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Lien
Die Straßen wirken kahl. Weiß, grau, schwarz, keine Farben. So ist das Leben in Großstädten. Wer ist auf die bescheuerte Idee gekommen, dass kahle Farben jetzt modern sind? Ich wünsche ihm die Hölle auf Erden. Wozu sind Farben da, wenn sie nicht gesehen werden?
Die Menschen wirken undankbar. Keiner lächelt. Eine höhere Macht hat ihnen das Leben geschenkt und dennoch nimmt es jeder als selbstverständlich hin. Ich stehe in der Fußgängerzone und sehe dabei zu, wie die Menschen an mir vorbeieilen. Zeit haben sie doch im Überfluss, zumindest die meisten, aber niemand nimmt sich die Zeit, stehenzubleiben und hinzuschauen. Wieso denn Zeit verschwenden? Kann man überhaupt Zeit verschwenden? Macht man nicht immer etwas sinnvolles, auch wenn es nur nachdenken ist? Raum haben sie auch im Überfluss, aber lieber drängen sie sich dicht auf dicht in einen Laden, als auf das neueste Produkt zu verzichten.
Ich stehe hier, mit einem kleinen Lächeln auf meinem Gesicht. Es ist nicht echt, weil ich realisiert habe, wie trist das Leben doch ist, wie kahl die Straßen, wie undankbar die Menschen. Ich lächle trotzdem, weil ich anders sein will. Anders, als die Menschen, die keine Zeit verschwenden und den Raum nicht nutzen. Ich schaue in den Himmel, sehe eine Sternschnuppe vorbeiziehen und wünsche mir ein Lächeln. Eines, das von Herzen kommt, das Dankbarkeit über das großzügigste Geschenk von allen ausdrückt.
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Anastasia
Es ist kalt. Selbst unter der Decke und mit eingeschalteter Heizung. Nur weiß ich nicht mehr, ob es innere oder äußere Kälte ist. Tagein, tagaus dasselbe. Meine Geburtstagsgeschenke waren eigentlich alle toll, zwar nichts besonderes, aber das, was ich mir gewünscht hatte. Und er hat mir den Tag ruiniert, der eigentlich so schön sein sollte. Er hat mir heute erzählt, wieso er es macht. Mein ganzes Weltbild, meine ganze Realität hat sich verschoben. Ich weiß nicht mehr, was Wahrheit und Lüge ist. Ich müsste meine Eltern mit meinem neuen Wissen konfrontieren, aber ich will es nicht. Als ich heut' Morgen die Kerzen ausgepustet habe, ist mir nichts eingefallen, was ich mir wünschen könnte und jetzt ist es nicht besser. Was soll man sich auch wünschen, wenn einem nichts übrig bleibt als die Wahrheit? Wenn die bittere Wahrheit sowohl das ist, was man immer haben wollte, als auch das, was man nun hat und damit unglücklich ist.
Ich glaube, es ist leichter so weiterzuleben wie davor. Jetzt etwas Entscheidendes zu verändern, würde nur alles komplizierter machen. Wenn man die bittere Wahrheit nicht haben will, wieso nicht einfach mit der Lüge weiterleben? Mit dem alten Weltbild, der alten Realität. Wieso nicht? Weil es einen zerstört. Der Mensch besitzt eine von Natur aus gezeugte Neugier, das Wissen über die Wahrheit zerfrisst einen von innen heraus. Mich wird es nicht bekommen. Lieber gehe ich einen Schritt zurück, als einen vorwärts, wenn es mich absichert. Die Realität ist sowieso nichts für sensible Menschen. Und dann kommt mir die Idee für einen Wunsch, der mir gefehlt hat. Ich wünsche mir eine Realität, die für jeden schön ist, für jeden individuell perfekte Möglichkeiten bereithält, auch wenn sie nicht echt ist. Das Wissen über die Wahrheit soll einen nicht zerstören.
Hauptsache jeder ist glücklich.
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