Abitur

Ich steige auf die Bühne. Die drei Stufen hinauf meine ich zu schweben. Ich denke an meine Mutter, wie sie mich gedrückt hat heute morgen. ''Ich bin so stolz auf dich'' hat sie geflüstert und eine Träne ist ihr über die Wange gelaufen. Ich habe sie an mich gedrückt und hätte fast auch geweint. Das Abitur bekommt man schließlich nur einmal im Leben.

Ich trete neben den Direktor. Er schüttelt mir die Hand, redet davon wie toll ich mich geschlagen habe. So wie bei allen anderen. ''Obwohl Amy im vergangenen Jahr aufgrund einer Krankheit fast einen Monat Schule verpasste, schaffte sie es alles aufzuholen und eines der besten Ergebnisse des Jahrgangs zu erzielen'' erklärt er gerade. Ich fühle mich unwohl. Nicht, weil er das erzählt hat oder so, sondern weil sie nicht da ist. Mama hat mir versprochen zu kommen, schon vor einem halben Jahr. Aber jetzt ist unter ihren Kollegen eine Krankheitswelle ausgebrochen und sie wird gebraucht. Als Krankenschwester kann sie sich nicht spontan freinehmen. Es ist einfach deshalb nicht möglich, weil man die Patienten nicht alleine lassen kann, und das weiß ich auch. Aber ich habe trotzdem bis zum letzten Augenblick gehofft, dass sie es schaffen würde mit jemandem Schicht zu tauschen und vorbeizukommen.

Noch einmal lasse ich meinen Blick über die Menge gleiten, aber sie ist nicht da. Nur mein Vater sitzt hinten in der letzten Reihe und sieht mich besorgt an. Er ist der einzige, den mein Lächeln nicht darüber hinwegtäuscht, dass ich nicht bei der Sache bin.

''Amy, ich wünsche Ihnen viel Glück auf ihrem weiteren Lebensweg'' höre ich den Direktor da gerade sagen. Ich reiße mich von meinem Vater los und antworte förmlich: ''Danke, Herr Jensen''. Er überreicht mir das Zeugnis und schüttelt mir noch einmal die Hand, dann mache ich mich wieder auf den Weg nach unten. Der nächste Name wird aufgerufen, nach Amy Carter kommt schon seit Jahren Louisa Dias. Schon seit dem Kindergarten kommen wir immer nacheinander dran. Im Gang auf dem Weg nach hinten kommt mir meine beste Freundin entgegen. Sanft berühre ich ihre Hand. ''Viel Glück'', murmele ich. Nicht, dass sie das jetzt noch brauchen würde. Sie hatte es geschafft, mit viel mehr Aufwand als ich und mit Hängen und Würgen, aber sie hat bestanden und würde als nächste ihr Zeugnis entgegennehmen. Ich setze mich hinten zu meinem Vater und zu Louisas Eltern, die direkt neben ihm sitzen, wie ich erst jetzt bemerke. Auch unsere Eltern sind schon ewig befreundet. Und Louisa und ich wollen ja nach unserem FSJ sogar in eine WG ziehen und zusammen studieren. Ich Medizintechnik, sie Geschichte. Ich hoffe mal, dass ihre Noten dazu reichen.

Der Direx fängt wieder seine Lobrede an, die für Louisa nicht ganz so üppig ausfällt wie für mich. Über ihre Noten verliert er nicht ein Wort, nur dass sie fleißig ist und sich immer bemüht. Relativ schnell verlässt sie die Bühne wieder und kommt zu mir nach hinten. Erst als sie sich neben mich fallen lässt, schlagen wir gleichzeitig unsere Zeugnisse auf. Natürlich kennen wir die Noten schon, aber dass hier ist besonders und wir hatten abgemacht, gleichzeitig zu schauen.

Ich starre ungläubig mein Zeugniss an. 1,5, so gut war ich noch nie gewesen. Doch dann lässt plötzlich Louisa neben mir einen Freudenschrei los. Ich starre sie an als sei sie verrückt geworden, und der halbe Saal tut das gleiche. ''Ich hab 3,1 geschafft, Amy'',flüstert sie mir aufgeregt zu. ''3,1, stell dir das mal vor!'' Die Blicke der Leute sind vergessen. Mit einem Quiken umarme ich Louisa. ''Wow'', flüstere ich. Das Leben kann beginnen.

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Ein ganz anderes Genre als ich bis jetzt geschrieben habe. Das Buch ist schon beendet und ich überarbeite nur bevor ich hochlade, trotzdem ist es spannend für mich. Hoffe es gefällt euch.
- Elea

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