinnen", stellte sie fest. Ich schluckte, dann nickte ich. „Es ist... Ich... Also...", versuchte ich eine Erklärung zu beginnen, doch irgendwie wusste ich gar nicht, wo ich anfangen sollte. „Also ich weiß, dass du mich gleich hassen wirst, aber von Eleanor habe ich mich nicht getrennt, weil ich keine Gefühle mehr für sie hatte. Ich habe mich von ihr getrennt, weil ich mit ihrem besten Freund im Bett gelandet bin", gestand ich, was mich nun schon seit einem halben Jahr beschäftigt hatte.
„Du hast Eleanor betrogen?", fasste Lottie meine Rede zu einer Frage zusammen. Zermürbt nickte ich und nahm einen großen Schluck von meinem Wein. „Ich habe ihr gleich am nächsten Morgen alles gestanden und mich von ihr getrennt. Du musst mir glauben, ich hatte wirklich Gefühle für sie, aber ich schätze, diese sind nie über eine Verliebtheit hinausgegangen." Ich beobachtete, wie Lottie nachdenklich nickte. „Immerhin hast du danach richtig gehandelt. Obwohl du mit deinem Handeln die Bisexualität ziemlich in Verruf bringst. Schließlich erfüllst du grade sämtliche Vorurteile", beurteilte meine Schwester die Lage.
Ich atmete schwer und vergrub mein Gesicht in meiner freien Hand. „Ich weiß", murmelte ich und ärgerte mich über mich selbst. „Und ich weiß auch gar nicht, ob ich mich wirklich noch als bisexuell definieren würde. Es ist ja nicht so, dass ich Frauen gar nicht mehr anziehend finde. Also auch auf eine sexuelle Weise. Aber als ich in den Armen von Max aufgewacht bin, da wurde mir klar, dass ich gerne einen Mann an meiner Seite hätte. Nicht Max, er war zwar gut im Bett, hat aber eine abstoßende Persönlichkeit. Nur, ich denke, dass ich schwul bin. Oder doch bisexuell. Ach, keine Ahnung. Aber wenn ich über eine romantische Beziehung nachdenke, dann stelle ich mir da neuerdings immer einen Mann vor", gab ich ihr die Gedanken preis, die mir seit der Trennung von Eleanor immer wieder den Schlaf geraubt hatten. „Oh Louis", seufzte Lottie, dann legte sie einen Arm um mich und streichelte sanft mit einer Hand über meinen Rücken.
„Also wenn ich mir mit einer Sache sicher bin, dann dass du deine Person schon noch finden wirst. Außerdem solltest du dir nicht deinen Kopf zerbrechen, es ist völlig okay, wenn du dich einfach gar nicht labeln möchtest. Folge einfach deinen Gefühlen", sagte sie in fast schon tröstlichem Tonfall. Ich atmete tief durch und spürte, wie eine große Last von mir abfiel. Meine Sexualität war lange Zeit kein Thema mehr gewesen, doch nun offen darüber sprechen zu können, erleichterte mich ungemein. „Danke, Lottie", flüsterte ich in die Stille hinein und genoss für einen Moment die Ruhe um mich herum.
Plötzlich zog Charlotte ihre Hand weg, stellte ihr Weinglas auf den Boden und sprang vom Sofa auf. „Und wenn du bis dahin Ablenkung brauchst, dann habe ich genau das Richtige für dich", sagte sie, nachdem sie kurzzeitig aus dem Raum verschwunden war. „Einer der Kita-Väter hätte gerne, dass seine Kleine zum ersten Mal Besuch vom Nikolaus bekommt. Er ist Engländer, also kennt er die Tradition selbst nicht wirklich", erklärte Lottie, woraufhin mir fast die Augen aus dem Kopf fielen. Meine Schwester stellte daraufhin eine große Einkaufstasche vor mir ab, in der ich ein gewisses rotes Kostüm darin entdecken konnte.
„Und da fragst du den einzig anderen Ausländer, den du kennst? Ich bin mir sicher, dass du genügend Menschen kennst, die mit dieser Tradition wirklich vertraut sind... Ich war vor fünf Jahren ja schließlich selbst noch ganz offiziell Engländer", widersprach ich schnell, denn auf so etwas hatte ich nun wirklich keine Lust. Ich war schon froh, dass Lottie noch nicht unangekündigt in meiner Wohnung aufgetaucht war, um einen Weihnachtsbaum aufzustellen.
„Die einzige Weihnachtstradition, die ich verfolge, ist der Besuch auf dem Weihnachtsmarkt. Alles andere kannst du wirklich nicht von mir erwarten", setzte ich noch nach, doch Lotties entschlossener Gesichtsausdruck sagte mir, dass ich keine Wahl hatte. „Ich habe ihm schon deine Nummer gegeben und gesagt, dass du nachher zwischen zehn und elf erreichbar sein würdest. Bitte, Louis, er hat sich erst letztes Jahr scheiden lassen, er braucht ein paar nette Menschen in seinem Leben", erläuterte meine Schwester mit einem siegessicheren Grinsen auf den Lippen. „Du weißt, wie sehr ich es hasse, zu telefonieren", murrte ich, dann trank ich meinen Wein in einem Zug leer und erhob mich ebenfalls.
„Kenne ich ihn denn?", erkundigte ich mich, obwohl ich es eigentlich gar nicht wissen wollte. „Es ist der Ex-Mann von Camille", antwortete Lottie. „Deine Freundin Camille? Die, die nach Paris gezogen ist?", stellte ich erneut eine Frage. „Ja, zum Glück ist sie weg, ich habe sie gehasst. Wir waren nur befreundet, weil Darcy und Noah sich seit dem ersten Tag in der Kita gut verstanden haben." Daraufhin fehlten mir die Worte. Ich schüttelte den Kopf und verdrehte die Augen, dann marschierte ich in den Flur hinaus. Die Tasche mit dem Nikolaus-Kostüm ignorierte ich dabei gekonnt. „Louis, bitte sei nett zu ihm, wenn er dich nachher anruft. Ich mag ihn sehr", bat meine Schwester, woraufhin ich zustimmend nickte.
„Schönen Abend noch, Lottie. Wir sehen uns Sonntag wieder", verabschiedete ich mich von der blonden Frau, dann ging ich in den Flur, wo ich mir Jacke und Schuhe anzog und mein Skateboard schnappte. Zum Glück schneite es noch nicht. Mir graute es schon davor, bald wieder den Bus nehmen zu müssen, wenn die Straßen mit Schnee bedeckt wären. Ich skatete gemütlich nach Hause und spürte dabei, wie der eisige Wind meine Wangen und meinen Hals entlang glitt und ein Geruch in der Luft lag, der vermuten ließ, dass der Winter nicht mehr weit wäre.
Kaum hatte ich zu Hause die Tür hinter mir ins Schloss fallen lassen, klingelte auch schon mein Telefon. Gereizt zog ich es aus der Tasche und warf einen Blick auf die fremde Nummer, die dort stand. Da ich mich noch nicht in der Lage fühlte, den Anruf anzunehmen, legte ich das Smartphone auf der Kommode im Flur ab, zog träge meine Schuhe aus, schmiss meine Jacke im Schlafzimmer hinter die Tür und machte mir in der Küche einen Tee. Anschließend warf ich mich im Wohnzimmer aufs Sofa und startete die Wiederholung eines Rugby-Matches. Erst als mein Tee leer getrunken war, machte ich mich auf in den Flur, wo ich mein Smartphone in die Hand nahm und widerwillig auf die fremde Nummer drückte, die mich angerufen hatte.
Ich hielt mein Smartphone ans Ohr und lauschte den Pieptönen, bis... „Camille, ich sage es dir zum letzten Mal: Hör auf mich anzurufen, ich lasse nicht zu, dass du mir Darcy wegnimmst. Ich habe mich geändert, bloody hell! Ich habe meinen Job hingeschmissen und alles getan, was du wolltest, also nimm mir jetzt bitte nicht meine Tochter weg", hörte ich die verzweifelte, zum Ende hin fast schon flehende Stimme eines Mannes. Ich spürte, wie meine Stimme versagte und ich mich räuspern mussten. Doch noch während ich den Mund aufmachte und zu einer Antwort ansetzte, wurde mir bewusst, dass ich keine Ahnung hatte, was ich sagen wollte. Schließlich schluckte ich mein Unbehagen hinab und kämpfte gegen den Drang an, einfach kommentarlos aufzulegen.
„Hallo, hier ist Louis. Louis Tomlinson", stellte ich mich vor und wartete ruhig, ob er mit dieser Information etwas anfangen konnte. „Oh verflucht! Louis, Mr Tomlinson, Louis, darf ich Louis sagen? Es tut mir leid, was du da mit anhören musstest. Ich dachte, meine Ex-Frau würde mich schon wieder belästigen wollen", plapperte der Mann am anderen Ende der Leitung und schaffte es dadurch, dass einer meiner Mundwinkel in die Höhe zuckte. „Du darfst gerne Louis zu mir sagen. Und wie darf ich dich nennen?", wollte ich wissen. „Harry. Ich bin Harry Styles, ich kenne Lottie...", begann der Mann, Harry, zu reden. Er erzählte mir, dass er meine Schwester kannte, weil seine Tochter mit ihrem Sohn befreundet war, dass seine Frau ihn verlassen hatte, weil er immer zu viel gearbeitet hatte. Er erzählte mir aber auch, dass er diesen zeitintensiven Job gekündigt hatte, um das Sorgerecht für seine Tochter nicht zu verlieren.
Harry redete zwar überaus langsam, doch er hatte eine solch angenehme Art und eine wunderbar wohlklingende Stimme, sodass ich ihm die ganze Zeit über gerne lauschte. Ich erwischte mich sogar dabei, dass ich meine Augen schloss, nur um die traumhafte Melodik seiner Worte in mir aufzusaugen, bevor ich ihm auf seine Fragen antwortete. Das Gespräch zwischen uns entwickelte sich überraschend mühelos. Wir redeten ohne Unterlass, stellten immer neue Fragen, wollten beide so viel von dem anderen erfahren, dass die Zeit nur so dahinflog. In einem Nebensatz fragte er mich schließlich, ob ich nicht für seine Tochter am morgigen Abend den Nikolaus spielen würde. Zu diesem Zeitpunkt hatte er mich schon so weit um den Finger gewickelt, dass ich gar nicht anders konnte, als „ja" zu sagen.
Als ich am nächsten Tag jedoch in einem roten Kostüm, mit langem, weißem Bart und einer roten Zipfelmütze vor dem Mehrfamilienhaus stand und die Klingelschilder betrachtete, verfluchte ich mich allerdings dafür, zugestimmt zu haben. Ich war nervös, wie schon lange nicht mehr und ich schämte mich dafür, in einem solch albernen Kostüm durch die Stadt geskatet zu sein. Ich nahm noch einen tiefen Atemzug, dann schaffte ich es endlich, auf die Klingel zu drücken. „Wer ist da?", hörte ich daraufhin ein süßes Stimmchen durch die Gegensprechanlage hindurch. Schnell räusperte ich mich und zog den Bart etwas nach unten, um frei sprechen zu können. „Ho ho ho, hier ist der Nikolaus", sprach ich und vernahm daraufhin, wie das Mädchen aufgeregt nach ihrem Vater rief. „Hallo Nikolaus", hörte ich kurze Zeit später Harrys Stimme, die unglaublich belustigt klang. „Komm hoch, dritter Stock."
Harry und ich hatten bis um zwei Uhr heute Nacht noch telefoniert und ich hatte jede einzelne Sekunde davon genossen. Nun seine Stimme zu hören, sorgte dafür, dass ich mich daran zurückerinnerte, wie wohl ich mich bei dem Gespräch mit ihm gefühlt hatte. Diese Erinnerung ließ meine Nervosität augenblicklich verschwinden. Seltsamerweise freute ich mich sogar schon darauf, den fremden Mann endlich kennenzulernen. Ihn persönlich zu treffen. Auch wenn ich dabei dieses bescheuerte Kostüm tragen musste.
Ich hielt den braunen Kartoffelsack, den ich über meine Schulter geworfen hatte in einer Hand und in der anderen hielt ich eine goldene Mappe, in welche Lottie bereits das Gedicht gelegt hatte, das ich nun vortragen sollte. Kaum hatte ich an die Tür geklopft, wurde diese auch schon aufgerissen und ein kleines, brünettes Mädchen sah mich aus großen Augen heraus an. „Hallo, ich bin der Nikolaus", brummte ich mit extra tiefer Stimme. Diese schien das Mädchen jedoch zu verschrecken, denn sie ging schnell mehrere Schritte zurück, bis sie gegen das Bein ihres Vaters krachte, an das sie sich sogleich klammerte.
Dann erst wanderte mein Blick langsam nach oben zu der zweiten Person in der Wohnung. Ich bemerkte, wie ich den Atem anhielt, als mein Blick an den, in einer Anzughose steckenden, langen Beinen immer weiter hinaufglitt, zu einem weißen Hemd, das verboten weit geöffnet war und welches mein Herz augenblicklich zum Rasen brachte. Schließlich sah ich dem Mann in die Augen. Er war schön. Ganz anders als ich ihn erwartet hatte, doch seine Schönheit raubte mir nun schier den Atem. „Das ist der Nikolaus, Darcy, Spätzchen. Du musst keine Angst vor ihm haben", sagte Harry mit einem einnehmenden Lächeln auf den Lippen, als er in die Hocke ging, von hinten seine Hände an die Taille seiner Tochter legte und über ihre Schulter hinweg zu mir hochsah.
Der brünette Mann mit den wahnsinnig schönen grünen Augen zwinkerte mir zu, dann hob er blitzschnell seine Tochter hoch und verschwand mit ihr durch eine geöffnete Tür. Hastig eilte ich den beiden hinterher. In einem modernen Wohnzimmer angekommen, legte ich den Kartoffelsack mit dem Geschenk darin auf dem Boden ab, dann öffnete ich mein goldenes Buch und versuchte Darcy aufmunternd anzulächeln. Obwohl ich noch immer diesen doofen Bart trug, hinter dem sie mich sowieso nicht sehen konnte.
„Von drauss' vom Walde komm ich her; Ich muss euch sagen, es weihnachtet sehr!", begann ich sogleich Theodor Storms ‚Knecht Ruprecht' aufzusagen, das für einen Nikolaus wohl so üblich war. Harry, der mittlerweile auf dem Sofa saß und seine entzückende Tochter auf dem Schoss hatte, musterte mich dabei neugierig. Wissend, dass er mich so intensiv musterte, ließ erneut Nervosität in mir aufbrodeln. „Allüberall auf den Tannenspitzen sah ich goldene Lichtlein sitzen." Ich blickte andächtig von meinem Buch auf, da ich es schon in der ersten Strophe geschafft hatte, den Faden zu verlieren. Die Anwesenheit dieses atemberaubenden Mannes und auch die des Mädchens ließen meinen Kopf wie Matsch fühlen. Außerdem graute es mir, Worte wie ‚droben' oder ‚Himmelstor' aussprechen zu müssen. Hätte Lottie mir diesen Text nicht wenigstens einmal vorlesen können?
„Die Weihnachtszeit ist bald schon da; Darcy ist glücklich ja und auch ihr Papa", versuchte ich das Versmaß improvisiert fortzusetzen, doch ich spürte schnell, dass ich auf dem besten Weg war, mich komplett lächerlich zu machen. Also klappte ich schnell das Buch zu, machte ein paar Schritte nach vorne und legte es rasch auf den gläsernen Couchtisch. Dabei bemerkte ich, dass Darcy sich mit einer Hand an Harrys Hemdkragen festhielt, während sie mich aufmerksam beobachtete.
„Darcy, ich weiß, dass du im letzten Jahr ein braves Kind warst, daher hast du dir ein großes Geschenk verdient", meinte ich mit noch immer gespielt tiefer Stimme und ging in die Hocke, um den Kartoffelsack auf ihrer Höhe aufhalten zu können. Das Mädchen, das ihrem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten war, drehte sich kurz zu ihm um. Erst als Harry auffordernd nickte, sprang sie von seinem Schoss herunter und rannte zu mir herüber. „Was für ein Geschenk bekomme ich denn?", wollte sie wissen und drehte dabei einen Finger in ihre Haarpracht.
„Ein großes", erwiderte ich, denn ich hatte selbst keine Ahnung, was sich in dem Geschenk befand, das Lottie mir heute Morgen noch mit dem goldenen Buch vorbeigebracht hatte. Ich beobachtete, wie Darcy mich skeptisch musterte, dann aber in den Kartoffelsack hineingriff und das Geschenk herausholte. Es war wirklich groß, größer als ein Schuhkarton und es war in blauem Geschenkpapier mit gelben Sternchen drauf verpackt und mit einem grünen Band umwickelt.
„Papa, der Nikolaus hat mir ein Geschenk mitgebracht", rief die Kleine, als sie wieder zu ihrem Vater zurückeilte. Der Anblick von dem Mädchen, das glücklich in die Arme ihres Vaters rannte und der Vater dabei überglücklich lächelte, erwärmte mein Herz. Wie gerne hätte ich selbst eine eigene Familie, die so liebevoll miteinander umging. „Zum Glück hat er Knecht Ruprecht nicht mitgebracht", lachte Harry, während er beobachtete, wie Darcy das Geschenk auf dem Sofa abstellte. „Der alte Knecht Ruprecht ist schon lange in Rente. Und seine Rute haben wir verbrannt. Wir bestrafen keine Kinder mehr. Wir wollen sie nur noch für gutes Verhalten loben. Kein Kind soll Angst vor dem Nikolaus haben", erklärte ich meine Philosophie und lächelte schüchtern Harry an, obwohl er das dank des Bartes gar nicht sehen konnte.
Als ich den Kartoffelsack wieder hochheben wollte, bemerkte ich, dass sich noch ein Geschenk darin befand. „Darcy, ich glaube, du hast dich im letzten Jahr besonders gut verhalten. Denn da ist noch etwas in dem Beutel", rief ich und trottete langsam zum Sofa hinüber. Die Augen des Mädchens blitzten freudig auf, währenddessen war Harry anzusehen, wie sehr ihn diese Botschaft irritierte. Als ich jedoch unmerklich mit den Schultern zuckte und er mir daraufhin unvorbereitet zuzwinkerte, brachte er mich vollständig aus dem Konzept und plötzlich ging alles Schlag auf Schlag.
In einer Sekunde ließ ich den Beutel fallen, in der nächsten rutschte ich schon darauf aus. Ich hatte grade noch Harrys schockierten Blick vor Augen, als ich das Gleichgewicht verlor und es schließlich kam, wie es kommen musste: Ich fiel bäuchlings auf den gläsernen Couchtisch und spürte, wie das Glas unter mir in tausende Teile zerschmetterte.
Schock lähmte mich, sodass ich erst nach einigen Sekunden, in denen ich bereits auf dem Boden lag, spürte, wie Schmerz meinen Bauch durchzog und sich eine ungewohnte Wärme auf meiner Haut ausbreitete. „Bloody hell", sagte ich stimmlos, während ich schmerzerfüllt die Augen zusammenkniff und die irrationale Hoffnung in mir aufkam, dass dieses schreckliche Kostüm vielleicht einen Unsichtbarkeitsknopf hatte.
„Darcy, los, geh schnell in den Flur und zieh dir deine Winterstiefel an. Und warte dort auf mich, ich will nicht, dass du hier in die Scherben trittst", hörte ich, nachdem ich vernommen hatte, wie Harrys schwere Schritte in Richtung Zimmertür verhallt waren. Ich seufzte beschämt, dann drückte ich meine Hände auf dem Boden ab und erhob mich aus dem Scherbenmeer. Als ich kniete und mich mit meinem Po auf meine Fersen setzte, spürte ich abrupt eine Hand auf meiner Schulter. „Louis, geht es dir gut? Hast du dich verletzt?", hörte ich Harrys panische Stimme an meinem Ohr. „Ich... Ich habe deinen Tisch kaputt gemacht", stotterte ich und wurde dabei immer wieder von neuen Wellen an Schmerz unterbrochen. „Louis, du blutest ja." Erst da blickte ich an mir hinab und bemerkte, wie die Vorderseite des roten Anzugs von Blut durchtränkt war. Und auf den zweiten Blick sah ich, was mir solche Schmerzen verursachte. Eine große Scherbe steckte auf Höhe meines Bauchnabels in meinem Bauch.
„Louis!" Ich war wie gelähmt, ich wusste nicht, was ich tun oder sagen sollte. Ich konnte einfach nur stumm zusehen, wie Harry, der glücklicherweise Hausschuhe trug, sich vor mich hinhockte, stumm die Scherbe ansah und dann vorsichtig den roten Gurt des Anzugs löste. Seine Bewegungen waren hochkonzentriert und besonnen, als er den Mantel des Kostüms öffnete und dabei darauf achtete, die Scherbe nicht zu bewegen. Da ich unter dem Mantel nichts trug, sahen wir beide sofort, dass die Scherbe in meinem Bauch steckte und noch immer Blut aus der Wunde quoll. Doch trotz all der Schmerzen und dem Schwindel, der gerade aufkam, entging mir nicht, wie der Mann, der vor mir auf dem Boden hockte, mit funkelnden Augen seinen Blick über meinen Oberkörper schweifen ließ.
„Soll ich einen Notarzt rufen oder dich ins Krankenhaus fahren?", wollte Harry wissen. Doch antworten konnte ich nicht. Ich konnte nur stumm die Wunde anstarren und daran denken, dass ich mehr als nur diesen verdammten Tisch kaputt gemacht hatte. Ich schloss meine Augen, ich schämte mich so sehr, dass ich Harry und Darcy diesen Abend zerstört hatte. Auch wenn ich diesen Mann und seine bezaubernde Tochter kaum eine halbe Stunde kannte, so hatte ich doch gewollt, dass dieser Abend für sie perfekt sein sollte. Auch wenn das bedeutete, dass ich ein Nikolauskostüm tragen musste.
Kurze Zeit saß ich schließlich auf dem Beifahrersitz seines Wagens – Harry hatte die Lehne so weit nach hinten gedreht, dass ich beinahe lag – und ließ mich von ihm und Darcy ins Krankenhaus fahren. Die Schmerzen waren mittlerweile so stark, dass ich einfach alles über mich ergehen ließ und nur an den passenden Stellen den Kopf schüttelte oder nickte.
Als ich dann gefühlte Stunden später das Behandlungszimmer wieder verlassen durfte, setzte auch endlich die volle Wirkung des Schmerzmittels ein, das der Arzt mir gegeben hatte. Ich war zwar ein wenig benommen, doch von der frisch genähten Wunde an meinem Bauch spürte ich fast nichts mehr. In den Klamotten, die Harry klugerweise noch für mich eingepackt hatte und die er mir freundlicherweise für den Abend lieh, trottete ich den Flur entlang, bis ich wieder am Wartezimmer angelangte. Kaum hatte ich die Tür passiert, sah ich auch schon, wie jemand aufsprang und auf mich zu eilte.
„Harry", rief ich überrascht aus, als der Mann vor mir stehen blieb, seine Hände auf meine Schultern legte und mich besorgt ansah. „Wie geht es dir?" – „Wo ist Darcy?", stellten wir beide gleichzeitig eine Frage, woraufhin wir loslachen mussten und Harry bedauerlicherweise seine Hände wieder fallen ließ. „Meine Schwester hat sie vor einer Stunde abgeholt. Soll ich dich jetzt auch nach Hause bringen?" Da ich nicht wusste, wie ich meine Zeit mit Harry sonst hinauszögern konnte, zuckte ich schlicht mit den Schultern und stimmte widerwillig zu.
Nachdem wir das Gebäude jedoch verlassen hatten und ich vor dem Krankenhaus einen kleinen Weihnachtsmarkt entdeckte, änderte ich meine Pläne. „Hast du noch eine Weile Zeit? Lass uns noch auf den Weihnachtsmarkt gehen", forderte ich Harry auf. Dieser sah mich zwar erst sehr skeptisch an, dann willigte er jedoch ein. Wir redeten nicht viel, als wir nebeneinander herliefen und die ausgestellten Gegenstände der hell erleuchteten Marktstände betrachteten. Dennoch empfand ich die Stille zwischen uns nicht als unangenehm. Im Gegenteil, ich genoss jede einzelne Sekunde mit diesem Mann.
Als wir jedoch an dem Brunnen in der Mitte des Platzes ankamen und gemeinsam in den funkelnden Sternenhimmel hinaufblickten, hoffte ich einfach nur, dass Harry die Zeit mit mir genauso empfand. Trotz kaputtem Couchtisch oder ruiniertem Nikolausabend. Ich hoffte einfach, dass er sich jetzt, in diesem Moment, genauso wohl fühlte, wie ich es tat.
Unsicher drehte ich mich zu ihm um und sah ihm tief in die Augen, die jetzt, umgeben von der Dunkelheit der Nacht, einen einzigartigen Schimmer hatten. „Es ist echt schade", hauchte Harry nach einigen Sekunden, in denen er einfach nur meinen Bick erwidert hatte. „Was ist schade?", wollte ich wissen, als er mit der Seite seiner Hand direkt hinter meinem Ohr meinen Kopf hinab strich und mir mit dieser simplen Geste fast den Verstand raubte. „Es ist schade, dass du hetero bist. Ich hätte dich jetzt sonst echt gerne geküsst", murmelte Harry, woraufhin ich mir fast ein Stöhnen verkneifen musste. Stattdessen befeuchtete ich mit meiner Zunge meine Lippen und erwiderte den intensiven Blick, den Harry mit mir teilte.
„Wer sagt denn, dass ich hetero bin?", erwiderte ich mit brüchiger Stimme. „Ich bin selbst queer. Ich erkenne, wenn die Person, die vor mir steht, auch queer ist", ertönte seine melodische Stimme leise. Die Luft zwischen uns schien zu prickeln und alles an mir sehnte sich danach, den Wortaustausch zu beenden und endlich seine vollen Lippen an meinen zu spüren. „Ich fürchte, du irrst dich, mein Lieber", sagte ich leise, sanft lächelnd und gefolgt von einem kecken Zwinkern.
Plötzlich hellte Harrys Gesichtsausdruck auf. In diesem Moment brachten wir keine Worte, der Ausdruck in seinen Augen war mir Botschaft genug. Voller Vorfreude lehnte ich mich ihm entgegen und spürte mit geschlossenen Augen, wie er seine Lippen liebevoll mit den meinen vereinte. Ein Kribbeln ging durch meinen Körper. Ein Kribbeln, ein Prickeln, ein ganzes Feuerwerk entfachte sich in mir, als ich mich voll auf den Kuss einließ, meine Hand an seinen Hals legte und mich weiter in die zärtliche Umarmung lehnte.
Viel zu schnell fand der Kuss ein Ende, doch zu meiner Freude musste ich feststellen, dass Harry die Umarmung noch nicht löste und mich stattdessen noch näher zu sich zog. „Darf ich dich auf einen Punsch einladen? Als erste Anzahlung für einen neuen Couchtisch?", erkundigte ich mich leise bei ihm. Der Mann in meinen Armen zwinkerte mir zu, bevor er mit seiner Hand über meine Wange strich und mir ein unwiderstehliches Lächeln schenkte. „Nur, wenn du mir versprichst, dass es bald einen zweiten Punsch geben wird. Oder vielleicht auch mehr?", stellte er in Aussicht, woraufhin mein Herz wie wild in meiner Brust schlug. Ich spürte, wie bei diesem Gedanken meine Mundwinkel automatisch in die Höhe zuckten. „Oh dieses Versprechen halte ich liebend gerne."
Als wir dann den Weihnachtsmarkt in Richtung Getränkestand entlang schlenderten, spürte ich zufrieden, wie Harry ganz unscheinbar nach meiner Hand griff und zärtlich unsere Finger verschränkte.
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