[92] It's a sign of the times
19. Dezember 2019
Nervös strich ich meine schwitzigen Hände an der Jeans ab. Nachdem Eleanor ins Krankenhaus gekommen war, hatten wir zwar öfter telefoniert und hatten gleich nachgefragt, ob alles gut verlaufen war. Trotzdem ließ der Gedanke, gleich die ganze Familie anzutreffen, eine unerklärliche Nervosität in mir aufkommen. Doch obwohl mir ganz schwindelig vor Aufregung war, freute ich mich schon seit unserer Vereinbarung auf diesen Tag.
Ich sah den schmalen, Schnee bedeckten Weg hinunter, der zu Louis' Haus führte. Da hier der Schnee im Gegensatz zu dem Vorgarten mit verschiedensten Schuhabdrücken gekennzeichnet war, schienen die anderen Jungs schon vor mir angekommen zu sein. Bei unserer Verspätung war das aber auch nicht verwunderlich.
Mein Blick wanderte weiter zum Haus und blieb schließlich bei Freddies Laufrad hängen, welches an der Hauswand lehnte. Doch war das nicht der einzige Beweis dafür, dass in diesem Haus Kinder lebten. Denn neben dem Laufrad stand ein fremder Doppelkinderwagen, der augenblicklich ein Grinsen über meine Lippen huschen ließ.
Ich atmete noch einmal tief durch, dann nahm ich Hailee an die Hand und schlug gemeinsam mit ihr den Weg zur Haustür ein.
„Na dann wollen wir die beiden mal kennenlernen", meinte ich an Hailee gewandt, die mindestens genauso aufgeregt war.
Schließlich drückte ich die Klingel und sah erwartungsvoll zur Tür, als auch schon Stimmen und Schritte ertönten. Kurze Zeit später wurde die Tür schwungvoll geöffnet und Louis' Gesicht strahlte mir entgegen.
„Niall, Hailee!", rief er erfreut. Ich konnte sofort in seinem Gesicht erkennen, dass er in letzter Zeit ziemlich wenig Schlaf abbekommen haben musste. Dunkle Schatten zeichneten sich unter seinen Augen ab und er wirkte blasser als sonst. Dennoch strahlten seine blauen Augen vor Glück.
„Wo sind die zwei denn?", fragte ich nach und wurde immer hibbeliger.
„Sie schlafen gerade, aber wir können gleich mal nach oben gehen", antwortete Louis, ehe Hailee und ich unsere Mäntel verstauten und durch den Flur in den Wohnbereich traten.
Ein Jahr war es her, dass ich diesen Gang hinunter gelaufen war, um mit den anderen das Comeback zu besprechen.
Und nun merkte ich immer mehr, wie viel sich verändert hatte.
Nicht nur der Kinderwagen war dazu gekommen, sondern auch Fotos. Zu den Bildern von Louis, Eleanor und Freddie waren weitere Bilderrahmen aufgehängt worden.
Eleanor, wie sie ihre Tochter und ihren Sohn im Arm hielt, völlig erschöpft, aber unendlich glücklich. Und Louis, der neben ihr saß und behutsam über die winzige Hand seines Jungen strich.
Ich lächelte in mich hinein. Doch bevor ich meine Aufmerksamkeit auf weitere eingerahmte Fotos lenken konnte, erreichten wir bereits das Wohnzimmer.
Mein Blick schweifte herüber zu dem Sofa. Liam, Harry und Aiden saßen beisammen, unterhielten sich und schauten nun zu uns auf.
Es war ein eigenartiges Gefühl zu wissen, dass ich vor einem Jahr noch nicht einmal von Aidens Existenz gewusst hatte, während er heute so selbstverständlich neben den anderen saß.
„Warum seid ihr denn so spät?", grinste Liam und verschränkte seine Hände vor der Brust.
„Dieses Mal ist Hailee Schuld", entgegnete ich und fing mir so einen empörten Blick von der Seite ein. Da sie jedoch nichts zu erwidern hatte, beließ sie es dabei.
„Jetzt möchte ich aber echt die Kleinen sehen!", rief ich ungeduldig und sah Louis flehend an.
Er lachte und bedeutete mir ihm zu folgen. Doch da kam Eleanor auf einmal die Treppe herunter gelaufen und meinte: „Sie sind gerade eingeschlafen"
„Wir sind ganz leise" , versprach Louis ernst, während ich Eleanor musterte. Zuvor war es komisch gewesen sie mit dicken Bauch zu sehen, nun schien fast etwas zu fehlen.
Ähnlich wie ihr Freund sah sie ebenfalls ziemlich erledigt aus. Doch das war wohl jede Mutter, wenn alles noch so neu war und die Kinder vierundzwanzig Stunden am Tag eine Aufsicht brauchten.
Eleanor seufzte und deutete zur Treppe. Dann kam sie auf Hailee zu, die sie sofort in die Arme nahm und sie vermutlich nun mit hundertden Fragen bombardierte. Ich war mir sicher, dass sie sie besser beantworten konnte, als ich es nur mit dem Hintergrundwissen von Louis' Telefonaten gekonnt hatte.
Vor dem Schlafzimmer kamen Louis und ich zum Stehen und hielten kurz inne. Dann öffnete er ganz leise die Tür, wodurch ein kleiner Lichtstrahl in das Zimmer fiel. Die Fenster waren abgedunkelt, sodass bis auf das Licht vom Flur alles andere dunkel war.
Es hatte sich einiges geändert im Schlafzimmer. Besonders das Beistellbett und das Babyphone auf dem Nachtisch fielen mir sofort ins Auge. Langsam trat ich näher. Es schien als würde ich die Luft anhalten.
Das Flurlicht reichte aus, um das Bett zu erhellen und die zwei kleinen Gesichter zu erkennen zu geben.
Dicht nebeneinander liegend schliefen die Zwillinge tief und fest, die Ärmchen über sich zu einem U geformt.
„Süß", entfuhr es mir leise, während ich eine Weile einfach nur Louis' Kinder betrachtete.
Dann wanderte mein Blick zu den bunten Schildern, auf welchen die Namen Johanna Jane Tomlinson und Tommy Edward Tomlinson mit Schnörkelschrift geschrieben standen.
Als ich erfahren hatte, dass Louis seine Tochter nach seiner verstorbenen Mutter benannt hatte, waren Tränen in meine Augen gestiegen. So wie damals, als er Two of us heraus grbracht hatte.
Wieder begannen meine Augen zu brennen, während ich das Schild betrachtete. Das war eine mutige und liebevolle Geste gewesen und noch dazu war es schön zu wissen, dass es immer weiter ging.
Denn obwohl Johanna und Tommy ihre Großmutter nie kennenlernen würden, trugen sie sie so immer bei sich.
Ein Lächeln schlich sich über meine Lippen, als ich Tommys Namen erneut betrachtete. Edward als Zweitname kam mir sehr wohl bekannt vor.
Und vermutlich hatten die Fans recht: Harry Edward Styles war sehr wohl mit Louis verbunden. Aber nicht auf sexuelle oder romantische Ebene.
Nein, zwischen ihnen hatte schon immer eine Verbindung geherrscht, die nicht in Worte zu fassen war. Eine, die Liam und ich nicht verstanden.
Und eine, die sie vermutlich nicht einmal selbst begriffen. Dennoch war ihre Freundschaft so stark, dass Louis seinen Sohn nach seinem besten Freund benannt hatte und diese Tatsache ließ ein Schmunzeln über meine Lippen huschen.
Da bemerkte ich plötzlich, wie Louis sich mit dem Handrücken über die Nase wischte.
„Euer Dad muss schon wieder wegen euch weinen", schmunzelte ich und sah von Johanna und Tommy zu Louis.
„Wie soll das erst beim Laufen lernen, der Einschulung oder der Hochzeit werden?", ich konnte mir nur mit Mühe ein Auflachen unterdrücken, welches die beiden womöglich geweckt hätte.
„Hör bloß auf", flüsterte Louis und legte seine Hände auf den Rand des kleinen Bettes ab. „Ich sehe ja durch Freddie wie schnell die Kinder groß werden"
„Apropos Freddie", fiel es mir auf einmal ein. Ich deutete auf das Stofftier, welches neben Johannas zärtlichen Arm lag. „Ist das nicht Kevin?"
„Ja", grinste Louis und folgte meinen Blick zu der Taube. „Freddie war letztens hier und hat seine Stiefgeschwister zum ersten Mal gesehen. Er hat zwar mehrmals betont, dass Kevin nur zum Leihen hier bleiben würde, doch ich bin froh, dass er so langsam das Teilen lernt"
„Oh man, du hast einfach schon drei Kinder" Ich schüttelte fassungslos den Kopf.
„Sieht ganz so aus", schmunzelte Louis und sah erneut in das Bett zu den kleinen Menschen. Ihnen stand die ganze Welt noch offen, sie konnten so viele Wege einschlagen und lebten behütet bei ihren Eltern. Kaum zu glauben, dass jeder auf dieser Welt so angefangen hatte.
Eine Weile herrschte Stille, dann sagte ich schließlich: „Du bist ein guter Vater, Louis"
Nachdem wir die Tür leise wieder verschlossen hatten, machten wir uns auf den Weg nach unten zu den anderen. Mein Lächeln wollte nicht mehr von meinen Lippen verschwinden und auch der Rest der Truppe war bei bester Laune.
Wir lachten, führten verschiedenste Gespräche und begannen erst jetzt richtig zu realisieren, dass wir doch tatsächlich zusammen auf Tour gewesen waren.
All die Eindrücke schwebten zwischen uns in Louis' Wohnzimmer, an dem Ort, an dem wir vor einen Jahr angestoßen hatten. Damals, als noch keine weiße Kinderwiege neben dem Sofa gestanden hatte, als Hailee und Aiden noch nicht in unserer Mitte gesessen hatten und als alles noch ganz anders war.
Veränderungen waren ein schwieriges Thema. Zayn war der beste Beweis dafür, aber manchmal waren sie eben auch notwendig, um einen die Augen zu öffnen.
„Niall", sagte Hailee auf einmal und ließ mich von dem Teppich aufsehen. „Ich habe mich nie richtig bedankt"
„Wofür?", fragte ich nach und sah sie fragend an, während die Stimmen der anderen gedämpft mein Ohr erreichten.
„Dafür, dass du mich damals nicht einfach zurück auf die Straße gesetzt hast und du mir verziehen hast und dafür, dass du mich erträgst, obwohl ich so verdammt kompliziert bin"
„Wer ist denn bitte nicht kompliziert?", fragte ich nach und strich ihr eine Haarsträhne hinter das Ohr.
„Du auf jeden Fall nicht", schmunzelte Hailee, ehe ich leise lachend meine Hand in ihren Nacken legte und ihr einen liebevollen Kuss gab.
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