das ist keine trennung, louis

Louis und Clifford kommen gleichzeitig mit Harry zurück beim Haus an. Sie treffen ihn vor der Einfahrt und Louis lächelt schüchtern.

Harry sieht so friedlich aus und er trägt irgendetwas im Arm. Er lächelt sogar ehrlich zurück und lässt Louis den Vortritt.

Es fühlt sich komisch an, dass Louis derjenige ist, der aufschließt, wenn das hier Harrys Haus ist. Und gleichzeitig gar nicht, weil sie es schließlich schon so unzählige Male so gemacht haben.

Clifford rennt an Louis und Harry vorbei ins Haus und in die Küche und Louis muss lächeln, zieht seine Jacke und den Schal aus und sieht dann etwas unsicher zu Harry.

„Ich äh...", sagt er. „Ich hoffe das war ok." Er nickt zu dem Schal. „Nur habe ich halt keinen dabei und-"

„Alles gut", antwortet Harry warm lächelnd und Louis' Herz flattert. Er hebt das Etwas in seinem Arm ein bisschen höher. „Das ist noch warm, lass uns schnell frühstücken."

Jetzt erkennt Louis auch, dass es sich vermutlich um Brot handelt, er war nur von dem Leinen-Stoffsack verwirrt, weil es nicht die normale Bäckertüte ist. Dann werden Louis' Augen groß.

„Warte, jetzt sag nicht du hast-"

Harry nickt grinsend. „Ja, ich hab vorhin bei Zayn zwei gebacken, weil seine Freundin, ich zitiere, ‚für mein Brot sterben würde'. Also musste ich ihr noch eins machen."

Louis weiß nicht wann er zuletzt eins von Harrys selbst gebackenen Broten gefrühstückt hat, aber er kann es kaum abwarten. Harry hat einiges von Barb gelernt, irgendwie haben seine sogar noch besser geschmeckt als die aus der Bäckerei.

Harry und Louis begeben sich in die Küche, wo Louis Clifford Futter gibt, während Harry den Tisch deckt. Es fühlt sich viel zu normal an.

Dann ertönt irgendein Geräusch und Louis fällt wieder ein, dass er Harry vielleicht vorwarnen sollte.

„Ach ja", sagt er. „Wir haben übrigens Besuch." Kurz danach will er sich auf die Zunge beißen, weil das wir ihm viel zu leicht über die Lippen gekommen ist, aber es ist ja nun mal die Wahrheit. Es ist zwar Harrys Haus, aber Niall ist auch wegen Louis hier.

„Was?", fragt Harry verwirrt nach, aber da wird er auch schon in eine Umarmung gezogen und dreht sich noch verwirrter um, als er losgelassen wird.

„Niall? Was machst du hier?"

Niall zuckt mit einer Schulter und stibitzt sich schon ein Stück Apfel vom Tisch. „Hab dich vermisst."

„Wir haben uns vor vier Tagen gesehen." Das haben sie? Louis runzelt die Stirn.

„Okay, Harold, du dachtest doch nicht ernsthaft du kannst mir erzählen, dass Louis hier ist und ich komme nicht vorbei, oder?"

Harry schüttelt schmunzelnd den Kopf und rollt mit den Augen. „Okay", sagt er. „Du musst aber den zusätzlichen Stuhl aus der Abstellkammer holen."

Niall gibt ein unzufriedenes Geräusch von sich, verschwindet aber im Flur und dann hört Louis ihn die Treppe hochlaufen.

„Du hast ihn vor vier Tagen gesehen?", fragt er nach und versucht den viel zu interessierten Unterton zu verbergen. Es gelingt ihm absolut nicht.

Harry nickt, während er das Brot schneidet.

„Ja, wir treffen uns jeden Dienstag zum Brunch."

Jetzt ist Louis noch verwirrter. „Aber...", sagt er. „Aber Niall wohnt in London."

„Ja." Harry sieht vom Brot auf zu Louis und zuckt mit einer Schulter. „Ich auch."

„Was?" Louis kommt nicht mehr hinterher. „Ich dachte du wohnst hier?"

Harry nickt. „Ja, aber nur die halbe Woche. Hier mach ich Home Office, den Rest der Woche bin ich in London und geh ins Büro."

„Was...was arbeitest du denn?" Louis hat zwar noch nicht ansatzweise verarbeitet, dass Harry anscheinend nicht mehr nur hier wohnt, aber die Neugierde über seinen Job siegt gerade.

„Ich äh...ich bin Screen Writer", sagt er. Und dann macht er eine kurze Pause, als ob er sich nicht sicher ist, den nächsten Part zu sagen. „Für Disney."

Louis' Mund geht ein Stück auf und er setzt gerade an etwas zu sagen, da kommt Niall wieder in die Küche, einen Stuhl dabei.

„Oh Harold, bitte sag mir, das ist dein Brot!"

Harry grinst nur und legt Niall eine Scheibe auf seinen Teller, der ihm ein breites Lächeln zuwirft.

„Ich liebe dich", sagt er, stellt den Stuhl richtig hin, setzt sich und greift sofort nach der Marmelade, um etwas darauf zu streichen.

Louis ist zwar immer noch gedanklich da, dass Harry Screen Writer ist, aber das ich liebe dich hat seine Aufmerksamkeit kurz auf dich gezogen. Verdammt, obwohl es von Niall scherzend gesagt wurde meinte er es ja ernst und das Strahlen in Harrys Augen kennt Louis viel zu gut.

Er will Weihnachten ja wirklich hier verbringen, mit seiner Familie und vielleicht auch irgendwie mit Harry, aber wie zur Hölle soll er es denn so lange hier aushalten?

_____

„Heute Abend wollen wir auf den Weihnachtsmarkt, da bist du dabei, oder?" Phoebe legt ihre Beine auf Louis' Schoß und der lächelt sie breit an und nickt.

Die beiden sind in ihrem Zimmer auf ihrem Bett und Phoebe ist gerade hauptsächlich mit ihrem Handy beschäftigt, im Hintergrund läuft leise Weihnachtsmusik. Louis findet es schön, einfach hier zu sein. Klar, gibt es extrem viel, das er aufzuholen hat, aber er ist noch nicht so ganz bereit und andererseits hat er Zeit. Er hat nicht vor jemals wieder abzuhauen und sich nicht zu melden.

„Auf jeden Fall." Dass er extrem Angst hat andere Leute des Dorfes zu sehen, ignoriert er erstmal. Das hat er bei der Gedenkfeier überstanden, aber er hat trotzdem Panik. Denn das ging nur mit Harry an seiner Seite.

Er will Zeit mit seiner Familie verbringen. So viel wie möglich. Er wird es auskosten, dass er hier ist, wird wenn er geht immer wieder nach Hause kommen, er macht auf gar keinen Fall den gleichen Fehler nochmal.

„Okay cool." Phoebe lächelt zurück und dann kommt Daisy ins Zimmer und wirft sich auf Louis' andere Seite.

„Ich bin so müde", gähnt sie und lässt ihren Kopf gegen seine Schulter kippen.

„Daisy, es ist..." Er sieht auf seine Uhr. „Drei Uhr. Bist du gerade erst aufgestanden?"

„Hey, verurteil mich nicht, großer Bruder, ich hab halt mit Martin telefoniert." Sie holt ihr Handy aus der Hosentasche und beginnt in Rekordgeschwindigkeit darauf rumzutippen. Louis sieht fragend zu Phoebe, die grinst nur.

„Ihr bester Freund."

Louis nickt verstehend, wirft noch einen Blick zu Daisy und zurück zu Phoebe. Die verdreht die Augen. „Ja, die beiden sind wirklich nur Freunde."

„Okay, okay", sagt Louis und lächelt. Aber sein Herz geht auf, weil er seine Zwillinge so vermisst hat und die beiden zwar plötzlich so erwachsen, aber immer noch die gleichen sind. Und sie ihn gleich behandeln. Er ist ihr großer Bruder und er wird es immer sein. Und sie lieben ihn. Und das macht Louis wieder so emotional, dass er sich kurz über die Augen wischt. Natürlich fällt das beiden allerdings sofort auf, denn sie sind zwar Teenager an ihren Handys, aber sie kriegen alles um sich herum mit. Louis ist wirklich teilweise ziemlich beeindruckt von ihrem Multitasking.

Bevor er auch nur was sagen kann, haben sich von beiden Seiten Arme um seinen Hals geschlungen und er umarmt die beiden zurück, drückt sie um ihre Taillen eng an sich und schnieft leise.

„Wir lieben dich, Lou", flüstert Daisy und Phoebe drückt ihm einen Kuss auf die Wange und Louis schluchzt noch einmal kurz auf.

„Ich hab euch so vermisst", haucht er und die beiden drücken sich nur enger an ihn.

„Das wissen wir", sagt Phoebe. „Wir dich auch."

„Es tut mir so Leid", sagt Louis leise. „Das ich nicht hier war."

Phoebe uns Daisy werfen sich einen Blick zu und lächeln. „Du warst immer hier, Bruderherz."

„Einerseits natürlich in unseren Herzen", sagt Daisy grinsend und Phoebe steht auf.

„Und andererseits..." Sie geht zu ihrem Schrank, öffnet ihn und holt einen lebensgroßen Pappaufsteller von Louis heraus.

„Oh mein Gott." Louis weiß nicht ob er hysterisch lachen oder weinen soll. Also wird es erst eine Mischung aus beidem und dann vergräbt er sein Gesicht in seinen Händen und schließlich lacht er laut los und Phoebe und Daisy grinsen um die Wette. Louis hasst diese Pappaufsteller von sich, er findet sie extrem komisch, vor allem weil es ein Foto aus einer ganz komischen Perspektive ist, irgendwie so von oben herab, aber dass seine Schwestern einen haben ist irgendwie...er kann es gar nicht so richtig beschreiben.

Er steht nur vom Bett auf und zieht Daisy auch hoch, um beide wieder in eine enge Umarmung zu ziehen.

„Ich liebe euch", flüstert er in ihre Haare. „Ich liebe euch so sehr."

_____

Der Weihnachtsmarkt ist ziemlich voll, dafür dass in diesem Dorf nur so wenig Menschen wohnen. Das muss heißen, dass tatsächlich fast alle heute hier sind. Aber irgendwie war es auch schon immer so, Freitags haben sich alle auf einen Glühwein und zum Dorfgossip getroffen.

Louis' Herz schlägt schnell, aber er ignoriert das einfach und lächelt bei dem Bild, was sich ihm bietet. Die Zwillinge haben sich rechts und links bei Niall untergehakt und die drei lachen über irgendetwas.

Irgendwie ist ja auch Niall für sie wie ein Bruder.

Und auch das hat Louis ihnen genommen. Ihm tut sein Herz weh. Er legt seinen Arm um Lottie zu seiner rechten und sie greift lächelnd nach seiner Hand. Mark und Fizzy laufen hinter ihnen; sie würdigt Louis immer noch keines Blickes. Das ist fast schlimmer als die giftigen, die sie ihm vorher zugeworfen hat.

Tim ist auf Louis' anderer Seite, ruhig und fast wie ein Schatten, aber es gibt Louis so viel Stabilität, dass er hier ist. Er ist zwar fünf Jahre jünger, aber eigentlich wirklich einer von Louis' engsten Vertrauten. Einer seiner besten Freunde. Er ist wirklich froh, ihn zu haben.

Louis beißt sich auf die Lippe. Wenn er das aushalten will, braucht er dringend Alkohol. Und den gibt es auf einem Weihnachtsmarkt zum Glück zuhauf. Er zieht Lottie also mit sich zum ersten Glühweinstand, den er sieht (und auch dem einzigen. Der Markt nimmt zwar fast das ganze Dorf ein, aber das Dorf ist nun mal klein) und fragt sie ob sie auch einen will. Lottie grinst nur und nickt und als Louis aufatmend merkt, dass er absolut keinen Schimmer hat, wer der Junge hinter der Theke ist, geht es ihm ein kleines bisschen besser. Vielleicht gibt es ja doch zumindest ein paar Leute in diesem Ort, die nicht wissen, was genau er getan.

Er bestellt zwei Glühwein, sieht wie der Junge ihn und Lottie interessiert mustert, während er die Tassen befüllt und dann ertönt eine Stimme.

Natürlich.

„Johnny, my man!", ruft Zayn und Louis dreht seinen Kopf zu dem Schwarzhaarigen, der neben ihnen auftaucht und ihm einen Seitenblick zuwirft. Louis schluckt, wendet sich wieder ab und spürt wie Lottie ihm beruhigend die Hand drückt.

„Zayn!", freut sich auch der Junge und schlägt mit ihm ein.

„Alles gut verheilt?"

„Sicher doch." Johnny grinst und schiebt die beiden Tassen zu Louis.

„Acht Pfund mit Pfand", sagt er und Louis nickt und kramt ein paar Geldscheine heraus. Hinter Zayn kommt auch Harry auf sie zu, bei einer blonden Frau untergehakt. Die Eifersucht beißt in Louis' Nacken und er versucht sie irgendwie abzuschütteln. Sie hatten ja auch damals schon Freunde. Er war ja auch nicht eifersüchtig wenn Harry sich bei Niall untergehakt hat.

Aber damals hat Harry auch zu ihm gehört. Sie waren zusammen, waren verheiratet (und zwar nicht nur auf dem Papier). Und jetzt...jetzt hat er keinerlei Gewissheit. Außer dieses dumme Gefühl, weil Harry den Ring noch trägt.

„Okay, Jonny, drei Glühwein für uns bitte", sagt Zayn und als die Frau neben Harry ihre Arme von ihm löst und sie stattdessen um Zayn schlingt versteht Louis, dass das wohl seine Freundin ist. Und dass er aufhören sollte zu starren. Und dass Lottie ihre beiden Glühweintassen schon längst genommen hat und die beiden zurück zu den anderen sollten.

Als er gerade seinen Blick von Harry losreißen will, sieht der ihn aber plötzlich an und Louis' Herz macht einen Satz. Verdammt, es tut so weh, nicht mit ihm zusammen zu sein. Es ist so ungewohnt, Louis kennt es nicht.

Und er mag es nicht.

Er schluckt und lässt sich von Lottie am Arm zurück zu seiner Familie ziehen, im letzten Moment, bevor er wegguckt sieht er ein winziges Lächeln über Harrys Lippen huschen.

Phoebe, ihr Freund und Niall sind an einem Dosenwerfen Stand und versuchen irgendwas zu gewinnen, Daisy steht zusammen mit Fizzy und Tim, wie Louis überrascht feststellt, ein paar Meter daneben und unterhält sich mit ihnen.

Mark lächelt Lottie und Louis zu, als die beiden sich zu ihm gesellen und miteinander anstoßen. Und nur ein paar Sekunden später kommt auch Harry zu ihnen, begrüßt alle, winkt auch Louis' Schwestern und Niall zu und obwohl Louis heute Morgen noch mit ihm geredet hat, ist er überfordert mit der Situation. Also trinkt er einfach etwas Glühwein, um sich abzulenken und nur einige Minuten später ist die erste Tasse leer.

Er geht sich einen neuen holen und als er zurück zu den anderen geht stehen auch Zayns Freundin und Tim bei ihnen. Zayn selber ist jetzt bei Fizzy und auch Gemma, wie Louis überrascht feststellt. Daisy ist nicht mehr bei ihnen, deshalb ist das dann jetzt wohl der Wir-hassen-Louis-Club. Er zieht die Schultern hoch und trinkt noch einen Schluck.

Dann spürt er Harrys Blick auf sich und als er hochzieht sieht Harry nur weg und trinkt selber was.

Lottie verwickelt Louis und Tim dann in eine Unterhaltung, Mark verabschiedet sich irgendwann schon, Daisy stellt ihm Martin vor (sehr netter Typ, aber die beiden werden definitiv irgendwann heiraten), Phoebe ihren Freund (auch sehr netter Typ und ihm scheint sehr viel an ihr zu liegen, Louis findet das in Ordnung) und dann ist er irgendwann auch mit Niall auf dem Kinderkarussell und merkt nur ab und zu die giftigen Blicke von ein paar Menschen. Und er verbringt Zeit mit Harry. Unterhält sich ein bisschen über belanglose Themen und lacht mit ihm und es tut ihm so unfassbar gut.

Währenddessen trinkt er aber immer mehr Glühwein und irgendwann scheint es wohl zu viel gewesen sein, denn er merkt, wie er wirklich Wasser braucht.

Aber es ist gerade leichter und er denkt nicht so viel nach und er verbringt Zeit mit Harry, ohne dass es wehtut und als er irgendwann sagt, dass er noch einen Glühwein will schüttelt Harry den Kopf und schiebt Louis sanft vor sich.

„Nein, wir beide gehen jetzt nach Hause, du brauchst Wasser und Schlaf."

Und Louis hört nur nach Hause und ein seliges Lächeln legt sich auf seine Lippen und er nickt einfach und verabschiedet sich von Niall (der sagt, dass sie Cliff bei ihm lassen sollen, er bringt ihn später mit) und seinen Schwestern und auch von Gigi (Zayns Freundin), die wirklich nett zu sein scheint, anders als er erwartet hat, weil Zayn ihn wirklich immer noch sehr abweisend behandelt. Genauso wie Fizzy und Gemma.

Er hat allerdings deutlich weniger Tuscheln über ihn gehört als erwartet. Er zählt das einfach als gut.

Und dann laufen Harry und Louis zusammen zu Harrys Haus und Louis ist durcheinander und wie in Watte gepackt durch den Alkohol und er kann Harrys Geruch wahrnehmen und er will ihn einfach nur küssen und umarmen und nie wieder gehen lassen. Verdammt, er merkt wie schwierig es für ihn ist und wie der Alkohol langsam den Effekt verliert, er hätte doch auf ein neues Glas bestehen sollen.

Als sie das Haus erreichen und Harry die Tür aufmacht, krallt sich Louis in seinen Mantel, weil er einerseits seine Balance nicht so ganz unter Kontrolle hat und keine Lust hat die Veranda runterzufallen und weil er andererseits einfach den Alkohol als Ausrede nehmen kann, Harry zu berühren. Und er muss jede Ausrede nutzen, die er nutzen kann.

Sie gehen rein und eine Welle von Sehnsucht und Vergangenheit trifft Louis wie ein Schlag in den Magen und er ist zurückerinnert an all die Nächte in denen sie betrunken ins Haus, die Treppe hoch ins Schlafzimmer gestolpert sind. Als Harry ihn noch geliebt hat.

Als er alles für ihn war. Harry schält sich aus seinem Schal und Mantel und verschwindet dann kurz in der Küche und während Louis auch seine Schuhe abstreift und die Jacke sogar aufhängt hört er den Wasserhahn laufen. Kurz darauf kommt Harry zurück und gibt Louis ein Glas Wasser. Louis will weinen, weil Harry sich um ihn kümmert, aber er reißt sich zusammen und verdammt nochmal, er hat in den letzten Tagen echt genug geweint. Er hat keine Lust mehr.

Er trinkt das Glas aus, Harry bringt es in die Küche und dann kommt er zurück und schiebt Louis ins Wohnzimmer. Louis dreht sich zu ihm um und greift nach seiner Hand. Er weiß nicht was über ihn gekommen ist, aber er kann sich nicht beherrschen, er musste Harry berühren, musste ihre Finger irgendwie miteinander verhaken und er kann seinen Herzschlag in seinen Ohren hören.

Er sieht verzweifelt auf, Harry sieht ihn überfordert an, sein Blick fliegt über Louis' ganzes Gesicht als würde er etwas suchen, er schluckt.

„Harry", bringt Louis leise hervor und Harry holt zitternd Luft und erwidert den Druck um Louis' Finger.

Er tritt einen kleinen Schritt näher, einen klitzekleinen, kaum wirklich, aber Louis kriegt trotzdem keine Luft. Alles an ihm ist überfordert, aber auf die gute Art. Er braucht Harry so sehr.

„Lou", haucht Harry und Louis stirbt für zwei Sekunden. Kurz schließt er die Augen, aber er macht sie wieder auf, um Harry ansehen zu können, seine wunderschönen grünen Augen, seinen verwirrten, aber irgendwie auch entschlossenen Gesichtsausdruck, seine weiche Haut, seine dunklen Wimpern, seine Locken.

Bestimmt eine Minute stehen die beiden einfach nur da und sehen sich an. Dann holt Louis tief Luft, einen Blick auf Harrys Hand, dann zurück in sein Gesicht. Er kann es nicht nicht fragen. Er weiß, dass es wieder alles verschlimmern könnte, aber es geht nicht anders. Sein Gehirn schreit ihn an es zu tun, um es endlich zu wissen und sein Herz schreit mit. Mit einem hoffnungsvollen Unterton.

„Harry?" Louis schluckt. „Wieso trägst du den Ring noch?"

Harrys Gesichtsausdruck ändert sich und er sieht Louis einige Sekunden nur an. Kurz denkt Louis, dass Harry es gar nicht weiß. Dass ihm gar nicht bewusst ist, dass er ihren Ehering trägt. Dass er einfach vergessen hat ihn abzunehmen und er es nicht gemerkt hat.

Aber dann fliegt Harrys Blick zu ihren vereinten Händen und er zuckt kaum merklich mit einer Schulter. „Wieso hast du unseren Jahrestag tätowiert?", stellt er die Gegenfrage und darauf war Louis nicht vorbereitet.

Absolut nicht.

„Uhm." Er schluckt und blinzelt. „Das äh...das war meine Nummer bei-"

„Lass den Bullshit, Louis", sagt Harry und entzieht ihm seine Hand. „Das kannst du deinen Fans erzählen. Nicht mir."

„Ich...", beginnt Louis überfordert. „Ich weiß es nicht", sagt er dann leise und Harry seufzt und lässt sich aufs Sofa fallen.

„Hast du jemals darüber nachgedacht...wie es mir ging?", fragt Harry. „Bei unserer..." Er malt Anführungszeichen in die Luft. „Trennung."

Louis schluckt. Denn ja, natürlich hat er immer an Harry gedacht und er wusste, dass er ihm wehgetan hat und vermutlich das Herz gebrochen und es tat ihm ja selber immer weh, Harry verlassen zu haben.

Aber so richtig über Harrys Situation nachgedacht...das hat er nicht.

„Louis, ich hatte nie das Gefühl, dass du mich trennungsmäßig verlassen hast", fängt Harry an und seufzt. „Für mich hat es sich angefühlt als wäre ich ein Witwer." Er dreht den Ring an seinem Finger und sieht Louis nicht an. „Ich meine, ich hab mit deiner Familie um dich geweint, ich war von einem auf den anderen Tag alleine in unserem Haus, ich...ich meine, wir haben uns ja nicht mal gestritten. Also halt nur so wie es für Paare gesund ist. Du warst einfach nur so todestraurig und dann warst du weg. Ohne Erklärung, ohne irgendwas. Normale Trennungen enden nicht so, dass man der Familie seines ‚Ex-Partners'" Harry setzt das Wort in Anführungszeichen. „Noch näher steht. Dass man mit ihnen Feste feiert, dass sie versuchen dich zu verkuppeln und du da sitzt, deinen Ehering drehst und sagst ‚Ich bin noch nicht bereit'. Das ist keine Trennung, Louis."

Harry versucht ruhig zu atmen und sieht zu Louis auf. „Ich meine, du hast ja nicht mal versucht dich von mir scheiden zu lassen."

Louis weiß nicht, was er sagen soll. Harry redet weiter.

„Manchmal hab ich es mir wirklich gewünscht, weißt du? Dass du mir Scheidungspapiere schickst. Aus deiner Scheiß Stadt der Engel. Damit ich wenigstens sehe, dass es für dich wirklich eine Trennung ist. Damit ich vielleicht ein bisschen mit dir abschließen kann, auch wenn ich wusste, dass es nichts bringen würde. Aber es kam nie was." Harry schluckt.

„Mein Mann war einfach..." Er holt tief Luft. „Einfach nicht mehr da."

Louis lässt sich vorsichtig neben Harry aufs Sofa fallen.

„Harry, ich-"

„Nein." Harry steht auf und wirft Louis noch einen letzten Blick zu. „Du bist betrunken, wir sollten beide schlafen gehen. Lass mich bis morgen in Ruhe. Bitte." Das letzte Wort kommt fast flehend über seine Lippen, dann flieht er aus dem Wohnzimmer und lässt Louis mal wieder alleine auf der Couch zurück.

Louis fühlt sich absolut nicht mehr betrunken. So schnell ist er noch nie ausgenüchtert.

Das einzige was er sehen kann ist das Bild von Harrys wässrigen Augen, als er gerade abgehauen ist. Louis konnte es noch nie sehen, dass Harry weint. Schon als die beiden noch Kleinkinder waren hat Louis jede einzelne Verletzung die Harry hatte besser gemacht und ihn so lange umarmt, bis er aufgehört hat zu weinen. Er war immer sein Beschützer. Immer für ihn da, hat sich immer um ihn gekümmert.

Vielleicht konnte er deswegen Harrys Hilfe nicht annehmen. Er weiß, dass er das hätte tun sollen. Weiß, dass Harry sich eigentlich immer schon genauso um ihn gekümmert hat. Es ist ihm nur aufgefallen und als es dann so wichtig war, ist Louis gegangen.

Zu wissen, dass Harry ein paar Meter über ihm vielleicht gerade in Cliffords Fell weint zerreißt ihn.

Aber er kann nichts tun.

Harry will ihn nicht sehen.

Also geht er einfach schlafen.

Und als Niall einige Stunden später die Treppe hoch ins Gästezimmer geht, aber vorher einen kurzen Blick auf Louis wirft wird ihm schwer ums Herz.

Louis umarmt eins der Sofakissen genauso wie er schon als Teenager Harry umarmt hat.

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