Déjà-Vu
A&W - Lana Del Rey
"Du warst schon immer genug."
77.
"Mr. Min? Sie haben Besuch."
Der Vampir blinzelte leicht die Augen offen, sah geradewegs in das unglaublich unamüsierte Gesicht seines Artztes. Die dünnen Haare und das von Falten gezierte Gesicht waren Yoongi mittlerweile mehr als bekannt, wo er diese doch vor fast einem Jahr wochenlang fast täglich gesehen hatte. Dr. Somchai Bho hatte sich nicht wirklich verändert seit dem letzten Mal als sich die beiden gesehen hatten. Damals war Yoongi erst frisch in seiner Verwandlung gewesen und war nicht undbedingt der pflegeleichteste Patient gewesen. Nicht als wäre er jetzt viel angenehmer.
Doch Yoongi hatte sich verändert. Auch wenn man es ihm auf den ersten Blick nicht ansehen würde. Anders als damals wurde er nicht griesgrämig und unzufrieden, als man ihm erzählte er hätte Besuch. Und anders als damals wurde sein Blick weicher, die Hände - jedenfalls die, die nicht gerade in einem dicken Gips steckte - fast sehnsüchtig nach vorne gestreckt, als sich die Tür öffnete und ein deutlich erschöpfter Kim Namjoon in den weißen Raum schritt. Yoongi überrollte das merkwürdige Gefühl eines Déjà-Vus, als er den dunklen Mantel um Namjoons Schultern ausmachte und schließlich hochsah in dessen besorgtes Gesicht.
"Baby", der geflüsterte Kosename war bereits genug, dass sich all die aufgestauten Emotionen in Yoongi in einem einzigen Moment aus ihm rauszwängten. Seine Lippe fing an zu beben und noch bevor Namjoon in einem Schritt die Distanz zu seinem Blutling überquert hatte, hatte dieser bereits angefangen lauthals zu Schluchzen. Heiße Tränen sprudelten nur so an seinen Wangen runter, tropften an seinem Kinn runter zu dem dicken Pflaster welches sein Genick zierte. Heiseres Schluchzen ließ ihn wiederholt hicksen und wimmern.
Namjoon ließ sich sofort neben seinem heulenden Blutling auf der schmalen Matratze des Krankenhausbettes nieder und schlang beide Arme um die bebende Gestalt des Jungen, versuchte seine Hand und das dick eingewinkelte Bein nicht zu berühren. Warm und sicher lagen seine großen Hände an Yoongis Rücken, strichen ihm zeitgleich über das im Nacken kurze Haar und über die zitternde Wirbelsäule. Yoongis Atem wurde nicht langsamer, sein Schniefen wurde bloß noch lauter während er sein Gesicht in Namjoons Nacken vergrub, beschämt und fast ängstlich.
"Ich hatte solche Angst um dich, Yoongi", die tiefe Stimme Namjoons klang etwas heiser, wenn er flüsterte, etwas dunkler. Jegliche Haare auf Yoongis Armen stellten sich auf und ein erneuter Schauder rieselte über seinen Körper, ließ ihn noch lauter weinen. Namjoons Stimme war so weich und zart - ein weiteres Zittern-, so umhüllend wie eine Umarmung oder eine warme Decke - und schon schnurrte Yoongi wieder wie eine Katze, hickste zeitgleich immernoch laut auf.
"Tu' mi' leid", wimmerte der Vampir, krallte sich so fest wie irgendmöglich in den dicken Mantel Namjoons, "Tut mi' leid!" Er lispelte und babbelte fast unverständlich, doch Namjoon hatte ihn schon immer besser verstanden als sonst irgendjemand. Der Mensch drückte ihn noch fester an sich, und erst da wurde Yoongi bewusst, dass Namjoon ebenfalls weinte. Seine Tränen - ebenso warm wie seine Hände - tropften über Yoongis Nacken, vermischten sich mit den kullernden Tränen des Blutlings. Und das Gefühl purer Schuld schnitt ihm praktisch die Luft ab.
Namjoons zitternden Finger hoben sich und verwischten bloß die nassen Tränen welche schon seit mehreren Minuten - vielleicht sogar Stunden, er war sich nicht mehr sicher - über Yoongis eiskalte Wangen kullerten. Sobald er dem Jungen übers feuchte Gesicht gerieben hatte fanden seine Hände sofort wieder Platz an Yoongis Hüfte, hielten den Vampir so fest an sich gedrückt wie es ihm menschlich möglich war, zerrten ihn mit aller Kraft gegen sich. Yoongi kuschelte sein Gesicht noch tiefer in Namjoons Nacken, atmete schluchzend ein.
"Ich-", ein weiteres heftiges Schluchzen, "Ich wollte dir- dir etwas schenken und es war so viel Geld! Wollte- Wollte doch bloß etwas Geld gewinnen für dich..." Namjoons Atem wurde ebenfalls hektisch, seine Hände griffen etwas fester als nötig nach der schmalen Taille seines Freundes. "Tu das nie wieder", Namjoon klang etwas heiser und verschnupft. Seine Stimme zitterte leicht. Etwas das Yoongi definitiv nicht von dem sonst so gefassten Brünetten gewohnt war. Der Vampir blieb stumm. Er wusste schlicht nicht was antworten.
"Du arbeitest für mich, Yoongi", Namjoons Stirn sank gegen Yoongis Nacken, "Wenn du mehr Geld willst- Warum fragst du mich nicht einfach nach einer Gehaltserhöhung? Ich- Denkst du ich würde mir jemals verzeihen, solltest du dich wegen meiner verletzen? Du hast dir bereits ein Bein und eine Hand gebrochen nur weil du mir etwas schenken wolltest. Ich bin nicht mehr wert als dein Leben, als deine Gesundheit, Baby. Niemals." Yoongis Augen wurden feucht und seine Wangen rot. Ein zitternder Atemstoß entkam dem kleinen Vampir. Heiße Schuld und allesumschlingende Scham fraßen sich durch sein Herz.
"Ich liebe dich, Min Yoongi. Ich liebe dich mehr als sonst irgendetwas auf dieser Welt und wenn du je wieder auf die Idee kommst deine eigene Gesundheit - dein Leben - aufs Spiel zu setzen, nur um mir etwas zu schenken, werde ich dich mindestens eine Woche lang nicht mehr anfassen. Und ich mein's Ernst." Und Namjoons warmer Mund mit seinen weichen Lippen drückte sich so sanft und doch so fest auf Yoongis Haar, dass diesem die hundertste Träne über die Wange kullerte. Namjoon liebte ihn. Kim Namjoon - der wohl perfektste Mensch auf der Welt - würde ihn dafür bestrafen sein eigenes Wohlergehen unter Namjoons Zufriedenheit zu reihen.
"Du- Du machts so viel für mich", Yoongis eigene Stimme wackelte heiser, "Ich- Ich wollte bloß etwas Geld um dir etwas zurückzugeben. Du bezahlst mich, lässt mich bei dir wohnen, liebst mich, und ich- ich geh bloß herum und mach dir das Leben schwerer." Yoongi spürte wie Spucke an seinem bebenden Kinn hinunterlief, sich im Stoff des Mantels verfing bie dem Gedanken daran was Namjoon alles für ihn opferte und wie wenig Yoongi ihm zurückgab. Schniefend strich sich der kleine Vampir über die Augen, kratzte sich ungewollt mit seinen zu langen Krallen.
"Machst du etwa fucking Witze?!", Namjoon löste sich komplett ungläubig von Yoongi, starrte diesen komplett verwirrt an. Yoongis Lippe bebte immer noch stetig während er aus riesigen Augen zu seinem Freund sah, welcher gerade geflucht hatte. Kim Namjoon fluchte nicht.
"Baby", heiße Finger legten sich um das aufgedunsene Gesicht des schluchzenden Blutlings, hielten dessen Gesicht fest, "Du machst so viel für mich. So, so vie. Du kochst für mich, weil du genau weißt, dass ich ohne dich nur Fast-Food essen würde. Du gehst mit Bongo spazieren, wenn ich mal wieder mit der Arbeit beschäftigt bin. Du kümmerst dich darum, dass mein Wäschestapel nicht einfach mal wieder umkippt, weil ich ein scheiß Idiot bin und es nicht hinkriege meine Wäsche ordentlich zu machen. Du bist es, der mich morgens rechtzeitig aufwacht um zur Arbeit zu gehen und du bist der Grund warum ich mich abends darauf freue wieder nach Hause zu kommen."
Namjoon lehnte seine Stirn gegen die kalte Stirn Yoongis, "Mein Leben ehe du zu mir kamst war leer, Yoongi. Komplett leer. Du gibst mir einen Grund zu leben. Jeden Tag aufzuwachen und zu wissen, dass ich dir dabei zusehen kann wie du malst, oder wie du viel zu komplizierte Gerichte nachkochst, oder irgendwelche Comics auf unserer Couch durchblätterst ist der einzige Grund, warum ich es überhaupt aus dem Bett schaffe." Yoongis Herz zog sich schmerzhaft zusammen, klopfte in seinen Ohren, laut und viel zu schnell.
"Du bist so wichtig, Darling. So gut, so perfekt. Du bist ein Geschenk. Und ich könnte niemals mehr von dir erwarten, Yoongi", immer noch tropften heiße Tränen an Namjoons Gesicht runter, glänzend und nass. Zögerlich hob Yoongi einen klauenbesetzten Daumen und strich zitternd einige nassen Tränen von Namjoons hübschem Gesicht. Namjoon dachte er sei ein Geschenk? Yoongi war noch niemals als Geschenk gesehen geworden. Normalerweise musste er sich anstrengen um auch nur akzeptiert zu werden. Es war ihm nie in den Kopf gekommen, dass Namjoon vielleicht gar nichts im Gegenzug erwartete.
"Ich... Ich bin genug?", Yoongi konnte nichts daran ändern, dass er so hoffnungsvoll klang. Min Yoongi war noch nie genug gewesen. Man hatte ihn noch nie so sehr gewollt, dass man für ihn morgens aufstand. Für ihn abends von der Arbeit wieder nach Hause kam. Doch Namjoon, dieser Engel mit einem Herzen aus Gold, drückte den bebenden Vampir bloß noch näher an sich, küsste seine Augenbraue und nickte leise weinend gegen seinen Kopf. "Natürlich bist du genug, mein Liebling", wisperte der Mensch heiser, "Du warst schon immer genug."
Und das nächste Schluchzen aus Yoongis Kehle war so befreit, so glücklich, so erleichtert, dass es ihn fast nach vorne drückte, ihn komplett überwältigte. Er war genug. Er musste Namjoon nichts zurückgeben. Yoongi war genug. Namjoon dachte Yoongi war genug.
"Ich liebe dich, Namjoon. So sehr."
"Ich liebe dich viel mehr, Baby."
Und Yoongi glaubte ihm.
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Hey, meine Kinder. Diese Story ist so gut wie vorüber, nur noch ein kleines Kapitel und dann geht es offiziell mit unserem nächsten Buch 'Financial Concerns' weiter wo wir uns natürlich alle wiedersehen werden, nicht? Hoffentlich hat euch dieses bittersüße Kapitel gut gefallen und gute Nacht an euch alle! Mel und ich gehen morgen zusammen Schlittschuhlaufen, also wäre es wahrscheinlich gut, wenn ich demnächt auch mal schlafen gehe, haha. Man sieht sich!
Bis dann und voten nicht vergessen, eure M&M's ;)
1539 Wörter
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