Intermezzo bei S&B
In der S&B Coin Dreamer Zentrale London kam sich Frank Sutton nach all der verlorenen Zeit vor wie ein Fremdkörper.
Dem Wachpersonal war ihr Chef noch gut bekannt. Frank erwirkte, dass man ihm zwei unbefristet ausgestellte Multi- Pässe zur persönlichen Verwendung übergab. Hier gab Frank vor, diese Ausweise mit elektronischer Signatur für sich selbst und seine Krankenschwester zu benötigen- nur für den Fall, dass er nur mit medizinischer Betreuung seine Arbeiten in der Firma wiederaufnehmen könne.
Ein Mann des Wachpersonals mit Namen Max schien Frank Sutton wohl entweder sehr verpflichtet, oder aber hörig zu sein. Der andere Mann der Security schien eher zurückhaltend und reserviert.
Frank Sutton strich die Ausweise ein und bat Melina, ihm zum Fahrstuhl hin zu folgen.
Das Gebäude wirkte sehr modern und war mit ansprechenden Möbeln ausgestattet.
Während der gläserne Fahrstuhl nach oben in die Chefetage hinauffuhr, grüßte Frank Sutton einen seiner Mitarbeiter, der freundlich lächelnd winkte.
„Einer unserer Grafik- Designer. Ein richtig guter Mann. James heißt er. Er ist schon seit den Anfängen bei uns."
Melina Hargraves gewann den Eindruck, dass Frank Sutton wohl augenscheinlich bei einigen Leuten bekannt, ja richtig beliebt zu sein schien.
„Kennst Du hier alle deiner Leute?", fragte Melina.
„Zumindest ein Paar davon. Wir haben uns so explosionsartig entwickelt und vergrößert- ab einem Zeitpunkt kannst du nicht mehr alle kennen. Hier sind wohl, ich glaube, knapp 250 Leute mittlerweile in den Abteilungen der Firma."
Der Fahrstuhl stoppte und öffnete mit einer sanften Bewegung die Tür zu einem breiten Korridor, von welchem mehrere Büros abzweigten.
Im hinteren Bereich war ein gesonderter Bereich mit fünf Büros, welcher durch eine Glasfront räumlich vom Rest des Flurs abgetrennt war.
Zwei junge Sekretärinnen tummelten sich dort hinter einem Tresen- artigen Schreibtisch.
Als Frank mit Melina im Schlepptau dorthin ging, sprang eine der hübschen Frauen auf, legte ihr Head-Set beiseite und kam durch die automatische Glastür sofort heraus.
„Frank!", sprach die Schönheit mit einem bezaubernden Lächeln und sanfter Stimme. „Och. Das tut soooo gut, dass Du mal wieder da bist."
„Hallo Monica. Du siehst- wie immer- bezaubernd aus. Ist Jemand da?"
Franks Kopfbewegung war eindeutig. Der Blick ging zum Büro von Benjamin Brown.
„Er sitzt jetzt nicht mehr dort. Mister Brown hat sich das Büro von Peter Bellamy genommen. Vorübergehend, wie er sagt."
Die Sekretärin beugte sich ganz nahe an Frank Suttons Ohr- so nah, dass es sogar schon für Melina nach sehr enger Vertrautheit aussah.
Dann hauchte sie Frank auch noch geflüsterte Worte ins Ohr. „Aber das glaubt schon fast niemand mehr hier."
Dann nahm sich die Sekretärin Monica wieder respektvoll zurück und wahrte Distanz, wie man es eigentlich erwartet hätte. „Aber er ist unterwegs. Du hast also Glück, es sei denn, Du wolltest mit ihm sprechen."
„Eigentlich muss ich ins Büro- in mein Büro. Ist es offen?"
„Selbstverständlich. Ich erwarte jeden Tag, dass Du wiedererscheinst. Ich schließe früh auf und abends ab bei Dir."
Frank sah zu der anderen Sekretärin. Frank brauchte nicht fragen, Monica schien seine Überraschung zu sehen.
„Cindy? Ja meine Verstärkung. Mister Browns persönliche Sekretärin."
Cindy meldete sich sofort zu Wort. „Hallo Herr Sutton."
Franks Blick fiel auf Monica zurück, die ein Auge zukniff.
„Du kannst sofort in dein Büro. Da ist kaum etwas verändert. Da liegt noch Post für Dich, aber die schicke ich Dir wie immer nach Chatham."
Monica musterte Melina kurz von oben bis unten, als Melina Frank in das Büro folgte. Dann schloss die Sekretärin ungefragt hinter Beiden die Tür.
Frank ging an seinen Schreibtisch und er suchte in den Tiefen seiner Schubladen einige Sachen.
Melina genoss den unvergleichlichen Blick auf die Themse und den hier überblickbaren Teil von Londons City.
„Wow. Das ist mal ein Ausblick.", gestand Melina ein.
„Nicht wahr? Ich erfreue mich auch daran- besser erfreute mich daran. Vor dieser Geschichte."
Melina ging das Verhalten von der Sekretärin durch den Kopf. Sie wollte dazu jedenfalls nicht unbedingt in Schweigen verharren.
„Diese Monica? Ist sie Deine 'Privatsekretärin'?"
Frank musste schmunzeln.
„So wie Du es sagst, klingt es ja schon fast anrüchig. Geradezu anstößig. Nein. Monica ist hier für die gesamte Chefetage da. Die gute Seele, könnte man sagen. Ihr vertraue ich zu dreihundert Prozent. Monica ist über jeden Verdacht erhaben. Peter hat sie immer als unsere 'Göttin' bezeichnet. Ich hatte manchmal Angst, dass sie meine Gedanken lesen kann. Denn wenn Du ein Telefonat hattest, dass brachte sie sofort die Ablagen zum Gesprächspartner oder die letzten Unterlagen über Verhandlungen ungefragt auf den Tisch. Ach übrigens- Monica ist verheiratet und hat zwei Kinder. Eine glückliche Ehefrau und Mutter- auch wenn man es ihr in keiner Weise ansieht.", erklärte Frank, während er weiter in den Fächer herumkramte. „Und vollkommen loyal."
Melani runzelte die Stirn. Das war unerwartet. Diese Monica schien eher an Frank Interesse zu zeigen. Dem war dann wohl weniger so.
„Ah hier. Wusste ich es doch. Da ist ja das kleine Stück."
Frank Sutton hatte, was er gesucht hatte.
„Was ist das?"
„Ein Tracker. Peter hat auch so einen. Und das Gute daran- diese unnützen Dinger haben eine extrem lange Laufzeit. Der Akku hält gefühlt ewig."
„Okay?" Melina klang zweifelnd.
Es klopfte kurz, dann kam Monica in den Raum.
„Ben ist im Anmarsch. Alarmstufe gelb, er ist unten im Foyer. Habe es nebenbei am Bildschirm gesehen."
„Danke. Du bist ein Schatz."
„Ich weiß."
„Aber vielleicht spreche ich doch noch einmal kurz mit ihm."
„Du bist der Boss!"
Melina und Frank folgten Monica aus Franks Büro. Beide warteten kurz am Tresen, bis Benjamin Brown aus dem Fahrstuhl heraustrat und zum Glasbau kam.
Benjamin Brown schien wenig überrascht. „Frank! Schön, dass Du mal wieder reinschaust!" Er öffnete weit seine Arme und umarmte Frank Sutton kurz, aber augenscheinlich herzlich. „Willst Du wieder einsteigen?"
„Noch nicht. Ich brauche wohl noch eine Weile, wie mein medizinischer Beistand mir rät."
Frank zeigte hierbei auf Melina.
„Darf ich vorstellen? Melina Hargraves. Meine Krankenschwester. Und mein Draht zum Klinikum, sollten sich Probleme bei mir aufzeigen."
Benjamin Brown musterte Melina- befand sie wohl als attraktiv in seinen Augen, wenn man dem Augenzwinkern zu Frank Aufmerksamkeit schenkte.
„Also Frank. Was treibt Dich her? Hast Du die Verträge unterzeichnet? Felicia hat ja mit dir gesprochen, oder?"
„Ja. Hat sie. Ich bin da noch am überlegen, was für mich das Beste ist. Aber ich wollte die Chance nutzen, um dir zu sagen, dass ich mich wieder an die Neuversion gesetzt habe, damit wir da vorankommen.", heuchelte Frank glaubwürdig.
„Klasse. Super. So kenne ich Dich. Immer am Ball, damit die Kugel weiter rollt. Hier arbeiten auch einige Leute am Programm. Vielleicht könnt ihr Euch alsbald mal austauschen. Das wäre für das Fortkommen bestimmt hilfreich. Du hast immer die besten Ideen gehabt."
„Gibt es sonst was Neues oder Erwähnenswertes?"
„Eigentlich nicht. Ich sorge schon dafür, dass der Laden läuft. Neue Investoren- neue Verträge. Mit Indien haben wir noch so einige Probleme, aber die bekommen wir auch schon irgendwann in naher Zukunft."
„Cool."
„Und sonst so? Privat, meine ich?" Benjamin Brown musterte Melina erneut.
„Nichts Neues. Unverändert ungebunden. Wo keine Gelegenheit ist, kann man ja nicht angeln gehen, oder?"
„Du sagst es. Meine Worte, alter Freund."
Frank sah zu Melina.
„Gut. Ich muss dann mal wieder. Ich habe gleich einen Untersuchungstermin, wollte nur mal Hallo sagen."
„Also? Hallo!", gab Benjamin Brown zurück. „Reisende soll man nicht aufhalten, stimmt's? Aber Frank, ganz wichtig: Bring die Sache mit der Neuversion irgendwie zeitnah ins Rollen. Wir müssen da ein bisschen pushen, sonst rennen uns einige Kunden weg. Marktreife vor dem Weihnachtsgeschäft wäre hier das allerbeste, was uns passieren könnte. Und wenn Du es für richtig hältst, befasse Dich bitte auch einmal mit den Verträgen. Ich denke, das wäre für die Firma das Beste, wenn wir es so unkompliziert wie möglich lösen."
Melina wurde von Frank zum Ausgang von Bens Büro gedrängt.
„Mach ich. Ich bekomme das schon hin. Schwester? Können wir dann?"
Melina bemerkte, dass Frank augenscheinlich vor Benjamin Brown auf die Distanz- Option setzte. Sie spielte mit.
„Bitte, Herr Sutton. Wir müssen jetzt wirklich los, um den Termin zu halten. Ich werde die Klinik von unterwegs informieren, dass wir im Verkehr stecken geblieben sind und uns nur leicht verspäten."
„Vielen Dank Schwester. Heute geht es aber wirklich irgendwie schlecht. Es ist wohl alles noch zu anstrengend.", flunkerte Frank Sutton.
„Nein Herr Sutton. Bitte reden sie sich das nicht wieder ein. Wir haben doch schon so gute Fortschritte gemacht."
Im Gehen aus dem Büro winkte Frank noch einmal Benjamin Brown zu, bevor er die Tür hinter sich schloss.
Mit gesenktem, eingezogenen Kopf ging Frank Sutton an den zwei Sekretärinnen vorbei zum Fahrstuhl. „Auf Wiedersehen, die Damen."
Monica löste sich vom Pult.
„Warten Sie Herr Sutton. Ich rufe Ihnen den Fahrstuhl."
Auch Monica beherrschte das Distanz- Spiel, wie es den Anschein hatte.
Der Fahrstuhl kam und Frank und Melina gingen hinein.
„Dankeschön", flüsterte Frank noch seiner Sekretärin Monica zu.
„Für Dich doch immer. Das weißt Du doch. Ich melde mich.", flüsterte die Sekretärin zurück und kniff verschmitzt ein Auge zu, bevor sie sich wieder auf den Rückweg zu ihrem Platz hinter den Glastüren machte.
Nun ging es abwärts.
„Nur noch bis zum Auto, Melina. Benjamin Wird in jedem Fall oben an den Bildschirmen stehen und sehen wollen, wie ich das Objekt verlasse. Wir reden dann später, Okay?", bat Frank um Verständnis.
„Ist Okay. Also bis zum Auto."
Ein augenscheinlich gebrochener Mann verließ die Firma- im Beisein einer Krankenschwester. Für den nichtwissenden Beobachter war dies jedenfalls der sich darstellende Eindruck.
Herr Singh hatte als Fahrer gewartet und fuhr den Wagen vor die Eingangstür.
Ein einsetzender Nieselregen in typisch englischer Manier verstärkte die Trauer dieses vermeintlichen schweren Abganges.
Benjamin Brown stand hinter den beiden Sekretärinnen am Pult und bestaunte die Situation mit Blick auf einen der Bildschirme, der den Bereich vor der Firma aufzeigte.
„Und Monica? Hat er noch etwas gesagt? Wie lange war er schon da?", fragte Benjamin Brown.
„Er hat nicht viel gesagt. Er hat sich gefreut, dass sein Büro offen war und er sich setzen konnte. Seine Post will Frank auch weiterhin nach Hause haben. Du bist ja auch gleich nach ihm gekommen. Er war noch nicht lange da. Hattet ihr einen Termin? Bei Cindy war nichts eingetragen?"
Monica schauspielerte sehr gut.
„Nein. Hatten wir nicht. Ein spontaner Zufall vielleicht nur."
Das Fahrzeug, in dem Frank Sutton eingestiegen war, fuhr aus dem Sichtbereich der Kamera heraus.
Benjamin Brown wendete sich vom Bildschirm ab.
„Okay. Dann wieder an die Arbeit. Cindy? Bitte mal kurz in mein Büro. Und bring mir bitte den Terminkalender mit."
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