Date? [21]


"Na los, geh schon! Wir kommen zu Recht", scheuchte Seungmin Felix zu ihm.
Der Braunhaarige schenkte ihm einen durchdringenden Blick, der so viel sagte wie: Tue ihm weh und ich lasse deine Leiche verschwinden, auf das nie jemand sie finden wird.
Auf irgendeine Weise funktionierte die Drohung und Changbin nickte verstehend. Der Blonde wollte schon erneut zu einem Widerspruch ansetzen, da zog ihn der Schwarzhaarige raus aus dem Café auf die Straße.
"Und was jetzt?", fragte Felix und starrte dem Schwarzhaarigen ins Gesicht
"Jetzt gehen wir was essen. Ich glaube, du hast Hunger."
Als Zuspruch begann der Magen von Felix zu knurren und er lächelte peinlich berührt.
Während sie so durch den Stadtteil schlenderten, regte sich Felix über Seungmin auf, da er nicht einmal Zeit gehabt hatte sich umzuziehen. Changbin musste die ganze Zeit schmunzeln. Er war fasziniert, wie es möglich war, dass dieses Geschöpf neben ihm, dieses zierliche Geschöpf mit Sommersprossen, die leuchteten wie der Nachthimmel und klitzekleinen Händen, so eine tiefe Stimme hatte, dass die Welt erzittern könnte. Die meiste Zeit sprach Felix und Changbin genoss, dass er ihm zuhören durfte.
"Wo gehen wir jetzt eigentlich hin?", wollte der Blonde wissen.
"In der Nähe gibt es einen Laden, der unglaublich tolles Dakkochi* zubereitet", erläuterte der Schwarzhaarige und lotste sie anschließend in eine Seitenstraße. Das kleine Lokal erstrahlte im abendlichen Flair sehr einladend. Es war mehr ein Straßenverkauf, als das sie sich hineinsetzen konnte, aber Changbin hatte einen Plan.
"Vier Portionen Dakkochie, bitte. Ein Bier und", er wandte sich an Felix, welcher die Bestellung mit einer Cola vollendete. Bevor sie ihr Essen entgegennehmen konnte, kam ein älter Mann mit schüttem Haar auf sie zu. Changbin erkannte ihn sofort.
"Herr Song! Lange ist es her, wie geht es Ihnen?"
Der Schwarzhaarige konnte gar nicht so schnell reagieren, da fand er sich auch schon in einer Umarmung wieder. Felix belächelte die Situation mit einem kleinen Grinsen.
"Mir und dem Laden geht es gut. Du warst schon lange nicht mehr hier. Wo ist denn die liebe Soo-young?", fragte er.
Die Züge des Beamten entgleisten für einen winzigen Augenblick, dass Felix zweimal hinschauen musste, um den Riss in der Fassade des Schwarzhaarige zu sehen. Changbin strafte die Schultern.
"Soo-young ist Anfang des Jahres gestorben."
Nun waren es die Gesichtszüge des Mannes, die entgleisten. Sein Mund verschob sich zu einem O, wobei er einen Wimpernschlag später die Hand davor hielt. Auch Felix war in irgendeiner Weise geschockt. Er konnte nur noch nicht ganz nachvollziehen, weshalb ihm das so nahe ging. Sie kannten einander kaum. Eigentlich gar nicht und doch wollte der Blonde nicht, dass Changbin sich schlecht fühlte. Was war nur los mit ihm?
"Das tut mir schrecklich leid. Sie war eine so liebevolle und junge Frau."
Changbin nickte nur. Er fühlte diese überwältigende Leere in sich hineinströmen, wenn er an sie dachte. Sie war riesig, dunkel und absolut empfindungslos. Es war, als würde man in ein betäubendes Gelee sinken. Changbin musste an die erste Zeit zurückdenken, kurz nach ihrem Tod. Manchmal brachten die Menschen den Mut auf, zu fragen, wie es war jemanden zu verlieren, den man liebte. Er antwortete immer, dass es schwer sei. Der Schwarzhaarige könnte ihnen sagen, dass es wie eine innere Kreuzigung war, dass er in den Tagen danach fast ununterbrochen geweint hatte, selbst wenn sein Mund geschlossen war und er keinen Ton herausbrachte. Er könnte ihnen erzählen, dass er manchmal ihren Geist sah oder ihre Anwesenheit spürte, um sie direkt danach wieder verschwinden zu sehen.
Aber warum sollte er Ihnen den Tag verderben? Also sagt er Ihnen nur, dass es schwer war.
"Ja, ja das war sie."
Dann herrschte betretenes Schweigen.
Bis Felix sich räusperte und sprach:
"Wir wollten doch noch zu dem einen Laden."
Und zog den Schwarzhaarigen mit sich. Zum Abschied hob er dennoch die Hand. Der ältere Herr tat es ihm gleich.
Auf dem Weg zum Han River, welcher gleich um die Ecke war, bedankte sich Changbin bei dem Jüngeren. Felix winkte ab und entgegnete nur, dass er dieses Gefühl kenne. Dann setzten sie sich vor den Fluss auf eine Bank und genossen das Essen. Changbin konnte in Felix' Augen sehen, dass es ihm schmeckte. Er verschlang es beinahe förmlich, was dem Schwarzhaarigen ein Lachen entlockte.
"Jetzt hast du überall Soße kleben", beschwerte er sich und nahm ein Taschentuch, womit er dem Blonden die Flecken wegwischte. Die plötzliche Nähe schockierte den Beamten. Er konnte Felix' Atem spüren. Sein Sitznachbar bemerkte ihre Position ebenfalls und entfernte sich anschließend wieder. Nach einigen Momenten der Stille sah er Felix an.
"Erzähl mir, wer du bist", verlangte Changbin und Felix starrte ihn für eine Sekunde stumm an, dann starrte er zum Himmel hinauf.
"Wer bin ich?", murmelte er, mehr zu sich sich selbst, als an den Schwarzhaarige gerichtet. Er hatte diese Frage mit Absicht so gestellt, in der Hoffnung, der Blonde würde ihm nicht erklären, was für Filme und Serien er mochte, oder was seine Lieblingsfarbe war, sondern das er überlegte, wer er in seinen tiefsten Inneren war.
"Ich bin eine umherstreunende verlorene Seele, die es liebt, wie die Vögel ihren Kreuzzügen gegen den Wind und das Wetter zu trotzen vermögen, die sich Zeit nimmt, die Sterne zu zählen und stundenlang in einem Park sitzt, während die Sonne immer mehr von ihrer Kraft verliert. Ich bin all die Worte, die nie meinen Mund verlassen und all der Schmerz, der mich stumm und leise formt. Ich trage das Lächeln meiner Mutter und die Augen meines Vaters und all die Erinnerungen, die einst geschehen waren. Ich bin so wie ich bin, weil Geschehnisse einen verändern. Aber ich bin auch die dunkle Stimme in meinem Kopf, welche säuselnde, kichernde Worte herausschleudert, die mich verängstigt und klein werden lässt. Die mich zurückdrängt und nur existieren lässt, obwohl ich leben möchte. Obwohl ich lebendig sein will. Obwohl ich mehr sein möchte, als sie mir sagt."
Felix starrte ihn an. Changbin schluckte.
"Ich bin so vieles, aber ich möchte so viel mehr sein"
Es waren diese Augen, die den Schwarzhaarigen erschracken. Diese Augen sprachen so laut, als würden sie förmlich schreien. Sie wollten ihm eine Geschichte erzählen. Sie wollten sich ihm öffnen.
"Ich, ich, es tut mir leid. Jetzt habe ich die ganze Stimmung versaut. Ich weiß nicht, warum ich dir das erzählt habe. Es tut mir leid, dich damit belastet zu haben."
Doch Changbin schüttelte den Kopf, nahm einen Schluck von seinem Bier und starrte auf den Han River hinaus.
"Ich bin überwältigt von deinen Worten", begann er und beobachtete wie eine Entenfamilie die Wege von Passanten kreuzte.
"Aber nicht, weil sie eine Belastung sind, sondern weil sie aus deinem Herzen kamen, weil sie ehrlich und schön waren."
Der Blonde starrte ihn verwirrt an, während der Schwarzhaarige ihm durch die Haare wuschelte.
"Und ich bin dir dankbar für diese Worte, denn sie sagen so viel mehr aus, als du es dir vorstellen kannst."
Felix war überrascht von dem Gesagten. In seiner Brustgegend begann sich etwas zu bewegen, etwas flatterte und erfüllte ihn mit einer Wärme, die er schon seit einem Jahr nicht mehr gespürt hatte und er musste automatisch lächeln.
"Ich sollte dich nach Hause bringen", sprach der Schwarzhaarige und erhob sich. Ehe sich Felix erheben konnte, bot ihm Changbin seine Hand an. Das Erste, was ihm auffiel, war, wie weich seine Haut sich auf seiner eignen anfühlte. Wie Federn, die einen kitzelten. Das Zweite, wie klein sie doch waren. Changbins Hand konnte die des Blonden beinahe vollkommen umschließen. Jetzt musste er selbst Grinsen.
Auf dem Rückweg redeten sie über belangloses Zeug, aber es erfüllte Changbin mit einer Wärme, die er seit dem Tod von Soo-young nicht mehr gefühlt hatte. Es war, als würde sein Inneres endlich wieder durch eine kleine Flamme erwärmt werden. Und diese Flamme trug den Namen Felix.
An dem Wohnblock des Blonden standen sie sich gegenüber für eine Verabschiedung.
"Wann erfahre ich, wer du bist?", fragte Felix und Changbin schmunzelte nur verschmitzt.
"Beim nächsten Mal."
Dann drehte er sich um und verschwand in der abendlichen Dämmerung.

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Willkommen zurück, meine lieben Leser und Leserinnen!
Ein neues Kapitel, ein näher kommen der Hauptcharaktere!

Oben sieht man Felix und Changbin

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Erin🌸

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