Kapitel 47 - Amanda
Die darauffolgenden zwei Wochen vergingen sehr schnell, jedoch ohne einen Durchbruch. Während Caiden ausgewählte Mitarbeiter nach und nach unter die Lupe nahm, beschäftigte sich Daniel mit den Finanzberichten. Ich hingegen konnte den beiden an dieser Front nicht mehr helfen.
Samantha hatte sich einmal bei mir gemeldet und gefragt, ob ich Beweise für Caidens Verbrechen gefunden hätte. Natürlich musste ich verneinen und ihr verheimlichen, dass ich gar nicht versuchte zu beweisen, dass er hinter den fehlenden Spendengeldern steckte. Mehr als einmal hatte ich mich gefragt, ob ich Caiden von Samantha erzählen sollte, doch ich konnte es nicht. Der Schutz der Quelle war so fest in mir verankert, dass ich nicht nur Samantha, sondern auch mich selbst damit verraten würde. Zwar kam es mir noch immer seltsam vor, dass sie sich so auf Caiden fixiert hatte, doch das war mein Problem. Denn während die Männer bei TiWo alles auseinandernahmen, versuchte ich mehr über Samantha zu erfahren.
Leider hatte ich in den 14 Tagen nicht viel herausfinden können. Es gab viele Berichte über das Forschungszentrum, in denen auch immer wieder die Familie Murphy erwähnt wurde, Samantha selbst stand aber nie im Fokus der Medien. Auch gab es nur Gerüchte darüber, warum Samantha einen Gehörschaden hatte. Diese reichten von Drogenkonsum in der Schwangerschaft, über Probleme bei der Geburt, bis hin zu einem Autounfall. Mehrmals hatte ich frustriert den Laptop in den letzten Tagen zugeklappt. So sehr ich meine Arbeit auch schätzte. In solchen Momenten verstand ich, warum Journalisten und Reporter oft nicht gemocht wurden.
Leider hatte auch Isaac noch keine guten Neuigkeiten für uns gehabt. Der Freund, den er ansprechen wollte, hatte einen sehr großen Auftrag in Manchester angenommen. Deshalb hatte dieser noch nicht die Zeit gehabt, einen Blick auf die Sicherheit bei TiWo zu werfen. Isaac hatte uns aber versprochen, sich zu melden, sobald sein Freund wieder in London war. Was hoffentlich nicht mehr allzu lange dauern würde.
Und inzwischen all diesem Chaos versuchten Caiden und ich uns näher kennenzulernen. Es war schwierig sich in einem hübschen Restaurant entspannt zu unterhalten, wenn einen gerade so viele Probleme beschäftigten. Ich hatte Verständnis dafür, dass gerade jetzt die Stiftung an erster Stelle stand. Es zeigte mir auch, wie wichtig sie Caiden war. Nicht, dass ich noch Zweifel gehabt hätte, aber es war einfach schön, zu wissen, was für ein wunderbarer Mensch er war. Denn trotz der ganzen Schwierigkeiten verbrachte Caiden viel Zeit mit mir. Und wenn er sich nicht mit mir treffen konnte, schrieb er mir oder wir telefonierten eine Weile.
Während Caiden versuchte, seinen Namen reinzuwaschen, bevor er überhaupt offiziell beschuldigt wurde, schrieb ich weiter an meinen Artikeln. Die Geschichte mit Senator Cadiz rutschte immer weiter in den Hintergrund. Ich war wieder vollkommen zu meinen Geschichten aus dem Alltag zurückgekehrt und hatte bereits ein paar neue Interviews geführt und weitere vereinbart. Zumindest in der Hinsicht konnte ich nicht glücklicher sein. Heute wurde endlich Charlies Artikel veröffentlicht. Nachdem Oliver und ich uns eine Weile darüber gestritten hatten, ob ich die Identität von LAIENCHORE preisgeben sollte, oder nicht, hatte er klein beigegeben und mir zugestimmt, dass es für den Artikel keine Rolle spielte. Ich hatte erfolgreich verheimlicht, wer Charlie war und vor allem, wessen Vater er war. Das erste Mal hatte sich Oliver bei mir deswegen gemeldet, als ich mit Caiden und Isaac gesprochen hatte. Danach hatte er es eine Woche lang weiter versucht. Fast, als ob er ahnte, dass ich etwas Wichtiges verbarg.
Caiden hatte mich dazu nicht noch einmal angesprochen. Ich konnte nicht sagen, ob er es vergessen hatte, oder es für ihn einfach nicht wichtig war, aber ich wollte die Sprache auch nicht nochmal auf dieses Thema lenken. Daniel hatte sich in den letzten Tagen wirklich freundlich mir gegenüber verhalten. Caiden und ich hatten bei einem gemeinsamen Telefonat mit ihm sogar gelacht. Was ich als einen sehr großen Fortschritt ansah. Daher wartete ich nun nur darauf, dass Daniel mir den Kopf abreißen würde, wenn er von dem Artikel erfuhr. Vor allem, da er mir sicherlich nicht glauben würde, dass ich wirklich nicht mehr an die Verbindung zwischen Caiden und Charlie gedacht hatte.
Mein Gedankenstrom riss ab, als die U-Bahn stehenblieb und ich erkannte, dass ich aussteigen musste. Schnell stand ich auf, verließ die Bahn und machte mich auf den Weg zu TiWo, wo ich mich mit Caiden verabredet hatte. Wir wollten heute Abend ins Kino gehen und uns den neuen Marvel-Film ansehen. Ich hatte Caiden zwar gesagt, dass er sich so viel Zeit, wie er brauchte, für TiWo nehmen sollte, doch scheinbar hatte ich wirklich einen der guten Kerle erwischt. Trotz allem hatte Caiden mir immer wieder gezeigt, wie wichtig ich ihm war. Ein Kuss auf die Stirn, eine Umarmung von hinten oder Kuscheln auf dem Sofa bei ihm zuhause. Wann immer wir uns sahen, suchte Caiden meine Nähe. Während unserer Telefonate versicherte er mir mehrmals, wie sehr ich ihm fehlte. Es war ungewohnt für mich, einen Menschen um mich zu haben, der nicht genug Zeit mit mir verbringen konnte. Doch es war ein wahnsinnig gutes Gefühl.
Die Empfangsdame kannte mich mittlerweile auch, weshalb ich ihr nur kurz zuwinkte und sofort weiter zu den Aufzügen lief. Auf der Etage zu Caidens Büro angekommen, begrüßte ich kurz Caidens Sekretärin, die mich nicht ganz so gut leiden konnte, ging aber auch an ihr direkt vorbei. Ich konnte der Frau ihre Antipathie mir gegenüber nicht verdenken. Immerhin hatte ich bei meinem ersten Besuch für sehr viel Wirbel gesorgt.
Auf mein Klopfen folgte sofort ein herein und ich öffnete die Tür. Mein Blick fiel sofort auf Caiden. Er sah mich lächelnd an und stand von seinem Schreibtisch auf. „Schön, dass du hier bist", sagte er, kam mir entgegen und zog mich in seine Arme. Er gab mir einen keuschen Kuss auf die Lippen und löste sich an wieder von mir. Leise flüsterte er: „Jetzt geht es mir besser. Dich um mich zu haben, wirkt wahre Wunder." Ich strahlte Caiden an, runzelte dann aber die Stirn. „Ist etwas passiert?"
„Könnte man so sagen."
Überrascht lehnte ich mich nach links, um an Caiden vorbeisehen zu können. Daniel saß in einem Sessel und grüßte mich mit einem kurzen Handzeichen und knappen Nicken. „Ohje, das klingt nicht gut", erwiderte ich und sah zu Caiden. Dieser seufzte, nahm meine Hand und zog mich zum Schreibtisch. Ich setzte mich auf den zweiten Besuchersessel und Caiden nahm wieder auf seiner Seite Platz. Ich wandte mich an Daniel. „Hast du etwas herausgefunden? Konntest du feststellen, seit wann Spendengelder verschwinden?"
„Ja und nein."
Ich nickte. Daniels kryptischen Antworten war ich gewohnt. „Also was hast du dann herausgefunden?" Erheiterung blitze in seinen Augen auf. Er hatte wohl nicht damit gerechnet, dass ich seine Antwort verstehen würde. Er hatte etwas gefunden, nur nicht den Zeitpunkt, seit wann das Geld verschwand.
„Wer hat dir die Berichte gegeben Amanda?"
Die Frage traf mich aus heiterem Himmel. Keiner der beiden hatte bisher nochmal danach gefragt. Was hatte sich also geändert? „Du kennst meine Antwort darauf. Wieso willst du das wissen?"
„Weil die Berichte, die du bekommen hast, gefälscht sind."
„Sie sind was?", rief ich lauter als beabsichtigt.
„Wenn man diesen Zahlen glaubt, dann führen wirklich alle Wege zu Caiden", erklärte Daniel. Ich warf meinen Freund einen Blick zu, der mit seiner locker sitzenden Krawatte und den wirren, dunken Haaren ziemlich k.o. aussah.
„Dann lügen die Zahlen."
„Zahlen lügen nicht. Höchstens die Menschen, die sie erstellen. Da wir uns einig sind, dass Caiden nichts damit zu tun hat, habe ich mir von Caiden nochmal die Finanzberichte schicken lassen, die im Archiv liegen. Tja und die erzählen eine ganz andere Sprache."
„Und was erzählen sie?", fragte ich ungeduldig und sah zwischen den beiden hin und her.
„Sie sagen, dass in den letzten Jahren alle Spendengelder dort angekommen sind, wo sie hinsollten."
„Aber... Was bedeutet das?"
„So wie ich das sehe, wurden die Gelder das erste Mal etwa drei Monate vor Rogers Tod abgezweigt."
Das kam wirklich unerwartet und warf ganz neue Fragen auf. „Wieso genau zu diesem Zeitpunkt?"
„Das wissen wir nicht", sagte Caiden. Verwirrt und entsetzt sah ich ihn an. Ich hatte gehofft, dass die Zahlen einen Aufschluss darüber geben, wer hinter der ganzen Sache stecken könnte, aber das taten sie offensichtlich nicht. Andererseits, Daniel hatte gesagt, die alten Berichte waren gefälscht.
„Wieso sollte jemand die Berichte so frisieren, dass man glaubt, dass schon seit langem Geld hinterzogen wird?", fragte ich.
„Weil so die Zahlen zeigen, dass Caiden, seit er Rogers rechte Hand war, Geld in seine Taschen fließen ließ", erklärte Daniel. Ich wurde blass. Das bedeutete, dass Samantha mir absichtlich falsche Papiere gegeben hat, oder etwas nicht? Aber wieso sollte sie das tun? Ich sah zu Caiden. Was hatte sie gegen ihn?
Caiden stand auf, umrundete den Schreibtisch und ging neben mir in die Hocke. Er nahm meine Hand und strich sanft mit seinen Daumen über meine Fingerknöchel. „Amanda, ich bitte dich. Sag uns, wer dir die Berichte gegeben hat. Es ist offensichtlich, dass diese Person absichtlich den Verdacht auf mich lenken wollte." Das war es, oder doch nicht? Mir schwirrte der Kopf. Hilfesuchend, als könnte Caiden mir die Antworten auf all die Fragen in meinem Kopf geben, sah ich ihm in die Augen. Er sah mich ebenso bittend an. Wie nur, sollte ich jetzt herausfinden, was das Richtige war?
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Hallo alle zusammen,
zum Start ins neue Jahr möchte ich euch nur nochmal Gesundheit, Glück, Liebe, Erfolg, schöne Momente und ganz viele tolle Bücher zum Lesen wünschen! ;) Ich hoffe, ihr seid gut in 2021 gerutscht und startklar für ein (hoffentlich) gutes Jahr. Ich bin es auf jeden Fall.
Bis nächste Woche!
Ciao!
C.N.
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