Kapitel 3.
Der Montagmorgen verlief schrecklich. In der Schule wurde ich ununterbrochen angestarrt und ich konnte nirgendwo vorbeilaufen, ohne dass Schüler die Köpfe zusammensteckten und tuschelten. Überall galt ich als die Freundin von dem verschwundenen Mädchen und ich hatte bereits die Schlimmsten Szenarien gehört. Von Vergewaltigung über Drogenmissbrauch bis hin zu Mord. Mir reichte es langsam.
„Vielleicht wurde sie ja von einem afrikanischen Zuhälter geschnappt und verschleppt", hörte ich jemanden in Kunst sagen. Die zwei Mädchen saßen direkt hinter mir. Natürlich mussten Liz Lorencs und Hanna Benson ihren Senf dazugeben. Das taten sie immer. Umso schlimmer die Situation war, umso mehr freuten sie sich. „So, wie ich Rosalie kenne, ist sie vielleicht auch freiwillig mitgekommen, wenn er ihr eine Zukunft, als Star versprochen hat." Beide lachten leise.
Irgendwann konnte ich es mir nicht mehr anhören. Beinahe hätte ich den Tisch umgeworfen, so hastig sprang ich auf und stürmte aus dem Klassenzimmer, deren schallendes Gelächter immer noch in meinen Ohren. Schwer atmend lehnte ich mich gegen die Spinde in dem langen Flur.
Wann würde dieser Albtraum endlich enden? Das konnte doch nicht real sein. Das durfte es nicht. Ein Schluchzen durchschüttelte mich und ich wischte hastig meine Tränen weg. Versuchte mir vorzustellen, wie Rosalie neben mir stand, sachte auf meine Schulter klopfte und über die beiden Miststücke herzog. Die Tür zu meinem Klassenzimmer ging auf und Noah schaute sich suchend um. Als er mich entdecke, zögerte er nicht, überwand den Abstand zwischen uns mit großen Schritten und nahm mich in den Arm. Ich erwiderte seine Umarmung zögerlich, doch das veranlasste ihn nur, mich fester an sich zu drücken. „Ich habe solche Angst um sie", flüsterte ich gegen seine Schulter. „Ich weiß. Ich auch, Iva."
„Sie fehlt mir so schrecklich. Alles ist anders seit sie weg ist."
Noah ließ von mir ab und wechselte mit seinen Rehaugen zwischen meinen, seine schmalen Lippen zu einem dünnen Strich zusammengepresst. „Alles wird gut. Sie wird zurückkommen, wir dürfen nur nicht aufhören zu hoffen", redete er auf mich ein, aber es klang eher, als müsse er sich selbst überzeugen. „Ich hoffe du hast Recht, Noah", sagte ich leise und lehnte mich wieder gegen seine Schulter. Als es plötzlich klingelte, sprangen wie aufgeschreckt auseinander. Unsere Schule war eine brodelnde Gerüchteküche. Wenn nur gesehen wurde, wie sich zwei länger als zwei Minuten unterhielten wurde ihnen eine Affäre nachgesagt und so war man schneller eine Schlampe, als dass man bis drei Zählen konnte. Ich warf Noah ein tapferes Lächeln zu, dann eilte ich zurück in die Klasse und holte meinen Rucksack.
Hanna und Liz kamen mir gerade entgegen und grinsten mich hämisch an. „Musste die kleine Ivi ein wenig Trost auf der Toilette suchen, weil sie sonst keine Freunde hat, wenn ihre Anführerin anschaffen ist", höhnte Hanna und ich erstarrte. Langsam drehte ich mich um und funkelte sie an. Ihre blonden Locken wippten, als sie schallend loslachte.
„Wie könnt ihr nur so etwas sagen?", zischte ich. Nicht der beste Comeback, aber immerhin. Ich verteidigte mich einmal oder besser gesagt, ich verteidigte Rose, wenn sie sich nicht selbst verteidigen konnte. „Wie wir so etwas sagen können? Ganz einfach wir bewegen unsere Lippen. Im Gegensatz zu dir können wir das. Und deine Freundin ganz sicher auch, aber wie ich sie kenne nicht nur zum Reden."
Ich wusste nicht, wie ich dazu kam so etwas zu tun, aber ohne richtig nachzudenken schlug ich Hanna mit zusammengeballter Hand mitten ins Gesicht. Geschockt taumelte sie zu Boden und blieb mit einer Hand vor ihrer Nase liegen.
„Sag mal, bist du irre?", kreischte Liz und beugte sich zu ihrer Freundin. Mr Laden, der am anderen Ende an seinem Schreibtisch gehockt und von all dem nichts mitbekommen hatte, war aufgesprungen und hechtete zu uns.
Ich selbst hielt mir die Hand vor den Mund und konnte mich nicht bewegen. „Iva, was fällt dir ein?", fragte mein Lehrer geschockt und entfernte Hannas Hand von ihrer Nase. Sie blutete. Und das ziemlich stark.
„Sie...Sie hat...Sie hat Rose beleidigt", erwiderte ich mit zitternder Stimme.
„Sie sollte aufhören."
„Aber Gewalt ist doch keine Lösung", antwortete Mr. Laden und half ihr auf.
„Du bist so eine verrückte Bitch, weißt du das?", schimpfte Hanna.
„Hey! Schluss jetzt! Ihr Beide! Ab zum Rektor!"
Da saß ich nun und konnte mir eine Standpauke von Direktor Alban anhören.
„Du hast nie gewalttätig auf mich gewirkt, was hat dazu geführt?", fragte sie und sah mich mit verschränkten Armen an.
„Meine beste Freundin ist verschwunden", murmelte ich. „Ich weiß nicht, ob Sie es bemerkt haben."
„Pf, Dramaqueen", hörte ich Hanna flüstern, aber Ms Alban brachte sie mit einem strengen Blick zum schweigen.
„Ich weiß und ich kann nachvollziehen, dass du besorgt bist und dich das mitnimmt, aber das ist kein Grund, um auf deine Mitschüler loszugehen."
Wütend sprang ich auf. Hörte hier denn niemand, was ich sagte?
„Sie hat Rose beleidigt und sie ist nicht die Einzige. Ich höre nur wie sie vergewaltigt wurde oder jetzt irgendwo als Hure arbeitet! Diese Schule ist ein einziges Mobbingebäude und Sie machen immer die Augen zu und singen Kumbaja!"
Meine Direktorin war ebenfalls aufgesprungen und stützte sich mit den Händen wütend auf den Schreibtisch. „Setzten Sie sich wieder", zischte sie leise und ich ließ mich zurück au meinen Stuhl sinken.
„Ich werde jetzt Ihre Mutter anrufen. Hanna, Sie können gehen." Hanna warf mir nur ein siegessicheres Lächeln zu, schulterte ihre Tasche und verließ das Büro.
„Aber das ist nicht fair!", widersprach ich. „Das Leben ist nicht fair", erwiderte Ms Alban nur und legte den Hörer an ihr Ohr.
„Ja hallo, hier ist Schulleiterin Alban von der Portland High. Ich würde Sie bitten ihre Tochter abzuholen, sie ist auf eine Schülerin losgegangen und für den restlichen Tag suspendiert. Ich danke Ihnen." Mit offenem Mund starrte ich sie an. Suspendiert? Ich konnte es nicht fassen.
Ohne ein weiteres Wort stand ich auf und verließ den Raum. Vor der Schule setzte ich mich auf die Treppe und wartete zähneknirschend auf meine Mutter.
„Was hast du dir nur dabei gedacht?", fragte sie ernst, als ich zu ihr ins Auto stieg und die Tür zuknallen ließ. „Sie haben Rosalie beleidigt. Ich hatte meine Gründe Mom, können wir einfach fahren", brummte ich. Meine Mutter fuhr los, jedoch schwieg sie nicht lange. „Ich weiß, es ist schwer für dich, aber du kannst nicht durch die Schule rennen und Leute verprügeln."
Ich schnaubte. „Ich habe niemanden verprügelt, sondern ihr einen verdienten Kinnhaken gegeben und mich und Rose verteidigt. Von mir aus hätte sie mich auf die restliche Woche suspendieren können. Oder solange, bis Rose wieder da ist."
Beleidigt verschenkte ich die Arme vor der Brust. Meine Mutter warf mir einen kurzen Blick zu und seufzte schließlich. Die restliche Fahrt verlief schweigend und vor unserem Haus angekommen stapfte ich sofort zur Tür, ohne auf sie zu warten. Ich schloss auf, warf meinen Rucksack in den Flur und ließ mich auf die Couch fallen, um den Fernseher anzuschalten.
„Seit einer Woche wird die siebzehnjährige Rosalie Thompson aus Washougal, Washington vermisst. Laut ihren Eltern verließ sie Sonntag gegen neun Uhr das Haus und kehrte nicht zurück. Sie trug zuletzt einen pinken Pullover mit einer grauen Hose und einer schwarzen Lederjacke."
Es wurde ein Bild von ihr neben dem Reporter eingeblendet. Ich kannte es aus ihrem Wohnzimmer, es stand dort auf dem Kamin. Darauf stand sie an einen Baum gelehnt, die blonden Haare glatt über ihre Schultern und mit einem Lächeln auf dem Gesicht.
Der Nachrichtensprecher sah kurz auf seine Unterlagen, bevor er weitersprach:" Falls sie dieses Mädchen irgendwo sehen oder gesehen haben, melden Sie dies bitte unverzüglich der Polizei. Und jetzt weiter zum Wetter..."
Ich schaute Mom an, welche im Türrahmen gelehnt stand und immer noch auf den Bildschirm starrte.
„Ich...", fing sie an doch verstummte wieder. „Ich gehe hoch in mein Büro und arbeitete noch ein bisschen. Erledige du erst deine Hausaufgaben, bevor du weiter fern siehst."
Ich antwortete nicht, sondern scrollte auf meinem Handy durch Rose's Social Media. Manche hatten unter ihre Bilder geschrieben „Wo bist du?" andere jedoch auch „Wir vermissen dich". Bisher hatte sich noch keiner getraut öffentlich für alle etwas Negatives zu schreiben.
Zögernd wechselte ich zu unserem Chat. Meine Nachrichten hatten immer noch nur einen Haken.
Langsam tippte ich einen weiteren Satz in mein Handy und schickte ihn ab.
„Bitte komm zurück, ich fühle mich so allein."
Plötzlich erreichte ich eine weitere Nachricht. Von Noah.
_____
Hallo, ich bin momentan voll im Schreibefieber.
Habt ihr mein neues Cover schon gesehen ich feiere es Mega es ist von @unmenschlich.
Im Anhang ist Mena suvari, sie ist meine Rose und ich finde sie passt perfekt ^.^
Meinungen interessieren mich sehr und helfen immer weiter also stets her damit ;P
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top