es war die konsequenz
Die nächsten Tage vergehen gleichzeitig langsam und sehr schnell. Louis verbringt die meiste seiner Zeit mit Niall und seinen Schwestern. Zumindest den dreien, die ihn nicht hassen. Harry und er leben nebeneinander, niemand erwähnt den Abend nach dem Weihnachtsmarkt und irgendwie ist es generell jetzt eher so wie Louis es am Anfang gedacht hätte. Er ist in Harrys Haus, aber nicht wirklich da, nicht sein Gast. Sie sind nett zueinander, aber das war es irgendwie auch.
Und Louis leidet jeden Tag mehr darunter. Und er weiß nicht so ganz warum. Natürlich, Harry war ein großer Teil seines Lebens, aber er ist nicht seinetwegen zurück gekommen.
Mit Lottie, Daisy und Phoebe ist es fast wie früher und er ist sehr froh darüber. Das mit Harry sollte ihm nicht so wehtun, ihn nicht so sehr von seinem Ziel ablenken, seiner Familie wieder nah zu sein.
Harry ist oft bei Zayn und jedes Mal ist Louis eifersüchtig. Auch wenn der Tätowierer wirklich okay wirkt. Louis überlegt sich auch was von ihm stechen zu lassen, alleine schon, um ihn davon zu überzeugen, dass er auch kein Monster ist. Und weil er sich länger keins mehr hat machen lassen und es vermisst. Man wird wirklich süchtig nach Tattoos, es ist ein Problem. Zumindest hat Louis genug Geld.
Und Harry anscheinend auch.
Aber als Screen Writer für Disney...Louis muss dringend mal googeln, was Harry alles geschrieben hat.
An einem Abend sitzt er neben einem schlafenden Clifford auf der Couch und schreibt ein paar Lyrics in sein Notizbuch, die ihn einfach nicht in Ruhe lassen wollen (Niall ist mit irgendwem im Dorf unterwegs) da hört er Schritte auf der Treppe. Als er aufsieht kommt Harry ins Wohnzimmer. In nichts als einer Jogginghose bekleidet und nassen Haaren.
Louis' Herz setzt aus, sein Mund wird trocken und er starrt Harry einfach nur an. Verdammt, er ist so unglaublich heiß.
„Uhm, Louis", beginnt er und Louis reißt seinen Blick von Harrys Sixpack los, um ihm in die Augen zu sehen. Das ist fast noch schlimmer. Es sind die selben Augen, in die er sich vor Ewigkeiten verliebt hat. In einem anderen Leben fast schon.
„Niall ist weg und ich bin nicht bei Zayn, aber ich komm nicht so ganz..." Er seufzt. „Also ich komm nicht dran, ich sollte das neue Tattoo aber mal wieder eincremen, also..." Er lässt den Satz als Frage ausklingen und Louis weiß natürlich sofort was er meint. Sein Blick wandert kurz zur Bepanthen Tube in Harrys Hand, dann nickt er wie ferngesteuert und steht vom Sofa auf. Er wirft sein Notizbuch neben Cliff und geht rüber zu seinem Mann.
Dann schlägt er sich gedanklich gegen die Wange, weil er aufhören muss Harry so zu nennen. Sie sind nicht verheiratet. Nicht richtig zumindest.
Harry reicht ihm zögerlich die Creme und dreht sich um. Louis lässt sein Fakelächeln fallen und holt tief Luft. Okay. Okay, ist ja nur das jetzt das Nächste, was er Harry in fünf Jahren war.
„Ähm...ich sollte mir eben die Hände waschen", sagt er und geht in die Küche. Er versucht beim Händewaschen seinen Atem ein bisschen zu beruhigen und das Zittern aus seinen Händen zu kriegen. Es funktioniert nicht besonders gut. Dann geht er zurück zu einem logischerweise immer noch halbnackten Harry und quetscht sich etwas von der Salbe auf die Hände.
„Soll ich äh...soll ich mich hinsetzen?", fragt Harry und Louis bemerkt, dass er genauso affected von der Situation ist wie er selber.
„So klein bin ich auch nicht", sagt Louis leise, aber um ehrlich zu sein fühlt er sich gerade tatsächlich, als wäre er höchstens zehn Zentimeter groß, so unsicher ist er.
Er verteilt etwas der Creme auf Harrys oberem Rücken, auf dem Flügel und dann gibt er Harry die Tube wieder und beginnt die Salbe vorsichtig und sanft auf der empfindlichen Stelle zu verteilen. Harrys Körper strahlt Wärme und seine Haut ist weich und fühlt sich unter Louis' Fingern so vertraut an, dass dieser sofort in eine Zeit zurückversetzt ist, in der er mit Harry zusammen geduscht hat und seine Haut mit Duschgel eingerieben hat. Genauso bedächtig und sanft wie gerade die Tätowierung. Und Harrys Körper schmiegt sich so in die Berührung als ginge es gar nicht anders, als wäre es ein Reflex, die natürliche Reaktion, die er auf Louis' Hände hat.
Louis schließt ganz kurz die Augen und zwingt sich nochmals tief durchzuatmen, weil er sonst den Verstand verliert.
Er will eigentlich gar nicht, dass dieser Moment vorüber geht, dass er Harry wieder jemals nicht so nahe sein kann, er hat das Gefühl Harrys Nähe ist das was ihm fehlt, um richtig zu leben, richtig zu atmen, richtig zu heilen.
Aber er ist fertig und er sollte aufhören und er nimmt schweren Herzens seine Hände von Harrys Rücken.
„So", sagt er leise. „Fertig." Und Harry dreht sich um, sodass sie plötzlich ganz nah voreinander stehen und Louis schluckt nochmal, als er aufsieht in Harrys wunderschönes Gesicht, eingerahmt von den nassen Locken.
„Danke", haucht Harry leise und Louis sieht auf seine Lippen und nickt abwesend während er „klar" stottert und dann gibt Harry ihm ein kleines Lächeln und verschwindet wieder aus dem Raum.
Louis geht rückwärts zurück zum Sofa und lässt sich fast auf Clifford fallen, sieht es im letzten Moment und stolpert zur Seite. Dann lässt er sich einfach auf den Boden sinken und lehnt sich am Sofa an.
Cliff hebt den Kopf, springt von der Couch und setzt sich vor Louis.
Louis zieht ihn näher und umarmt ihn.
Er atmet zitternd durch. Denn verdammt.
„Ich liebe ihn, Cliff", flüstert er leise in das Fell seines Hundes und dieser legt nur den Kopf schief und sieht Louis an. Seine treuen Augen scheinen fast als würde er lächeln.
„Ich habe nie aufgehört ihn zu lieben."
Louis blinzelt seine Tränen weg und vergräbt sein Gesicht wieder in Cliffords vertrauten dunklen Fell.
„Und ich kann ihn nie wiederhaben."
_____
Die nächsten paar Tage lang versucht Louis sich eigentlich nur von Harry abzulenken, verbringt noch mehr Zeit im Haus seiner Schwestern, übernachtet dort sogar zwei Mal und er hat das Gefühl Fizzy wird langsam etwas wärmer. Sie hat sich sogar einmal freiwillig dazu gesetzt, als die anderen sich zusammen einen Weihnachtsfilm angesehen haben.
Louis spürt außerdem, wie sehr er Weihnachten vermisst hat. Er hat es nur gehasst, weil es ihm so wehtat an seine Mum zu denken und alles ihn was mit dem Fest zu tun hat ihn so an ihren Tod erinnert hat, aber echtes Weihnachten, mit seiner Familie und einem Baum und Schnee und Kälte...ist eigentlich wirklich ziemlich schön.
Tim scheint es überraschenderweise im Dorf ziemlich gut zu gefallen. Er hat schon einige Freundschaften geschlossen und irgendwie lieben ihn alle. Besonders mit Fizzy scheint er sich gut zu verstehen und Louis würde lügen, wenn er sagen würde, dass würde ihm nicht einen kleinen Stich versetzen. Sie ist zwar etwas weniger feindselig, aber trotzdem sehr abweisend.
Louis läuft mit Clifford an der Leine und El am Telefon (er hat sie sehr vermisst und es war lange nötig sie in alles einzuweihen was passiert ist) durch die verschneiten Straßen (es schneit zwischendurch immer mal wieder und obwohl Louis schnell friert...er genießt es) und seine Beine tragen ihn von selbst zum Friedhof.
Als er sich mit einem „Ich dich auch, bis bald" von seiner besten Freundin verabschiedet und auflegt steht er vor dem Grab seiner Mutter und seufzt. Er kniet sich auf den kalten Boden, der Schnee durchnässt seine Jeans, aber das ist jetzt nicht wichtig, und Clifford setzt sich neben ihn, als wüsste er ganz genau wie wichtig das hier ist.
„Ich vermisse dich sehr, Mum", sagt Louis leise und beginnt zu zittern. Es ist nicht das erste Mal, dass er mit ihr spricht, aber das erste Mal hier. Und irgendwie bedeutet das noch mehr. „Ich wünschte du wärst hier", haucht er und holt tief Luft und in dem Moment fährt eine Brise durch seine Haare ganz als würde seine Mutter sagen „das bin ich doch."
Und dann erzählt er ihr alles, was er fühlt und wie es ihm geht und ganz ehrlich: es ist fast besser als jede Therapiestunde, die er hatte.
_____
Weihnachten rückt immer näher. In ein paar Tagen schon wird Louis 30 sein und er ist noch nicht so richtig darauf vorbereitet.
Er kommt öfter zum Friedhof. Es beruhigt ihn irgendwie, tut ihm gut und er kommt weg von Harry.
Von Harry, der Liebe seines Lebens, die er verlassen hat, weil er das Gefühl hatte es wäre der einzige Ausweg.
Was für ein Unsinn. Harry hätte ihm so viel besser durch alles geholfen als irgendwas anderes es je konnte. Es war vielleicht gut für ihn zu gehen, aus dem Dorf rauszukommen, etwas Neues anzufangen...aber er hat einen riesigen Fehler damit gemacht, sein Leben zurückzulassen.
Seine Familie und seinen Mann, den er immer noch mehr liebt als alles andere.
Als er zwei Tage vor Heiligabend abends auf dem Friedhof ankommt, ist er aber nicht alleine. Als er bei Jays Grab ankommt sieht er Fizzy der Bank, die einige Meter links am Weg steht, sitzen.
Er will schon wieder umdrehen und sie in Ruhe lassen, da nickt sie leicht zum Platz neben sich.
Louis ist verwirrt aber als Fizzy nachdrücklich ihre Augenbrauen hochzieht und noch mal nickt, kommt Louis langsam auf sie zu, die Hände in den Hosentaschen. Er schluckt, als er sich neben ihr niederlässt.
Beide sehen einfach nur nach vorne, ihr Atem produziert kleine Wolken vor ihren Gesichtern.
„Um die Weihnachtszeit komme ich ziemlich oft hier her", bricht Fizzy die Stille irgendwann und schließt die Augen.
„Es gibt mir irgendwie Frieden. Und Mum ist ganz nah."
„Ja", haucht Louis und wieder ist eine Weile Stille.
„Fizzy...", fängt er dann leise an und wartet ihre Reaktion ab. Als sie nichts sagt, ihn nicht abwürgt nimmt Louis das als Erlaubnis zu sprechen und holt tief Luft.
„Es tut mir Leid" sagt er und seine Stimme bricht. „Es tut mir wirklich so unendlich Leid, Fiz, und ich weiß, das macht es nicht okay, oder entschuldigt es oder was auch immer aber es tut mir ehrlich Leid. Und ich vermisse dich. Und ich...ich dachte immer ich könnte das nicht. Ich dachte ich würde sterben, sobald ich nur einen Fuß..." Er schluckt. „Stellt sich heraus ich kann. Vor allem mit Harry an meiner Seite ich bin nicht...ich bin nicht gestorben und ich habe das Gefühl, zum ersten Mal seit fünf Jahren könnte ich wirklich heilen und ich..." Er schließt die Augen.
„Es tut mir leid, dass es so lange gedauert hat und es tut mir leid, dass ich weggelaufen bin und es tut mir leid, dass ich dich verlassen habe, aber ich wusste es einfach nicht besser. Ich war blind vor Verlust und Trauer und ich war ein Durcheinander. Félicité, ihr alle seid meine Babyschwestern und ich wollte euch beschützen und für euch da sein, aber ich konnte einfach nicht. Ich war so kaputt. Ich wollte nie jemanden verletzen. Ich wusste, dass ich es tue, aber es war trotzdem nicht meine Absicht. Es war die Konsequenz."
Er schaut nicht auf, wagt es nicht, seiner Schwester in die Augen zu sehen und starrt nur auf seine Füße. Die Tränen in seinen Augen drohen zu fallen, aber er versucht alles, um sie zu unterdrücken. Er ist es so satt zu weinen.
Und dann spürt er Fizzys Hand auf seiner Schulter. „Weißt du was", sagt sie. „Ich vergebe dir..."
Louis hört kurz auf zu atmen.
„Unter einer Bedingung. Du gestehst dir selber ein, dass du immer noch in Harry verliebt bist. Du hast ihn so viel mehr gebrochen als jeden von uns und ich hab das Gefühl, du weißt es nicht mal. Du schuldest ihm mehr als nur eine Entschuldigung. Viel mehr. Er verdient es glücklich zu sein." Sie steht auf und Louis tut es ihr sofort gleich.
„Fizzy, ich weiß, dass ich ihn immer noch liebe." Er schluckt. „Da muss ich mir nichts eingestehen. Ich liebe ihn mehr als alles andere. Aber ich hab keine Chance. Er will mich nicht mehr. Und das ist okay, das ist mein Fehler und ich muss mich damit abfinden, aber bitte vergib mir trotzd-"
„Ist das dein Ernst?", unterbricht Fizzy ihn und sieht fast aus als würde sie gleich anfangen zu lachen. Louis ist verwirrt.
„Louis, wie hat Harry dich behandelt, seit du wieder hier bist?"
„Besser als ich es verdient habe", antwortet Louis sofort und schluckt. „Er lässt mich bei sich schlafen, hat mich bei der Gedenkfeier den ganzen Tag fast getragen, ist nett zu mir, obwohl er mich hassen sollte, er-"
„Hörst du dir zu?", fragt Fizzy. „Lou, inwiefern, behandelt er dich anders als früher?"
„Wir sind nicht mehr zusammen", sagt Louis. „Er geht mir aus dem Weg. Schläft ab und zu bei Zayn. Wir sind nicht...das kannst du nicht vergleichen, Fizzy!"
„Warum nicht? Weil er dich immer noch genauso ansieht? Weil er dich immer noch behandelt, als wärst du das Wichtigste auf der Welt? Weil er dich nur deshalb meidet, weil es ihm so wehtut, in deiner Nähe zu sein, wenn er dich nicht haben kann?"
Louis sieht seine Schwester nur verwirrt an.
„Louis. Er trägt seinen beschissenen Ehering noch. Ist dir das etwa nicht aufgefallen?"
Louis bleibt stumm.
„Wenn es eine Sache gibt, die Harry will, die er sein ganzes Leben schon gewollt hat, dann bist du das, Louis Tomlinson."
Und das scheint irgendwas in Louis' Gehirn zu vernetzen.
Harry ist in keiner Beziehung. Harry sagt er wird für immer Harry Tomlinson sein. Harry behandelt ihn besser als er es verdient hat, Harry lässt ihn bei sich schlafen, wenn auch nur auf dem Sofa, er macht ihn Essen, ab und zu erwischt Louis wie er ihn ansieht. Er trägt den beschissenen Ehering noch.
Louis versteht es jetzt.
Und er ist da. Er ist nicht mehr weg, er ist da.
Er liebt Harry, er vermisst ihn. Aber er ist nicht mehr weg. Er hat eine Chance. Er hat eine Chance auf Harry und er ist da und er kann ihn haben.
Sein Mund steht auf. „Ich...", sagt er dann. „Ich muss los." Er dreht sich um, wie ferngesteuert, aber Fizzy hält ihn an Arm fest.
„Warte!"
Er dreht sich zu ihr und erst weiß Louis nicht, was an ihrem Blick so anders ist. Dann fällt es ihm auf. Es ist der gleiche wie früher. Der von bevor er sie verlassen hat, bevor sie beschlossen hat ihn zu hassen. Sie fällt ihm um den Hals und Louis ringt nach Luft.
„Ich hab dich vermisst, Bruderherz", flüstert sie und löst sich wieder schnell von ihm und jetzt ist sie diejenige, die sich umdreht und geht. Louis steht dort, bestimmt eine ganze Minute und sieht ihr nach und ein Lächeln tritt auf sein Gesicht.
Er hat sie wieder.
Er hat Fizzy wieder.
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