Snow, Rain, Wind

Guerrilla - ATEEZ

"Yoongs?"

36.

Namjoons Finger tippten nervös gegen den warmen Blutbeutel in seinen Händen.

Bongo und Lord Maracuja schlichen dem Brünetten mehr oder weniger erfreut hinterher, ließen ihn nicht aus den Augen, während Namjoon langsam auf Yoongis Zimmer zusteuerte. Tief durchatmend rieb er sich mit einer Hand über seine Stirn, die andere hielt den aufgewärmten Beutel immer noch gegen sein Bein gedrückt. Es hatte mittlerweile angefangen zu schneien draußen. Yoongi war immer noch nicht aus seinem Zimmer gekommen und Namjoon machte sich etwas sorgen, dass es dem kleinen Vampir vielleicht zu kalt sei. Weshalb er ihn jetzt mit gewärmtem Blut und einem Friedensangebot überraschen wollte.

Seit sie heute morgen zusammen einkaufen gegangen waren - was er definitiv demnächst nicht mehr mit ihm tat - hatten die beiden nicht mehr wirklich miteinander gesprochen. Namjoon hatte ihn alleine gelassen, weil er dem Vampir etwas Zeit geben wollte um sich zu beruhigen und sich selbts klar zu werden, dass sein Verhalten absolut unangebracht und unmöglich vertretbar gewesen war. Yoongi war in sein Zimmer geschlichen, kleinlaut und irgendwie gekränkt wie Namjoon es bei ihm noch nie gesehen hatte, und war ihm anschließend nicht mehr unter die Augen getreten.

Mittlerweile war es spät am Nachmittag, draußen war alles dunkel und grau während eine Mischung aus Regen und Schnee zusammen mit Wind um das Haus heulte und so langsam machte sich Namjoon sorgen um das Wohlergehen seines Blutlings. Obwohl er alle Heizungen anhatte - in Yoongis Zimmer stand zudem auch immer noch ein elektrischer Heizkörper zur Verfügung - so war es doch etwas kühler als normalerweise im Haus. Und Yoongi tat sich immer noch unglaublich schwer mit Kälte. Sogar dick eingepackt vor die Tür zu treten war für ihn jedes Mal aufs Neue eine Challenge die öfters damit aufhielt, dass er sich wimmernd und zitternd an Namjoons warmen Körper klammerte. Nicht dass Namjoon etwas daran auszusetzen hätte.

Immer noch tief in Gedanken versunken kam der Mensch schließlich vor der Zimmertür des kleinen Blutsaugers zum Stehen. Sich einmal leise räuspernd hob er seine rechte Faust und klopfte sanft gegen die Holztür, bedacht nicht zu laut zu sein, um den Vampir nicht mit dem Geräusch zu überfordern. "Yoongs?", Namjoon senkte seine Stimme zu einem kaum hörbaren Flüstern. Er wusste, dass die spitzen Ohren Yoongis ihn trotzdem hören würden. Es blieb still im Zimmer. Genau wie erwartet schien Yoongi ihn also immer noch ignorieren zu wollen.

Tief seufzend legte Namjoon eine Hand auf die kühle Klinke, drückte langsam nieder. "Es tut mir leid, dass ich so streng zu dir gewesen bin, Kleiner. Aber du musst wissen, dass es Grenzen gibt. Wenn wir nächstes mal raus gehen, musst du mir versprechen-", Namjoon stockte, als die Zimmertür endlich aufschwang. Die Decke lag auf dem Boden. Der zerbissene Teppich fehlte. Das Fenster stand riesig auf. Namjoons Atem stieg in einer weißen Wolke vor ihm in die Luft.

Das Bett war leer.

Das Fenster stand auf. Und das Bett war leer.

Das Blut fiel mit einem dumpfen Klatschen zu Boden.

"YOONGI?!" Namjoon rannte auf das Bett zu. In einer hektischen Bewegung hatte er die Kissen von diesem gerissen, die unzählichen Kuscheldecken nach links und rechts geschoben. Sein Atem ging hektischer, zu schnell, zu laut. Gänsehaut breitete sich über seinem gesamten Körper aus. Eisige Finger tasteten an der kalten Matratze entlang. Das Bett blieb leer.

Im nächsten Moment war Namjoon bei Yoongis Fenster. Schnee plätscherte gemsicht mit Regen in das Zimmer, tropfte über die Fensterbank und schmolz unter Namjoons Pantoffeln. Ein Blitz zuckte über den stürmischen Himmel und Namjoons eigenens totenblasses Gesicht mit vor Angst wässrigen Augen wurde für eine Sekunde erhellt. Seine Finger umgriffen das Fensterbrett so heftig, dass das Holz gefährlich zu Quietschen anfing. Namjoon starrte vor sich in seinen dunklen Garten. Es war eiskalt. Es schneite. Yoongi war weg.

"YOONGI!" In einem Satz war Namjoon über den Fenstersims geklettert, hangelte sich den knappen Meter runter, welcher ihn von dem feuchten Gras in seinem eiskalten Gartem entfernte. Pure ungefilterte Angst überschwemmte seinen Körper, ließ seinen Kopf dröhnen. Seine Finger fühlten sich jetzt schon merkwürdig steif von der Kälte an und er war ein Mensch. Yoongi war kaltblütig. Ohne genug Schutz würde er dieses Wetter nicht überleben. 

Ein Bild von Yoongi zusammengekrümmt und leichenblass in seinem Garten kam ihm in den Kopf. Die roten Augen vor Panik geweitet, die krallenbesetzten Finger nach ihm ausgestreckt. Furcht überwältigte Namjoon mit einem Schlafg so heftig, dass er sich zusammenkrümmte und keuchend beide zitternde Knie umgriff um nicht umzufallen. Schnee peitschte nass und kalt um sein Gesicht, biss sich an seine entblößten Arme, rann an seiner Stirn hinunter. Unnachgiebig sickerte die Kälte durch seine Klamotten. Genauso unnachgiebig war sie auch mit seinem Blutling, seinem kleinen Vampir, seinem Yoongi. Namjoon würgte trocken bei dem Gedanken.

"YOONGI! YOONGI, WO BIST DU?!", schreiend versuchte Namjoon gegen den peitschenden Wind zu brüllen, welcher um seine Ohren schlug und ihm den Atem raubte. Zitternd und bebend rannte er durch seinen Garten auf die Straße zu, versuchte in dem matschigen, schlammverzierten Boden irgendwie vielleicht Fußspuren ausfündig zu machen. Schneidend kalter Regen versperrte ihm die Sicht, verhedderte sich in seinen Wimpern und rollte eiskalt an seinen blassen Wangen hinunter. "YOONGI! LIEBLING, BITTE ANTWORTE MIR!", seine Stimmbänder heulten gegen den Wind an, doch er war sich nicht sicher, ob man ihn hörte. Ein weiterer Blitzschlag gefolgt von lautem Donner. Namjoon rannte noch panischer. Noch schneller.

Seine durchnässten Pantoffeln klatschten gegen den nassen Asphalt, rutschten über halb geschmolzenen Schnee und eisigem Regen, verloren immer wieder kurz Halt, bevor er sich wieder gefasst bekam und weiter sprintete. Sein nasses Gesicht wurde mit jedem Donnerschlag entsetzter, verzog sich bei all Schneeflocke welche den Boden berührte. Er musste Yoongi finden. Jetzt sofort. Wie konnte er es nur zugelassen haben, dass sich der Blutling so grausam fühlte, dass er lieber bei diesem Wetter wegrennen würde, als bei Namjoon zu sein? War er wirklich so ein schlechter Hüter?

"YOONGS! BITTE, ICH FLEHE DICH AN, ANTWORTE MIR! WO BIST DU, BABY?!", Namjoon hielt beide bebenden Händeum seine eiskalten Lippen, versuchte vergeblich gegen den peitschenden Wind zu schreien. Er schluckte Regen und Schnee, rannte geradewegs weiter. Seine gesamte Sicht war verschwommen. Ob von Tränen oder Regen wusste er auch nicht. Sein Atem ging stoßweise. Zu schnell. Zu trocken. Er verlor einen Pantoffel im matschigen Gras am Ende des Asphalts.

"YOONGI!", Namjoon hustete trocken, seine Stimme krächzte. Verloren blieb er im heulenden Unwetter stehen, drehte sich nach allen Seiten um. Schnee peitschte ihm ins Gesicht, Regen klatschte gegen seine entblößten Arme. War der Vampir nun nach links oder rechts gelaufen?! Die Straße hoch? Oder doch runter? Wo würde Namjoon hingehen, wenn er ein Blutling sei? Eher nach oben in den Wald, oder runter in-

Das leiseste Wimmern.

Gegen das heisere Heulen der eiskalten Luft hätte Namjoon es fast nicht gehört. Mit dem Rauschen von Regen und seinem eigenen Puls in seinen Ohren grenzte es fast an ein Wunder, dass er es gehört hatte. Augenblicklich schnellte Namjoons Blick nach links. Ein Blitz zuckte über den Himmel. Und erleuchtete die kleine Bushaltestelle links am Straßenrand, in welcher ein zusammengekugelter Haufen lag, komplett an eine winddichte Mauer gepresst im kleinen gläsernen Häusschen.

Namjoon erkannte rote Augen. Sein Herz blieb im Stehen. In einem Satz war er über die Straße gerannt, kniete im nächsten Moment bereits vor der bebenden Gestalt. "Yoongi, oh mein fucking Gott", Namjoons Stimme zitterte, doch seine Hände waren sicher und schützend, als er in einer Bewegung seine Arme um den weinenden Vampir legte und diesen in einem Ruck an seine Brust presste. Komplett durchnässt und eiskalt klatschte der zerbissene Teppich an Namjoons Oberkörper, in welchem sich ein fast lebloser Yoongi befand. 

"Hörst du mich? Kannst du mir antworten?", der Mensch klang panisch, zu hell und zitternd. Yoongis flatternde Augenlider fielen ihm zu. Seine schmale Brust hob sich nur noch spärlich. Der Mund hing ihm offen. Langsam rutschte sein weißer Schopf nach hinten, entblößte einen fast bläulich verfärbten Hals.

Namjoon hatte keine Ahnung, wie er es hingekriegt hat Yoongi so schnell nach Hause zubringen. Ein Weg welcher ihn normalerweise gute zehn Minuten kostete hatte er hinter sich gelassen in weniger als fünf Minuten. Sein Gesicht tat weh, seine Finger bekam er nicht mehr gekrümmt und seine Haustür musste er fast aufbrechen, bevor er sich an seinen Ersatzschlüssel erinnerte. Und doch ließ sein Griff um den leblosen Körper in seinen Armen nie nach. 

Eine Hand hielt Yoongis viel zu kaltes - fast eiskalt wie der peitschende Schnee - Gesicht an seinen Nacken gepresst, die zweite umgriff seine Kniekehlen, damit er den Vampir seitlich an sich halten konnte. Yoongi bewegte sich nicht. Doch Namjoons Gehirn schien ihn mit genug Adrenalin für zwei zu bescheren. 

Die Tür fiel heftig hinter den beiden zu. Namjoon tropfte überall Regenwasser hin. Keuchend und heiser schluchzend - wann hatte er angefangen zu weinen? - rannte er durch sein Haus, hinterließ eine Spur von schlammigen nassen Fußspuren. Er hielt Yoongi immer noch umklammert als er mit seinem Fuß die Badezimmertür praktisch eintrat. Sein Körper fing erst an zu schmerzen und zu zittern und beben, als er sich endlich mit dem leblosen Vampir unter die Dusche gestellt bekam. Schlammverziert und durchnässt zwängte er sich mit dem Weißschopf in die kleine Kabine, immer noch mit dem Teppich um Yoongi gewickelt und all ihren Klamotten an. Er musste dreimal ansetzen, bevor seine zitternde Hand das Wasser angestellt bekam.

Kochend heißes Wasser fiel auf die beiden Männer nieder.

Rote Augen flogen offen, gefolgt von einem lauten Keuchen.

Und Namjoon brach mit Yoongi in den Armen zusammen.


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Ein wenig Drama, weil das Leben ist doch einfach so viel schöner, wenn man etwas Drama hat, nicht wahr? Hoffentlich geht es euch allen gut, vergesst nicht Wasser zu trinken und immer lieb danke und bitte zu sagen! Und jetzt, gute Nacht meine Kinder!

Bis dann und voten nicht vergessen, eure M&M's ;)

1635 Wörter



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