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Der kühle Raum, in dem wir uns jetzt befinden, wird von grellen weißen Lampen beleuchtet. Die drei Wände, die ich von meiner Position aus sehen kann, werden von keiner Tür unterbrochen. Der unangenehme Geruch von Desinfektionsmittel und frischer Farbe dringt mir in die Nase. Ich sitze auf einem Stuhl, dessen harte Lehne in meinen Rücken schneidet. Die Metallriemen, die meine Arme an die Lehnen fesseln, schneiden meinen Händen das Blut ab und sie fangen langsam an zu kribbeln. Es ist unangenehm, aber ich kann meine Schmerzen gut verbergen - nach außen und auch vor mir selbst.
Torian scheint es schlechter zu gehen als mir. Oder er kann einfach keinen neutralen Gesichtsausdruck aufsetzten. Er presst die Lippen zusammen und verzieht seinen Mund vor Schmerzen. Aber er ist mir herzlich egal. Er hat uns in diese Situation gebracht, soll er doch selbst damit klar kommen. Das mag egoistisch klingen, und das ist es wahrscheinlich auch. Mitgefühl zählte noch nie zu meinen Stärken. Vielleicht hat mich Tod meines Vaters abgehärtet. Oder meine jahrelange Zeit als Agentin, in der ich immer wieder Menschen verletzt, gefoltert oder getötet habe.
Ich schaue nach links, dahin, wo Torian sitzt und starr geradeaus schaut. Eine Strähne seiner Schwarzen Haare ist ihm ins Gesicht gefallen, aber er beachtet sie nicht und starrt weiter die Wand an. Ich wende mich von ihm ab und muss mir auf die Lippe beißen, um ihm nicht die wüstesten Beleidigungen an den Kopf zu werfen, die ich kenne. Es kostet eine große Überwindungskraft, aber ich beherrsche mich. Anstatt ihn anzuschreien, gebe ich nur eine sarkastische Bemerkung von mir.
  „Und, steht auf der Wand eine geheime Botschaft, die uns hilft, hier raus zu kommen, oder was ist da so interessant?"
Er schaut mich nicht an, antwortet aber trotzdem.
  „Nein, aber ich denke nach."
  „Super. Geht's vielleicht noch genauer?"
  Jetzt dreht er seinen Kopf doch in meine Richtung und sieht mich eindringlich an. Mit angespannter Stimme sagt er:
  „Ich denke darüber nach, wie wir von hier entkommen können."
  Was hatte ich erwartet? Dass er über sein Leben nachdenkt? Vielleicht. Ich könnte mich mit seiner Antwort zufrieden geben, aber meine Wut auf ihn ist noch längst nicht verraucht.
  „Schön, dass du versuchst, uns zu retten, nachdem du uns voll in die Scheiße reingeritten hast", sage ich wütend, „ist unserem Genie denn auch schon eingefallen, wie das klappen soll?"
  Er schaut mich genervt an.
  „Meine Güte, du klingst wie ein Kleinkind! Es tut mir leid, okay? Ich weiß, dass ich Scheiße gebaut habe, aber dein Rumgezicke ändert auch nichts an unserer Situation!"
  Beschämt senke ich den Kopf. Das hat gesessen. Und ich weiß, dass er Recht hat. Meine schlechte Laune und Beschimpfungen gegenüber Torian werden uns hier nicht rausholen.

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