Mein Wecker klingelt. Ich schlage drauf und drehe mich mit einem Grunzen auf die andere Seite. Ich hasse Montage. Der Wecker klingelt wieder. Ich schlage wieder drauf. Der Wecker fällt auf den Boden und macht noch mehr Radau. Irgendwo im Haus poltert etwas anderes auf den Boden. In der Küche fängt meine Mutter an zu fluchen.

An Schlaf ist nicht mehr zu denken, deshalb setze ich mich auf und gähne erstmal ausgiebig. Ich fühle mich so gut wie schon lange nicht mehr. Obwohl ich früh aufstehen muss. Dabei ist nicht mal wirklich Montag, es ist Mittwoch. Anscheinend bin ich noch so sehr Schülerin, dass früh aufstehen automatisch Montag bedeutet. Aber ich werde nicht zur Schule gehen, sondern zum Arzt. Schaudernd lasse ich mich wieder auf das Bett fallen. Ich habe Arztbesuche schon immer gehasst und so gut es ging vermieden. Und heute geht es mir doch gut. Ich könnte einfach zu Hause bleiben.

Als hätte es meine Gedanken erahnt piept mein Handy. Louisa: ''Wehe du gehst nicht hin! Ich weiß genau was du denkst!'' Sie hat meine Gedanken gelesen. Eindeutig. Aber ich weiß, dass sie Recht hat und deshalb erhebe ich mich endgültig aus dem Bett und gehe erstmal duschen. Das zumindest muss ich mir gönnen.

Obwohl ich nicht gefrühstückt habe, komme ich zu spät. Das ist nichts außergewöhnliches, aber da sowieso noch Leute warten diesmal auch nicht schlimm. Am Empfangstresen melde ich mich an, gebe meine Krankenkassenkarte ab und werde angewiesen, im Wartezimmer Platz zu nehmen. Dort spielen ein paar Kinder und einige ältere Leute sitzen daneben und beäugen sie kritisch. Eine der älteren Damen hat sich allerdings einfach mit zu den Kindern auf den Boden gesetzt und spielt mit. Sie ist die einzige Person über fünf Jahren, die vergnügt aussieht.

Als ich reingerufen werde, bin ich fast schon wieder eingeschlafen. Eine Arzthelferin führt mich in den Nebenraum und nimmt mir erst mal Blut ab. ''Wann haben Sie das letzte Mal gegessen?'', fragt sie mich. ''Gestern Abend, wieso?'' ''Wir bestimmen auch den Blutzucker, da müssen wir das wissen'' erklärt sie mir und führt mich dann in noch einen anderen Raum. ''Warten sie bitte kurz, Dr. Desse kommt gleich''.

Die Ärztin kommt erst etwa eine halbe Stunde später. In dieser Zeit werde ich von Louisa mit etwa 100 Nachrichten à la ''Und, was sagt sie'' bombardiert, die ich ignoriere. Ich habe sie ja noch nicht mal gesehen. Aber schließlich taucht Dr. Desse doch noch auf. Sie befragt mich erstmal gründlich, um herauszufinden warum ich überhaupt da bin. Sie hat ja Recht damit, dass ich vollkommen gesund wirke. Ich bin ja auch gesund. Aber nachdem ich ihr erzählt habe, dass ich schon seit einem Jahr immer wieder wegen leichten Erkältungen zwei Wochen im Bett liege und dass das Ganze mit der schweren Grippe vor etwas mehr als einem Jahr begann, wirkt sie doch besorgt. Sie fragt mich noch ein paar Sachen über die Grippe, was ich da genau für Symptome hatte und so, und untersucht mich dann gründlich.Es sind nur die üblichen Untersuchungen, die man schon von Kindheit auf kennt, aber trotzdem bin ich nervös. Wie gesagt, ich hasse Ärzte.

Nach der Untersuchung sieht die Ärztin fast noch besorgter aus. ''Es sieht so aus, als wäre ihr Imunsystem geschwächt. Wir werden ihr Blut untersuchen, um herauszufinden woran das liegt. Wir informieren Sie, wenn wir genaueres wissen''. Ich erstarre. Das Imunsystem. Mir ist nur eine Krankheit bekannt, bei der das Imunsystem abstürzt.

''Sie meinen, ich habe AIDS?'' ''Es ist sehr unwahrscheinlich, dass eine Frau in ihrem Alter in Mitteleuropa mit HIV infiziert ist''. ''Aber es wäre möglich?'' ''Theoretisch, ja.''

Mein Handy piept wieder. Es ist Nick. 'Wollen wir uns heute Abend treffen?' Wir haben uns in der letzten Woche schon zweimal getroffen. Mein Finger schwebt über dem Ja. Aber heute würde er mich küssen. Was, wenn es doch AIDS ist? Daran ist Freddie gestorben. Panik ergreift mich. 'Nein', tippe ich.

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Eigentlich soll ab jetzt jeden Mittwoch ein Kapitel kommen. Aber da es ja schon vorbereitet ist manchmal auch  öfter. Das nächste kommt morgen.
- Elea