du bist der größte idiot auf diesem planeten
Eine Viertelstunde später taucht Harry wieder im Wohnzimmer auf und lehnt sich an den Türrahmen.
„Louis, kannst du...", fängt er an und Louis muss schlucken, weil sein Name fast so klang wie früher. Harry hat ihn fast so ausgesprochen wie damals. Bevor Louis gegangen ist.
„...kannst du heute auf Clifford aufpassen? Und mit ihm rausgehen? Ich äh..." Harry holt tief Luft. „Ich schlaf heute bei Zayn."
„Oh." Louis kann nichts dafür, dass die Eifersucht sofort seinen Nacken hochkriecht, er kann nichts dafür, dass er Harry nun mal nur als Seins kennt. Er ist es nicht gewohnt, dass er nicht zu ihm gehört. „Klar."
Harry lächelt, Louis schlägt dann die Decke zurück und folgt ihm in den Flur, setzt sich auf die Stufen und streicht Clifford durchs Fell, der zu ihm kommt, während er Harry dabei zusieht, wie der sich einen Mantel anzieht.
„Du ähm...", sagt Harry. „Du kannst dich am Kühlschrank einfach bedienen, kochen wenn du willst, wie auch immer. Nur bitte fackel meine Küche nicht ab." Er lächelt sanft und Louis muss es erwidern.
Zum ersten Mal gibt ihm das „meine" kein schlechtes Gefühl, denn die Küche hat Harry schon immer als seins bezeichnet. „Fackel meine Küche nicht ab" ist ein Satz, den Louis unglaublich oft gehört hat. Es fühlt sich vertraut an, aber gut.
„Ich versprech's dir", sagt er leise.
Harry schlüpft in seine Boots, nimmt seine Schlüssel und geht zur Tür. Louis will nicht, dass er geht. Und vor allem will Louis nicht, dass er zu Zayn geht. Er weiß, dass Harry gesagt hat, dass er niemanden datet. Er sieht auch immer noch das silberne Glänzen des Rings an Harrys Finger. Er hat ihn nicht abgenommen. Aber es fühlt sich trotzdem falsch an.
Harry öffnet die Tür und dreht sich nochmal um. „Ach ja", sagt er. Ein leicht neckendes Lächeln umspielt wieder seine Lippen und Louis will ihn sofort küssen. „Er hat übrigens eine Freundin."
Und damit verlässt er das Haus und zieht die Tür hinter sich zu.
Louis atmet tief durch und das Lächeln auf seinen Lippen wird noch breiter. Es sollte seine Stimmung nicht so viel besser machen, dass Zayn eine Freundin hat, aber das tut es. Louis sieht Clifford an.
„Ist es mein Recht, eifersüchtig zu sein?", fragt er und Clifford legt nur den Kopf schief.
„Warum frag ich dich, du bist ein Hund", sagt Louis und seufzt leise. Dann steht er wieder auf und geht zurück ins Wohnzimmer, denn er hat noch Zeit, bevor er mit Clifford raus muss.
Er hatte fünf Jahre lang keinen Hund mehr, aber das ist einfach drin. Vor allem beim gleichen Hund.
Louis guckt also einfach den Film weiter und verliert sich ein bisschen in der Geschichte, auch wenn das Skript wirklich nicht besonders gut ist, dann klingelt es plötzlich.
Louis runzelt die Stirn. Wer kann das sein? Es ist ziemlich spät. Soll er aufmachen? Er wohnt hier schließlich nicht mehr. Hat Harry vielleicht seinen Schlüssel vergessen? Nein, Louis erinnert sich daran zu sehen, wie Harry ihn genommen hat.
Verwirrt und immer noch etwas unschlüssig steht er wieder auf und geht in den Flur. Durch das wellige Glas oben in der Tür sieht er nur vage Umrisse. Harry ist das schonmal nicht. Aber mehr kann er auch nicht erkennen.
Louis wirft noch einen Blick zu Clifford, aber der guckt ihn auch nur unwissend an. Also seufzt Louis und öffnet die Tür.
„Du bist der größte Idiot auf diesem Planeten", sagt die Person dort und in der nächsten Sekunde findet Louis sich in einer halsbrecherischen Umarmung wieder.
„Niall", gibt Louis etwas erstickt von sich und der Mann löst sich wieder von ihm, nur um ihn fest an den Schultern zu packen und zu schütteln.
„Was ist denn falsch mit dir?", fragt er und umarmt Louis wieder. Louis versucht mit den Fakten hinterherzukommen.
1. Niall ist hier und umarmt ihn.
2. Niall, der mit sechs Jahren aus Irland hier hingezogen ist und seitdem bis vor fünf Jahren sein und Harrys bester Freund war.
3. Niall, der seit er zwölf war nur mit blond gefärbten Haaren rumgelaufen ist und jetzt seinen wunderschönen natürlichen Kastanienton zur Schau stellt.
4. Niall, der verdammt nochmal auch sehr erwachsen aussieht.
5. Heilige Scheiße, Niall ist hier und umarmt ihn!
Louis beginnt wieder zu weinen, weil er nun mal gerade die emotionale Stabilität eines Sechsjährigen hat und sieht ihn dann mit Tränen in den Augen an.
Niall grinst. „Hi", sagt er und Louis kann ihn nur überfordert anstarren.
„Hi", bringt er dann raus und Niall lacht leise und schiebt sich an Louis vorbei ins Haus.
„Als Harry mir gesagt hat, dass du da bist, hab ich ihm erst nicht geglaubt, aber ich hab sofort den nächsten Zug gebucht und hier bin ich."
„Du äh..." Louis sieht ihm nur dabei zu, wie er selbstverständlich aus seinen Schuhen schlüpft und seine Jacke aufhängt. „Du wohnst gar nicht mehr...äh..."
„Oh nein", sagt Niall. „Ich wohn schon seit dreieinhalb Jahren in London. Ich komme nur immer für Weihnachten hier hin und hatte eigentlich vor erst am 20. zu kommen, weil Lucy auch dann zu ihren Eltern fährt, aber ich konnte dich doch nicht verpassen, wer weiß, wie lange du vorhast zu bleiben." Niall geht in die Küche, Louis folgt ihm, wischt sich mit dem Ärmel über die Wangen.
„Lucy?", fragt er, während Niall einen Korkenzieher aus einer Schublade nimmt und dann einen Küchenschrank öffnet.
„Meine Verlobte", antwortet er und runzelt die Stirn. „Harry hat doch bestimmt hier noch irgendwo Wein, oder? Wir haben eine Menge aufzuholen, Louis."
Und Louis kann nicht anders als zu lächeln. Niall ist wirklich einer der besten Menschen der Welt.
Er hat den Iren so lieb.
Und halleluja, hat er ihn vermisst.
_____
Als Louis am nächsten Morgen aufwacht, hat er einen kleinen Kater und Niall liegt - ohne Witz - auf dem Fußboden neben ihm. Der Ire kann wirklich überall schlafen, es ist unglaublich.
Louis reibt sich die Stirn, setzt sich auf und seufzt leise. Cliff liegt neben Niall und hebt den Kopf, als Louis sich bewegt, Louis lächelt ihm zu.
Dann steht er auf, stöhnt leise, weil seine Kopfschmerzen wirklich nicht schön sind und tapst barfuß rüber in die Küche, um sich Wasser und eine Tablette zu nehmen. Hoffentlich sind die noch da, wo sie früher auch waren.
Louis hat Glück und findet sofort eine, dann isst er einen Toast und versucht so die leichte Übelkeit zu überwinden. Er hätte es doch wissen müssen, wenn Niall vorbeikommt, ist es nicht selten, dass man mit einem Kater aufwacht.
Clifford ist ihm in die Küche gefolgt und Louis nickt ihm zu. „Ja, Cliff, wir gehen gleich raus, keine Angst", sagt er und ist sehr froh, dass Harry ihm die Leine gestern extra an die Garderobe gehängt und nicht wieder mit nach oben genommen hat.
Denn Louis weiß, dass er nicht einfach hoch gehen kann. Das steht ihm nicht zu.
Als er gestern Abend noch mit Niall und Cliff draußen war, war er sehr abgelenkt, Niall hat ihn einerseits ausgefragt und zugetextet und Louis war da sehr froh drüber. Als er jetzt alleine mit Cliff vor die Tür geht und ihn die Kälte trifft, fühlt es sich nämlich mal wieder zu vertraut an, um nicht wehzutun.
Sie haben viele Morgenspaziergänge zusammen gemacht, er und Harry. Aber oft ist er auch alleine gewesen. Manchmal hat er Harry ausschlafen lassen und ist mit Cliff raus, um seinen Mann dann mit frischem Frühstück im Bett überraschen zu können.
Harrys Blick, sein verschlafenes Lächeln, während er sich aufgesetzt hat...das war immer eins von Louis' liebsten Dingen.
Harry...war eins von Louis' liebsten Dingen.
Und jetzt...jetzt geht er alleine mit Clifford raus, weil sein theoretisch-immer-noch-Mann bei einem Freund schläft (der zum Glück eine Freundin hat) und weil Louis ihn vor fünf Jahren verlassen hat.
Er holt tief Luft und drückt seine Nase dann tiefer in den Schal, den er Harry geklaut hat. Er hat nämlich selbst dummerweise keinen mitgenommen und sich einfach kurz an der Garderobe bedient.
Dummerweise hat er nicht bedacht, wie sehr der Schal nach Harry riechen würde, denn jetzt ist die Kälte nicht das Einzige, was die Tränen in Louis' Augen treibt.
Er blinzelt sie weg und sieht raus aufs Feld. Louis ist vorhin in die andere Richtung gegangen, also nicht ins Dorf rein, sondern einfach weiter die Straße runter. Das haben er und Harry öfter gemacht, wenn sie morgens noch niemanden sehen und einfach ihre Zweisamkeit haben wollten.
Verdammt, Louis muss wirklich aufhören an Harry zu denken. Sein Herz zieht sich bei jeder Erinnerung schmerzhaft zusammen und schreit ihn an, denn er kann das nun mal nie wieder haben.
Egal, wie dringend er will. Egal, wie sehr er es braucht. Er ist ein anderer Mensch, mit einem anderen Leben und Harry...
Ja, das weiß Louis selber nicht so genau. Einerseits ist da so viel anders an Harry, älter und ruhiger und...tätowierter, aber andererseits...
Lebt Harry nicht das gleiche Leben wie damals? Das, was Louis um ehrlich zu sein schon immer ein bisschen zu einfach war? Und Harry früher auch?
Sogar Niall ist schließlich nach London gezogen, weil mein Gott, Dorfleben...ja, damit sind sie aufgewachsen, aber wollten sie nicht schon immer weg?
Louis wohnt jetzt in LA, Niall in London (er hat übrigens wirklich sein Hobby zum Beruf gemacht. Niall ist Manager eines Elite-Golfclubs und ziemlich reich), Harry immer noch hier?
Er seufzt leise als ihm auffällt, dass es ihm früher sogar ernsthaft ein bisschen egal war.
Weil er glücklich war, solange Harry bei ihm war.
Louis muss sich jetzt wirklich ablenken, also steckt er seine Kopfhörer in seine Ohren und macht einfach ganz laut Metal an.
Es bringt nichts. Außer dass es die schöne ruhige Stimmung seines Spaziergangs kaputt macht.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top