Die 'Postkutsche' nach Chatham
Die Rückfahrt nach Chatham verlief sehr ruhig im Auto.
Herr Singh steuerte das Fahrzeug sehr souverän.
Selbst Mark Monroe, der ja ansonsten immer sehr unruhig und aufgedreht wirkte, war von den Erlebnissen des Tages noch geschockt. Beim Einsteigen in den Range Rover hatte er nur kurz gesagt, dass er dann doch mehr als nur überrascht war.
Frank hatte mit den Verantwortlichen des Kongresszentrums und mit einigen Kollegen noch lange im Gespräch verweilt. Er spürte, dass die Mitarbeiter von S&B Coin Dreamer mit schwerem Herzen in ihr Wochenende gehen werden und sich nun auch für ihn selbst einiges ändern würde. Mehr eigene Verantwortung musste er nun tragen- für diejenigen, welche er heute als Familie beschworen hatte. Nun aber war es vor allem an ihm selbst, als Vater dieser Familie auch selbst für seine Worte einzustehen.
Hier im Auto saß er hinten neben Melina. Frank Sutton hielt Melinas Hand, aber er starrte wortlos aus dem Fenster und war mit den Gedanken entfernt.
Melina versuchte gar nicht erst, Franks Gedankenwelt in diesem Moment ergründen zu wollen. Sie konnte nur da sein, wenn Frank sie brauchte. Und durch das schlichte Händchenhalten schien Frank für diese Rückfahrt dadurch ausreichend beistand gegeben zu sein.
Frank Sutton fühlte sich ganz und gar nicht zufrieden mit dem Ausgang des gewollten 'Showdown'. War es von Frank nur beabsichtigt, Benjamin Browns perfide Absichten im Hinblick auf die Virtuell Reality- Software des Coin Dreamer bloßzustellen und vielleicht auch noch, die Mitarbeiter für ein gemeinsames ethisches Statement gegen Benjamin Brown hinter sich zu ziehen, so war es letztlich ab einem gewissen Punkt vollkommen aus dem Ruder gelaufen.
Die Sache nahm ungewollt eine Eigenenergie an, die in eine andere Richtung umschlug. Eine Richtung, die allerdings die Wahrheit in vollem Umfang aufhellte und nur wenige graue Punkte offenließ.
Einer davon war die Frage nach Benjamin Browns Motivation für all seine Handlungen. Was gab damals den Ausschlag für all diesen Frust gegen Ihn selbst und Peter Bellamy? Aus heutiger Sicht- vielleicht wollte er einfach nur die herrschende Rolle bei S&B haben- all seine letzten Handlungsziele schienen darauf ausgerichtet. Die Verträge, das geschickte Bedrängen von Lydia und ihm selbst, das Einfordern der Dekodierungen, das Anbieten der Mega- Abfindung an Frank.
Doch wollte Benjamin Brown dies schon damals? Vielleicht sind in der Situation der Zurückweisung von Peter und Frank bei Benjamin einfach die Sicherungen durchgeknallt? Wieder zurückstecken müssen? Weniger Erfolg haben können, als er es sich vielleicht erhoffte? Und wieder einmal mehr spüren, dass er nur die dritte geige in der zweiten Reihe war- nur der Observer der S&B, der zu kuschen hatte? Oder wollte er die technischen Möglichkeiten des 'Coin Dreamer', die Frank wirklich schillernd ausgemalt hatte vielleicht in einer eigenen Firma umsetzen und all die Intentionen der Anderen vertuschen durch sein Handeln? Wird man es überhaupt erfahren, was ihn antrieb, zu einem Mörder zu werden?
Und die Korruption? Verschleiern sollte sie sicher, ablenken von der Wahrheit. Und sicherlich auch Ausloten, was Scotland Yard weiß- zumindest dachte sich Frank dies aus heutiger Sicht. Benjamin Brown hatte Angst, seine Schandtaten könnten auffliegen. Dann durfte es auch einmal eine höhere Summe sein. Es war Benjamin wohl das hohe Risiko Wert.
Aus Vermutungen und reichlich Spekulationen über viele Dinge war heute leider bittere Wirklichkeit geworden- eine traurige Wirklichkeit für alle. Für Frank als Freund und Mitstreiter von Peter Bellamy, für viele, die Peter Bellamy kannten und schätzten und am Schlimmsten war die Wahrheit für Lydia Bellamy und deren Tochter Paula, die nun jegliche Hoffnung auf ein Lebenszeichen von Peter aufgeben mussten. Und dies innerhalb einer Stunde heute Mittag.
Daher war der 'Showdown' dann wohl doch kein Sieg für den Helden.
Er bedeutete Seelenlasten, Trauer, mehr Arbeit für die Zukunft und mehr eigenes einstehen für die Firma.
Allerdings würde Frank Sutton nun seine Leute hinter sich haben, er müsste also gar nicht mehr den Alleingang hinlegen. Jetzt waren viele bereit, ihn zu unterstützen, die vorab vielleicht wankelmütig und zu vorsichtig waren. Die Leute hatten heute ihre Stimme erhoben- Frank unterstützt und all den Verrat an Frank, Peter und S&B als handelnde Masse mit offengelegt.
Aber der 'Showdown' hatte die finsteren Pläne des Bösewichtes entlarvt und den Schurken aus seiner Reserve gelockt, um ihn seiner gerechten Strafe zuzuführen.
Der offene Schlagabtausch hatte einen Erfolg für den Cowboy- Helden gebracht.
Die Stadt und das Gute waren beschützt und gerettet worden- auch sein Baby, der 'Coin Dreamer', war durch Frank gerettet.
Und nun?
Hier auf der Rückfahrt zogen die Wolken eines weiteren Konfliktes auf- eines inneren Konfliktes, den der Cowboy noch zu lösen hatte.
Melina- hier lag der Konflikt, den Frank noch auszufechten hatte.
Für Melina, die im Western ja dann wohl die Saloon- Schönheit dargestellt hatte, welche stetig den Helden antreibt und bis zum Sieg hin unterstützte und motivierte, stand nun die Zeit des Abschiedes bevor.
Und Frank wusste dies.
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