Mitgedicht, der zweite Akt
Das Zirkusrund liegt im Dämmerlicht.
Selbst die Anwesenheit des Publikums, lässt sich nur erahnen.
Alles ist still.
Trommeln und Trompeten stehen unbewegt beiseite und die Kapelle hat die goldbetressten Kappen abgenommen. Gespanntes Schweigen füllt die Zirkuskuppel.
Ein einzelnes, unterdrücktes Husten, schlüpft verschämt unter die Sitzreihen und huscht davon.
Dann, wie aus dem Nichts, erhebt sich leise der Klang einer Violine.
Nur eine, allein am Rand der Manege.
Eine zarte Melodie, wie ein Tanz der Töne, windet sich durch die Luft und mit ihr hebt sich ein einzelnes Licht. Ein Kegel aus Helligkeit umschließt die Tänzerin, die, vom Publikum unbemerkt, den breiten Manegenrand betreten hat.
Ihr kurzes Kleid aus buntem Chiffon, zierlichen Füße in roten Schläppchen und das lange Haar in sanften Wellen, die, im gleißenden Scheinwerferlicht, fast golden anmuten. Und in der Hand, ein Schmetterlingsnetz.
Aufrecht steht sie da, und stolz...
...wie eine zarte Blume, auf dem rauen Rand aus Holz.
Die Melodie erhebt sich, schneller,
ergreift im Nu, des Mädchens Bein'
und dann die Arme, immer heller,
scheint auch das Licht zu sein.
Doch sind's die Scheinwerfer mitnichten,
das Rund zu hellen und belichten.
Es sind wohl tausende an Flitterstücken,
die aus der Höh', wie Silberregen,
ein Glitzern bringen, und Entzücken,
wie sie im Tanz sich mitbewegen.
Ein Flüstern löst sich aus dem Glimmern,
formt Worte, die im Dunkel schimmern.
Ein Wispern aus verschied'nen Silben,
wie flatterhafte Wesen huschen sie,
gleich Worten, die auf Pergament vergilben.
Vergänglich, so wie zarter Schnee.
Doch tanzt, mit wilden Pirouetten,
die Tänzerin herbei, um sie zu retten.
Und in des Netzes zarten Falten,
wie Fische, die im Kescher liegen,
verfangen Silben sich, und Wortgestalten,
auf dass ein Ende hat, das Fliegen.
Es schweigt am Rand die Violine.
Es schweigt der Tanz auf seiner Bühne.
Die Tänzerin sucht darauf eines,
von ihren vielen Worten aus.
Ein schönes, buntes, feines.
Was sie wohl nimmt heraus?
Es liegt ganz leicht auf ihrer Hand, wo man es lesen kann.
Das Wort, das lautet "Phantasie".
Was fängst Du damit an?
Und aus der Tierschau tönt ein Brüllen,
es hebt der Leu zu singen an.
Nicht zart, wie es ein Mensch tun kann,
er will mit Macht die Luft erfüllen.
Wie er so singt, der Dschungelkönig,
erwächst aus jedem Teil des Zelts
ein sattes Grün, hier viel, dort wenig ...
und Bambus - Schachtelhalm- Gehölz.
Zwei Warzenschweine grunzen laut,
den Rhythmus zu der Melodei,
so, dass man kaum den Sinnen traut,
nicht glaubt, dass man im Zirkus sei.
Libellensummen hört man schon,
will sehnsuchtsvoll ins Herz sich spielen,
so wie vorher der Geigenton.
Statt einer tönt es hier von vielen.
Die Elefanten setzen ein.
Wie Pauken dröhnt der Füße Tritt.
Das ganze Zirkuszelt schwingt mit,
drum lassen sie - zum Glück - es sein.
Ihr Rüsselton will Jazz-Sound schaffen,
Jetzt 'groovt' das Ganze wunderbar.
Gitarrenklang kommt von den Affen.
Halt! Wie stellt sich denn sowas dar?
Die sind zwar affig, doch nicht dumm.
Sie zupfen an Lianen rum,
die sie gespannt, mit kühner List,
An Rhino-Hörnern, wie du siehst.
Im Hintergrund die Kegelrobben,
betreiben flotte Perkussion.
Die sind als Drummers kaum zu toppen.
Man hört die Trommelwirbel schon.
Doch plötzlich ist es in der runden
Arena still, es ist verschwunden
der Dschungel, schneller als gedacht,
weil nun der Clown die Runde macht.
(tatsächlich klimpert der Narr heran, holt aus dem Strumpf eine Laterne, die er entzündet)
Ich bin entzückt, das glaubet mir,
was sich - was Ihr entwickelt, hier.
Erst, das gesteh ich unverbrämt,
ja, auch vielleicht etwas verschämt,
bin ich ein Skeptiker gewesen,
bis ich was hier gedeiht gelesen.
Und nun, erklär ich unbefangen,
ist mir 'ne Leuchte aufgegangen,
die meinen weit'ren Weg erhellt.
Denn schließlich hab ich festgestellt,
dass es ein Glück, mit Euch zu schreiben.
Das sag ich ohne Übertreiben.
(holt aus der rechten Socke ein riesiges Schnupftuch und tupft eine Rührungsträne hinfort, schmeißt es weg.)
Soooo lange hat sich nix ergeben -
nun darf ich so etwas erleben ...
(holt einen großen Kochlöffel aus der Jacke bumpert ihn an seine Brust)
Ich bin gerührt!
(erzittert unter lautem Schellengebell)
... und auch geschüttelt.
Die Narretey hat wach gerüttelt,
was noch in mir ... in EUCH geruht.
(lässt den Rührer fallen und hoppelt klingelnd hinaus.)
Ich ruf den Has' - und geh.
(winkt aus dem Off)
Macht's gut!
Dunkel liegt des Zeltes Rund,
still sind die Menschen und
voller Spannung warten sie,
auf das was kommen mag allhie'.
Ein lautes Knarzen, leises Surren,
das Publikum fängt an zu murren,
weil immer noch nichts sichtbar ist,
und mancher denkt sich: So ein Mist.
Da!
Plötzlich gleißend helles Licht!
Ein Tusch! Und in des Ringes Helle,
Steht ein befrackter Wicht, und spricht:
„Simsalabim!", und auf der Stelle,
blitzts, donnerts, stinkts nach Höllenschmauch,
und unser Wicht verschwindet auch.
Ein neuer Blitz und wundersam,
ein Schönling aus der Höhe kam,
steht nun mit seinem Zauberstab,
statt Wichtens in dem weiten Rund,
und neben ihm ein großer Hund.
Das Publikum ist hingerissen,
und es will aber trotzdem wissen,
was soll der Hund da, der bös knurrt,
und da, bevor die Menge murrt,
ein neuer Blitz, und ei, da schau,
wird aus dem Hund 'ne hübsche Frau.
Mit Glitzerkleidchen angetan,
dass Mann auch etwas sehen kann.
Das Zelt erfüllt ein „Ooh!" und „Aah",
und eh man sichs versieht, steht da
ein Tisch mit einem großen Kasten,
in den die Schöne steigt, ohn' Rasten.
Die Männer sind etwas verbittert,
der Zaubrer spricht, der Kasten zittert,
auf springt der Deckel und heraus
der Hase hüpft und zum Applaus
er kräftig mit den Ohren schlackert,
da ist er weg. Statt seiner gackert
ein Huhn jetzt laut im Kreise rum.
Nicht amüsiert ist's Publikum.
Das Huhn, das legt noch schnell ein Ei,
und schon ist es mit ihm vorbei.
Denn aus dem Ei mit Donnern und Blitz,
entspringt der Has, das ist kein Witz,
entreißt dem Zaubrer seinen Stab,
mit einem Wusch,
mit einem Tusch,
räumt er die ganze Szene ab.
Das Dunkel der Manege Rund,
verkünd't das End der Zauberstund.
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