11. Türchen

von JustmeAnika

A new life after Christmas

Es war wieder so weit. Der Weihnachtsmarkt in London war im vollen Gange und natürlich hatte Louis sich wieder einen Platz ergattert. Bereits seit 5 Jahren war er selber jährlich auf dem Weihnachtsmarkt, davor war es seine Oma immer gewesen. Als sie verstarb, waren ihm die kleine Hütte und die vielen fröhlichen Gesichter im Winter viel zu schade. Also bekam der nun 26-Jährige die Rezepte für den Glühwein, den Punsch und die Waffeln überreich und nach reichlich viel Übung und herumprobieren, war er bereit für das, was seine Oma ihm hinterlassen hatte.

Er verließ die kleine Wohnung, die er sich (dank all dem ersparten seiner Oma) leisten konnte und lief durch die Straßen zur Tube, um zum Southbank-Ufer zu kommen. Die Tube war voll, als er zustieg. Er machte sich gar nicht mehr die Mühe, einen Sitzplatz zu finden, sondern stellte sich an eine Stange in der Nähe der Tür.

Er musste nicht weit fahren, bis er schließlich an der Station „Waterloo" angekommen war und schnell die Treppen nach draußen lief. Seine Schritte führten ihn vorbei an Ständen, an denen es Mützen und Schals gab. An Ständen, die Würstchen verkauften. Louis sah auch einen Stand er Puppen anbot, was er persönlich sehr Gruselig fand. Dann sah er seine Hütte schon.

Louis schloss schließlich die Tür auf und betrat den kleinen Stand. Das Erste, was er tat, war die kleine Stehheizung anzumachen und zu schauen, was er noch an Zutaten für den Teig und die Getränke hatte. Mit einem Blick zur Uhr nickte er sich selbst leicht zu und drehte das Radio auf. Er hatte noch genug Zutaten für 3 Tage. Es war 9 Uhr am Morgen und er hatte 2 Stunden Zeit um alles fertig zu haben, was eigentlich genug Zeit war, wenn er keine Fehler machte, was nicht oft vorkam.

Während der Vorbereitung summte er die vielen verschiedenen Weihnachtslieder mit und ehe er noch etwas anderes machen konnte, war auch schon 10 Minuten vor 11, was für ihn ein Zeichen war, den Außenbereich vorzubereiten.

In den letzten 5 Jahren, hatte er da viel dran gearbeitet und war wirklich Stolz auf das, was er damit gemacht hatte. Vor Louis' Stand waren kleine Holztische aufgestellt und neben mehreren kleinen Sofas und Sitzgelegenheiten lagen überall Decken herum und wem es zu kalt war, konnte sich zu den Heizpilzen stellen, die er, nach reichlich Sparen, angeschafft hatte.

Er machte eben genannte Heizpilze nun an, öffnete die Fensterklappen zu dem Häuschen und auch wenn es noch hell war, machte er die Lichterketten an, die er an das Dach gehängt hatte. Im Haus änderte er die Musik zu einer Spotify Playlist voller Weihnachtslieder, die er an einem Abend voller Langeweile vor Jahren erstellt hatte. Seit dem war sie natürlich gewachsen, doch auch wenn einige moderne Lieder dabei waren, zerstörten sie nicht die Atmosphäre, die er behalten wollte.

Es war gerade 11 geworden, als Louis eine Stimme hinter sich hörte: „Louis. Bin ich zu spät?" fragte die Stimme seines besten Freundes. Der Angesprochene dreht sich grinsend um und schüttelte den Kopf. „Nein, alles gut. Es ist alles vorbereitet. Du musst nur noch die Waffeln backen und ausschenken." meinte Louis und ging auf Zayn zu, der gerade die Arme ausstreckte, um ihn in eine Umarmung zu ziehen.

Zayn half Louis, wenn er Zeit hatte und da sowieso Sonntag war, hatte der Schwarzhaarige sowieso nichts zu tun und so hatte er sich breitschlagen lassen, ab und an zu helfen. Meistens unter der Woche abends und am Wochenende morgens und Mittags bis 16Uhr, da Louis Abende normalerweise lieber mochte. Bis 15Uhr zog sich die Zeit meistens sowieso. Vor allem unter der Woche.

Zayn nickte also nur, stellte sich in das Häuschen und zog sich die Weihnachtsmütze auf. Louis grinste ihn an und nickte dann. „Viel Glück und Spaß die nächsten 5 Stunden", meinte Louis schmunzelnd und grinste. Er wusste genau, wie wenig los sein würde, doch am Abend würde es förmlich Anstürme auf ihn geben. Na ja, eher auf seinen Punsch, denn er war das besondere an seinem Stand. Nur er hatte diese Art von Rezeptur und die Leute liebten diese einfach.

„Bitte schreib oder ruf an, wenn du etwas brauchst. Ich werde heute Mittag noch einkaufen gehen. Wenn etwas knapp wird, sag bitte auch Bescheid", fügte er dann noch an. „Natürlich. Liam hat übrigens auch noch Bescheid gegeben, er kommt heute Abend gegen 7Uhr und hilft auch noch." war die Antwort Zayns und Louis sieht ihn dankbar an.

„Danke. Wirklich. Es ist oft fast nicht alleine zu meistern." meinte Louis dann mit einem Schmunzeln und schüttelte leicht den Kopf. „Klar. Vor allem jetzt." bestätige Zayn mit einem verschmitzten Grinsen. Louis schmunzelte aber nur und winkte zur Verabschiedung nur. Er würde ihn nachher noch einmal sehen, doch bis dahin hatte er auch noch etwas zu tun.

Louis macht sich erneut auf den Weg zur Tube und dieses Mal war sie erstaunlich leer. In seiner Wohnung angekommen, schnappte er sich sogleich das Rezept, welches er eigentlich im Kopf hatte, doch vergessen wollte er nichts. Also schrieb er die Liste und griff dann zu seinem Portemonnaie, um zu schauen, wie viel er noch hatte. Es schien genug zu sein und so machte er sich wenig später schon wieder auf den Weg zu seinem Lieblingsladen.

Er war klein und gemütlich, aber hatte alles, was er brauchte. Es war bei ihnen sogar in London selber hergestellt. Nur die wenigsten kannten den Laden und Louis fand ihn besonders. Die Produkte schmeckten auch besser, fand er. Um ehrlich zu sein, kannte er den Laden auch nur, weil ein Freund hier einen Job am Wochenende hatte.

Als er um ein Regal lief, sah er besagten Freund auch und ging grinsend auf ihn zu. „Hey Niall, schön dich zu sehen", sagte er dann und schloss ihn in eine Umarmung. Niall hingegen fing nicht mit einer Begrüßung an, sondern redete gleich darauf los: „Louis. Gut das du hier bist. Ich hab hinten schon eine Tüte mit den üblichen Sachen stehen, danken kannst du mir später. Aber du musst mir helfen." Louis sah perplex aus, aber nickte dann einfach, weil er wusste, dass Niall ihn sowieso gleich unterbrechen würde.

„Mein bester Freund. Der Junge ist absolut unglücklich. Ganz schlimm mit anzusehen und du kannst ihm helfen." fuhr Niall also fort und nun war Louis komplett verwirrt. „Wie soll ich ihm bitte helfen?", fragte er also nach und schüttelte kaum merkbar den Kopf, da fuhr Niall schon fort: „Ach komm, jeder weiß, dass du mit deinem Leben nicht zufriedener sein könntest. Außerdem bewirkt dein Punsch Wunder. Wie wäre es einfach mit ein paar kleinen Tipps?"

Louis schüttelte dieses Mal ein bisschen deutlicher den Kopf und öffnete gerade den Mund, als der Ire ihm das Wort abschnitt. „Nein gibt's nicht. Ich akzeptiere das nicht. Heute Abend bringe ich ihn mit." Er klang fest entschlossen und so nickte Louis ergeben, aber mit einem seufzen.

Nachdem er seine Einkäufe abgeschlossen und sich mit Lottie getroffen hatte, war er wieder in seiner Hütte und redete mit Liam über das, was Niall heute von sich gegeben hatte. „Ich kann keinem Fremden irgendwelche Tipps geben. Er muss sein Leben selber auf die Reihe bekommen", beschwerte er sich gerade etwas und Liam sah ihn mit einem Blick an, den er nicht definieren konnte. „Was?", fragte er also nach und zog die Augenbrauen zusammen.

Liam schüttelte den Kopf. „Nichts", antwortete er, aber Louis glaubte ihn nicht. Mit einem Blick, der auffordernder nicht sein könnte, rückte Liam aber doch mit der Sprache heraus: „Niall hat schon recht mit dem, was er sagt. Du bist glücklich. Glücklicher als jeder andere den ich kenne. Du weißt aber auch, was du dafür tun musst. Andere nicht. Wieso also anderen nicht auch helfen?". Louis schwieg darauf hin. Er wusste nicht, was er darauf antworten sollte, also ließ er es und außerdem kam gerade sowieso Kundschaft.

Es war nun 20Uhr und Niall hatte nicht zu viel versprochen. An der Hütte war gerade nicht so viel los, was heute aber auch schon anders gewesen war, und Niall kam auf ihn zu. Louis lächelte ihm entgegen, doch eine Begleitung konnte er nicht ausmachen, was ihn erleichterte. Doch keine Tipps.

„Louis, wie läuft das Geschäft?", waren Nialls erste Worte als er ihn erreichte. Louis lächelte und zuckte mit den Schultern. „Sagen wir es mal so, ich bin froh, dass Liam Zeit hat", grinste er dann und sah, dass jemand neben Niall zum Stehen kam. Sein Blick war auf den Boden gerichtet und er konnte nur eine Masse aus braunen Locken erkennen, die unter einer schwarzen Mütze hervorquollen.

„Ah, da bist du ja", sagte Niall leise und knuffte ihm mit dem Ellenbogen dann in die Seite. „Louis, das ist Harry", stellte er ihn dann vor und Louis sah Niall mit zweifelndem Blick an. Doch als Niall „Harry, das ist Louis" sagte und der Lockenkopf, der augenscheinlich Harry hieß, den Kopf hob und Louis in ein paar smaragdgrüne Augen schaute, die jedoch jeglichen Glanz verloren hatten, waren jegliche Zweifel sofort vergessen.

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Harry mochte die Weihnachtszeit nicht. Also eigentlich liebte er sie, aber es erinnerte ihn jedes Jahr daran, wie unzufrieden er mit seinem Leben eigentlich war. Alle anderen dachten, er habe doch alles, was er brauche, aber er selber? Nein. Klar, er hatte einen Platz an einer Universität in der Mitte von London, er hatte eine Wohnung, die er bezahlen konnte, eine Familie, die ihn liebte. Doch die Aussicht auf seine Zukunft war nicht sonderlich rosig für ihn.

Er war in seinem letzten Semester. 10 Semester in seinem Studium im Marketingmanagement. Sein 19-jähriges Ich dachte damals, dass dies der perfekte Studiengang wäre, doch bereits beim Bachelor hatte er gemerkt, dass dieser Bereich nicht das war, was er für immer tun wollte. Wieso er dann weiter gemacht hatte? Na ja, wer wollte schon 6 Semester Studium hinschmeißen. Er nicht. Also zwang er sich weiter und war nicht glücklich.

Die Weihnachtszeit machte es nicht besser. Er wünscht sich seit Jahren, dass er diese wunderschöne Zeit voller Liebe und Achtsamkeit so genießen konnte, wie früher. Auch Niall versuchte ihn immer wieder aufzumuntern, doch es ging nicht. Natürlich gab es Momente, in denen es eigentlich gut war, doch diese verschwanden in den letzten Wochen immer mehr.

Er stand in der Tube, kurz bevor er aussteigen musste. Ein Seufzen verließ seine Kehle, als er daran dachte, was ihm zu Hause bevorstand. Wäsche, Unikram, kochen und dann schlafen. Mehr hatte er definitiv nicht vor.

Es war Sonntagmittag und nachdem er jetzt noch einkaufen gehen musste, wollte er eigentlich nur noch ins Bett. Nach Wäsche machen, Unikram und kochen. Erneut seufzte er. Er wusste, dass sich der Tag ziehen würde.

Schneller als er dachte, änderte sich aber einiges an seinem Tagesablauf. Er hängte gerade seine Wäsche auf, als irgendjemand bei ihm Sturm klingelte. Er verdrehte die Augen, denn er wusste genau wer es ist.

Dennoch ging er mit einem nicht ganz echten Lächeln zur Tür und öffnete sie, um den blonden Iren in seine Wohnung zu lassen. „Hallo Harry", wird der Lockenkopf mit einer überschwänglichen Umarmung begrüßt und Harry ahnte schon jetzt schreckliches.

„Niall...", begann Harry schließlich stammelnd und drückte ihn leicht von sich weg, „was machst du hier?" - „Ich hole dich aus deinem Unglück. Zieh dich an. Mütze, Schal, Handschuhe. Wir gehen heute Abend aus", meinte Niall nur fröhlich und sah Harry abwartend an. Das hatte ihm gerade noch gefehlt. „Niall, ich glaube wirklich nicht dass..." - „Keine Widerrede. Du kommst mit", wurde er sofort unterbrochen und resigniert ließ Harry die Schultern hängen. Er wusste sowieso, dass er gegen den jungen Mann keine Chance hatte.

So liefen sie nun nebeneinander her. Der Weg zum Weihnachtsmarkt war nicht spektakulär gewesen. Eine volle Tube, viel zu viele Menschen als sie die Treppen der Waterloo-Station hoch liefen und noch mehr Menschen, als sie sich durch die Massen des Weihnachtsmarktes drängten. Doch Niall hatte sein Ziel.

Die kleine Hütte wirkte gemütlich, wie Harry empfand und er schaute sich um. Es war wirklich schön, mit den Bänken, den Wärmepilzen, den Lichterketten und auch der duftende Punsch, den einige um ihn herum hatten, zerstörte die Stimmung nicht ein Stück. Eher im Gegenteil.

Er war bei dem Anblick stehen geblieben, doch Niall war schon zu der geöffneten Hütte gelaufen und unterhielt sich. Harry seufzte und senkte den Kopf, als er zu dem Iren lief und hoffe, schnell wieder gehen zu können. Der Lockenkopf hörte wie Niall er ihm jemanden vorstellte und hob nun doch den Kopf, nur um in unfassbar blaue Augen zu schauen.

Er versuchte gar nicht erst ein Lächeln auf seine Lippen zu zwängen, denn er hatte das Gefühl, dass es nichts bringen würde. Er hatte das Gefühl, dass der junge Mann, der vielleicht 1 oder 2 Jahre älter war als er, es sofort entlarven würde.

Die blauen Augen, in die Harry geschaut hatte, gehörten zu einem Gesicht mit zierlicher Nase, schmalen Lippen, einem leichten Dreitagebart und braunen, wuscheligen Haaren, die unter einer Weihnachtsmütze hervorschauten. Harry spürte aber, dass auch er gemustert wurde und er schaute wieder auf den Boden. Er wusste nicht, was er tun sollte.

Doch erneut hatte Niall andere Pläne. „Zwei Punsch bitte. Und eine Waffel. Ich sterbe vor Hunger und dass du mir das Rezept nicht verraten willst, ist eine absolute Frechheit", meinte er und er hörte Louis lachend Antworten: „Du stirbst immer vor hunger, wenn du hier bist. Aber keine Sorge, ich habe schon eine fertig. Hier bitte schön!". Harry meinte zu hören, dass Louis aus dem Norden kommt. Auf jeden Fall nicht aus der Londoner Gegend.

Im nächsten Moment fand er sich selbst mit einer dampfenden Tasse Punsch an einem der Heizpilze. Erneut schaute er sich um und redete das erste Mal, seitdem sie hier angekommen waren. „Es ist echt schön hier", meinte er also und schaute wieder zu Niall. Dieser nickte und deutete mit dem Kopf zu dem jungen Mann in dem Häuschen.

„Das alles hier gehört Louis. Es ist quasi sein Leben. Er hat das alles von seiner Oma übernommen, nachdem sie vor 5 Jahren gestorben ist und er lebt quasi dafür", fing Niall an zu erklären, „Wenn er gerade nicht auf dem Weihnachtsmarkt steht, reist er durch England und Europa und hat dort immer wieder kleine Jobs, um zu überleben."

Harry sah ihn erstaunt an und sein Blick wanderte zu Louis. „Er sieht damit glücklich aus", meinte er nur leise und sah auf den Punsch in seinen Händen, ehe er einen Schluck davon nahm und sofort ein genießendes Seufzen ausstieß. „Verdammt, ist der gut." Er war wirklich überrascht und Niall sah ihn breit grinsend an, ehe dieser wieder ernster wurde.

„Er ist der Grund, weshalb ich dich hier hergeschleppt habe. Ich kenne niemanden, der so glücklich ist, wie er. Vielleicht kannst du dir davon was abschauen", waren die Worte, die Harry wieder auf die Tasse in seinen Händen schauen und den Blick wieder trüber werden ließ. Er öffnete gerade den Mund, um etwas zu sagen, da schüttelte Niall schon den Kopf. „Bitte versuch es, Harry. Vielleicht hilft es dir." Und alleine, weil er sich so darum bemüht, gab Harry nach.

Es dauerte nur eine halbe Stunde länger, da standen sie nicht mehr nur zu zweit am Tisch. Niall hatte es tatsächlich vollbracht, Louis dazu zu bekommen, von seiner Arbeit wegzukommen. 'Liam würde eine halbe Stunde ja wohl alleine hinbekomen', waren seine Worte gewesen und daraus konnte Harry nur schließen, dass Liam der andere Mann in der Hütte war.

Niall und Louis unterhielten sich munter, als Louis Blick auf einmal doch auf Harry fiel. „Ich bin mal so frech und überfalle dich etwas. Darf ich fragen, was du so machst, wenn du Niall nicht mit zu meinem kleinen Reich begleitest?", fragte er also und Harry sah einen Moment aus wie ein verschrecktes Reh, doch er fing sich schnell.

Erst war ein leises Räuspern zu hören, ehe Harry schließlich antwortete: „Ich studiere. Southbank University. Sie ist nicht so weit von hier." Louis sah ihn interessiert an. Wirklich interessiert. Auf diese Art hatte ihn schon lange niemanden mehr angeschaut. Vielleicht lag es auch einfach daran, dass Harry einfach verdammt lange niemanden mehr wirklich an sich heran gelassen hatte. Gut, freiwillig war das hier jetzt auch nicht, aber erstaunlicherweise fühlte es sich gut an.

Er sah Louis aus den Augenwinkeln nicken, als er bemerkte, dass Niall sich unauffällig aus dem Staub machte. Ungläubig sah er ihm hinterher, Louis lachte nur. „Er hilft Liam in der Hütte", erklärte er. Tatsächlich war vor der Hütte jetzt wieder eine recht lange Schlange.

„Ich, uhm... Niall hat mir ein bisschen was erzählt. Ist das hier wirklich das einzige, was du als festen Job hast?", fragte Harry nun nach und sein Blick wirkte zwar zurückhaltend, aber dennoch interessiert. Louis nickte bestätigend.

„Ich bin seit 5 Jahren jeden Weihnachtsmarkt hier. Meine Oma hat mir all das weiter gegeben und die Leute lieben den Punsch und die Waffeln", fing er an und schaute sich in der Umgebung um, die er sich errichtet hatte, „aber im Sommer bin ich meistens unterwegs. Ich reise, bleibe für ein paar Wochen dann irgendwo, wo ich aufgenommen werde, helfe da, bekomme etwas Geld und eine Unterkunft und im Winter bin ich immer hier. Es ist das beste Leben, welches ich mir hätte erhoffen können."

Louis beobachtete, wie Harry den Kopf bei seinen Worten senkte und etwas an seinen Handschuhen herumzog. Louis seufzte und überlegte, wie er am besten das aussprechen konnte, was er dachte. „Ich bin ehrlich, Niall hat auch mir ein bisschen was erzählt und ich war noch nie der beste anderen etwas weiterzugeben. Ich kann nur so viel sagen: Mach das, was dir guttut. Mach das, was sich richtig anfühlt und zwinge dich nicht zu Sachen, die du vielleicht mal bereuen könntest."

Louis hatte die Worte beinahe geflüstert und doch waren sie klar und deutlich bei Harry angekommen, welcher sich unsicher auf der Lippe herumkaute. Ehe er zögerlich zu einer Antwort ansetzte: „Aber ich bin jetzt im 10. Semester. Ich kann doch nicht 5 Jahre einfach wegschmeißen. Ich bin 24 und hab keine Ahnung was, ich ohne diesen Abschluss machen soll."

Harry war sich sicher, dass Louis seine Verzweiflung nun tatsächlich auch spürte. Es war kaum zu übersehen und überhören. Louis zog einen Mundwinkel nach oben und zuckte leicht mit den Schultern. „Denkst du, ich habe einen Uniabschluss oder etwas gelernt? Ich habe lediglich meine A-Levels und das war es. Und ich bin auch glücklich." Harry schwieg darauf hin. Louis warf einen Blick zu Hütte und seufzte dann.

„Ich muss wieder rein. Wir haben nicht mehr so lange und es ist noch einiges", meinte er dann leise und lächelte Harry aufmunternd zu. Er wagte es einfach mal eine Hand auf den Oberarm des Lockenkopfs zu legen. „Wir sehen uns, Harry", war seine Verabschiedung und ohne auf eine Antwort zu warten, drehte er sich um und verschwand zwischen den Menschen. Harry konnte ihm nur hinterher sehen.

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Louis Worte waren tatsächlich kein leeres Versprechen gewesen, denn schon in der nächsten Woche sah er den Lockenkopf auf seine Hütte zu laufen. Es war Mittwoch, 2Uhr am Mittag und es war langweilig. Niemand war um diese Zeit hier.

Harry hatte lange mit sich gehadert, ob er wirklich hier herkommen sollte, doch der Punsch war wunderbar gewesen und seine Vorlesungen waren schon um. Seine Laune war nicht die beste, aber hier herzukommen, könnte dies auch ändern.

Louis war gerade damit beschäftigt, in seiner Hütte etwas Ordnung zu machen und bemerkte im ersten Moment gar nicht, dass jemand vor der Hütte stand. Er hob den Kopf und sah, wie er angeschaut wurde. „Hallo Harry", sagte er also und lächelte ihn an. Der Lockenkopf lächelte auch leicht und antwortete mit einem leisen: „Hallo Louis."

„Möchtest du etwas?", fragte Louis schließlich und rührte den Teig für die Waffeln um. „Gerne. Einen Punsch und eine Waffel bitte", kam die gemurmelte Antwort und so ließ der Doncaster den Teig in das Waffeleisen laufen und in eine Tasse füllte er einen Tee.

Louis sah Harry ein leichtes Zittern an und ohne nachzudenken, verließen die Worte schon seinen Mund: „Möchtest du hereinkommen? Hier ist es wärmer und man kann sich gut unterhalten." Harry schaute überrascht aus, aber nickte. Louis lief zur Tür der Hütte und öffnete sie, als Harry davor stand.

Neugierig wanderte der Blick des Lockenkopfs durch die Hütte und betrachtete die, im Moment herrschende, Unordnung. Louis lachte leise und griff geübt nach und nach nach den Zutaten, mit denen er gerade die neue Punsch Mischung gemacht hatte.

„Hier sieht es nur so aus, wenn ich gerade Punsch oder Teig frisch mache", erklärte er, während er den Tisch abwischte und nun wieder alles an seinem Platz stand. „Was hat dich denn hier her verschlagen?", fragte Louis dann weiter und sah Harry neugierig an.

Harry hingegen sah Louis kurz überfordert an, ehe er mit den Schultern zuckte. „Ich denke einfach, ich brauche Pause und dein Punsch ist toll", meinte er und lächelte leicht. Da konnte Louis zum ersten Mal die Grübchen begutachten, die sich in Harry's Wangen drückten. Auch er lächelte leicht. „Ja, meine Oma hat einen guten Job gemacht mit dem Rezept."

Louis schaute durch die Hütte und einen Moment verspürte er so eine enorme Dankbarkeit für das, was seine Oma ihm ermöglicht hatte, doch er konzentrierte sich schnell wieder auf Harry und mit einem Lächeln fragte er: „Möchtest du mir helfen? Die Pause ein bisschen verlängern und ein bisschen länger den Alltag zurücklassen? Ich habe gerne Gesellschaft."

Harry hingegen überlegte nicht lange. Er nickte. Vor 2 Wochen hätte er noch jeden schräg angeschaut, der dies gesagt hätte. Doch er nickte.

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Die Wochen vergingen und Weihnachten rückte immer näher. Doch das war nicht das Einzige, was immer näher rückte.

Nach dem spontanen Besuch den Harry Louis abgestattet hatte, kam es immer öfter vor, dass Harry vor der Hütte stand und dann auch in dieser mit half. Auch Louis und Harry wuchsen zusammen und es schien, als würde in den Lockenkopf das Leben und die Energie zurückkehren, die immer mehr verschwunden war.

Gerade Niall hatte Harry kennengelernt, als er noch voller Lebensfreude und Motivation war und es war schmerzhaft gewesen, ihm zuzuschauen, wie diese immer mehr verschwand. Doch er hatte recht gehabt. Louis tat Harry gut und mit einem Lächeln beobachtete er die beiden.

Harry war mit Louis in der Hütte und die beiden bedienten gemeinsam die Leute, die Punsch und Waffeln wollten. Harry lächelte dauerhaft und auch Niall konnte sich so das Lächeln nicht verkneifen.

„Zwanzig Mäuse, dass die nach Weihnachten zusammen sind.", hörte er unmittelbar Liams Stimme neben sich und überrascht schaute er zu diesem. „Vor Weihnachten", erwiderte Zayn und grinste, ebenfalls Harry und Louis anschauend, die sich gerade ebenfalls angrinsten.

„An Weihnachten", meinte Niall nur und schaute recht herausfordernd aus, „die Verlierer müssen die nächsten Runden ausgeben." Auf diesen Vorschlag hin, nickten Liam und Zayn und beobachteten weiter die beiden jungen Männer, welche in diesem Moment die Welt um sich vergessen hatten.

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Heiligabend rückte näher und so auch Louis' Geburtstag. Harry machte sich verrückt mit der Frage, was er Louis schenken sollte. Er verzweifelte förmlich.

Harry saß mit Niall im Wohnzimmer seiner Wohnung. Er dachte, dass Niall vielleicht bessere Ideen hatte, was er Louis schenken konnte, aber das war nicht der Fall. Es schien, als würde Louis alles haben, was er brauchte. Daran zweifelte er nicht. Niall hatte recht in dem, was er gesagt hatte. Louis war ein sehr glücklicher Mensch, der alles hatte, was er brauchte. Und genau das, machte es so schwer ein gutes Geschenk zu finden.

Harry seufzte. „Harold..." - „So heiße ich nicht." - „Mir egal, hör mir zu. Wieso bist du so versessen darauf, ihm was zu schenken? Ich bin mir sicher, dass alleine deine Anwesenheit schon ein Geschenk ist", meinte Niall und der Blick, den Harry ihm daraufhin zuwarf, hätte skeptischer nicht sein können.

„Wie meinst du das?", fragte er nach und Niall sah doch erstaunt aus. „Merkst du es nicht?", fragte er also und bekam als Antwort sogleich ein Kopfschütteln. „Was soll ich denn merken?", murmelte Harry und sah vor sich auf den Wohnzimmertisch.

Niall schüttelte ungläubig den Kopf. „Dass gerade du das nicht merkst... Harry, er schaut dich an, als wärst du alles." Niall klang überzeugt, doch Harry war gar nicht überzeugt und schüttelte nur wieder den Kopf.

„Er hat alles, was er braucht, wieso sollte er dann jemanden wie mich brauchen?", fragte er und sah mit ernstem Blick zu dem Iren. Dieser sah Harry jedoch nur an, als würde er ihm gleich eine überbraten. „Jemanden wie dich? Ich bitte dich. Du bist liebenswürdig, freundlich, witzig. Du hast ein gutes Herz und das ist was zählt."

Nialls Worte überzeugten den grünäugigen nicht und so schaute er ohne zu antworten weg. Niall seufzte und sah auf die Uhr. „Ich muss los", meinte er und stand auf. Er umarmte Harry zum Abschied und als er gerade zur Tür rausging, drehte er sich nochmal um.

„Ich habe etwas vergessen. Er ist nicht der einzige, der aussieht, als würde er das Glück persönlich anschauen. Du schaust ihn genauso an.", und mit diesen Worten verließ Niall die Wohnung und ließ einen verwirrten Harry zurück.

Harry war nicht blöd. Er wusste, was all dies bedeutete. Das leichte kribbeln, welches er spürte, wenn er in Louis' Nähe war, dass all seine Probleme plötzlich kleiner und kleiner wurden. Doch das war nie der Plan gewesen.

Doch wer plante schon die Liebe? Sie kommt immer dann, wenn man nicht nach ihr sucht. Harry hatte das nun verstanden und doch war er genauso schlau wie davor. Er wusste jetzt noch weniger, was er jetzt tun sollte.

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Louis war ein wenig schlauer als Harry. Er kannte dieses Kribbeln aus Romanen. Er hatte es vom ersten Moment an gespürt. Louis hatte gewusst, dass er sich verlieben würde und jetzt? Was sollte er tun? Er wusste nicht, was Harry fühlte und er konnte auch nicht einfach hingehen und einfach fragen. So mutig war er nicht.

Im Gegensatz zu sonst, saß er nicht in der Hütte, sondern in seiner Wohnung. Es war 11Uhr am Abend und in weniger als einer Stunde hatte er Geburtstag. Morgen würde er nicht arbeiten. Liam und Zayn würden es übernehmen, dass Louis sich vielleicht mit seiner Schwester treffen konnte. Einfach nachhause nach Donny konnte er nicht. Also blieb es bei seiner Schwester. Und am Abend würde er sich mit seinen Freunden auf dem Weihnachtsmarkt treffen. Wie ironisch.

Es war keine angenehme Nacht, Louis wusste nicht einmal wieso. Er war müder als sonst, doch das war schnell verflogen. Als er nach draußen schaute und viele weise Flocken vom Himmel schweben sah, fingen seine Augen an zu leuchten.

Schneller als sonst machte er sich fertig, um nach draußen zu kommen. Es war zwar nicht das erste Mal, dass es in diesem Jahr schneite, aber es war seit langem das erste Mal, dass es an seinem Geburtstag war.

Louis hatte viel erwartet, aber nicht das, was er sah. Er hatte eine dünne Schneeschicht erwartet, die auf den Wegen lag. Vielleicht ein paar Millimeter. Aber auf den Wegen, den Straßen und den Wiesen lagen bestimmt mehrere Zentimeter. Ein breites Lächeln breitete sich auf den Lippen des Doncasters aus und mehr wie ein kleines Kind lief er auf den Schnee zu und drückte seine Finger hinein.

Es war ihm egal, wie viele Menschen ihn komisch ansahen. Es war ihm egal, dass er sich fühlte, als wäre es wieder sein 5. Geburtstag und er hatte zum ersten Mal einen weisen Geburtstag. „Louis?", fragte da aber eine Stimme hinter ihm. Er kannte die Stimme. Lächelnd drehte er sich um und sah in das Gesicht eines jungen Mannes, mit braunen Locken, grünen Augen, in deren Wimpern Schneeflocken hingen.

„Harry", antwortete er noch immer mit einem Lächeln und ging auf ihn zu. Er musste leicht aufschauen, doch es störte ihn nicht. In diesem Moment war alles perfekt. Harry sah auf ihn hinab und auch auf seinen Lippen lag ein Lächeln. Er trug einen dicken Schal und eine noch dickere Jacke, um ihn vor der Kälte zu schützen. Bis zu dem Moment, in dem er Louis gesehen hatte, hatte es nichts gebracht, doch nun war die Kälte vergessen.

„Louis...", wiederholte Harry und atmete tief ein. Es schien, als würde er etwas Wichtiges sagen wollen und so sagte Louis nichts. Sein Blick lag einfach auf dem wunderschönen jungen Mann vor ihm. „... Ich weiß nicht, wo ich anfangen soll", murmelte er dann und sah auf den Boden. Er war unsicher.

„Lass dir Zeit", meinte Louis nur leise und das Lächeln wirkte nun eine Spur aufmunternder als davor. Das gab Harry anscheinend den Ruck. Er sah wieder in Louis' Augen. „Ich wollte mich bedanken. Und entschuldigen, aber an erster Stelle bedanken", fing er also an, „ich möchte mich erst mal entschuldigen, weil ich kein Geschenk für dich habe." Louis öffnete gerade den Mund, aber Harry sah ihn bittend an. Er war nicht fertig. Und so schloss Louis seinen Mund wieder.

„Aber viel wichtiger ist, dass, was ich dir jetzt sagen möchte. Ich habe kein Geschenk für dich, weil ich glaube, dass du zwar glücklich darüber wärst, aber du es nicht brauchen würdest. Ich bin dankbar dafür, dass ich dich kennenlernen durfte. Ich bin aber vor allem dankbar dafür, dass du mir wieder gezeigt hast, dass das Leben nicht scheiße sein muss", fing er an und das Leuchten in Louis Augen wuchs von Wort zu Wort mehr. Das war ein viel besseres Geburtstagsgeschenk.

„Danke, dass du mir gezeigt hast, dass es etwas gibt, wofür es sich lohnt weiterzumachen...", flüsterte Harry nun nur noch und da hielt Louis es nicht mehr aus. Ihm war egal, dass er nicht wusste, was Harry fühlte. Ihm war egal, ob das nun angebracht war oder nicht. Er überwand die letzten Zentimeter und sanft lagen seine Lippen auf denen des Lockenkopfs.

Es dauerte nur ein paar Sekunden der Überraschung, da fühlte Louis wie sich Harry's Lippen zu seinen bewegten. Vorsichtig legte er seine kalte Hand an Harry's Wange und wie ein Startschuss für beide, legte Harry seine Arme fest im Louis' Gestalt. Ihre Münder öffneten sich und Zungen strichen umeinander.

Noch immer fielen Schneeflocken um die Gestalten der sich Küssenden und das machte den Moment nur noch schöner. Langsam trennten sich die Lippen. Sie standen Stirn an Stirn in der Kälte, doch kalt war keinen von beiden.

Louis öffnete seine Augen und sein Blick traf sofort auf die Grünen seines Gegenübers. Auf Harry's Lippen lag ein leichtes Lächeln, ehe er „Happy Birthday!" flüsterte, doch Louis ging nicht darauf ein. Seine Hände lagen noch immer auf Harry's Wangen und hielten ihn an Ort und Stelle.

Das, was er nun sagen würde, war vermutlich voreilig. Es war schnell und überstürzt, doch er hatte das Gefühl, dass es das Richtige war. „Bitte bleib bei mir", flüsterte er beinahe und sah ernst in Harry's Augen.

Diese fingen an zu funkeln und er spürte wie er leicht nickte. Doch Louis meinte es anders. „Egal wo. Egal wann. Bitte bleib immer bei mir", wiederholte er und hoffte, dass Harry verstand. Dieser nickte erneut. „Ich bleibe Lou. Ich folge dir. Egal wo du bist", antwortete er und Louis fing an zu lächeln. Er schlang die Arme um seinen Nacken und verbarg sein Gesicht in Harrys Nacken. Harry schlang nur die Arme fester um Louis und hielt ihn nahe bei sich. So nahe, wie es mit der dicken Winterkleidung nur ging.

Und so standen sie dort. Eng umschlungen, vor dem Eingang zu Louis Wohnblock, umgeben von Schneeflocken und leisen Weihnachtsglocken im Hintergrund.

Von diesem Moment an gab es nicht mehr nur Louis oder nur Harry. Es gab sie beide.

Und ja, vielleicht war Louis Bitte an Harry überstürzt gewesen und ja, vielleicht war es voreilig von Harry gewesen, sich exmatrikulieren zu lassen und mit Louis um die Welt zu reisen, doch besser hätte es nicht sein können.

Es war das beste Leben, was sich beide hätten wünschen können.

It was a whole new life after Christmas.

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